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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 18.12.2007
Aktenzeichen: 10 UF 206/07
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 1666
BGB § 1666 a
BGB § 1666 a Abs. 1 Satz 1
ZPO § 114
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

10 UF 206/07 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In der Familiensache

betreffend die elterliche Sorge für das Kind L... S..., geboren am ... 2006,

hat der 2. Senat für Familiensachen des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Prof. Schael, die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Liceni-Kierstein und den Richter am Oberlandesgericht Thies

am 18. Dezember 2007

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts Frankfurt (Oder) vom 9. Oktober 2007 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Der Antrag der Antragsgegnerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird zurückgewiesen.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3.000 € festgesetzt.

Gründe:

Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Antragsgegnerin gegen die Übertragung von Teilbereichen der elterlichen Sorge für ihren Sohn L... gemäß §§ 1666, 1666 a BGB auf das Jugendamt und die Unterbringung des Kindes in einer Pflegefamilie. Das zulässige Rechtsmittel, über das der Senat angesichts der wiederholten, gut dokumentierten Anhörungen der Beteiligten durch das Amtsgericht, zuletzt am 11.9.2007, sodass neue Erkenntnisse nicht zu erwarten sind, ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist nicht begründet.

Die Sorgerechtsentscheidung des Amtsgerichts stellt sich aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als richtig dar. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird hierauf Bezug genommen. Das Beschwerdevorbringen führt zu keiner abweichenden Beurteilung.

Aus dem vom Amtsgericht eingeholten Gutachten des Sachverständigen Dr. med. H... vom 17.6.2007 sowie den Stellungnahmen des Jugendamts und des Verfahrenspflegers ergibt sich, dass gegenwärtig nicht nur die sorgeberechtigte Mutter allein mit der eigenverantwortlichen Erziehung ihres Sohnes überfordert ist; vielmehr sind es die Eltern auch zusammen. Sie benötigen im Hinblick auf ihre Fähigkeiten und Fertigkeiten einerseits und die Komplexität der Versorgung und Erziehung des erst ein Jahr alten Kindes andererseits derzeit eine umfassende Hilfe bei der Versorgung und Erziehung. Die von dem Sachverständigen vorgeschlagene Teilnahme an einem Familienprojekt ist den Eltern zumutbar, selbst wenn das mit gewissen persönlichen Einschränkungen verbunden ist. Die Nachteile werden dadurch aufgewogen, dass die Eltern unter ständiger Anleitung und Hilfe von geschulten Mitarbeitern die Versorgung und Erziehung ihres Sohnes bereits ab Beginn der Aufnahme der Familie in ein Familienprojekt selbst übernehmen könnten. Nach dem Sachverständigengutachten besteht auch die realistische Chance, dass die Eltern durch eine entsprechende kontinuierliche und intensive Mitarbeit in die Lage versetzt werden, in absehbarer Zukunft mit Unterstützung einer ambulanten Familienhilfe die Versorgung und Erziehung von L... außerhalb des Familienprojekts eigenständig zu übernehmen. Die Ablehnungen der Mutter bzw. der Eltern gegenüber den von ihnen besichtigten Einrichtungen in B... und S... erscheinen nicht stichhaltig. Das Familienprojekt in E... hat die sorgeberechtigte Mutter bereits im Vorfeld ohne Besichtigung und ohne Angabe von Gründen abgelehnt. Entsprechendes gilt für die vorgeschlagene Aufnahme in eine Mutter-Kind-Einrichtung.

L... bedarf aufgrund seiner Frühgeburt bzw. der bestehenden Entwicklungsverzögerung einer besonderen Förderung. Ferner sind zusätzliche medizinische und therapeutische Maßnahmen erforderlich, die über das übliche Maß hinausgehen. Da sich die Mutter und auch der Vater der - nach der überzogenen Einschätzung des Sachverständigen Dr. H... - unerlässlichen Anleitung und dem kontinuierlichen Training hinsichtlich der notwendigen Kindesversorgung und Kindeserziehung verweigern, besteht nach der Einschätzung des Sachverständigen eine konkrete Gefahr für das Kindeswohl. Die mangelnde Einsicht und Bereitschaft der Mutter bzw. der Eltern zu einer Mitarbeit, die der Abwendung der drohenden Kindeswohlgefährdung dient, rechtfertigt die erfolgten Anordnungen des Amtsgerichts und die Trennung des Kindes von der elterlichen Familie. Ob die ursprünglich gerichtlich angeordnete Betreuung der Mutter wieder aufgehoben worden ist, spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle. Unerheblich ist auch, dass der Wunsch der Eltern, den Sohn selbst zu betreuen und zu versorgen, von bestem Willen getragen ist. Denn es geht allein um die tatsächlichen Fähigkeiten und Fertigkeiten und damit die praktische Handlungsfähigkeit der Mutter bzw. der Eltern für die Versorgung und Erziehung von L.... Dazu aber ist die Mutter auch mit Unterstützung des Vaters nach der Beurteilung des Sachverständigen, der der Senat folgt, gegenwärtig nicht in der Lage.

Die Entziehung der vom Amtsgericht tenorierten Teilbereiche der elterlichen Sorge stellt sich danach gemäß § 1666 BGB als erforderlich dar. Es gibt im Interesse des Kindeswohl aufgrund der verweigerten Mitarbeit der Eltern auch kein milderes Mittel zur Gefahrenabwehr als die vom Jugendamt vorgenommene Unterbringung von L... in einer Pflegefamilie, § 1666 a Abs. 1 Satz 1 BGB.

Wegen der fehlenden Erfolgsaussicht ihres Rechtsmittels kann der Mutter nicht die von ihr beantragte Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren bewilligt werden, § 114 ZPO.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 13 a Abs. 1 Satz 2 FGG.

Ende der Entscheidung

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