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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 20.06.2002
Aktenzeichen: 10 W 16/01
Rechtsgebiete: BRAGO, GKG, ZPO


Vorschriften:

BRAGO § 9 Abs. 2
GKG § 25 Abs. 3
ZPO § 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

10 W 16/01 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In dem Rechtsstreit

hat der 10. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgericht auf die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Beklagten vom 12. Juli 2001gegen den Beschluss des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 26. Juni 2001 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., den Richter am Oberlandesgericht ... und die Richterin am Amtsgericht ...

am 20. Juni 2002

beschlossen:

Tenor:

Der angefochtene Beschluss wird abgeändert.

Der Streitwert für das erstinstanzliche Verfahren wird anderweitig auf 136.500 DM festgesetzt.

Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

Die Beschwerde ist, auch wenn dies der Beschwerdeschrift nicht ausdrücklich zu entnehmen ist, als von den Prozessbevollmächtigten des Beklagten im eigenen Namen eingelegt anzusehen. Die Prozessbevollmächtigten haben die Beschwerde damit begründet, der Wert sei zu niedrig festgesetzt worden. In einem solchen Fall ist im Zweifel davon auszugehen, dass der Rechtsanwalt die Beschwerde nur im eigenen Namen, nicht auch in demjenigen der Partei eingelegt hat (Senat, JurBüro 1998, 421; Hartmann, Kostengesetze, 31. Aufl., § 9 BRAGO, Rz. 14). Die so verstandene Beschwerde ist gemäß §§ 9 Abs. 2 BRAGO, 25 Abs. 3 GKG zulässig.

Die Beschwerde ist auch teilweise begründet. Der Streitwert ist für den Klageantrag zu 1. anderweitig festzusetzen, nämlich auf 135.500 DM. Hinsichtlich des Klageantrages zu 2. bleibt es dagegen bei der vom Landgericht vorgenommenen Wertfestsetzung auf 1.000 DM.

Wird, wie hier mit dem Klageantrag zu 1., die Feststellung des Nichtbestehens eines Anspruchs begehrt, so bemisst sich der Streitwert gemäß § 3 ZPO nach dem Interesse des Klägers an der Feststellung, wobei insbesondere von Bedeutung ist, ob die bekämpfte Gefahr der Inanspruchnahme näher oder entfernt liegt (Schneider/Herget, Streitwertkommentar, 11. Aufl., Rz. 1693). Der Wert des Interesses entspricht dabei dem Wert der Ansprüche, deren sich der Gegner berühmt und die mit der Klage bekämpft werden (BGH, NJW 1997, 1787; OLG Koblenz, MDR 1996, 103; Zöller/Herget, ZPO, 22. Aufl., § 3, Rz. 16 "Feststellungsklage"; Schneider/Herget, a.a.O., Rz. 1694). Ein Abschlag gegenüber dem Wert einer entsprechenden Leistungsklage, wie er bei der positiven Feststellungsklage vorzunehmen ist (vgl. Zöller/Herget, a.a.O., § 3, Rz. 16 "Feststellungsklage"), kommt nicht in Betracht. Dies verbietet sich deshalb, weil die negative Feststellungsklage nicht nur das Gegenstück zu einer behaupteten Feststellungsklage umgekehrten Inhalts, sondern auch zu einer entsprechenden Leistungsklage darstellt (Schneider/Herget, a.a.O., Rz. 1695). Allerdings ist ein Wert unterhalb der bezifferten Berühmung festzusetzen, wenn der Beklagte bereits vor Klageerhebung erklärt hat, nur einen geringeren als den bezifferten Betrag zu verlangen, sodass der Kläger der Gefahr der Inanspruchnahme hinsichtlich des weitergehenden Betrages enthoben ist (Schneider/Herget, a.a.O., Rz. 1700, 1706).

Der Beklagte hat vorgerichtlich mit Anwaltsschreiben vom 19.4.2000 Ansprüche an dem Grundstück G...straße 28 in Z... und an den darauf befindlichen, von seiner Mutter in den Jahren 1971 und 1975 errichteten Aufbauten geltend gemacht. Er hat dem Kläger einen Vergleichsvorschlag des Inhalts unterbreitet, dass er auf den Anspruch verzichte, wenn der Kläger 20.000 DM für das Gebäude, 115.500 DM für das hälftige Grundstück und 71.802,96 DM als Entschädigung für die Nutzung des Grundstücks in der Zeit von 1992 bis März 2000, zusammen rd. 207.000 DM, zahle. Ferner hat er für den Fall, dass der Vergleich nicht zu Stande komme, in Aussicht gestellt, Klage auf Grundbuchberichtigung zu erheben und außerdem "die sich aus dem Gebäudeeigentum ergebenden Rechte an dem Grundstück, nämlich Anspruch auf Übereignung des Grundstücks geltend zu machen."

Aus diesem Schreiben ergibt sich ein Wert der abzuwehrenden Ansprüche von 135.500 DM. Zwar enthält der Vergleichsvorschlag eine Forderung von rd. 207.000 DM. Doch hat der Beklagte durch seine Klageandrohung erkennbar zum Ausdruck gebracht, dass eine gerichtliche Durchsetzung nur hinsichtlich der Ansprüche an Gebäude und Grundstück, nicht jedoch hinsichtlich etwaiger Nutzungsentschädigungsansprüche beabsichtigt sei. Soweit er sich durch den Vergleichsvorschlag eines höheren Anspruchs berühmt hat, hat er diesen gleichzeitig, und somit vor Klageerhebung, durch die eingeschränkte Klageandrohung verringert. Dass der Beklagte mit dieser Klageandrohung von der Durchsetzung etwaiger Nutzungsentschädigungsansprüche endgültig Abstand genommen hat, wird durch den Umstand bestätigt, dass diese Ansprüche weder mit der Widerklage geltend gemacht, noch im Rahmen des in der mündlichen Verhandlung abgeschlossenen Vergleichs berücksichtigt worden sind. Zwar ist es für den Wert der negativen Feststellungsklage grundsätzlich ohne Bedeutung, ob im Laufe des Prozesses eine Ermäßigung der Berühmung erfolgt (Schneider/Herget, a.a.O., Rz. 1706). Aus diesem Grunde kommt vorliegend eine Herabsetzung des Streitwerts nicht deshalb in Betracht, weil der Beklagte mit der Widerklage sowie der Hilfswiderklage Rechte nur an den auf dem Grundstück befindlichen Gebäuden, nicht aber an dem Grundstück selbst geltend gemacht hat. Die Nichtverfolgung des Anspruchs auf Nutzungsentschädigung unterstreicht aber, dass für den Kläger insoweit die Gefahr der Inanspruchnahme bereits bei Einleitung des Verfahrens nicht mehr bestand.

Schließlich ist ein Wert unterhalb der bezifferten Berühmung des Beklagten nicht mit der Begründung festzusetzen, der vom Beklagten vorprozessual geltend gemachte Anspruch sei offensichtlich aus der Luft gegriffen. Insoweit kann dahinstehen, ob die Berühmung irrealer Ansprüche überhaupt zu einer Herabsetzung des Wertes führen kann (vgl. hierzu OLG Koblenz, MDR 1996, 103), was im Hinblick darauf, dass bei Erhebung derartiger Ansprüche im Wege der Leistungsklage eine entsprechende Herabsetzung nicht stattfindet, jedenfalls zweifelhaft erscheint. Unabhängig davon können die vorprozessual angekündigten Ansprüche, auch wenn sie teilweise nicht begründet gewesen sein mögen, nicht als offensichtlich aus der Luft gegriffen beurteilt werden.

Soweit das Landgericht den auf Unterlassung gerichteten Klageantrag zu 2. gemäß §§ 3 ZPO, 12 Abs. 2 GKG mit 1.000 DM bewertet hat, ist diese Festsetzung nicht zu beanstanden. Auf die zutreffende Begründung der Nichtabhilfeentscheidung des Landgerichts vom 28.9.2001 wird insoweit Bezug genommen.

Für den vom Beklagten anhängig gemachten Widerklage- und Hilfswiderklageantrag ist kein gesonderter Wert festzusetzen. Gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 GKG werden die in einer Klage und in einer Widerklage geltend gemachten Ansprüche zusammengerechnet, wenn sie nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden. Dies gilt nicht, wenn, wie hier, die Ansprüche denselben Gegenstand treffen. In diesem Fall ist nur der höhere Anspruch maßgebend, § 19 Abs. 1 Satz 3 GKG. Derselbe Streitgegenstand liegt vor, wenn sich die geltend gemachten Ansprüche gegenseitig ausschließen mit der Folge, dass die Zuerkennung des einen Anspruchs notwendigerweise die Aberkennung des anderen Anspruchs zur Folge hat (Hartmann, a.a.O., § 19 GKG, Rz. 10; Markl/Meyer, GKG, 4. Aufl., § 19 Rz. 12). Dies ist vorliegend der Fall.

Der Beklagte hat widerklagend die Zustimmung zur Grundbuchberichtigung dergestalt beantragt, dass er als Gebäudeeigentümer der von seiner Mutter errichteten Aufbauten einzutragen sei, und darüber hinaus hilfsweise den Antrag gestellt, seinen Anspruch auf Ersatz des Wertes der Aufbauten dem Grunde nach zuzuerkennen sowie die Widerbeklagten hinsichtlich eines erststelligen Teilbetrages von 10.000 DM zur Zahlung zu verurteilen. Diese Ansprüche des Beklagten betreffen denselben Gegenstand wie die negative Feststellungsklage des Klägers, da dem Widerklageantrag nur stattgegeben werden kann, wenn gleichzeitig der Klageantrag zu 1., der auch das Bestehen der vom Beklagten geltend gemachten Ansprüche leugnet, abgewiesen wird. Da sowohl die Widerklage als auch die Hilfswiderklage lediglich Ansprüche an den Gebäuden zum Gegenstand haben, bleibt ihr Wert hinter dem des Klageantrages zu 1. zurück, sodass gemäß § 19 Abs. 1 Satz 3 GKG nur der höhere, also der klageweise geltend gemachte Anspruch wertbestimmend ist.

Die Bewertung der Widerklage wird schließlich nicht dadurch beeinflusst, dass sich die Widerklage nicht nur gegen den Kläger, sondern auch gegen dessen Ehefrau als Drittwiderbeklagte richtet. Denn wie im Falle einer Klage hat auch im Falle einer Widerklage die zusätzliche Inanspruchnahme eines weiteren Gesamtschuldners als Streitgenossen keinen Einfluss auf den Streitwert (OLG München, Rpfleger 1968, 232, 233).

Unter Berücksichtigung des Wertes des Klageantrages zu 1. von 135.500 DM und des Wertes des Klageantrages zu 2. von 1.000 DM beträgt der Gesamtstreitwert des erstinstanzlichen Verfahrens somit 136.500 DM.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 25 Abs. 4 GKG (vgl. Hartmann, a.a.O., § 25 GKG, Rz. 75).

Ende der Entscheidung

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