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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 27.11.2000
Aktenzeichen: 10 UF 159/00
Rechtsgebiete: ZPO, FGG, VAHRG, BGB, KostO


Vorschriften:

ZPO § 621 e
ZPO § 239 Abs. 1
ZPO §§ 239 ff.
ZPO § 250
ZPO § 239 Abs. 2 bis 4
FGG § 53 b Abs. 1
VAHRG § 10 a
VAHRG § 10 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
VAHRG § 10 a Abs. 1 Satz 2
VAHRG § 10 a Abs. 4
VAHRG § 10 a Abs. 5
VAHRG § 10 a Abs. 8
VAHRG § 3 b Abs. 1 Nr. 2
VAHRG § 10 a Abs. 7 Satz 2
BGB § 1587 b Abs. 1
BGB § 1587 e Abs. 4
BGB a.F. § 1587 b Abs. 3 Satz 1
KostO § 94 Abs. 3 Satz 2
KostO § 94 Abs. 1 Nr. 3 bis 6
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

10 UF 159/00 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In der Familiensache

hat der 2. Senat für Familiensachen des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die Beschwerde der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte vom 31. August 2000 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Eisenhüttenstadt vom 1. August 2000 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Schael, den Richter am Landgericht Gutjahr und den Richter am Amtsgericht Werth

am 27. November 2000

beschlossen:

Tenor:

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen, das auch über die Kosten der Beschwerde zu entscheiden haben wird.

Der Beschwerdewert wird auf 1.000 DM festgesetzt.

Gründe:

Die gem. § 621 e ZPO zulässige Beschwerde führt zu der aus der Beschlussformel ersichtlichen Entscheidung. Der angefochtene Beschluss ist aufzuheben und die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückzuverweisen. Denn dem Amtsgericht ist ein Verfahrensfehler unterlaufen. Der Senat entscheidet ohne die in § 53 b Abs. 1 FGG vorgesehene mündliche Verhandlung. Den Beteiligten ist rechtliches Gehör gewährt worden, der Sachverhalt ist hinreichend aufgeklärt und eine Einigung nicht zu erwarten, so dass von einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden kann (Keidel/Kuntze, FGG, 14. Aufl., § 53 b, Rz. 5).

Allerdings liegen die Voraussetzungen für eine Abänderung der Entscheidung des Amtsgerichts über den Versorgungsausgleich vom 23.8.1995 (7 F 199/93) vor, § 10 a VAHRG. Denn der im Abänderungsverfahren ermittelte Wertunterschied weicht von dem in der abzuändernden Entscheidung zu Grunde gelegten Wertunterschied ab, § 10 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VAHRG. Seinerzeit stellte sich die Differenz zwischen der in der Ehezeit vom 1.8.1975 bis zum 31.8.1993 erworbenen angleichungsdynamischen Rentenanwartschaft (Ost) der Antragstellerin von 613,95 DM monatlich und der in derselben Ehezeit erworbenen angleichungsdynamischen Anwartschaft (Ost) des nach Einleitung des vorliegenden Verfahrens verstorbenen K-H J von 488,01 DM monatlich auf 125,94 DM, so dass sich ein im Wege des Splittings gem. § 1587 b Abs. 1 BGB zu Gunsten des Verstorbenen K-H J auszugleichender Betrag von 62,97 DM (= 125,94 DM : 2) ergab. Nach den im vorliegenden Abänderungsverfahren vom Amtsgericht eingeholten Auskünften für die geschiedenen Ehegatten beträgt die auf die genannte Ehezeit entfallende angleichungsdynamische Rentenanwartschaft (Ost) der Antragstellerin nunmehr 630,74 DM, während sich die angleichungsdynamische Rentenanwartschaft (Ost) des verstorbenen K-H J auf 670,33 DM beläuft. Der Wertunterschied stellt sich auf 39,59 DM, so dass der Versorgungsausgleich nunmehr zu Gunsten der Antragstellerin durchzuführen und auf deren Konto die Hälfte der Differenz, also ein Betrag von 19,80 DM, zu übertragen ist. Darin liegt eine wesentliche Abweichung i. S. v. § 10 a Abs. 1 Satz 2 VAHRG. Der nach § 10 a Abs. 4 VAHRG erforderliche Antrag zur Durchführung des Verfahrens ist am 20.1.1998 beim Amtsgericht eingegangen. Die Voraussetzungen des § 10 a Abs. 5 VAHRG liegen mit Rücksicht darauf, dass die am 28.4.1938 geborene Antragstellerin im Zeitpunkt der Antragstellung das 55. Lebensjahr vollendet hatte, beide Seiten überdies bereits Rente bezogen, vor.

Jedoch durfte das Amtsgericht das Verfahren nach dem Tode des ursprünglichen Antragsgegners am 1.3.1998 nicht, wie geschehen, fortsetzen. Denn es ist entsprechend § 239 Abs. 1 ZPO durch den Tod des K-H J unterbrochen worden.

Allerdings endet das Abänderungsverfahren des § 10 a VAHRG durch den Tod des Antragsgegners nicht. Vielmehr wird es in diesem Fall entsprechend der Regelung des § 1587 e Abs. 4 BGB gegen seine Erben als Prozessstandschafter fortgesetzt (Johannsen/Henrich/Hahne, Eherecht, 3. Aufl., § 10 a VAHRG, Rz. 60). Jedoch gelten die in §§ 239 ff. ZPO für den Fall des Todes einer Partei getroffenen Regelungen sinngemäß auch für das Verfahren über den Versorgungsausgleich (BGH, FamRZ 1984, 467, 469; Johannsen/Henrich/Hahne, a.a.O.; Keidel/Kuntze, a.a.O., Vorb. zu §§ 53 b bis 53 g, Rz. 7). Gem. § 239 ZPO tritt im Falle des Todes einer Partei eine Unterbrechung des Verfahrens bis zu dessen Aufnahme durch die Rechtsnachfolger ein. Lediglich bei anwaltlicher Vertretung des Antragsgegners, die hier nicht gegeben ist, kommt es nicht zur Verfahrensunterbrechung (BGH, a.a.O.). Zu einer Aufnahme des Verfahrens durch die Rechtsnachfolgerinnen des verstorbenen K-H J ist es nicht gekommen.

Die Aufnahme eines Prozesses ist ein Recht und eine Pflicht des Rechtsnachfolgers (Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 58. Aufl., § 239, Rz. 9). Sie erfolgt durch die Zustellung eines Schriftsatzes, § 250 ZPO, nachdem der Aufnehmende eine entsprechende Eingabe beim Gericht eingereicht hat (Baumbach/Lauterbach/Hartmann, a.a.O.). Zu einer Aufnahme des Verfahrens durch die Rechtsnachfolgerinnen des ursprünglichen Antragsgegners ist es nicht gekommen. Die Miterbin B Z hat unter dem 22.9.1998 ausgeführt, dass die Schwester Ad J alle Unterlagen habe, über alles Bescheid wisse und deshalb ausreichende Auskunft geben könne. Die Miterbin A J hat unter dem 22.9.1998 ausgeführt, sie habe nach dem Tod des Vaters eine Verzichterklärung bei ihrer Schwester Ad J hinterlegt, die somit als Erbin infrage komme, und unter dem 29.7.1999 ergänzt, dass sie mit der Sache nichts zu tun habe und keinen Wert auf das Verfahren über die Rentenanwartschaften lege. Die Miterbin Ad J, schließlich hat mit Schreiben vom 10.8.1999 ihr prinzipielles Einverständnis damit erklärt, dass die Übertragung der Rentenanwartschaft in Höhe von 62,97 DM auf den Verstorbenen K-H J wieder rückgängig gemacht werde, angefragt, ob eine einfache schriftliche Erklärung ihrerseits genüge und welche Rechtsfolgen das für sie habe, und abschließend festgehalten, dass dieses Schreiben noch keine Einverständniserklärung darstelle.

Das Amtsgericht wird nunmehr eine gehörige Aufnahme des Verfahrens durch die Erbinnen herbeizuführen und für den Fall, dass die Aufnahme verzögert wird, nach § 239 Abs. 2 bis 4 ZPO vorzugehen haben.

Hinsichtlich des Beschwerdebegehrens der BfA weist der Senat daraufhin, dass eine Anordnung des in Ziff. 2 der Beschlussformel des angefochtenen Beschlusses niedergelegten Inhalts nicht in Betracht kommt. Denn ein Fall des § 10 a Abs. 8 VAHRG liegt nicht vor. Die Vorschrift greift nur ein, wenn der Ausgleichspflichtige auf Grund einer Entscheidung des Familiengerichts für den Berechtigten etwa Beitragszahlungen in die gesetzliche Rentenversicherung gem. § 1587 b Abs. 3 Satz 1 a.F. BGB oder § 3 b Abs. 1 Nr. 2 VAHRG erbracht hat (Johannsen/Henrich/Hahne, a.a.O., § 10 a VAHRG, Rz. 51). Das Gesetz sieht hier eine Rückzahlung der zu viel gezahlten Beträge vor, da zu Gunsten des Verpflichteten kein öffentlichrechtlicher Rückausgleich in Form der Übertragung oder Begründung von Anrechten stattfinden kann (Johannsen/Henrich/Hahne, a.a.O.). Vorliegend geht es aber nicht um die Abänderung einer Entscheidung über den Versorgungsausgleich, welche die Begründung von Anwartschaften durch Beitragszahlung angeordnet hat, sondern um die Abänderung einer Entscheidung über Rentensplitting. In einem solchen Fall kann der Ausgleichspflichtige, der im Versorgungsausgleich zu viel abgegeben hat und eine entsprechend hohe Kürzung seiner Versorgung hinnehmen musste, rückwirkend ab Antragstellung vom Versorgungsträger, die zu viel einbehaltenen Kürzungsbeträge zurückfordern (Johannsen/Henrich/Hahne, a.a.O., § 10 a VAHRG, Rz. 47). Haben jedoch beide Ehegatten während des Abänderungsverfahrens schon gekürzte bzw. erhöhte Leistungen entsprechend der Erstentscheidung bezogen, die nunmehr eine Abänderung erfährt, schützt § 10 a Abs. 7 Satz 2 VAHRG den Versicherungsträger vor entsprechenden Doppelleistungen (BT-Drucks. 10/5447, S. 20). Er kann mit befreiender Wirkung gegenüber dem Ehegatten bis zum Ablauf des Monats, der dem Monat folgt, in welchem er von der Rechtskraft der Abänderungsentscheidung Kenntnis erhält, weiter an den ursprünglich berechtigten jeweiligen Rentenempfänger leisten und beim anderen Ehegatten entsprechende Kürzungen vornehmen (Johannsen/Henrich/Hahne, a.a.O.). Der materielle Ausgleich findet allein zwischen den Ehegatten, von denen der eine auf Kosten des anderen während des Abänderungsverfahrens etwa zu viel erhalten hat, statt (Johannsen/Henrich/ Hahne, a.a.O., § 10 a VAHRG, Rz. 48). Deshalb wird das Amtsgericht bei seiner neuerlichen Entscheidung von einer Anordnung des in Nr. 2 der Beschlussformel des angefochtenen Beschlusses wiedergegebenen Inhalts absehen.

Für den Ausspruch, dass von der Erhebung von Gerichtsgebühren abgesehen wird, ist ebenfalls kein Raum. Die Vorschrift, aufweiche das Amtsgericht diese Entscheidung stützt, d. i. diejenige des § 94 Abs. 3 Satz 2 KostO, erfasst allein die Fälle des § 94 Abs. 1 Nr. 3 bis 6 KostO. Keiner dieser Fälle betrifft das Verfahren über den Versorgungsausgleich. Es geht vielmehr stets um Fragen der elterlichen Sorge, des Umgangs und der Herausgabe eines Kindes.

Nach alledem ist, wie geschehen, zu entscheiden.

Ende der Entscheidung

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