Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 29.04.2003
Aktenzeichen: 10 UF 143/02
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 323 Abs. 2
ZPO § 323 Abs. 3
ZPO § 323 Abs. 4
ZPO §§ 511 ff
ZPO § 533
ZPO § 533 Nr. 2
ZPO § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
ZPO § 650
BGB § 242
BGB § 313 n. F.
BGB § 323 Abs. 3 Satz 1
BGB § 818 Abs. 3
BGB § 1612 b Abs. 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
10 UF 143/02 Brandenburgisches Oberlandesgericht

verkündet am 29.4.2003

Urteil

In der Familiensache

hat der 2. Senat für Familiensachen des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 8. April 2003 durch

die Richterin am Oberlandesgericht ..., den Richter am Oberlandesgericht ... und die Richterin am Amtsgericht ...

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten, und die Widerklage, wird das am 19. April 2002 verkündete Urteil des Amtsgerichts Schwedt teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird in Abänderung des Vergleichs des Amtsgerichts Schwedt vom 21. Februar 1995 (4 F 154/93) verurteilt, der Klägerin zu Händen ihrer gesetzlichen Vertreterin monatlichen Unterhalt, den zukünftigen monatlich im Voraus bis zum 3. eines jeden Monats, wie folgt zu zahlen:

- je 237,75 € vom 1. Januar bis zum 4. März 2001,

- je 111 € vom 5. März bis einschließlich Juni 2001,

- je 48 € vom 1. Juli bis zum 31. Juli 2001,

- je 91,32 € vom 1. bis zum 5. August 2001,

- je 197 € vom 6. August bis zum 31. Dezember 2001,

- je 249 € ab 1. Januar 2002.

Die weitergehende Klage und die weitergehende Widerklage werden abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Von den erstinstanzlichen Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin 1/6 und dem Beklagten 5/6 auferlegt. Die zweitinstanzlichen Kosten haben die Klägerin zu 1/3 und der Beklagte zu 2/3 zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

Die Klägerin begehrt Anhebung des durch gerichtlichen Vergleich vor dem Amtsgericht Schwedt vom 21.2.1995 vereinbarten Kindesunterhalts. Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO auf das angefochtene Urteil Bezug genommen. Durch dieses Urteil hat das Amtsgericht den Beklagten in Abänderung des genannten Vergleichs verurteilt, ab 1.1.2001 monatlichen Unterhalt von 237,75 € und ab 1.7.2001 solchen von monatlich 249 € zu zahlen. Gegen das Urteil wendet sich der Beklagte mit der Berufung.

Er trägt vor:

Fiktives Einkommen von 2.200 DM, wie vom Amtsgericht angenommen, könne ihm weder für die Zeit seiner Arbeitsunfähigkeit noch darüber hinaus zugerechnet werden. Vielmehr sei von seinem tatsächlichen Einkommen auszugehen. Höheres Einkommen könne er nämlich unter Berücksichtigung seiner Schwerbehinderung von 20 % nicht erzielen.

Von seinem Einkommen seien Kosten für die Fahrt zur Arbeit mit dem PKW von 154 DM im ersten Halbjahr 2001 und von 151,20 DM für die Zeit danach abzusetzen. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln könne er seine Arbeitsstelle nicht erreichen.

Neben der Berufung, mit der er Klageabweisung erstrebt, erhebt der Beklagte Widerklage, mit der er Abänderung des Vergleichs vom 21.2.1995 dahin begehrt, geringeren Unterhalt, als dort festgelegt, zahlen zu müssen.

Er beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils den Vergleich vom 21.2.1995 dahin abzuändern, dass er monatlichen Unterhalt nur, wie folgt, zu zahlen hat:

- je 110 € vom 5. März bis 30. Juni 2001,

- je 48 € für den Monat Juli 2001,

- je 91,32 € vom 1. bis 5. August 2001,

- je 160 € vom 6. August bis 31. Dezember 2001,

- je 230 € vom 1. Januar bis 11. März 2002,

- je 200 € vom 12. März bis 17. Mai 2002 und

- je 230 € ab 18. Mai 2002.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen und die Widerklage abzuweisen.

Sie trägt vor:

Das Amtsgericht sei zutreffend davon ausgegangen, dass der Beklagte jedenfalls den Mindestunterhalt zu zahlen habe. Hierzu sei er ungeachtet seiner Behinderung in der Lage; ggf. müsse er sich im gesamten Bundesgebiet um Arbeit bemühen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Der Senat hat die Parteien angehört. Der Beklagte hat bei seiner Anhörung vor dem Senat erklärt, Zahlungen der Berufsgenossenschaft nicht erhalten zu haben, da er einen Freizeitunfall beim Schlittschuhlaufen erlitten habe. Er sei gestürzt und habe sich dabei am Kniegelenk verletzt. Im Krankenhaus sei er falsch behandelt worden; es sei zu einer bakteriellen Infektion gekommen. Einen Tag nach der Entlassung habe er sich deshalb erneut ins Krankenhaus begeben müssen. Auch seine zweite Fehlzeit sei unfallbedingt gewesen. Er habe Zahlungen von der privaten Unfallversicherung erhalten, und zwar 3.500 € im Jahr 2002 und 2.000 € in diesem Jahr.

Berufung und Widerklage sind zulässig, §§ 511ff, 533 ZPO. Die Widerklage ist sachdienlich, weil sie geeignet ist, den Streit zwischen den Parteien über die Höhe des vom Beklagten zu zahlenden Unterhalts alsbald auszuräumen (vgl. Zöller/Gummer, ZPO, 23. Aufl., § 533, Rz. 10). Im Übrigen liegt auch eine Einwilligung der Klägerin vor, die in dem Antrag auf Klageabweisung zu sehen ist (vgl. Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 24. Aufl., § 533, Rz. 3, § 263, Rz. 7). Die Widerklage wird zudem nur auf Tatsachen gestützt, nämlich Erwerbsfähigkeit und Einkommen des Beklagten, die der Senat seiner Entscheidung ohnehin zu Grunde zu legen hat, § 533 Nr. 2 ZPO.

Berufung und Widerklage sind jedoch nur zum Teil begründet. Der Beklagte ist in Abänderung des Prozessvergleichs vom 21.2.1995 in dem aus der Urteilsformel ersichtlichen Umfang verpflichtet, der Klägerin Unterhalt zu leisten.

Gemäß § 323 Abs. 4 ZPO finden die Vorschriften über die Abänderung eines Urteils im Falle der wesentlichen Änderung der maßgeblichen Verhältnisse auf Schuldtitel des § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, also auf gerichtliche Vergleiche, Anwendung (vgl. Wendl/Thalmann, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 5. Aufl., § 8, Rz. 168; Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 323, Rz. 47 f). Allerdings gelten die Vorschriften des § 323 Abs. 2 und 3 ZPO bei der Abänderung dieser Titel nicht (vgl. Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 323, Rz. 45 ff.). So können gerichtliche Vergleiche wegen des Wegfalls der Zeitschranke des § 323 Abs. 3 Satz 1 BGB auch für die Zeit bis zur Klageerhebung abgeändert werden (vgl. BGH, FamRZ 1990, 989, 990; Verfahrenshandbuch Familiensachen - FamVerf -/Schael, § 1, Rz. 398). Die Frage der Abänderbarkeit richtet sich nach den Regeln des materiellen Rechts und damit grundsätzlich nach den aus § 242 BGB abgeleiteten Grundsätzen über die Veränderung oder den Wegfall der Geschäftsgrundlage (vgl. BGH, FamRZ 1983, 22; OLG Hamm, FamRZ 1999, 794; Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 323, Rz. 47), die auf Grund des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes in § 313 BGB n. F. normiert worden sind. Dabei ist der Parteiwille der letzten Regelung maßgebend (vgl. Wendl/Thalmann, a.a.O., Rz. 173). Vor diesem Hintergrund ist der gerichtliche Vergleich vom 21.2.1995 auf das Begehren der Klägerin, den titulierten Unterhalt anzuheben, und auf das mit der Widerklage geltend gemachte Herabsetzungsbegehren des Beklagten in dem aus der Urteilsformel ersichtlichen Umfang abzuändern.

Auf Grund der Mahnung vom 14.12.2000 kann die Klägerin grundsätzlich höheren Unterhalt ab Januar 2001 verlangen, da der geltend gemachte Unterhalt von monatlich 465 DM (= 237,75 €) ab 1.1.2001 bzw. 487 DM (= 249 €) ab 1.7.2001 den von ihr angemahnten Betrag von 493 DM nicht übersteigt. Eine Herabsetzung des titulierten Unterhalts kommt ungeachtet des Umstands, dass der Beklagte eine Widerklage erstmals mit Schriftsatz vom 19.9.2002 angekündigt und die Widerklage selbst erst im Senatstermin vom 8.4.2003 eingelegt hat, grundsätzlich bereits, wie vom Beklagten verlangt, für die Zeit ab 5.3.2001 in Betracht. Gegen eine etwaige Rückforderung in der Vergangenheit zu viel gezahlten Unterhalts ist die Klägerin durch §§ 242, 818 Abs. 3 BGB geschützt (BGH, FamRZ 1983, 22, 23; FamRZ 1990, 989, 990; FamVerf/Schael, § 1, Rz. 398).

Für die Zeit vom 1.1. bis zum 4.3.2001 bleibt es bei dem vom Amtsgericht festgelegten Unterhalt, da der Beklagte eine Herabsetzung des Unterhalts im Senatstermin vom 8.4.2003 nicht mehr beantragt hat.

Für die Zeit vom 5.3. bis zum 30.6.2001 muss der Beklagte der Klägerin monatlichen Unterhalt von 111 €, im Juli 2001 solchen von 48 € und für die Zeit vom 1. bis 5.8.2001 solchen von 91,32 € zahlen. In der gesamten Zeit vom 5.3. bis zum 5.8.2001 hat der Beklagte ausweislich der vorgelegten Bescheide vom 2.8. und vom 21.8.2001 Krankengeld von 5.210,01 DM und Übergangsgeld von 1.504,30 DM, also insgesamt 6.714,31 DM, erhalten. Auf dieser Grundlage ergibt sich ein monatliches Durchschnittseinkommen von rund 1.343 DM (= 6.714,31 DM : 5 Monate). Ein höheres fiktives Einkommen kann dem Beklagten für diese Zeit nicht zugerechnet werden. Denn Anhaltspunkte dafür, dass sich der Beklagte die Knieverletzung etwa unterhaltsbezogen leichtfertig zugezogen hätte (vgl. zur unterhaltsbezogenen Leichtfertigkeit Wendl/Haußleiter, a.a.O., § 1, Rz. 394 ff.), liegen nicht vor.

Dem Einkommen des Beklagten im Jahr 2001 ist ein monatlicher Betrag von 65 DM aus der Steuerrückerstattung zuzurechnen. Im Jahr 2001 ist an den Beklagten und seine neue Ehefrau eine Steuererstattung für das Jahr 2000 von 3.479,79 DM geflossen. Davon entfällt nach dem unstreitigen Vorbringen des Beklagten, der sich auf eine Mitteilung seines Steuerberaters bezieht, ein Anteil von 22,3 % auf ihn. Das sind rund 776 DM, also 65 DM im Monat.

Die Steuererstattung ist ungeachtet des Umstands, dass sie bei Abschluss des Vergleichs am 21.2.1995 nicht erwähnt worden ist, zu berücksichtigen. Dabei kann dahinstehen, ob zu den Grundlagen jenes Vergleichs gehört, dass dem Beklagten ein weiteres Einkommen aus Steuererstattung nicht zugerechnet wird. Allerdings ist auch bei Abänderung eines Prozessvergleichs grundsätzlich keine vom Ersttitel völlig losgelöste Neuregelung vorzunehmen (vgl. Wendl/Thalmann, a.a.O., 5. Aufl., § 8, Rz. 169 ff.). Hier ist aber zu beachten, dass der damalige Vergleich, auch soweit er nicht sämtliches Einkommen des Beklagten erfasst hat, jedenfalls zur Zahlung des Mindestunterhalts geführt hat. Wenn jetzt der Regelbetrag nicht mehr erreicht wird, kann sich der Beklagte daher nicht mehr auf Nichtberücksichtigung der Steuererstattung als Grundlage des Vergleichs berufen. Da die Anpassung, wie ausgeführt, nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage zu erfolgen hat, braucht sich die Klägerin, solange der jetzige Mindestunterhalt nicht gewährleistet ist, nicht daran festhalten zu lassen, dass vormals von einem geringeren als dem tatsächlichen Einkommen des Beklagten ausgegangen wurde.

Ein Wohnvorteil wegen Wohnens im eigenen Haus (vgl. hierzu Wendl/Gerhardt, a.a.O., § 1, Rz. 211) ist dem Beklagten nicht zuzurechnen. Das von ihm bewohnte Haus hat unstreitig eine Wohnfläche von 77,73 m². Geht man mit Rücksicht auf die Lage des Hauses in H., wie im Senatstermin vom 8.4.2003 erörtert, von einem Preis von 8 DM je m² aus, ergibt sich ein Mietwert von 622 DM. Da der Beklagte und seine Lebensgefährtin Miteigentümer zu je 1/2 sind, entfällt auf den Beklagten der hälftige Betrag, also 311 DM. Ein anrechenbarer Wohnvorteil besteht aber nur, soweit nach Abzug der verbrauchsunabhängigen Kosten noch ein Wohnwert verbleibt. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Mit Schriftsatz vom 4.4.2003 hat der Beklagte Belege vorgelegt, aus denen sich ergibt, dass seine Frau und er auf einen Kredit bei der Stadtsparkasse S. zu einer Kontonummer mit der Endziffer 65 im Jahr 2001 vier Zahlungen á 595 DM, also insgesamt 2.380 DM, und auf einen weiteren Kredit bei der Sparkasse S. zu einer Kontonummer mit der Endziffer 44 im Jahr 2001 neun Zahlungen á 1.017 DM und drei Zahlungen á 913 DM, also insgesamt 11.892 DM, geleistet haben. Dies entspricht einem monatlichen Betrag von rund 1.189 DM [= (2.380 DM + 11.892 DM) : 2]. Auf den Beklagten entfällt die Hälfte dieser Kreditbelastungen, also rund 595 DM. Dieser Betrag übersteigt den genannten hälftigen Wohnvorteil von 311 DM. Daher kann dahinstehen, ob und ggf. in welchem Umfang der Beklagte, der Belege nur für das Jahr 2002 vorgelegt hat, im Jahr 2001 Zahlungen auf die Wohngebäudeversicherung erbracht und Grundsteuern gezahlt hat. Auch bedarf es keiner Entscheidung darüber, ob die monatlichen Zahlungen von 68 DM auf die Lebensversicherung, die der Beklagte nach eigenen Angaben im Rahmen der Finanzierung des Hauses abgeschlossen hat, als verbrauchsunabhängige Wohnkosten anzusehen sind.

Das bereinigte Einkommen des Beklagten in der Zeit vom 5.3. bis zum 30.6.2001 beläuft sich somit auf 1.408 DM (= 1.343 DM + 65 DM). Bei einem notwendigen Selbstbehalt für Nichterwerbstätige von 1.190 DM (Nr. 10, 15 der Unterhaltsleitlinien des Brandenburgischen Oberlandesgerichts, Stand 1.7.1999) stehen dem Beklagten noch 218 DM, das sind rund 111 €, für den Unterhalt der Klägerin zur Verfügung. Da 135 % des Regelbetrages (Ost) von 465 DM, das sind 628 DM, um mehr als 135 DM unterschritten werden, findet eine Kindergeldanrechnung mit Rücksicht auf § 1612 b Abs. 5 BGB nicht statt.

Für den Monat Juli 2001 ist von einem geänderten notwendigen Selbstbehalt auszugehen. Er beträgt für Nichterwerbstätige 1.315 DM (Nr. 10, 15 der Unterhaltsleitlinien des Brandenburgischen Oberlandesgerichts, Stand 1.7.2001). Damit verbleiben für den Unterhalt der Klägerin noch 93 DM, das sind rund 48 €. Eine Kindergeldanrechnung erfolgt mit Rücksicht auf § 1612 b Abs. 5 BGB nicht.

Für die Zeit vom 1. bis 5.8.2001 ergibt sich rechnerisch ebenfalls ein Betrag von 48 €. Da der Beklagte für diesen Zeitraum nur Herabsetzung des titulierten Unterhalts auf 91,32 € begehrt hat, ist eine Abänderung nur in diesem Umfang vorzunehmen.

Für die Zeit vom 6.8. bis zum 31.12.2001 ist von dem tatsächlichen Einkommen, das der Beklagte bei der Firma J.C. GmbH erzielt hat, auszugehen. Der Beklagte hat sein Erwerbseinkommen im Jahr 2001 durch die Gehaltsabrechnungen für Januar und für August bis Dezember 2001 belegt. Für diesen Zeitraum von fünf Monaten und 25 Tagen ergibt sich ein Nettoeinkommen von 11.580,74 DM, was einem Monatsdurchschnitt von rund 1.986 DM (= 13.085,04 DM : 5,83 Monate) entspricht.

Ein höheres fiktives Einkommen kann dem Beklagten unter dem Gesichtspunkt, zum bestmöglichen Einsatz seiner Arbeitskraft verpflichtet zu sein (vgl. hierzu Kalthoener/Büttner/Niepmann, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 8. Aufl., Rz. 614), nicht zugerechnet werden. Angesichts des Alters, des beruflichen Werdegangs, der Vorbildung und Fähigkeiten des Beklagten, den insoweit maßgeblichen Gesichtspunkten (vgl. Senat, FPR 2002, 534; FamRZ 2003, 48, 50), ist davon auszugehen, dass er seine Arbeitskraft in zumutbarer Weise bestmöglich einsetzt. Der Beklagte ist 47 Jahre alt und hat den Beruf des Zerspanungsfacharbeiters erlernt, in dem er jedoch seit der Wende nicht mehr tätig gewesen ist. Vielmehr hat er in den letzten Jahren als Kraftfahrer gearbeitet. In diesem Bereich, aber auch im Bereich ungelernter Hilfsarbeiten, kann unter Berücksichtigung des Umstands, dass der Beklagte einen Grad der Behinderung von 20 aufweist, nicht angenommen werden, dass er in der Lage ist, ein höheres Einkommen zu erzielen (vgl. zum erzielbaren Einkommen eines Kraftfahrers Eschenbruch, Der Unterhaltsprozess, 3. Aufl., Rz. 6349).

Allerdings ist das vom Beklagten erzielte Einkommen in vollem Umfang, das heißt unter Einbeziehung sämtlicher Überstundenvergütungen, bei der Unterhaltsbemessung heranzuziehen. Zu den Grundlagen des abzuändernden Titels gehörte zwar auch eine nur teilweise Anrechnung der Überstundenvergütungen. Da der Beklagte aber, anders als bei Errichtung des früheren Titels, nicht mehr in der Lage ist, den Mindestunterhalt zu leisten, kann er sich nicht mehr darauf berufen, dass Überstundenvergütungen teilweise außer Betracht zu lassen seien.

Ein zusätzliches fiktives Einkommen aus Nebentätigkeit kann dem Beklagten ebenfalls nicht zugerechnet werden. Vielmehr ist auf Grund der vom Beklagten vorgelegten Gehaltsabrechnungen davon auszugehen, dass er vollschichtig arbeitet und Überstunden in erheblichem Umfang leistet. Damit aber genügt er seiner erhöhten Erwerbsobliegenheit (vgl. Senat, FPR 2002, 534).

Vom Erwerbseinkommen des Beklagten sind die Kosten für die Benutzung des Pkw zum Erreichen der Arbeitsstelle von monatlich 151,20 DM, wie mit der Berufungsbegründung begehrt, abzusetzen (vgl. auch Nr. 7 der Unterhaltsleitlinien des Brandenburgischen Oberlandesgerichts, Stand 1.7.2001). Dem Beklagten ist es nicht zuzumuten, die Wegstrecke zur und von der Arbeit von täglich insgesamt 20 km mit dem Fahrrad zurückzulegen. Die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel scheidet unter Berücksichtigung der vom Beklagten mit der Berufungsbegründung angegebenen Fahrtzeiten von Bus und Bahn, die von der Klägerin nicht bestritten worden sind, aus.

Unter Berücksichtigung der Steuererstattung mit monatlich 65 DM ergibt sich für die Zeit vom 6.8. bis 31.12.2001 ein Einkommen des Beklagten von 1.899,80 DM (= 1.986 DM - 151,20 DM + 65 DM). Bei einem notwendigen Selbstbehalt von 1.515 DM (Nr. 10 der zuletzt genannten Unterhaltsleitlinien) verbleiben für Unterhaltszwecke noch 384,80 DM, das sind rund 197 €. Eine Kindergeldanrechnung unterbleibt wiederum mit Rücksicht auf § 1612 b Abs. 5 BGB.

Nach dem Vorstehenden haben die Berufung und im Hinblick darauf, dass bisher Unterhalt von 318 DM, das sind rund 163 €, tituliert waren, die auf Herabsetzung des titulierten Unterhalts gerichtete Widerklage bis einschließlich Dezember 2001 teilweise Erfolg. Etwas anderes gilt für die Zeit ab Januar 2002. Denn der Beklagte hat im Hinblick auf den im Jahr 2001 erlittenen Unfall Leistungen seiner privaten Unfallversicherung erhalten, und zwar 3.500 € im Jahr 2002 und bislang 2.000 € im Jahr 2003. Diese Leistungen sind unterhaltsrechtlich als Einkommen anzusehen (vgl. OLG Naumburg, OLG-NL 1997, 140), und zwar im jeweiligen Auszahlungsjahr. Bei Renten aus der gesetzlichen Unfallversicherung ist anerkannt, dass sie Einkommensersatzfunktion haben und deshalb als Einkommen zu behandeln sind (Wendl/Haußleiter, a.a.O., § 1, Rz. 86 und 340; Kalthoener/Büttner/Niepmann, a.a.O., Rz. 805). Für Leistungen aus einer privaten Unfallversicherung kann nichts anderes gelten, auch wenn der Leistungsempfänger hier selbst Versicherungsbeiträge erbracht hat. Zum unterhaltsrechtlich relevanten Einkommen zählen nämlich grundsätzlich alle Einkünfte, gleich welcher Art sie sind und aus welchem Anlass sie erzielt werden, sofern sie nur geeignet sind, den laufenden Lebensbedarf zu decken, mithin auch Leistungen aus einer privaten Versicherung (vgl. BGH, FamRZ 1994, 228, 230) und Spielgewinne (Palandt/Diederichsen, BGB, 62. Aufl., § 1603, Rz. 5). Für die Berücksichtigung der Leistungen aus der privaten Unfallversicherung spricht schließlich auch der Umstand, dass sogar Schmerzensgeld grundsätzlich zum unterhaltsrechtlich bedeutsamen Einkommen gehört (vgl. Kalthoener/Büttner/Niepmann, a.a.O., Rz. 790).

Demnach ist im Jahr 2002 ein monatlicher Betrag von 292 € (= 3.500 € : 12 Monate), im Jahr 2003 ein solcher von 167 € (= 2.000 € : 12 Monate) zu berücksichtigen. Angesichts dessen ist der Beklagte ab Januar 2002 in vollem Umfang leistungsfähig. Zwar kommt grundsätzlich ein Abzug unfallbedingten Mehrbedarfs in Betracht (vgl. OLG Naumburg, a.a.O.; Kalthoener/Büttner/Niepmann, a.a.O., Rz. 801 ff.). Einen solchen hat der Beklagte aber nicht geltend gemacht.

Für die Unterhaltsbemessung ab Januar 2002 ist von dem Erwerbseinkommen, das der Beklagte im Jahr 2002 erzielt hat, auszugehen. Auf der Grundlage der vorgelegten Lohnabrechnungen für die Monate Januar bis März 2002 und Mai bis Dezember 2002 ergibt sich ein Nettoeinkommen von 9.891,57 DM für das Jahr 2002, ausgenommen den Zeitraum vom 12.3. bis 17.5.2002, in welchem der Beklagte Krankengeld bezogen hat. Für einen Zeitraum von neun Monaten und 24 Tagen, in dem der Beklagte Erwerbseinkommen unter Einschluss von Lohnfortzahlung erhalten hat, ergibt sich ein durchschnittliches Nettoeinkommen von rund 1.009 € (= 9.891,57 DM : 9,8 Monate).

Abzusetzen sind wiederum die Fahrtkosten mit 151,20 DM, das sind rund 77 €. Hinzuzusetzen ist die im Jahr 2002 gezahlte Steuererstattung mit einem Monatsbetrag von 38 €. Nach dem Steuerbescheid vom 18.11.2002 für das Jahr 2001 ergibt sich ein Erstattungsbetrag von 1.622,53 €, das sind monatlich rund 135 €. Unter Berücksichtigung der zu versteuernden Einkünfte von 19.516 DM auf Seiten des Beklagten und von 48.913 DM auf Seiten der Ehefrau entfällt auf den Beklagten ein Anteil von 28,5 %, das sind monatlich rund 38 €.

Bei einem Einkommen von 1.262 € (= 1.009 € - 77 € + 38 € + 292 €) ist der Beklagte angesichts eines notwendigen Selbstbehalts von 775 € (Nr. 10 der Unterhaltsleitlinien des Brandenburgischen Oberlandesgerichts, Stand 1.1.2002) ohne weiteres in der Lage, den von der Klägerin begehrten Unterhalt in Höhe von 249 € zu leisten. Kindergeld ist mit Rücksicht auf § 1612 b Abs. 5 BGB nicht anzurechnen.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht für den Zeitraum vom 12.3. bis 17.5.2002. Der Beklagte hat für diesen Zeitraum von zwei Monaten und sechs Tagen Krankengeld in Höhe von 1.867,29 € erhalten, wie der Zahlungsmitteilung der AOK vom 21.5.2002 zu entnehmen ist. Das macht einen monatlichen Durchschnittsbetrag von rund 849 € (= 1.867,29 € : 2,2 Monate) aus. Setzt man die Steuererstattung mit 38 € und die anteilige Leistung der Unfallversicherung mit 292 € hinzu, ergeben sich insgesamt 1.179 €. Bei einem notwendigen Selbstbehalt von 675 € für Nichterwerbstätige (Nr. 10, 15 der zuletzt genannten Unterhaltsleitlinien) kann der Beklagte der Klägerin ohne weiteres monatlichen Unterhalt von 249 € gewähren.

Für die Zeit ab Januar 2003 ist ebenfalls von voller Leistungsfähigkeit auszugehen. Setzt man vom Erwerbseinkommen von 1.009 € die Fahrtkosten mit 77 € ab und die anteilige Leistung der Unfallversicherung mit 167 € hinzu, ergibt sich ein bereinigtes Einkommen von 1.099 €, sodass unter Wahrung des notwendigen Selbstbehalts von 775 € der geltend gemachte Regelbetrag von 249 € geleistet werden kann. Auf die Frage, ob dem Beklagten ungeachtet des Umstands, dass er einen Steuerbescheid für das Jahr 2002 noch nicht erhalten hat, eine Steuererstattung wie im Vorjahr, das heißt in Höhe von 38 € monatlich, zugerechnet werden kann, kommt es dabei nicht an.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Ende der Entscheidung

Zurück