Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 21.12.2000
Aktenzeichen: 10 UF 87/99
Rechtsgebiete: ZPO, VAÜG, FGG, BGB


Vorschriften:

ZPO § 629 a Abs. 2
ZPO § 621 e
ZPO § 628
ZPO § 93 a
VAÜG § 2 Abs. 1 Satz 2
VAÜG § 2 Abs. 1 Satz 1
VAÜG § 2 Abs. 2
VAÜG § 2 Abs. 3
VAÜG § 2
VAÜG § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
FGG § 53 b Abs. 1
FGG § 53 b Abs. 4
BGB § 1587 a Abs. 2 Nr. 3
BGB § 1587 c
BGB § 1587 o
BGB § 1587 c Nr. 1
BGB § 1587 o Abs. 2 Satz 1
BGB § 127 a
BGB § 1587 o Abs. 2 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

10 UF 87/99 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In der Familiensache

hat der 2. Senat für Familiensachen des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Schael, die Richterin am Oberlandesgericht Berger und den Richter am Landgericht Gutjahr

am 21. Dezember 2000

beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1. wird das Urteil des Amtsgerichts Strausberg vom 23. November 1998 in seinem Ausspruch über den Versorgungsausgleich (Ziffer II des Tenors) abgeändert.

Der Versorgungsausgleich wird ausgesetzt.

Die erstinstanzlichen Kosten bleiben, die zweitinstanzlichen Kosten werden gegeneinander aufgehoben.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 1.000,00 DM festgesetzt.

Gründe:

Die gemäß §§ 629 a Abs. 2, 621 e ZPO zulässige Beschwerde der LVA ist begründet. Der Versorgungsausgleich ist gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 VAÜG in entsprechender Anwendung des § 628 ZPO auszusetzen. Der Senat entscheidet ohne die in § 53 b Abs. 1 FGG vorgesehene mündliche Verhandlung. Den Beteiligten ist rechtliches Gehör gewährt worden, der Sachverhalt ist hinreichend aufgeklärt und eine Einigung nicht zu erwarten, so daß von einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden kann (vgl. Keidel/Kuntze, FGG, 14. Aufl., § 53 b, Rz. 5).

Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 VAÜG ist der Versorgungsausgleich nur durchzuführen, wenn die Ehegatten in der Ehezeit keine angleichungsdynamischen Anrechte minderer Art erworben haben und

a) nur angleichungsdynamische Anrechte zu berücksichtigen sind oder

b) der Ehegatte mit den werthöheren angleichungsdynamischen Anrechten auch die werthöheren nichtangleichungsdynamischen Anrechte erworben hat.

Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Die Antragsgegnerin hat, wie sich aus der Auskunft der BfA vom 8.9.1998 ergibt, in der Ehezeit vom 1.3.1979 bis 31.3.1998 die werthöheren angleichungsdynamischen Anrechte von 980,68 DM, der Antragsteller ausweislich der Auskunft der LVA vom 24.8.1998 die niedrigeren angleichungsdynamischen Anrechte von 828,21 DM erworben. Der Antragsteller aber hat allein nichtangleichungsdynamische Anwartschaften, nämlich in Höhe von 2,94 DM, erlangt, die den Versorgungsausgleich gegenwärtig ausschließen.

Leistungen, Anwartschaften oder Aussichten auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung gemäß § 1587 a Abs. 2 Nr. 3 BGB sind in den Versorgungsausgleich derzeit nicht einzubeziehen. Nach der Auskunft der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder vom 28.5.1999 hat die Antragsgegnerin die satzungsmäßige Wartezeit für eine Zusatzversorgung nicht erfüllt. Erfüllung der Wartezeit tritt danach frühestens am 1.12.2001 ein. Ist aber die erforderliche Wartezeit bei der Entscheidung über den Versorgungsausgleich in der letzten Tatsacheninstanz noch nicht erfüllt, so ist keine ausgleichsfähige Anwartschaft bzw. Aussicht auf eine betriebliche Altersversorgung entstanden (Maier/Michaelis, Versorgungsausgleich in der Rentenversicherung, 6. Aufl., § 1587 a BGB, Anm. 4.4.1, S. 143 f.). Das Amtsgericht wird im Falle einer etwaigen Wiederaufnahme des Versorgungsausgleichs gemäß § 2 Abs. 2, 3 VAÜG nach dem 1.12.2001 zu prüfen haben, ob dann ein weiteres ausgleichspflichtiges Anrecht der Antragsgegnerin vorhanden ist.

Der Versorgungsausgleich kann derzeit auch nicht mit Rücksicht darauf durchgeführt werden, dass sich die Parteien in der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht vom 20.11.1998 für eine Nichtberücksichtigung der vom Antragsteller erworbenen nichtangleichungsdynamischen Anwartschaften ausgesprochen haben. Ein Außerachtlassen dieser Anwartschaften kommt weder, wie vom Amtsgericht angenommen, nach § 1587 c BGB, noch nach § 1587 o BGB in Betracht.

Die Voraussetzungen des § 1587 c BGB liegen nicht vor. Das Amtsgericht hat die Vorschrift des § 1587 c Nr. 1 BGB lediglich unter Hinweis darauf angewandt, dass die nichtangleichungsdynamischen Rentenanwartschaften des Antragstellers nicht ins Gewicht fielen, aber bei ihrer Berücksichtigung einer sofortigen Durchführung des Versorgungsausgleichs gemäß § 2 VAÜG entgegenstanden. Allein in dem Umstand, dass der Versorgungsausgleich derzeit nicht durchgeführt werden kann, liegt keine grobe Unbilligkeit im Sinne des § 1587 c Nr. 1 BGB. Die Parteien sind insoweit durch die Vorschrift des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VAÜG, wonach der Versorgungsausgleich vor der Einkommensangleichung durchzuführen ist, wenn aus einem im Versorgungsausgleich zu berücksichtigenden Anrecht aufgrund des Versorgungsausgleichs Leistungen zu erbringen oder zu kürzen wären, und durch die Vorschrift des § 2 Abs. 2 VAÜG, wonach ein vor der Einkommensangleichung ausgesetzter Versorgungsausgleich auf Antrag wieder aufzunehmen ist, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 2 eintreten, hinreichend geschützt. Denn dadurch kann der ausgleichsberechtigte Ehegatte, sobald er eine Rente bezieht, die Durchführung des Versorgungsausgleichs beantragen. Solange die Ehegatten, wie vorliegend, keine Rente beziehen, ist nicht ersichtlich, warum die Aussetzung des Versorgungsausgleichs für einen von ihnen grob unbillig sein könnte. Eine Anwendung der Nrn. 2 und 3 des § 1587 c BGB scheidet ganz offenkundig ebenfalls aus.

Die nichtangleichungsdynamischen Rentenanwartschaften des Antragstellers können auch nicht nach § 1587 o BGB unberücksichtigt bleiben. Dabei kann dahinstehen, ob durch eine Vereinbarung im Sinne des § 1587 o BGB die Berücksichtigung geringwertiger nichtangleichungsdynamischer Anwartschaften, welche der derzeitigen Durchführung des Versorgungsausgleichs nach § 2 VAÜG entgegenstehen, ausgeschlossen werden kann. Denn jedenfalls fehlt es vorliegend an einer formwirksamen Vereinbarung. Denn die Vereinbarung über den Versorgungsausgleich muß gemäß § 1587 o Abs. 2 Satz 1 BGB notariell beurkundet werden. Die Bestimmung des § 127 a BGB ist entsprechend anzuwenden, § 1587 o Abs. 2 Satz 2 BGB. Dies hat zur Folge, dass die notarielle Beurkundung bei einem gerichtlichen Vergleich durch die Aufnahme der Erklärungen in ein nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung errichtetes Protokoll ersetzt werden kann, vgl. auch § 53 b Abs. 4 FGG. Ein gerichtlicher Vergleich aber ist nur wirksam, wenn er ordnungsgemäß protokolliert ist, wozu erforderlich ist, dass er in das Protokoll aufgenommen sowie vorgelesen oder als vorläufige Aufzeichnung abgespielt oder zur Durchsicht vorgelegt und genehmigt ist (vgl. OLG Brandenburg, 1. Senat für Familiensachen, FamRZ 2000, 1157), was im Protokoll zu vermerken ist (Zöller/Stöber, ZPO, 22. Aufl., § 160, Rz. 5). Die im Sitzungsprotokoll vom 20.11.1998 enthaltene Feststellung, die Parteien hätten sich dafür ausgesprochen, dass die nichtangleichungsdynamischen Anwartschaften unberücksichtigt bleiben sollen, genügt diesen Anforderungen ganz offensichtlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 93 a ZPO.

Ende der Entscheidung

Zurück