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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 29.04.2003
Aktenzeichen: 10 UF 195/02
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 650
ZPO § 540 Abs. 1 Satz 1
BGB § 167 Abs. 1
BGB § 174 Satz 1
BGB § 174 Satz 2
BGB § 170
BGB § 1606 Abs. 3 Satz 1
BGB § 1606 Abs. 3 Satz 2
BGB § 1612 b Abs. 5
BGB § 1613 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
10 UF 195/02 Brandenburgisches Oberlandesgericht

verkündet am 29.4.2003

Urteil

In der Familiensache

hat der 2. Senat für Familiensachen des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 14. März 2003 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., die Richterin am Oberlandesgericht ... und den Richter am Oberlandesgericht ...

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 16. Juli 2002 verkündete Urteil des Amtsgerichts Strausberg teilweise abgeändert.

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin zu Händen ihrer gesetzlichen Vertreterin Unterhalt, den zukünftigen jeweils bis zum 3. eines Monats, wie folgt zu leisten:

- 1.293 € für die Monate April bis November 2001,

- 174 € für den Monat Dezember 2001,

- 208 € monatlich ab Januar 2002.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Insoweit bleibt das Versäumnisurteil des Senats vom 7. Januar 2003 aufrechterhalten, im Übrigen wird es aufgehoben.

Die Kosten des Rechtsstreits mit Ausnahme der Kosten, die durch die Säumnis des Beklagten im Senatstermin vom 7. Januar 2003 entstanden sind und die der Beklagte allein zu tragen hat, werden der Klägerin zu 3 % und dem Beklagten zu 97 % auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

Die am 26.12.1995 geborene Klägerin nimmt den Beklagten, ihren Vater, der mit ihrer Mutter nicht verheiratet war, auf Kindesunterhalt für die Zeit ab März 2001 in Anspruch. Gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 ZPO wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen. Gegen dieses Urteil wendet sich der Beklagte mit der Berufung. Er trägt vor:

Eine Verurteilung zur Unterhaltszahlung für den Monat März 2001 habe mangels Inverzugsetzung nicht erfolgen dürfen.

Wenn sich die Klägerin dauerhaft, zumindest seit 1999/2000, im Haushalt der Großeltern aufgehalten habe, sei auch ihre in München lebende Mutter zur Barunterhaltsleistung verpflichtet.

Er habe infolge einer psychischen Erkrankung unter Angstzuständen, Panikattacken, Depressionen, Insomnia und Barreliose gelitten. Er sei deshalb nach wie vor arbeitsunfähig.

Durch Versäumnisurteil vom 7.1.2003, dem Beklagten zugestellt am 13.1.2003, hat der Senat die Berufung zurückgewiesen. Hiergegen hat der Beklagte am 27.1.2003 Einspruch eingelegt.

Der Beklagte beantragt,

das Versäumnisurteil aufzuheben und die Klage unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Amtsgerichts vom 16.7.2002 abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

das Versäumnisurteil vom 7.1.2003 aufrechtzuerhalten.

Sie trägt vor:

Ihre Mutter habe sich nur vorübergehend in München aufgehalten, sei Anfang Dezember 2001 nach S. zurückgekehrt und habe dann wieder mit ihr im großelterlichen Haus gelebt.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Der Senat hat die gesetzliche Vertreterin der Klägerin und den Beklagten angehört. Dabei hat die gesetzliche Vertreterin der Klägerin erklärt:

Im August 2001 habe ich meinen Urlaub in S. verbracht. In den Monaten September bis November 2001 war ich wieder in München.

Am 15.12.2001 bin ich wieder zu meinen Eltern und zu meinem Kind nach S. zurückgekehrt. Seitdem wohne ich ununterbrochen dort.

In der Zeit von Dezember 2001 bis Februar 2002 war ich nicht beim Arbeitsamt gemeldet. Seit 18.2.2002 arbeite ich in Berlin... Das Beschäftigungsverhältnis besteht bis heute fort.

Der Beklagte hat erklärt:

Ich habe keinen Kontakt zum Kind, von einem Geschenk zu Weihnachten abgesehen. Auch zu dessen Mutter habe ich keinen Kontakt.

Auf den zulässigen Einspruch des Beklagten ist das Versäumnisurteil des Senats vom 7.1.2003 teilweise aufzuheben, im Übrigen aufrechtzuerhalten. Die zulässige Berufung des Beklagten ist zum Teil begründet. Er ist verpflichtet, der Klägerin in dem aus der Urteilsformel ersichtlichen Umfang Unterhalt zu zahlen.

Die Klägerin kann Unterhalt erst ab April 2001 verlangen, § 1613 Abs. 1 BGB. Unterhalt schon für März 2001 kommt nicht in Betracht.

Allerdings hat der Großvater der Klägerin, G.W., den Beklagten durch Schreiben vom 5.3.2001 aufgefordert, "Unterhalt auf das bekannte Konto" zu zahlen. Mit Anwaltsschreiben vom 14.3.2001 wies der Beklagte das Begehren unter Hinweis darauf zurück, dass der Großvater nicht der gesetzliche Vertreter der Klägerin sei. Mit Schreiben vom 20.3.2001 teilte Rechtsanwalt E. in S. dem Beklagten seine Beauftragung durch den Großvater mit, die Interessen des Kindes zu vertreten. Der Großvater seinerseits sei von der Mutter bevollmächtigt worden. Eine Kopie der Vollmacht sei beigefügt. Dieses Schreiben wurde vom Beklagten mit Rücksicht auf das Fehlen einer von der Mutter ausgestellten Prozessvollmacht ebenfalls zurückgewiesen. Erst mit Schreiben vom 23.4.2001 übersandte Rechtsanwalt El... eine Vollmacht auch der Mutter. Angesichts dessen kann Unterhalt erst von April 2001 an verlangt werden. Denn eine Bevollmächtigung des Großvaters durch die Mutter als gesetzliche Vertreterin der Klägerin ist nicht dargelegt.

Gemäß § 174 Satz 1 BGB ist ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist. Zu einseitigen Rechtsgeschäften im Sinne dieser Vorschrift gehören auch geschäftsähnliche Handlungen wie die Mahnung (Palandt/Heinrichs, BGB, 62. Aufl., § 174, Rz. 1). Vorliegend ist die Mahnung des Großvaters vom 5.3.2001 durch Anwaltsschreiben vom 14.3.2001, und damit unverzüglich, zurückgewiesen worden (vgl. hierzu auch Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 174, Rz. 3). Der Wirksamkeit der Zurückweisung steht die Vorschrift des § 174 Satz 2 BGB nicht entgegen. Danach ist die Zurückweisung ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber den anderen von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt hatte. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.

Allerdings hat die Klägerin bereits mit der Klageschrift vorgetragen, der Beklagte habe die Bevollmächtigung der Großeltern zunächst nicht infrage gestellt. In der Berufungserwiderung hat sie ferner ausgeführt, es sei unstreitig vorgetragen worden, dass dem Beklagten die schriftliche Vollmacht der Mutter für die Großeltern, sie als gesetzliche Vertreterin zu vertreten, schon im Jahre 2000 von den unterbevollmächtigten Großeltern vorgelegt worden sei. Dieses Vorbringen, das der Beklagte im Übrigen bestritten hat, ist unsubstanziiert. Es wird schon nicht deutlich, in welcher Weise i. S. v. § 167 Abs. 1 BGB die Vollmacht erteilt worden ist, ob als Innen- oder als Außenvollmacht (vgl. hierzu Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 167, Rz. 1). Lässt sich eine Außenvollmacht des Großvaters nicht zweifelsfrei feststellen, kann auch nicht von einer Fortdauer derselben bis zu ihrem Widerruf gemäß § 170 BGB ausgegangen werden.

Nach alledem hat die Klägerin gegen den Beklagten einen Unterhaltsanspruch erst für die Zeit ab April 2001.

Eine Barunterhaltspflicht auch der Mutter der Klägerin, wie sie der Beklagte mit der Berufung geltend macht, besteht nur für die Monate Juni und Juli sowie September bis November 2001. Im Übrigen haftet der Beklagte für den Unterhalt der Klägerin allein.

Nach § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB haften mehrere gleich nahe Verwandte anteilig nach ihren Erwerbs- und Vermögensverhältnissen. Der Elternteil, der ein minderjähriges unverheiratetes Kind betreut, erfüllt seine Verpflichtung, zum Unterhalt des Kindes beizutragen, in der Regel durch die Pflege und die Erziehung des Kindes, § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB. Der Naturalunterhalt wird im Regelfall auch dann dem Barunterhalt des anderen Elternteils gleichwertig erachtet, wenn der betreuende Elternteil erwerbstätig ist und sich deswegen bei der Pflege des Kindes zeitweilig der Hilfe von Verwandten bedient (BGH, NJW 1981, 1559). Wird die Pflege und Erziehung des Kindes einem Dritten anvertraut, ohne dass ein nennenswerter Rest an eigenen Betreuungsleistungen verbleibt, stellt dies keine Erfüllung der Unterhaltspflicht dem Kinde gegenüber dar, und zwar auch dann nicht, wenn der Dritte die Pflege und Erziehung freiwillig und unentgeltlich zu Gunsten des sorgeberechtigten Elternteils vornimmt (KG, FamRZ 1989, 778, 779; OLG Hamm, FamRZ 1990, 307; FamRZ 1991, 104, 105; Johannsen/Henrich/Graba, a.a.O., § 1606, Rz. 9; Luthin/Schumacher, Handbuch des Unterhaltsrechts, 9. Aufl., Rz. 3176). Unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen kommt eine anteilige Barunterhaltspflicht der Mutter der Klägerin für die Zeit von April 2001 bis November 2001 unter Ausschluss des Monats August 2001 zwar grundsätzlich in Betracht, ist aber in den Monaten April und Mai 2001, wie noch auszuführen ist, mangels Leistungsfähigkeit der Mutter nicht gegeben.

Die gesetzliche Vertreterin der Klägerin hat bei ihrer Anhörung vor dem Senat unwidersprochen erklärt, im Dezember 2001 zu ihren Eltern und der Klägerin nach S. zurückgekehrt zu sein, seitdem ununterbrochen dort zu wohnen und seit Februar 2002 in Berlin ... zu arbeiten. Diese Angaben werden gestützt durch die vorgelegten Gehaltsabrechnungen ab Februar 2002, die vom K...saal in Berlin ausgestellt und an die Mutter der Klägerin gerichtet sind. Darüber hinaus hat die Mutter der Klägerin im August 2001 ihren Urlaub in S. auf dem Grundstück ihrer Eltern, der Großeltern der Klägerin, verbracht. Daher kann angenommen werden, dass sie die Klägerin im August 2001 und ab Dezember 2001 überwiegend betreut hat, sodass eine anteilige Barunterhaltspflicht nicht besteht. Lediglich in den Monaten April bis Juli 2001 und September bis November 2001 war der Mutter der Klägerin, da sie sich in München aufhielt, eine Betreuung ihres Kindes nicht möglich. Für diese Zeiten kommt eine Barunterhaltspflicht in Betracht.

Bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs der Klägerin ist vom Einkommen des Beklagten als Selbstständigen in den Jahren 1999 bis 2001 auszugehen. Danach ergibt sich ein monatliches Durchschnittseinkommen von rund 2.834 DM, das sind 1.449 €.

Wegen der meist stark schwankenden Einkünfte von selbstständig tätigen Gewerbetreibenden und Freiberuflern ist zur Ermittlung des unterhaltsrechtlich bedeutsamen Einkommens grundsätzlich ein möglichst zeitnaher Mehrjahresdurchschnitt zu bilden, wobei in der Regel auf einen Zeitraum von drei Jahren abgestellt werden kann (vgl. Wendl/Haußleiter, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 5. Aufl., § 1, Rz. 115 f.). Hierzu hat der selbstständige Unterhaltsschuldner die entsprechenden Gewinn- und Verlustrechnungen bzw. Einnahmen-Überschussrechnungen der betreffenden Jahre vorzulegen (vgl. Wendl/Haußleiter, a.a.O., § 1, Rz. 113, 144). Zu beachten ist, dass die Höhe des die Leistungsfähigkeit bestimmenden Einkommens nicht identisch ist mit dem steuerrechtlichen Einkommen. Das Steuerrecht privilegiert einzelne Einkommensarten und erkennt Aufwendungen als einkommensmindernd an, die keine Vermögenseinbuße zum Gegenstand haben. Der selbstständige Unterhaltsschuldner muss daher seine Einnahmen und behaupteten Aufwendungen im Einzelnen so darstellen, dass die allein steuerlich beachtlichen Aufwendungen von solchen, die unterhaltsrechtlich von Bedeutung sind, abgegrenzt werden können. Die allein ziffernmäßige Aneinanderreihung einzelner Kostenarten genügt diesen Anforderungen nicht. Die erforderliche Darlegung kann nicht durch den Antrag auf Vernehmung eines Steuerberaters oder Buchhalters ersetzt werden (BGH, FamRZ 1980, 770 f.). Vor diesem Hintergrund ist das Vorbringen des Beklagten zu seinem Einkommen nicht ausreichend. Er hat nämlich trotz Hinweises des Senats auf die Anforderungen an die Darlegung des Einkommens eines Selbstständigen nur Einnahmen-Ausgabenrechnungen für die Jahre 1999 bis 2001 ohne jede Erläuterung im Einzelnen vorgelegt. Daher sind dem dort ausgewiesenen Gewinn jedenfalls diejenigen Betriebsausgaben hinzuzusetzen, die ohne weitere Erläuterung und Vorlage weiterer Belege regelmäßig als allein steuerrechtlich bedeutsam anzusehen sind.

Im Jahr 1999 beträgt der vom Beklagten erzielte Gewinn nach der vorgelegten Einnahmen-Ausgaben-Rechnung 27.060,73 DM. Hinzuzusetzen sind die als Betriebsausgaben aufgeführten Werbe- und Reisekosten in Höhe von 5.783,43 DM, bei denen ohne nähere Erläuterung offen bleibt, ob es sich tatsächlich um unterhaltsrechtlich bedeutsame Einbußen handelt. Gleiches gilt für die Position "Einst. i. SoPo m. Rücklage ant." von 6.250 DM, die als neutrale Aufwendung im Rahmen der Betriebsausgaben verzeichnet ist. Da andererseits bei den Betriebseinnahmen ein neutraler Ertrag mit der Bezeichnung "Ertr. a. Aufl. SoPo Rücklage an." aufgeführt ist, eine offenbar mit der neutralen Aufwendung korrespondierende Position in Höhe von 1.122 DM, ist insoweit ein Abzug vom Gewinn vorzunehmen. Darüber hinaus ist dem Gewinn ein Teil der geltend gemachten Abschreibungen hinzuzusetzen. Einen Abschreibungsspiegel hat der Beklagte nur für das Jahr 2001 vorgelegt. Daraus lässt sich ersehen, dass im Jahr 1998 ein Honda zum Kaufpreis von 35.000 DM erworben worden ist. Geht man davon aus, dass der Anschaffungspreis für einen Pkw auf acht Jahre umzulegen ist (OLG Bremen, FamRZ, 1995, 935, 936; Heiß/Heiß, ABC der unterhaltspflichtigen Einkünfte "Abschreibungen", S. 13 f.), ergibt sich insoweit eine jährliche Abschreibung von 4.375 DM (= 35.000 DM : 8 Jahre). Die Differenz zur tatsächlich erfolgten Abschreibung in Höhe von 7.688,98 DM ist dem Gewinn hinzuzusetzen, also ein Betrag von 3.313,98 DM. Nach alledem ist im Jahre 1999 von einem Einkommen des Beklagten von 41.286,14 DM (= 27.060,73 DM + 5.783,43 DM + 6.250 DM - 1.122 DM + 3.313,98 DM) auszugehen.

Im Jahr 2000 beträgt der Gewinn ausweislich der Einnahme-Ausgaben-Rechnung 16.298,19 DM. Hinzuzusetzen sind die Werbe- und Reisekosten mit 3.258,09 DM. Abzusetzen ist die Position "Ertr. a. Aufl. SoPo Rücklage an." mit 6.625 DM. Abschreibungen können nicht, wie in der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung ausgeführt, in Höhe von 7.409 DM, sondern wiederum nur in Höhe von 4.375 DM Berücksichtigung finden, sodass der Differenzbetrag von 3.034 DM dem Gewinn ebenfalls hinzuzusetzen ist. Schließlich können die Betriebsausgaben, soweit sie die Aufwendungen für Telefon und Kraftfahrzeug betreffen, nicht in vollem Umfang anerkannt. Bei solchen Kosten ist jeweils ein Anteil für die private Nutzung unterhaltsrechtlich nicht als Einkommensmindernd anzusehen (vgl. Wendl/Haußleiter, a.a.O., § 1, Rz. 139). Anders als im Jahre 1999 sind in der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung Privatanteile nicht als Betriebseinnahmen aufgeführt. Mangels anderer Anhaltspunkte muss angenommen werden, dass der Privatanteil für die Nutzung von Kraftfahrzeugen und Telefon bei 50 % liegt. Daher sind dem Gewinn Kfz-Kosten von 1.991,87 DM [= (447 DM + 1.326,20 DM + 2.210,54 DM) : 2] sowie Telefonkosten von 1.940,27 DM [= (2.106,53 DM + 2.189,69 DM - 421,31 DM + 5,63 DM) : 2] hinzuzusetzen. Es ergibt sich ein Einkommen von 19.897,42 DM (= 16.298,19 DM + 3.258,09 DM - 6.625 DM + 3.034 DM + 1.991,87 DM + 1.940,27 DM).

In der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung für das Jahr 2001 ist ein Gewinn von 28.891,31 DM ausgewiesen. Hinzuzurechnen sind Werbe- und Reisekosten von 3.110,74 DM und die Position "Einst. i. SoPo m. Rücklage ant." mit 4.000 DM. Der Pkw Honda ist noch mit einem Abschreibungsbetrag von 6.416,67 DM im Abschreibungsverzeichnis berücksichtigt, sodass die Differenz zu dem sich bei einer Abschreibungsdauer von acht Jahren ergebenden Betrag von 4.375 DM, das sind 2.041,67 DM, dem Gewinn hinzuzusetzen ist. Im Jahr 2001 ist ferner die Anschaffung eines Mitsubishi 300 GT für 68.253,22 DM erfolgt. Dieser Betrag hat im Jahr 2001 nur mit 1/10 als Abschreibung Berücksichtigung gefunden, was unterhaltsrechtlich nicht zu beanstanden ist. Da auch in der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung für 2001 Privatanteile als Einnahmen nicht aufgeführt sind, ist wiederum ein Anteil von 50 % für die private Nutzung von Kraftfahrzeug und Telefon dem Gewinn hinzuzusetzen, das sind 665,47 DM [= (27 DM + 623,10 DM + 680,84 DM) : 2] für das Kraftfahrzeug und 2.122,05 DM [= (1.452,50 DM - 290,50 DM + 3.070,88 DM + 11,21 DM) : 2] für Telefonkosten. Nicht erläutert ist die Position "Buchwert Anlagenabgänge" mit 7.583,33 DM. Da dieser Betriebsausgabe auf der Einnahmenseite die Position "Ertr. a. d. Abgang v. Anl. Verm." in derselben Höhe gegenübersteht, bedarf es insoweit unterhaltsrechtlich keiner Korrektur des ausgewiesenen Gewinns. Es ergibt sich insgesamt ein Einkommen von 40.831,24 DM (= 28.891,31 DM + 3.110,74 DM + 4.000 DM + 2.041,67 DM + 665,47 DM + 2.122,05 DM).

Insgesamt stellt sich das in den Jahren 1999 bis 2001 erzielte Einkommen des Beklagten auf 102.014,80 DM (= 41.286,14 DM + 19.897,42 DM + 40.831,24 DM). Dies ergibt ein monatliches Durchschnittseinkommen von rund 2.834 DM (= 102.014,80 DM : 36 Monate), das sind 1.449 €.

Die Mutter der Klägerin verfügte bis einschließlich Mai 2001 unstreitig über kein Einkommen, sondern hat von Zuwendungen ihres Freundes in München gelebt. Ob sie unterhaltsrechtlich gehalten war, sich um eine Erwerbstätigkeit zu bemühen und sich wegen etwa unterlassener Bemühungen ein fiktives Einkommen zurechnen lassen muss, kann dahinstehen. Denn bei anteiliger Haftung der Eltern nach § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB braucht sich das Kind auf fiktive Einkünfte eines Elternteils nicht verweisen zu lassen (vgl. OLG Frankfurt, FamRZ 1993, 231; Wendl/Scholz, a.a.O., § 2, Rz. 440).

Da sich der jeweilige Haftungsanteil der Eltern, wenn beide Elternteile barunterhaltspflichtig sind, nach dem Verhältnis ihrer den jeweiligen Selbstbehalt übersteigenden anrechenbaren Einkommen bestimmt, ein Elternteil jedoch höchstens den Unterhalt zu leisten hat, der sich allein nach seinem Einkommen ergibt (vgl. Nr. 25 der Unterhaltsleitlinien des Brandenburgischen Oberlandesgerichts, Stand 1.7.1999), ist für den Unterhalt der Klägerin in den Monaten April und Mai 2001 mangels Leistungsfähigkeit der Mutter allein der Beklagte mit seinem Einkommen heranzuziehen. Bei einem bereinigten Einkommen von 2.834 DM ist der Unterhaltsbedarf der Klägerin, die der ersten Altersstufe angehört, der Einkommensgruppe 3 der Tabelle in Nr. 16 der zuletzt genannten Leitlinien zu entnehmen und beträgt 405 DM. Nach Abzug eines Kindergeldanteils von 102 DM mit Rücksicht auf die Vorschrift des § 1612 b Abs. 5 BGB (vgl. die Kindergeldabzugstabelle für das Beitrittsgebiet für die Zeit vom 1.1.2001 bis 30.6.2001 bei Vossenkämper, FamRZ 2000, 1548) ergibt sich ein Zahlbetrag von 303 DM.

Im Monat Juni 2001 ist auch das Einkommen der Mutter der Klägerin heranzuziehen. Denn sie hat in den Monaten Juni und Juli 2001, wie sich der Lohnsteuerbescheinigung ihrer Arbeitgeberin T. entnehmen lässt, ein Nettoeinkommen von 3.952,65 DM (= 5.600 DM - 504,32 DM - 19,26 DM - 34,57 DM - 1.089,20 DM) erzielt, das sind monatsdurchschnittlich rund 1.976 DM netto.

Das Gesamteinkommen beider Elternteile stellt sich auf 4.810 DM (= 2.834 DM + 1.976 DM), sodass der Bedarf der Klägerin nach Einkommensgruppe 8 der soeben genannten Tabelle 533 DM beträgt. Das Einkommen des Beklagten von 2.834 DM übersteigt den notwendigen Selbstbehalt von 1.370 DM (Nr. 10 der zuletzt genannten Unterhaltsleitlinien) um 1.464 DM. Vom Einkommen der Mutter der Klägerin in Höhe von 1.976 DM verbleiben nach Abzug des in München geltenden notwendigen Selbstbehalts von 1.500 DM (Nr. 20 b der unterhaltsrechtlichen Leitlinien der Familiensenate in Bayern, Stand 1.7.1999) noch 476 DM. Insgesamt stehen für Unterhaltszwecke somit 1.940 DM (= 1.464 DM + 476 DM) zur Verfügung. Angesichts eines Bedarfs der Klägerin von 533 DM entfällt auf den Beklagten ein Anteil von rund 402 DM (= 533 DM x 1.464 DM : 1.940 DM). Da der Beklagte nicht 135 % des Regelbetrages (Ost) von 324 DM, das sind 438 DM, sondern lediglich 402 DM aufbringen kann, unterbleibt mit Rücksicht auf § 1612 b Abs. 5 BGB eine Anrechnung des Kindergeldes in Höhe von 36 DM (= 438 DM - 402 DM). Anzurechnen sind 99 DM (= 135 DM hälftiges Kindergeld - 36 DM), sodass 303 DM (= 402 DM - 99 DM) zu zahlen sind.

Für den Unterhalt im Juli 2001 ist bei einem Gesamteinkommen beider Elternteile von 4.810 DM der nunmehr geänderte Unterhaltsbedarf der Klägerin von 520 DM nach der Tabelle in Anlage I zu den Unterhaltsleitlinien des Brandenburgischen Oberlandesgerichts, Stand 1.7.2001, zu Grunde zu legen. Bei einem notwendigen Selbstbehalt von jetzt 1.515 DM (Nr. 10 der zuletzt genannten Leitlinien) verbleiben dem Beklagten noch 1.319 DM (= 2.834 DM - 1.515 DM) für Unterhaltszwecke. Auf Seiten der Mutter stehen hierfür bei einem notwendigen Selbstbehalt in München von 1.640 DM (Nr. 20 b der unterhaltsrechtlichen Leitlinien der Familiensenate in Bayern, Stand 1.7.2001) 336 DM (= 1.976 DM - 1.640 DM) zur Verfügung. Insgesamt kann ein Betrag von 1.655 DM (= 1.319 DM + 336 DM) für den Unterhalt der Klägerin eingesetzt werden. Auf den Beklagten entfällt ein Anteil von rund 414 DM (= 520 DM x 1.319 DM : 1.655 DM). Dieser Betrag bleibt um 45 DM hinter der 135-%-Grenze Ost nach § 1612 b Abs. 5 BGB von 459 DM (vgl. die Tabelle in Anlage I zu den Unterhaltsleitlinien des Brandenburgischen Oberlandesgerichts, Stand 1.7.2001) zurück. Anzurechnen ist daher Kindergeld in Höhe von 90 DM (= 135 DM - 45 DM). Es ergibt sich ein Zahlbetrag von 324 DM (= 414 DM - 90 DM).

Im August 2001 ist, da die Klägerin, wie ausgeführt, von ihrer Mutter überwiegend betreut worden ist, allein der Beklagte barunterhaltspflichtig. Bei einem Einkommen von 2.834 DM beträgt der Bedarf der Klägerin nach Einkommensgruppe 2 der zuletzt genannten Tabelle 392 DM. Nach Abzug eines Kindergeldanteils von 68 DM (vgl. die Kindergeldabzugstabelle in Anlage II zu den zuletzt genannten Leitlinien) verbleiben 324 DM.

In den Monaten September bis November 2001 war die Mutter der Klägerin in München erwerbstätig und hat ausweislich der Lohnsteuerbescheinigung ihres Arbeitgebers, des Ristorante V., ein Nettoeinkommen von 5.845,55 DM (= 8.381,64 DM - 837,83 DM - 46,08 DM - 1.652,18 DM) erzielt. Das sind monatsdurchschnittlich rund 1.949 DM (= 5.845,55 : 3 Monate) netto. Das Gesamteinkommen beider Elternteile stellt sich auf 4.783 DM (= 2.834 DM + 1.949 DM). Der Unterhaltsbedarf der Klägerin nach Einkommensgruppe 7 der Tabelle in Anlage I zu den zuletzt genannten Leitlinien beträgt 520 DM. Das Einkommen des Beklagten übersteigt den für ihn geltenden notwendigen Selbstbehalt um 1.319 DM (= 2.834 DM - 1.515DM), dasjenige der Mutter der Klägerin den in München geltenden Selbstbehalt um 309 DM (= 1.949 DM - 1.640 DM), sodass für Unterhaltszwecke insgesamt 1.628 DM (= 1.319 DM + 309 DM) zur Verfügung stehen. Auf den Beklagten entfällt ein Anteil von rund 421 DM (= 520 DM x 1.319 DM : 1.628 DM). Da dieser Betrag 135 % des Regelbetrages (Ost), das sind 459 DM, um 38 DM unterschreitet, ist Kindergeld nur in Höhe von 97 DM (= 135 DM - 38 DM) anzurechnen. Es ergibt sich ein Zahlbetrag von 324 DM.

Für die Zeit von April bis November 2001 errechnet sich nach alledem insgesamt ein Unterhaltsanspruch der Klägerin gegen den Beklagten von 2.529 DM (= 3 Monate x 303 DM + 5 Monate x 324 DM), das sind rund 1.293 €.

Im Dezember 2001 ist die Klägerin sechs Jahre alt geworden, gehört also nunmehr der 2. Altersstufe an. Da sie von diesem Zeitpunkt an, wie ausgeführt, von ihrer Mutter überwiegend betreut wird, ist allein der Beklagte barunterhaltspflichtig. Bei einem Einkommen von 2.834 DM ist der Unterhaltsbedarf der Klägerin mit 476 DM der Einkommensgruppe 2 der Tabelle in Anlage I zu den zuletzt genannten Leitlinien zu entnehmen. Kindergeld ist in Höhe von 56 DM abzusetzen (Anlage II zu den zuletzt genannten Unterhaltsleitlinien), sodass 420 DM verbleiben. Der Beklagte schuldet aber nur Unterhalt in Höhe von 340 DM, das sind rund 174 €. Denn nur in dieser Höhe ist er bis einschließlich Dezember 2001 durch Zusendung der einfachen Abschrift der Klageschrift vom 12.11.2001 gem. § 1613 Abs. 1 BGB in Verzug gesetzt worden (vgl. Wendl/Gerhardt, a.a.O., § 6, Rz. 120). Erst ab Januar 2002 ist monatlicher Unterhalt von 211 € geltend gemacht worden.

Für die Zeit ab Januar 2002 beträgt der Unterhaltsbedarf der Klägerin bei einem Einkommen des Beklagten von 1.449 € nach Einkommensgruppe 2 der Tabelle in Anlage I zu den Unterhaltsleitlinien des Brandenburgischen Oberlandesgerichts, Stand 1.1.2002, 244 €. Nach Abzug eines Kindergeldanteils von 36 € (vgl. die Kindergeldabzugstabelle in Anlage II zu den zuletzt genannten Leitlinien) verbleiben 208 €.

Von eingeschränkter Leistungsfähigkeit des Beklagten im Hinblick auf die behauptete Erkrankung kann nicht ausgegangen werden. Soweit sich der Unterhaltsschuldner darauf beruft, krankheitsbedingt nicht leistungsfähig zu sein, muss er Art und Umfang der gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder Leiden darlegen. Der bloße Hinweis auf eine Erkrankung lässt weder erkennen, welche konkreten gesundheitlichen Beeinträchtigungen bestehen, noch inwieweit sich diese auf die Erwerbsfähigkeit auswirken. Aus dem Vortrag muss sich auch ergeben, auf welchen Zeitpunkt sich die Behauptung, nicht mehr erwerbsfähig zu sein, bezieht (vgl. BGH, FamRZ 2001, 1291, 1292). Trotz Hinweises des Senats auf diese Anforderungen an das Vorbringen hat der Beklagte lediglich zwei Atteste eines Facharztes für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie-Psychoanalyse vom 15.2. und vom 26.3.2002 vorgelegt, in denen ausgeführt ist, dass der Beklagte an Angstzuständen, Panikattacken, Depression, Insomnia und Barreliose leide und nicht arbeitsfähig sei, eine stationäre Behandlung erwogen werde. Belegt hat der Beklagte damit nur eine zeitweise Arbeitsunfähigkeit, die mit einer Erwerbsunfähigkeit nicht ohne weiteres gleichgesetzt werden kann, und zwar nur für einen Zeitraum, der vor der Kündigung des Agenturvertrages mit der D. lag, also für einen Zeitraum, in dem er noch Erwerbseinkommen erzielt hat. Dass er in der Zeit, in der er nicht mehr erwerbstätig war, daran gehindert war, weiterhin seine freiberufliche Tätigkeit auszuüben, hat der Beklagte demnach nicht substanziiert dargelegt und belegt. Er ist daher auch für die Folgezeit so zu behandeln, als wäre er weiterhin als Handelsvertreter tätig, sodass ihm fiktiv ein Einkommen in der gleichen Höhe, wie zuvor erzielt, zuzurechnen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1, 344 ZPO. Die Vorschrift des § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, wonach das Gericht der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen kann, wenn die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat, findet keine Anwendung. Denn hätte die Klägerin für den Zeitraum von März bis November 2001 statt insgesamt 1.531,83 € (= 662,63 € + 869,20 €) nur einen Betrag von 1.293 €, wie er ihr nach den vorstehenden Ausführungen zugestanden hat, verlangt, hätte der Gebührenstreitwert bei unter 4.000 € gelegen mit der Folge, dass eine Anwaltsgebühr nicht 221 € (= 245 € x 90 %), sondern lediglich 195 € (= 217 € x 90 %) betragen hätte. Diese Abweichung ist im Hinblick darauf, dass in beiden Rechtszügen auf Seiten jeder Partei je zwei Anwaltsgebühren entstanden sind, nicht mehr als geringfügig anzusehen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Ende der Entscheidung

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