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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 05.11.2002
Aktenzeichen: 10 UF 75/02
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

BGB § 1361
BGB § 1361 Abs. 2
ZPO § 540 Abs. 1 Nr. 1
ZPO § 650
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
10 UF 75/02 Brandenburgisches Oberlandesgericht

verkündet am 05.11.2002

Urteil

In der Familiensache

hat der 2. Senat für Familiensachen des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 8. Oktober 2002 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ... den Richter am Oberlandesgericht ... und die Richterin am Amtsgericht ...

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 27. Februar 2002 verkündete Urteil des Amtsgerichts Fürstenwalde abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

Die Parteien streiten um Trennungsunterhalt. Das Amtsgericht hat den Beklagten durch Urteil vom 27.2.2002 verurteilt, der Klägerin für die Zeit vom 1.9.1998 bis zum 19.1.2000 monatlichen Unterhalt von 139 € zu zahlen. Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO in der seit dem 1.1.2002 geltenden Fassung zunächst auf das Urteil des Amtsgerichts Bezug genommen. Der Beklagte, der das Urteil mit der Berufung angreift, wendet sich dagegen, dass das Amtsgericht von einem fiktiven Einkommen der Klägerin von nur 1.200 DM ausgegangen sei und zu Unrecht die von ihm gezahlten Kreditraten von 1.000 DM monatlich nicht berücksichtigt habe. Er beantragt, die Klage unter Abänderung des angefochtenen Urteils abzuweisen. Die Klägerin begehrt Zurückweisung der Berufung mit der Begründung, es sei unrealistisch, ihr ein höheres fiktives Einkommen als 1.200 DM zuzurechnen. Ferner hält sie Kreditraten von 1.000 DM monatlich zu Gunsten des Beklagten für nicht berücksichtigungsfähig. Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsrechtszug wird auf die Berufungsbegründung vom 3.6.2002, die Schriftsätze des Beklagten vom 29.7.2002 und 13.9.2002 sowie auf die Berufungserwiderung vom 23.9.2002, jeweils nebst Anlagen, Bezug genommen.

Die zulässige Berufung ist begründet. Die Klage ist abzuweisen. Denn die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Trennungsunterhalt gemäß § 1361 BGB für die Zeit vom 1.9.1998 bis zum 19.1.2000.

Es kann dahinstehen, ob, wie im angefochtenen Urteil geschehen, von einem fiktiven Einkommen der Klägerin von 1.200 DM auszugehen ist oder ob, wie mit der Berufung geltend gemacht, ein höheres fiktives Einkommen der Klägerin angenommen werden muss. Die Klägerin trifft, wie der Senat in seinem Beschluss vom 9.7.2001 (10 WF 113/00) im Einzelnen ausgeführt hat, auch unter Berücksichtigung der Schutzvorschrift des § 1361 Abs. 2 BGB eine Erwerbsobliegenheit. Da sie sich nicht ausreichend um Arbeit bemüht hat, ist ihr fiktiv ein Einkommen anzurechnen, das sie nach ihrem Alter, ihrer Vorbildung und dem beruflichen Werdegang erzielen könnte (Eschenbruch/Mittendorf, Der Unterhaltsprozess, 2. Aufl., Rz. 5341; Wendl/Pauling, Unterhaltsrecht, 5. Aufl., § 4, Rz. 29). Ob dieses Einkommen, wie das Amtsgericht von der Klägerin unbeanstandet angenommen hat, mit 1.200 DM anzusetzen ist oder ob ein höheres fiktives Einkommen in Betracht kommt, kann offen bleiben. Denn selbst wenn man zu Gunsten der Klägerin nur von einem fiktiven Einkommen von 1.200 DM ausgeht, besteht ein Unterhaltsanspruch nicht.

Das Einkommen des Beklagten beträgt unstreitig 1.835 DM. Hiervon ist mit Rücksicht auf die Kreditraten, die der Beklagte ausweislich der im Berufungsrechtszug vorgelegten Bescheinigung der D. Bank vom 19.7.2002 während des gesamten Unterhaltszeitraums durchgängig bedient hat, ein Betrag von 1.000 DM abzusetzen. Danach ergibt sich ein bereinigtes Einkommen des Beklagten von 835 DM, das nicht nur unter dem bereinigten Einkommen der Klägerin von 1.200 DM, sondern auch unter dem billigen Selbstbehalt von 1.480 DM (Nr. 12 der Unterhaltsleitlinien des Brandenburgischen Oberlandesgerichts, Stand 1.7.1998) bzw. von 1.500 DM (Nr. 12 der vorgenannten Leitlinien, Stand 1.7.1999) liegt. Eine Unterhaltspflicht des Beklagten besteht daher nicht.

Ehebedingte Verbindlichkeiten sind im Rahmen der Bedarfsbemessung vom anrechenbaren Nettoeinkommen abzusetzen, ehe der Unterhaltsbedarf errechnet wird. Schulden sind als ehebedingte Verbindlichkeiten abzugsfähig, wenn sie vor der Trennung mit ausdrücklicher oder stillschweigender Zustimmung des anderen Ehepartners begründet wurden und damit die ehe-lichen Lebensverhältnisse geprägt haben ( BGH, FamRZ 1982, 23, 24; FamRZ 1985, 911; FamRZ 1989, 159, 161; KG, FamRZ 1991, 808, 809; Wendl/Gerhardt, a.a.O., § 1, Rz. 522 f.; Eschenbruch/Mittendorf, a.a.O., Rz. 5530; Luthin/Margraf, Handbuch des Unterhaltrechts, 9. Aufl., Rz. 1300). So liegt es hier.

Die Parteien haben das Darlehen bei der D. Bank gemeinsam als Darlehensnehmer am 6.7.1992 unterzeichnet. Der Darlehensbetrag ist, wie sich aus der Bescheinigung der D. Bank vom 29.5.1996 ergibt, am 30.4.1993 ausgezahlt worden. Die Trennung der Parteien erfolgte, wie die Klägerin im Scheidungsverfahren 10 F 181/98 in der Antragsschrift vom 17.7.1998 wie auch im Scheidungstermin vom 19.1.2000 selbst angegeben hat, im August 1993. Damit ist die Verbindlichkeit von beiden Parteien deutlich vor der Trennung begründet worden und hat die ehelichen Lebensverhältnisse geprägt.

Auf die von der Klägerin mit der Berufungserwiderung angesprochene Frage, ob das Darlehen der Unterhaltssicherung gedient habe, kommt es nicht an. Denn auch Konsumkredite oder Verbindlichkeiten zur Vermögensbildung sind als eheprägend abzugsfähig, sofern sie von den Ehegatten einvernehmlich begründet worden sind (Wendl/Gerhardt, a.a.O., § 1, Rz. 516).

Ob eine Mitverpflichtung der Klägerin aus dem Darlehensvertrag im Hinblick auf ihre Vermögenslage bei Abschluss des Vertrages in Betracht kommt (vgl. hierzu Palandt/Heinrichs, BGB, 61. Aufl., § 138, Rz. 36 ff.), kann dahinstehen, denn für die Frage, ob eine Verbindlichkeit als eheprägend abzusetzen ist, kommt es allein auf deren einverständliche Begründung an. Ohne Bedeutung ist hingegen, ob im Außenverhältnis beide Ehegatten für diese Verbindlichkeiten haften oder nur ein Ehegatte allein (Wendl/Gerhardt, a.a.O., § 1, Rz. 523).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

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