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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 10.07.2007
Aktenzeichen: 10 UF 58/07
Rechtsgebiete: ZPO, BErzGG, BGB


Vorschriften:

ZPO § 287
ZPO § 323
ZPO § 323 Abs. 1
ZPO § 323 Abs. 3
ZPO §§ 641 l ff. a. F.
ZPO § 641 p a. F.
ZPO § 641 q a. F.
BErzGG § 9 Satz 2
BGB § 1360
BGB § 1360 a
BGB § 1603 Abs. 2 Satz 1
BGB § 1603 Abs. 2 Satz 2
BGB § 1606 Abs. 3 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

10 UF 58/07 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 10.07.2007

verkündet am 10.07.2007

In der Familiensache

hat der 2. Senat für Familiensachen des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 5. Juni 2007 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Prof. Schael, die Richterin am Oberlandesgericht Berger und die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Liceni-Kierstein

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Eisenhüttenstadt vom 17.1.2007 unter Zurückweisung seines weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert.

Der Unterhaltsbeschluss des Amtsgerichts Eisenhüttenstadt vom 24.07.1996 - 3 H 90/96 - wird für die Zeit ab 21.12.2006 dahin abgeändert, dass der Kläger an die Beklagte nur noch einen Unterhaltsbetrag in Höhe von monatlich

- 115 € vom 21.12. bis zum 31.12.2006,

- 121 € vom 1.1. bis zum 30.6.2007 und

- 117 € ab 1.7.2007

zu zahlen hat.

Im Übrigen wird die Abänderungsklage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits fallen dem Kläger zu 45 % und der Beklagten zu 55 % zur Last.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Wert des Berufungsverfahrens wird auf 2.738,70 € festgesetzt.

Gründe:

A.

Die Parteien - Vater und Tochter - streiten über die Abänderung titulierten Kindesunterhalts ab 2/2004.

Der in 9/1965 geborene Kläger ist der Vater der am ....1988 geborenen (und damit seit dem ....2006 volljährigen) Beklagten. Die Ehe der Kindeseltern wurde im Jahr 1991 geschieden und die elterliche Sorge für die Tochter auf die Mutter übertragen. Die Beklagte besucht bis voraussichtlich 7/2008 das ...-Gymnasium in E.... Sie lebt im Haushalt der wieder verheirateten Mutter in W....

Der Kläger, der gelernter Baufacharbeiter ist, hat von 1998 bis 2001 in F... eine Umschulung zum Reiseverkehrskaufmann absolviert. Seit 2001 wohnt und arbeitet er auf kaufmännischem Gebiet vollschichtig im Raum N.../E.... Der Kläger ist seit 5/2002 wieder verheiratet. Aus dieser Ehe ist in 1/2004 die Tochter L... hervorgegangen. Die Ehefrau des Klägers erzielt - bis auf eine kurze Unterbrechung im Zusammenhang mit der Geburt von L... in der ersten Jahreshälfte 2004 - ein Einkommen aus einer vollschichtigen Berufstätigkeit bei der Sparkasse E....

In einem Vergleich des Kreisgerichts Eisenhüttenstadt aus 12/1991 verpflichtete sich der Kläger, für die Beklagte einen monatlichen Kindesunterhalt von 182 DM zu zahlen. Durch Versäumnisurteil des Amtsgerichts Eisenhüttenstadt aus 2/1993 wurde der monatliche Unterhaltsbetrag auf 375 DM und im vereinfachten Verfahren durch Anpassungsbeschluss vom 24.07.1996 auf 540 DM heraufgesetzt. Die vom Kläger im Jahr 1998 beantragte Herabsetzung des Unterhaltsbetrages auf 270 DM hat das Amtsgericht durch Urteil aus 10/1998 abgewiesen. Seine dagegen eingelegte Berufung hat der Kläger später zurückgenommen. Die erneute Abänderungsklage aus dem Jahr 1999, mit der der Kläger nochmals die Herabsetzung auf monatlich 270 DM beantragte, hat das Amtsgericht durch Urteil aus 10/1999 als unzulässig verworfen. Ein Rechtsmittel gegen diese Entscheidung wurde nicht eingelegt.

Mit der vorliegenden Klage hat der Kläger erneut die Abänderung seiner Unterhaltsverpflichtung ab 2/2004 begehrt. Er hat dies damit begründet, dass er im Hinblick auf seine seit dem Unterhaltsbeschluss aus 7/1996 veränderten persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nur noch in Höhe von monatlich 115 € leistungsfähig sei.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Kläger habe nicht schlüssig dargelegt, dass er seine im Zeitpunkt des Unterhaltsanpassungsbeschlusses aus 7/1996 ausgeübte Tätigkeit bei der Baufirma K... im Jahr 1998 aus gesundheitlichen Gründen aufgeben musste. Daher sei weiterhin von seinem damaligen Nettoeinkommen auszugehen. Der Kläger müsse sich folglich ein bereinigtes Monatsnetto von rund 1.603 € fiktiv zuzurechnen lassen. Damit könne er seine Unterhaltsverpflichtung auch unter Wahrung seines höheren notwendigen Selbstbehalts im süddeutschen Raum erfüllen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung des Klägers. Zur Begründung macht er insbesondere geltend, dass er nach der erfolgten Umschulung zum Reiseverkehrskaufmann nicht in der Lage sei, ein Nettoeinkommen von rund 1.600 € zu erzielen. Es bestehe auf Grund seiner vollschichtigen Berufstätigkeit auch kein Anlass für eine fiktive Einkommenszurechnung. Ferner sei zu berücksichtigen, dass er seit 1/2004 seiner in der neuen Ehe geborenen Tochter L... zum Unterhalt verpflichtet sei. Schließlich trage die Beklagte seit Eintritt ihrer Volljährigkeit in 12/2006 die Darlegungslast für das Fortbestehen ihres titulierten Unterhaltsanspruchs. Entsprechender Sachvortrag fehle.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des am 17.1.2007 verkündeten Urteils des Amtsgerichts Eisenhüttenstadt, Az. 7 F 176/04, den Beschluss des Amtsgerichts Eisenhüttenstadt vom 24.7.1996, Az. 3 H 90/96, dahingehend abzuändern, dass er ab Februar 2004 lediglich noch einen Kindesunterhaltsbetrag in Höhe von monatlich 115 € an die Beklagte zu zahlen hat.

Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Berufung und verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie die Feststellungen des Amtsgerichts in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen.

B.

Die zulässige Berufung des Klägers führt nur für die Zeit ab 1/2007 und insoweit auch nur teilweise zum Erfolg.

I.

Soweit der Kläger für die Zeit vom 1.2. bis zum 24.10.2004 Abänderung des nach altem Recht zu beurteilenden Anpassungsbeschlusses aus dem Jahr 1996 begehrt, ist seine Klage unzulässig. Insoweit kommt die Zeitschranke des § 323 Abs. 3 ZPO im vorliegenden Abänderungsverfahren zum Tragen.

Das Abänderungsbegehren des Klägers betrifft eine Unterhaltsverpflichtung gegenüber der Beklagten, die ursprünglich in einem gerichtlichen Vergleich aus 12/1991 mit 182 DM festgelegt war und zuletzt auf Antrag der Beklagten im vereinfachten Anpassungsverfahren nach §§ 641 l ff. ZPO a. F. durch Beschluss vom 24.7.1996 mit Wirkung ab dem 5.6.1996 auf 540 DM heraufgesetzt worden ist. Dieser nach § 641 p ZPO a. F. ergangene Beschluss ist rechtskräftig geworden, da der Kläger kein Rechtsmittel eingelegt und auch nicht von der Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, innerhalb der Monatsfrist Abänderungsklage nach § 641 q ZPO a. F. zu erheben.

Zwar kann sich der Kläger auch nach Ablauf der Klagemöglichkeit aus § 641 q ZPO a. F. mit der vorliegenden Abänderungsklage gemäß § 323 ZPO auf eine Veränderung seiner persönlichen sowie wirtschaftlichen Verhältnisse und insbesondere seiner Leistungsfähigkeit berufen. Für den Anpassungsbeschluss gilt aber nach dem insoweit maßgebenden alten Recht die zeitliche Schranke des § 323 Abs. 3 ZPO. Das hat zur Folge, dass eine Abänderung erst vom Zeitpunkt der Klageerhebung an erfolgen kann (vgl. hierzu Stein-Jonas, ZPO, 21. Aufl., § 641 q, Rn. 8 und § 323, Rn. 38; OLG Bremen, FamRZ 1982, 1035/1036). Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung der Klageschrift (§ 253 Abs. 1 ZPO). Da die vorliegende Klage am 25.10.2004 zugestellt worden ist, kommt erst von diesem Tag an die Abänderung des früheren Unterhaltstitels in Betracht (vgl. hierzu BGH, NJW 1990, 710/711).

Soweit der Kläger bereits für die Zeit vom 1.2. bis zum 24.10.2004 die Abänderung des Anpassungsbeschlusses vom 24.7.1996 begehrt, ist seine Klage danach unzulässig.

II.

Das auf § 323 ZPO gestützte und für die Zeit ab dem 25.10.2004 zulässige Herabsetzungsverlangen des Klägers hat in der Sache nur für die Zeit ab Eintritt der Volljährigkeit der Beklagten am 21.12.2006 teilweise Erfolg.

1.

Dem Kläger ist es grundsätzlich nicht verwehrt, sich auf eine nach dem Anpassungsbeschluss vom 24.07.1996 eingetretene Einkommensverschlechterung infolge Arbeitslosigkeit, anschließender Umschulung und einer geringer bezahlten Berufstätigkeit als Reiseverkehrskaufmann als Abänderungsgrund zu berufen. Mit diesen Einwendungen ist der Kläger durch die beiden vorangegangenen Abänderungsklagen aus den Jahren 1998 und 1999 - Amtsgericht Eisenhüttenstadt 7 F 94/98 und 7 F 31/99 - nicht präkludiert.

Die Rechtskraft der beiden in diesen Vorprozessen vom Amtsgericht Eisenhüttenstadt erlassenen Klage abweisenden Urteile vom 2.10.1998 und vom 28.10.1999 erstreckt sich nicht auf die im vorliegenden Verfahren geltend gemachten Abänderungstatsachen. Die Abweisung der früheren Abänderungsklagen kann nicht materiell als Verurteilung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen im Sinne des § 323 Abs. 1 ZPO angesehen werden. Hinzu kommt, dass sich das Amtsgericht mit der vom Kläger im vorliegenden Verfahren u. a. geltend gemachten zwischenzeitlich eingetretenen Verschlechterung seiner Einkommensverhältnisse (gegenüber 1996) nicht näher befasst hat. Vielmehr hat es die Abweisung der ersten Abänderungsklage damit begründet, der arbeitslose Kläger habe eine wesentliche Veränderung seiner Einkommensverhältnisse gegenüber dem Zeitpunkt des Unterhaltsanpassungsbeschlusses aus 7/1996 nicht dargelegt. Ferner fehle es an dem erforderlichen Vortrag, dass eine bislang nicht vorgetragene Veränderung auch wesentlich sei und zur Unterhaltsabänderung führen könne. Mit Urteil vom 28.10.1999 hat das Amtsgericht die Abänderungsklage mit der Begründung abgewiesen, der Kläger hätte bereits in dem vorangegangenen ersten Abänderungsverfahren bis zum Schluss der damaligen mündlichen Verhandlung (2.10.1998) zu einer unterhaltsrechtlich beachtlichen Änderung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse und seines Einkommens von ursprünglich rund 3.320 DM substanziiert vortragen können. Da das nicht geschehen sei, sei die neue Abänderungsklage unzulässig.

Der Kläger ist folglich mit dem von ihm geltend gemachten Einkommensrückgang infolge Arbeitslosigkeit, Umschulung und anschließender Tätigkeit als kaufmännischer Angestellter im vorliegenden Verfahren grundsätzlich nicht präkludiert.

2.

Es schließt sich die entscheidungserhebliche Streitfrage nach der Zugrundelegung tatsächlicher oder fiktiver Einkünfte des Klägers an. Sie ist zu Gunsten des Klägers zu beantworten.

Der Kläger hat den Beruf des Baufacharbeiters erlernt. Diese Tätigkeit (als Vorarbeiter) hat er bis 12/1997 ausgeübt. In 10/1997 wurde das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der Baufirma K... auf Initiative des Klägers beendet. Anschließend war er arbeitslos. Von 4 bis 7/1998 machte der Kläger einen rehabilitationsvorbereitenden Lehrgang im Bildungszentrum F.... Es schloss sich eine zweijährige Umschulung (mit Berufsschulbesuch) zum Reiseverkehrskaufmann an. Die Umschulung wurde von der Bundesanstalt für Arbeit gefördert. Sie endete in 1/2001. Bis 8/2001 war der Kläger erneut arbeitslos. In 8/2001 fand er sodann einen Arbeitsplatz am N... Flughafen. Seither lebt der Kläger im Raum N.../E.... In 5/2002 heiratete der Kläger seine heutige Ehefrau, mit der er seit 1/2004 eine gemeinsame Tochter hat. Die Ehefrau des Klägers arbeitet seit mehreren Jahren vollschichtig bei der Sparkasse E....

Der Verlust der früheren Arbeitsstelle - insbesondere bei der eigenen Aufgabe durch den Unterhaltspflichtigen - ist unterhaltsrechtlich nur dann unbeachtlich, wenn die Aufgabe des alten Arbeitsplatzes durch ein vorwerfbares Verhalten - zumindest ein unterhaltsbezogen leichtfertiges Verhalten - verursacht worden ist (vgl. hierzu Eschenbruch/Wohlgemuth, Der Unterhaltsprozess, 4. Aufl., Rn. 3032). Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Unterhaltspflichtige seine Tätigkeit ohne einen sachlichen Grund und vor allem leichtfertig und unterhaltsbezogen aufgegeben hat, trägt der Unterhaltsberechtigte, da es sich um eine für ihn günstige Gegeneinwendung handelt (vgl. hierzu Eschenbruch/Wohlgemuth, a.a.O., Rn. 3032).

Das Vorbringen der Beklagten lässt nicht den Schluss zu, dass dem Kläger der Vorwurf einer unterhaltsbezogen leichtfertigen Aufgabe seiner alten Arbeitsstelle bei der Baufirma K... zu machen ist. Der Kläger hat sich vor allem auf gesundheitliche Gründe für die Aufgabe seiner Tätigkeit auf Baustellen berufen. In diesem Zusammenhang kann er sich auch auf ein ärztliches Gutachten aus 1/1998 stützen. Darin heißt es u. a., dass eine Funktionseinschränkung im linken Kniegelenk infolge zweier Unfälle mit Bänderriss (1/1995 und 9/1995) bestehe und dass der Kläger "aus ärztlicher Sicht nicht als Betonbauer geeignet" sei. In der Gesamtschau lässt sich eine leichtfertige und unterhaltsbezogene Arbeitsplatzaufgabe und Umschulung durch den Kläger nach dem Vorbringen der Beklagten und dem Inhalt der Gerichtsakten nicht feststellen. Erst recht kann dem Kläger der Umzug in den Raum E... nicht zum Vorwurf gemacht werden. Daraus resultiert zumindest eine gut bezahlte Stelle der Ehefrau bei der Sparkasse E..., was sich im Ergebnis - über die (Mit-)Haftungsquote am Kindesunterhalt für die in 1/2004 geborene Tochter L... bzw. den Anspruch des Klägers auf Familienunterhalt - zu Gunsten der Beklagten auswirkt.

Für die unterhaltsrechtliche Beurteilung des Abänderungsbegehrens sind daher die tatsächlichen Einkünfte des Klägers zu Grunde zu legen. Insoweit ist nach Zeitabschnitten zu differenzieren.

3. Unterhaltszeitraum vom 25.10.2004 bis zum 31.12.2005

Das Herabsetzungsverlangen für diesen Zeitraum hat auf Grund hinreichender Leistungsfähigkeit des gegenüber der Beklagten allein unterhaltspflichtigen Klägers keinen Erfolg.

a)

Die Beurteilung der Einkommensverhältnisse des Klägers in der Zeit vom 25.10.2004 bis zum 31.12.2005 kann nicht einheitlich erfolgen. Es bedarf einer weiteren Unterteilung nach Zeitabschnitten.

aa)

Für den im Jahr 2004 liegenden Abänderungszeitraum, also die Zeit vom 25.10. bis zum 31.12.2004, ist auf das unterhaltsrelevante Einkommen des Beklagten ab 8/2004 abzustellen, da er seine Berufstätigkeit Ende 7/2004 vorübergehend aufgegeben hat.

Von 8/2004 bis einschließlich 1/2005 befand sich der Kläger im Erziehungsurlaub und hat Erziehungsgeld in Höhe von insgesamt (5 x 443 € =) 2.215 € bezogen. Er hat seine Arbeit erst wieder ab 2/2005 aufgenommen. Umgelegt auf die Gesamtzeit von 8/2004 bis 1/2005 errechnet sich somit ein Erziehungsgeldbezug des Klägers von 369,17 € im Monatsdurchschnitt.

Dieser kurze so genannte Rollentausch zwischen dem Kläger und seiner Ehefrau ist unterhaltsrechtlich nicht zu beanstanden. Denn für die Beklagte ergeben sich daraus unterhaltsrechtlich keine Nachteile. Solange die (unterhaltsberechtigte) zweite Ehefrau des Klägers das Erziehungsgeld bezogen hat, ist dieses als einkommensunabhängige Sozialleistung zu behandeln. Es ist im Rahmen des Anspruchs der Ehefrau auf Familienunterhalt gegenüber dem Kläger nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) auch dann nicht zu berücksichtigen, wenn - wie hier - ein absoluter Mangelfall vorliegt (vgl. BGH, FamRZ 2006, 1182/1184 f.). Demgegenüber führte der Rollentausch in der Familie des Klägers dazu, dass nicht nur das Familieneinkommen infolge der erheblich höheren Einkünfte der Ehefrau des Klägers, die vollschichtig als Sparkassenangestellte tätig ist, angestiegen ist. Vielmehr stellt das an den Kläger ausgezahlte Erziehungsgeld wegen des Ausnahmetatbestands des § 9 Satz 2 BErzGG mit Blick auf seiner gesteigerte Unterhaltsverpflichtung nach § 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB im Verhältnis zur minderjährigen Beklagten nunmehr unterhaltspflichtiges Einkommen des Klägers dar.

Hinzuzurechnen ist der eigene Anspruch des Klägers auf Familienunterhalt gemäß §§ 1360, 1360 a BGB gegen seine Ehefrau in dieser Zeit. Ferner kann in diesem Zusammenhang der Umstand nicht unberücksichtigt bleiben, dass sich aufgrund des Erziehungsurlaubs der notwendige Selbstbehalt des nicht erwerbstätigen Beklagten von 8/2004 bis 1/2005 verringert hat.

bb)

Die Verdienstabrechnungen 2 bis 12/2005 weisen ein Nettoeinkommen des Beklagten von 11.867,75 € aus. Das entspricht 1.078,89 € im Monatsdurchschnitt. Berufsbedingte Aufwendungen sind mangels konkreter Darlegungen des Klägers nicht in Ansatz zu bringen.

cc)

Im Kalenderjahr 2004 haben der Beklagte und seine Ehefrau eine Steuererstattung von 684,64 € (für 2003) erhalten und in 2005 (für 2004) eine solche von 600 €. Der BGH hat bei zusammenlebenden Ehegatten, bei denen eine steuerliche Zusammenveranlagung erfolgt ist, gebilligt, Steuererstattungen entsprechend den anteiligen Steuerzahlungen dem Einkommen des Unterhaltspflichtigen zuzurechnen und sie im Übrigen als Eigeneinkommen des Ehepartners zu berücksichtigen (vgl. BGH, FamRZ 2006, 1182/1183).

Hiervon ausgehend errechnet sich anhand der vorgelegten Einkommensunterlagen im Innenverhältnis zu seiner Ehefrau ein Anspruch des Klägers auf den vom Finanzamt geleisteten Erstattungsbetrag in Höhe von monatsanteilig

- 17,04 € in 2004 und

- 34,80 € in 2005.

dd)

Im Ergebnis errechnen sich für 2004/2005 die folgenden unterhaltsrelevanten eigenen Monatseinkünfte des Klägers:

8 bis 12/2004 (369,17 € + 17,04 € =) rund 386 €

1/2005 (369,17 € + 34,80 € =) rund 404 €

2 bis 12/2005 (1.078,89 € + 34,80 € =) rund 1.114 €.

b)

Die Einkommensverhältnisse der Ehefrau des Klägers im Unterhaltszeitraum 2004/2005 sind wie folgt zu beurteilen:

aa)

Bis 8/2004 hat die Ehefrau des Klägers die gemeinsame Tochter L... betreut und Erziehungsgeld bezogen. Seit 8/2004 arbeitet sie wieder vollschichtig bei der Sparkasse E.... Ausweislich der vorgelegten Einzelverdienstabrechnungen und unter Zugrundelegung der durch Kontoauszüge belegten sowie um das Kindergeld und die der Vermögensbildung der Familie dienenden Beiträge an die LBS bereinigten Gehaltszahlungen hat die Ehefrau des Klägers von 8 bis 12/2004 ein Gesamtnettoeinkommen von 10.962,09 € erzielt. Nach Abzug des Nettobetrages der vermögenswirksamen Leistungen des Arbeitgebers errechnet sich für die Zeit von 8 bis 12/2004 ein eigenes Einkommen der Ehefrau des Klägers in Höhe von 2.162,37 € im Monatsdurchschnitt.

bb)

Für das Kalenderjahr 2005 ergibt sich wegen des ab 2/2005 vorgenommenen Wechsels der Steuerklasse (von drei zu vier) bei im Übrigen gleicher Berechnungsweise wie in den Vormonaten und unter Berücksichtigung erfolgter Nachverrechnungen auf der Grundlage der vorgelegten Gehaltsabrechnungen und Kontoauszüge ein bereinigtes Durchschnittseinkommen der Ehefrau der Klägers von monatlich 1.597,06 €.

cc)

Auf die Ehefrau entfällt von der im Jahr 2004 erstatteten Steuer ein Anteil von monatlich 40,01 €. Im Jahr 2005 sind ihr 15,20 € monatlich einkommenserhöhend zuzurechnen.

dd)

Im Ergebnis errechnen sich für 2004/2005 die folgenden unterhaltsrelevanten Einkünfte der Ehefrau des Klägers:

8 bis 12/2004 (2.162,37 € + 40,01 € =) rund 2.202 €

1 bis 12/2005 (1.597,06 € + 15,20 € =) rund 1.612 €.

c)

Es sind danach auf Seiten des Klägers und seiner Ehefrau unterhaltsrechtlich folgende Einkünfte in Ansatz zu bringen:

 KlägerEhefrauzusammengerechnete Einkünfte
8 bis 12/2004386 €2.202 € 
1/2005404 €1.612 € 
2 bis 12/20051.114 €1.612 € 
   2.726 €.

d)

Dieses Familieneinkommen wirkt sich auf den Unterhaltsanspruch der in der neuen Ehe des Klägers in 1/2004 geborenen Tochter L... wie folgt aus:

aa)

Für die Zeit von 8/2004 bis 1/2005 leistete der Kläger den Betreuungsunterhalt und erhielt Erziehungsgeld. Die vollschichtig berufstätige Ehefrau schuldete deshalb den Barunterhalt für L... und zusätzlichen Familienunterhalt gegenüber dem Kläger.

Seit 2/2005 arbeiten beide Eltern vollschichtig. L... wird durch eine Tagesmutter betreut. Infolge der beiderseitigen vollschichtigen Berufstätigkeit schulden nunmehr gemäß § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB beide Eltern der Tochter - ungeachtet ihrer Minderjährigkeit - Barunterhalt (vgl. hierzu Wendl/Scholz, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, § 2, Rn. 289). Ihr Lebensbedarf ist nach den zusammengerechneten elterlichen Einkünften zu bemessen, weil die Lebensstellung von L... durch das Einkommen der beiden Eltern geprägt wird. Konkrete Umstände dafür, dass die Einkünfte der Kindesmutter auf einer als überobligationsmäßig zu beurteilenden Tätigkeit beruhen könnten, sind weder vorgetragen noch ersichtlich (vgl. in diesem Zusammenhang BGH, FamRZ 2005, 967/970).

bb)

Hiervon ausgehend stellt sich die Berechnung des Unterhaltsanspruchs von L... für die einzelnen Zeitabschnitte wie folgt dar:

von 8/2004 bis 1/2005

Auf der Grundlage eines Einkommens der in dieser Zeit allein barunterhaltspflichtigen Mutter von 2.202 € bzw. 1.612 € beläuft sich der Unterhaltsbedarf für L... unter einmaliger Höherstufung wegen der unterdurchschnittlichen Unterhaltsbelastung auf 283 € bzw. 241 €. Im Rahmen des Familienunterhalts ist nach der Rechtsprechung des BGH kein Raum für den Abzug eines zusätzlichen Erwerbstätigenbonus für den unterhaltspflichtigen Ehegatten. Der Kläger hat daher - unter Berücksichtigung seines Erziehungsgeldbezugs sowie des vorweg in Abzug zu bringenden Kindesunterhalts für L... - Anspruch auf Familienunterhalt

von 8 bis 12/2004 in Höhe von (2.202 € - 283 € - 386 €) x 1/2 = 766,50 € und

für 1/2005 in Höhe von (1.612 € - 241 € - 404 €) x 1/2 = 483,50 €.

Der notwendige Selbstbehalt für einen Nichterwerbstätigen lag nach den für den Wohnort der Familie des Klägers maßgebenden Süddeutschen Leitlinien seinerzeit bei 730 € monatlich.

Unter Berücksichtigung der durch die gemeinsame Haushaltsführung der Ehegatten erfahrungsgemäß eintretenden Ersparnis (vgl. hierzu etwa BGH, FamRZ 2006, 1182/1183) sowie die Höhe der Arbeitseinkünfte der Ehefrau in dieser Zeit kann eine Kürzung um 12,5 % auf rund 639 € vorgenommen werden. Dem Kläger standen demgegenüber rechnerisch von 8 bis 12/2004 (766,50 € + 386 € =) 1.152,50 € und in 1/2005 (483,50 € + 404 € =) 887,50 € zur Verfügung. Da sein gekürzter notwendiger Selbstbehalt durch seinen Anspruch auf Familienunterhalt vollständig bzw. überwiegend sichergestellt war, konnte er den titulierten Unterhalt für die Beklagte in Höhe von umgerechnet rund 276 € monatlich in dem Abänderungszeitraum vom 25.10. bis zum 31.12.2004 vollständig von dem ausgezahlten Erziehungsgeld bestreiten. Den geringen Fehlbetrag von unter 30 € in 1/2005 hätte der Kläger durch seinen eigenen Taschengeldanspruch decken können (vgl. hierzu Wendl/Scholz, a.a.O., § 3, Rn. 61) bzw. durch eine im Rahmen des Erziehungsgeldbezugs bis zu 30 Wochenstunden zulässige und ihm auch zumutbare stundenweise Nebentätigkeit an den arbeitsfreien Wochenenden seiner Ehefrau.

von 2 bis 6/2005

Nach den vorstehend festgestellten zusammengerechneten Einkünften beider Eltern von 2.726 € beläuft sich der monatliche Unterhaltsbedarf für die in die erste Altersgruppe einzustufende L... nach den damals geltenden Unterhaltstabellen und ohne eine Höherstufung, die in diesem Zusammenhang nicht vorzunehmen ist

von 2 bis 6/2005 auf 299 € und

ab 7/2005 auf 306 €.

Auf Grund der zu berücksichtigenden Haushaltsersparnis ist eine Kürzung des notwendigen Selbstbehalts beider Eltern auf (840 € - 12,5 % =) 735 € bis 6/2005 und (890 € - 12,5 % =) rund 779 € ab 7/2005 vorzunehmen. Diese Selbstbehaltskürzung ist auch bei der Haftungsaufteilung für den geschuldeten Kindesunterhalt vorzunehmen, weil die Haftungsquote an die Beurteilung der Leistungsfähigkeit anknüpft (vgl. hierzu Eschenbruch/Wohlgemuth, Der Unterhaltsprozess, 4. Aufl., Rn. 3343).

Die vorstehenden Sockelbeträge sind vorweg von den beiderseitigen Einkünften für den eigenen Unterhalt abzurechen. Danach berechnet sich die Haftungsquote der Eltern von 2 bis 6/2005 für den nach Abzug des Kindergeldes verbleibenden Unterhaltsbedarf von L... auf der Grundlage der Einkommensspitzen von

auf Seiten des Klägers 1.114 € - 735 € = 379 €

auf Seiten der Mutter 1.612 € - 735 € = 877 €

zusammen 1.256 €.

Damit hat sich der Kläger in der Zeit von 2 bis 6/2005 am Unterhalt für L... in Höhe von [(299 € - 154 €) x 379 € : 1.256 € =] aufgerundet 44 € monatlich zu beteiligen.

Bei einem Einkommen des gegenüber der Beklagten allein barunterhaltspflichtigen Klägers von 1.114 € beläuft sich ihr Bedarf nach den für ihren Wohnort geltenden damaligen Brandenburgischen Unterhaltsleitlinien unter einmaliger Höherstufung (wegen der unterdurchschnittlichen Unterhaltslast des Klägers) auf monatlich 284 €. Nach Abzug des anteiligen Kindergeldes verbleibt ein Zahlbetrag von 277 €. Durch den Unterhaltsanpassungsbeschluss aus 7/1996 tituliert sind demgegenüber umgerechnet 276,10 €. Diesen Unterhaltsbetrag kann der Kläger neben seinem Haftungsanteil für L... ohne Gefährdung seines gekürzten notwendigen Selbstbehalts leisten. Sein Abänderungsbegehren bleibt folglich auch für die Zeit von 2 bis 6/2005 ohne Erfolg.

von 7 bis 12/2005

Bei im Wesentlichen gleicher Berechnungsweise muss sich der Kläger trotz der Änderung der Unterhaltstabellen zum 1.7.2005 auch für die Monate 7 bis 12/2005 nur mit einem Haftungsanteil von [(306 € - 154 €) x 335 € : 1.168 € =] aufgerundet 44 € monatlich am Unterhalt für L... beteiligen.

Der monatliche Bedarf der Beklagten beläuft sich in der Zeit von 7 bis 12/2005 auf 291 € monatlich. Nach Abzug des anteiligen Kindergeldes verbleiben 287 €. In diesem Umfang ist der Kläger auch unter Berücksichtigung seiner anteilen Barunterhaltspflicht gegenüber L... leistungsfähig. Der Kläger schuldet der Beklagten daher für die Zeit von 7 bis 12/2005 ebenfalls den titulierten Unterhaltsbetrag, sodass sein Abänderungsbegehren nicht zum Erfolg führt.

4. Unterhaltszeitraum vom 1.1. bis zum 20.12.2006

Nicht anders verhält es sich für diesen Zeitabschnitt.

Die Einkommensverhältnisse der Ehefrau des Klägers haben sich im Kalenderjahr 2006 gegenüber dem Vorjahr verbessert. Anhand der vorgelegten Gehaltsabrechnungen und des Steuerbescheids ergibt sich für sie bei gleicher Berechnungsweise wie im Vorjahr ein um die vermögenswirksame Arbeitgeberleistung bereinigtes gesetzliches Netto von 1.652,95 € monatlich. Infolge der anteilig zuzurechnenden Steuererstattung (von 50,88 €) erhöht es sich auf rund 1.704 €.

Auf Seiten des Klägers ist auf der Grundlage seiner vorgelegten Gehaltsabrechnungen zuzüglich seines Anteils an der im Jahr 2006 erstatteten Steuer von einem gegenüber 2005 geringfügig verringerten unterhaltsrelevanten Einkommen in Höhe von rund 1.111 € monatlich auszugehen. Das Gesamteinkommen beider Eltern beträgt somit 2.815 €. Das führt zu einem Unterhaltsbedarf von L... in Höhe von 327 € monatlich und anrechenbaren Einkünften beider Eltern in Höhe von 332 € (1.111 € - 779 €) + 925 € (1.704 € - 779 €) = 1.257 €. Von dem nach Abzug des Kindergeldes verbleibenden Restbedarf von L... hat der Kläger (173 € x 332 € : 1.257 € =) rund 46 € monatlich aufzubringen.

Entsprechend den Ausführungen zum vorangegangenen Unterhaltszeitraum von 2 bis 12/2005 kann der Kläger daher nach seinen Einkommensverhältnissen auch für die Zeit von 1.1. bis zum 20.12.20006, dem Tag vor Eintritt der Volljährigkeit der Beklagten, einer Herabsetzung des nach dem Anpassungsbeschluss aus dem Jahr 1996 geschuldeten Unterhalt für die Beklagte nicht verlangen.

5. Unterhaltszeitraum vom 21.12. bis zum 31.12.2006

Für diesen Zeitabschnitt hat das Abänderungsbegehren des Klägers vollen Erfolg. Der Kläger muss sich in diesem Zeitraum nur noch in Höhe eines Monatsbetrages von 115 € am Unterhalt der Beklagten beteiligen. Für den Rest muss die Mutter aufkommen.

a)

Mit Eintritt der Volljährigkeit der Beklagten am 21.12.2006 haften beide Elternteile anteilig entsprechend ihren Erwerbs- und Vermögensverhältnissen, § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB. Die Beklagte besucht - bis voraussichtlich 7/2008 - das Gymnasium und lebt im Haushalt ihrer wieder verheirateten Mutter. Bei ihr handelt es sich damit um eine privilegiert Volljährige im Sinne von § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB. Sie steht ihrer minderjährigen Halbschwester L... folglich unterhaltsrechtlich im Rang gleich.

b)

Die Einkommensverhältnisse der Mutter der Beklagten in 12/2006 stellen sich wie folgt dar:

Wegen ihrer Stellung als privilegiert volljähriges Kind trifft die Mutter gegenüber der Beklagten zwar eine gesteigerte Erwerbsobliegenheit gemäß § 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB. Die Mutter der Beklagten, die Zahnarzthelferin ist, hat jedoch nur bis zum 31.3.2006 gearbeitet. Vom 1.4.2006 bis zum 2.1.2007 war sie arbeitslos. Sie hat in dieser Zeit Arbeitslosengeld in Höhe von 4.428,10 € bezogen. Das entspricht rund 492 € monatlich. Hinzuzurechnen ist ein Anspruch auf Familienunterhalt gegen den mit ihr in häuslicher Gemeinschaft lebenden Ehemann (§§ 1360, 1360 a BGB).

Wie sich aus dem vorgelegten Einkommenssteuerbescheid aus 8/2006 ergibt, hat der Ehemann der Mutter im Jahr 2005 einen Bruttoarbeitslohn von 31.391 € erzielt. Das entspricht einem Nettoeinkommen in der vom Kläger genannten Größenordnung von 1.800 € im Monatsdurchschnitt.

Unstreitig lebt die Mutter der Beklagten mit ihrem Ehemann, dem gemeinsamen in 11/1999 geborenen Sohn H... und der Beklagten in einem rund 130 m² großen Eigenheim in W.... Nach seinen Erfahrungen schätzt der Senat gemäß § 287 ZPO die Gebrauchsvorteile (§ 100 BGB) für die mietfreie Nutzung des im Jahr 1900 errichteten Hauses auf rund 500 € monatlich. Dass ein höherer Mietwert gerechtfertigt sein könnte, ergibt sich weder aus dem Vorbringen des Klägers noch aus dem Akteninhalt. Auf der anderen Seite hat die Beklagte keine abzugsfähigen Hausbelastungen der Mutter oder ihres Ehemannes vorgetragen.

Auf Grund der Mitbenutzung des mietfreien Hauses durch den Ehemann der Mutter, die Beklagte und das Kind H... ist der festgestellte Wohnwert auf die mehreren Bewohner zu verteilen. Dabei ist der unterschiedlich hohe Wohnbedarf von Erwachsenen und Kindern zu berücksichtigen. Es erscheint daher sachgerecht, im Streitfall den Wohnwert zwischen den Ehepartnern und den beiden bei ihnen wohnenden Kindern im Verhältnis 2:2:1:1 zu verteilen (vgl. hierzu Kalthoener/Büttner, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 9. Aufl., Rn. 338). Für die Mutter der Beklagten und ihren Ehemann ist daher der Wohnwert auf jeweils rund 167 € monatlich zu schätzen.

Auf der Grundlage eines unterhaltsrelevanten Einkommens des dem Sohn H... allein barunterhaltspflichtigen Vaters in Höhe von (1.800 € + 167 € =) 1.967 € beträgt der Unterhaltsbedarf des der zweiten Altersgruppe zuzuordnenden H... unter einmaliger Höherstufung wegen der unterdurchschnittlichen Unterhaltsbelastung des Vaters 334 € monatlich. Der Anspruch der Mutter der Beklagten auf Familienunterhalt beläuft sich folglich unter Vorwegabzug des Tabellenunterhalts für H... und unter Berücksichtigung ihrer Arbeitsloseneinkünfte sowie des eigenen anteiligen Wohnvorteils auf (1.967 € - 334 € - 492 € - 167 €) x 1/2 = 487 €.

Es errechnet sich danach ein tatsächliches unterhaltsrechtliches Gesamteinkommen der Mutter für den Monat 12/2006, in dem die Volljährigkeit der Beklagten eingetreten ist, in Höhe von (492 € + 167 € + 487 € =) 1.146 €.

Entgegen der Auffassung des Klägers ist trotz der gemäß § 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB gesteigerten Erwerbsobliegenheit der Mutter gegenüber der privilegiert volljährigen Beklagten kein Raum für eine fiktive Zurechnung von Erwerbseinkünften. Nach der ständigen Senatsrechtsprechung muss sich weder das volljährige noch das privilegiert volljährige Kind auf fiktive Einkünfte des Elternteils verweisen lassen, in dessen Haushalt es wohnt. Folglich sind auf Seiten der Mutter für die Zeit ab Volljährigkeit der Beklagten nur ihre tatsächlichen Einkünfte für die Berechnung der Haftungsanteile beider Eltern in Ansatz zu bringen.

c)

Die Beklagte kann seit dem 21.12.2006 ihren Unterhaltsbedarf aus dem Einkommen beider Eltern herleiten, vorliegend somit bis zum 31.12.2006 aus einem Einkommen

auf Seiten des Klägers von 1.111 €

auf Seiten der Mutter der Beklagten von 1.146 €

zusammengerechnet 2.257 €.

Dieses Gesamteinkommen fällt in die Gruppe 6 der Unterhaltstabelle (Stand 1.7.2005). Nach der vierten Altersstufe beträgt der Bedarf der Beklagten somit 453 €. Hierauf ist das volle Kindergeld anzurechnen (vgl. hierzu BGH, FamRZ 2007, 542/544). Es verbleibt ein monatlicher Restbedarf der Beklagten von 299 €.

d)

Bei der Berechnung des elterlichen Haftungsanteils können Probleme entstehen, wenn - wie hier - ein minderjähriges und ein privilegiert volljähriges Kind zusammentreffen. Bei der Berechnung der Haftungsquote für das privilegiert volljährige Kind ist die Belastung der Eltern durch den Unterhalt des minderjährigen Kindes zu berücksichtigen (vgl. hierzu BGH, FamRZ 2002, 815/817). Würde man das Einkommen des Elternteils, der den Barunterhalt für das minderjährige Kind aufzubringen hat, vor der Anteilsberechnung um den entsprechenden vollen Tabellenbetrag bereinigen, so würde dies das volljährige Kind benachteiligen und seinem unterhaltsrechtlichen Gleichrang widersprechen. Entsprechendes gilt für die so genannte Methode von Borth, auf die der BGH als mögliche Berechnungsweise verweist, wenn sich eine Mangelfallsituation abzeichnet. Dabei wird eine prozentuale Aufteilung des auf Seiten des unterhaltspflichtigen Elternteils zur Verfügung stehenden Einkommens auf das minderjährige und das privilegiert volljährige Kind vor der Anteilsberechnung mit dem anderen Elternteil vorgenommen.

Im Streitfall lässt sich mit den beiden vorgenannten Berechnungsweisen allerdings eine angemessene und ausgewogene Berücksichtigung der Interessen aller Berechtigten und Verpflichteten nicht erreichen. Auf der einen Seite liegt ein Mangelfall nicht vor. Auf der anderen Seite muss der Kläger für den Unterhalt der Tochter L... nicht in Höhe ihres vollen Unterhaltsbedarfs aufkommen, sondern lediglich anteilig neben der Kindesmutter. Der Senat hält es daher jedenfalls unter den konkreten Umständen des Streitfalls für sachgerecht, den geschuldeten Unterhaltsbetrag vorweg vom Einkommen des Klägers abzuziehen (vgl. hierzu auch Wendl/Scholz, a.a.O., § 2, Rn. 470). Das wäre nur bedenklich, wenn die vorweg berücksichtigte Versorgung von L... zu einem unverhältnismäßig niedrigen Restbetrag führt, der für den Unterhalt der volljährigen Halbschwester nur noch zur Verfügung steht. Das ist hier jedoch nicht der Fall. Wie vorstehend ausgeführt muss sich der Kläger am Unterhalt von L... im Jahr 2006 nur in Höhe von 46 € monatlich beteiligen. Im Übrigen wird ihr Unterhalt durch die leistungsfähige Mutter sichergestellt. Dementsprechend ist vorliegend ein Vorwegabzug des Barunterhalts für L... vom Einkommen des Klägers vorzunehmen.

Nach den für ihren jeweiligen Wohnort maßgebenden Unterhaltsleitlinien ist von den beiderseitigen Einkünften auf Seiten des Klägers der infolge von Haushaltsersparnissen gekürzte notwendige Selbstbehalt von rund 779 € als Sockelbetrag abzusetzen. Auf Seiten der in 12/2006 nicht erwerbstätigen Mutter der Beklagten ist ein solcher von rund 621 € in Abzug zu bringen.

Die Einsatzbeträge für die Haftungsquote für den Unterhalt der Beklagten belaufen sich somit

beim Kläger auf (1.111 € - 46 € - 779 € =) 286 €

und bei der Mutter der Beklagten auf (1.146 € - 621 € =) 525 €

zusammen 811 €.

Der Haftungsanteil des Klägers würde daher rechnerisch (299 € x 286 € : 811 € =) rund 105 € monatlich betragen. Der Kläger selbst hat jedoch auch für die Zeit der Volljährigkeit der Beklagten nur eine Unterhaltsherabsetzung auf 115 € monatlich beantragt. Es hat daher bei diesem Haftungsanteil zu bleiben.

6. Unterhaltszeitraum vom 1.1. bis zum 30.6.2007

Für diesen Zeitraum ist das Herabsetzungsverlangen des Klägers überwiegend begründet. Auf ihn entfällt nur noch ein Anteil am Gesamtunterhalt der Beklagten in Höhe von monatlich 121 €.

a)

Auf Seiten der Familie des Klägers sind die für 2006 festgestellten wirtschaftlichen Verhältnisse auch für die Zeit ab 1/2007 zu Grunde zu legen. Ob mit dem Antritt der neuen Arbeitsstelle des Klägers zum 1.11.2006 als Kommissionierer in einem Fachgroßhandel eine dauerhafte Erhöhung des Familieneinkommens bzw. der für den Unterhalt der volljährigen Beklagten zur Verfügung stehenden Mittel verbunden sein wird, lässt sich gegenwärtig noch nicht sicher feststellen. Die für 2006 ermittelten Einkommensverhältnisse des Klägers, also

- ein unterhaltsrelevantes Einkommen von 1.111 € monatlich und

- eine Unterhaltsverpflichtung gegenüber L... von monatlich 46 €, sind daher über das Jahr 2006 hinaus fortzuschreiben.

b)

Die Mutter der Beklagten geht seit 1/2007 wieder einer stundenweisen Arbeit nach. Ihr unterhaltsrechtlich maßgebendes tatsächliches Nettoeinkommen (auf der Grundlage von Steuerklasse 5) belief sich nach den vorgelegten Gehaltsabrechnungen in den ersten drei Monaten des Jahres 2007 auf rund 585 € monatlich. Das führt bei gleicher Berechnungsweise wie in 12/2006 zu einem zusätzlichen Anspruch auf Familienunterhalt gegen ihren Ehemann von 440,50 € und unter Einbeziehung ihres anteiligen Wohnvorteils zu einem unterhaltsrelevanten Gesamteinkommen von (585 € + 440,50 € + 167 € =) 1.192,50 €.

c)

Der Haftungsanteil des Klägers am Bedarf der Beklagten errechnet sich somit wie folgt:

Die zusammengerechneten Einkünfte beider Eltern der Beklagten betragen 2.303,50 €. Das führt nach Abzug des Kindergeldes zu einem Restbedarf der Beklagten von (476 € - 154 € =) 322 € bis 6/2007.

Das um den gekürzten notwendigen Selbstbehalt für Erwerbstätige anrechenbare Einkommen der Mutter der Beklagten beläuft sich auf (1.192,50 € - 718 € =) 474,50 €. Dem steht - wie bereits festgestellt - ein anrechenbares Einkommen des Klägers von (1.111 € - 46 € - 779 € =) 286 € gegenüber. Die anrechenbaren Gesamteinkünfte beider Eltern der Beklagten betragen (474,50 € + 286 € =) 760,50 €. Das führt zu einem Haftungsanteil des Klägers am Unterhalt der Beklagten in Höhe von (322 € x 286 € : 760,50 € =) aufgerundet 121 € monatlich.

7. Unterhaltszeitraum ab 1.7.2007

Seit dem 1.7.2007 schuldet der Kläger der Beklagten nur noch einen Unterhaltsbetrag von 117 monatlich.

a)

Die Änderung der Unterhaltstabellen zum 1.7.2007 führt zu Änderungen hinsichtlich des Unterhaltsbedarfs für die drei in Rede stehenden Kinder sowie des notwendigen Selbstbehalts des Klägers und seiner Ehefrau. Im Übrigen ergibt sich eine Änderung hinsichtlich der Einkommenssituation der Familie des Klägers nicht.

Nach den zusammengerechneten Einkünften beider Eltern (von 2.815 €) beläuft sich der Unterhaltsbedarf von L... seit 7/2007 auf 324 €. Der um die Haushaltsersparnis gekürzte notwendige Selbstbehalt jedes Elternteils von L... erhöht sich auf (900 € - 12,5 % =) rund 788 € monatlich. Das führt zu anrechenbaren Einkünften

des Klägers von 323 €

und seiner Ehefrau von 916 €

zusammen 1.239 €.

Der Haftungsanteil des Klägers an dem nach Abzug des Kindergeldes verbleibenden Unterhaltsbedarf von L... beträgt danach [(324 € - 154 €) x 323 € : 1.239 € =] rund 44 € monatlich.

b)

Durch die Änderung der Unterhaltstabelle verringert sich auch der Unterhaltsbedarf für den der zweiten Altersstufe zuzuordnenden Halbbruder H... der Beklagten auf 331 €. Das führt zu einem Familienunterhaltsanspruch der Mutter der Beklagten unter Berücksichtigung ihrer eigenen Einkünfte und ihres Wohnvorteils in Höhe von (1.967 € - 331 € - 585 € - 167 €) x 1/2 = 442 € und einem unterhaltsrechtlichen Gesamteinkommen von (585 € + 442 € + 167 € =) 1.194 €.

Der Unterhaltsbedarf der Beklagten beträgt nach den zusammengerechneten Einkünften beider Eltern (1.111 € + 1.194 € = 2.305 €) 471 € monatlich. Nach Abzug des Kindergeldes verbleibt ein Restbedarf von 317 €.

Die zur Verfügung stehenden Unterhaltsbeträge für die Haftungsquote am Unterhalt der Beklagten belaufen sich

beim Kläger auf (1.111 € - 44 € - 788 € =) 279 €

und bei der Mutter der Beklagten auf (1.194 € - 718 € =) 476 €

zusammen 755 €.

Der Haftungsanteil des Klägers an dem ungedeckten Restbedarf der Beklagten beträgt danach (317 € x 279 € : 755 € =) rund 117 € monatlich. In diesem Umfang hat er sich aufgrund seiner tatsächlichen Einkommensverhältnisse ab 7/2007 am Unterhalt für die volljährige Beklagte zu beteiligen.

C.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 1, 97, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Ende der Entscheidung

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