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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 16.10.2008
Aktenzeichen: 10 WF 113/08
Rechtsgebiete: RVG, GKG, KostO, ZPO


Vorschriften:

RVG § 2 Abs. 2
RVG § 23 Abs. 1 Satz 2
RVG § 23 Abs. 3 Satz 2
RVG § 32 Abs. 2 Satz 1
GKG § 44
GKG § 48 Abs. 3 Satz 2
GKG § 49 Nr. 3
GKG § 52 Abs. 2
GKG § 68
KostO § 1
KostO § 30 Abs. 2
ZPO § 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Der angefochtene Beschluss wird abgeändert.

Der Streitwert wird für das Verfahren insgesamt anderweitig auf 5.000 €, für die Auskunftsstufe auf 1.000 € festgesetzt.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

I.

Die Beschwerde ist zulässig. Da die Prozessbevollmächtigte des Klägers die Beschwerde damit begründet, der Wert seit zu niedrig festgesetzt worden, ist davon auszugehen, dass sie die Beschwerde nur im eigenen Namen, nicht auch in demjenigen der Partei eingelegt hat (Senat, JurBüro 1998, 421; FamRZ 2007, 71; FamRZ 2007, 2000; Hartmann, Kostengesetze, 38. Aufl., § 32 RVG, Rz. 14), sodass das Beschwerderecht aus § 32 Abs. 2 Satz 1 RVG folgt. Dabei finden die Vorschriften über das Beschwerdeverfahren nach § 68 GKG entsprechend Anwendung (vgl. Senat, FamRZ 2007, 2000; Hartmann, a.a.O., § 32 RVG, Rz. 19, 22).

II.

Die Beschwerde ist zum Teil begründet. Der Streitwert für das gesamte Verfahren ist nicht, wie vom Amtsgericht angenommen, auf 2.000 €, sondern auf 5.000 € festzusetzen. Für die Auskunftsstufe ist allerdings ein gesonderter Wert von 1.000 € festzusetzen.

1. Bei Erhebung einer Stufenklage, gerichtet zunächst auf Auskunft und sodann auf der Grundlage der erteilten Auskunft auf Zahlung, bemisst sich der Streitwert gemäß § 44 GKG nach dem höheren der verbundenen Ansprüche, das ist der Zahlungsanspruch (OLG Brandenburg - 1. Senat für Familiensachen -, FamRZ 2003, 240). Dies gilt auch dann, wenn es nicht zur Verhandlung darüber kommt (Senat, FamRZ 2007, 71). Der höchste Streitwert, der sich nach dem Zahlungsanspruch bemisst, ist stets maßgebend für die gerichtliche und die anwaltliche Verfahrensgebühr, während sich der Streitwert für die Terminsgebühr nach dem Wert derjenigen Verfahrensstufe richtet, in der diese Gebühren anfallen (Senat, FamRZ 2007, 71; Verfahrenshandbuch Familiensachen - FamVerf -/Gutjahr, § 1, Rz. 623; Zöller/Herget, ZPO, 26. Aufl., § 3, Rz. 16 "Stufenklage").

Für die Bewertung des Zahlungsanspruchs sind die Vorstellungen des Klägers bei Einleitung des Verfahrens maßgebend. Dies gilt auch dann, wenn die spätere Bezifferung dahinter zurückbleibt oder sich gar in der Auskunftsstufe ergibt, dass auf Grund der vorgelegten Zahlen ein Auskunftsanspruch überhaupt nicht besteht (vgl. Senat, FamRZ 2007, 71).

2. Zutreffend ist das Amtsgericht davon ausgegangen, dass hinreichende Anhaltspunkte, die Rückschlüsse auf die objektiv zu verstehenden Vorstellungen des Klägers (vgl. hierzu BGH, FamRZ 1993, 1189) ermöglichen würden, nicht vorhanden sind.

Die vom Kläger im Verlauf des Streitwertfestsetzungsverfahrens genannten Beträge entbehren einer objektiven Grundlage. Dies gilt sowohl für den mit Schriftsatz vom 6.11.2007 genannten Betrag von 30.000€, als auch auf den mit Schriftsatz vom 14.2.2008 genannten Betrag von 15.000 € und den mit Schriftsatz vom 18.3.2008 genannten Betrag von 11.000 €. Die beiden letztgenannten Zahlen werden vom Kläger mit dem Verlauf des Verfahrens, insbesondere dem Abschluss des außergerichtlichen Vergleichs begründet. Bei diesem Vergleich aber sind auch die Übertragung des hälftigen Anteils am Familienwohngrundstück durch den Ehemann auf die Ehefrau, sowie nacheheliche Unterhaltsansprüche und Ansprüche auf Nutzungsentschädigung mitgeregelt worden. Rückschlüsse auf die Vorstellungen des Klägers bei Verfahrenseinleitung sind nur auf Grund dieser vorgetragenen Werte nicht möglich. Dies gilt ebenso für den mit Schriftsatz vom 6.11.2007 genannten Betrag von 30.000 €, der nach dem Vorbringen des Klägers einer Überschlagsberechnung entspricht. Diese beruht aber offenbar, da der Kläger Bezug nimmt auf die von der Beklagten erteilte Auskunft, auf den im Laufe des Verfahrens zutage getretenen Zahlen. Ein Bezug zu den Vorstellungen des Klägers bei Klageeinreichung ist nicht erkennbar.

Schließlich ergeben sich Anhaltspunkte auch nicht aus dem vorprozessualen Schriftverkehr der Parteien. Der Kläger hat insoweit nur Erteilung einer Auskunft durch die Beklagte verlangt, ohne zu erkennen zu geben, in welcher Größenordnung er sich einen Anspruch auf Zugewinnausgleich erhofft. Ein vorläufiger Streitwert, der die Erwartungen des Klägers verdeutlichen könnte, ist in der Klageschrift nicht angegeben.

3. Wenn nach alledem für die Erwartungen des Klägers bei Klageeinreichung und damit für die Wertfestsetzung keine hinreichenden Anhaltspunkte bestehen, ist der Streitwert aber nicht, wie das Amtsgericht unter Verweis auf seine ständige Handhabung annimmt, mit 2.000 €, sondern mit 5.000 € anzusetzen.

a) Im Kostenrecht finden sich verschiedene Vorschriften, die eine Regelung für den Fall beinhalten, dass für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte gegeben sind. So ist nach § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG in den Fällen, in denen sich der Gegenstandswert für die anwaltliche Tätigkeit nicht nach den für die Gerichtsgebühren geltenden Wertvorschriften richtet, in Ermangelung genügender tatsächlicher Anhaltspunkte für eine Schätzung und bei nicht vermögensrechtlichen Gegenständen der Gegenstandswert mit 4.000 €, nach Lage des Falles niedriger oder höher, jedoch nicht über 500.000 € anzunehmen. Nach § 30 Abs. 2 KostO ist der Wert in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in Ermangelung genügender tatsächlicher Anhaltspunkte für eine Schätzung regelmäßig mit 3.000 € anzunehmen; er kann nach Lage des Falles niedriger oder höher, jedoch nicht über 500.000 € angenommen werden. Nach § 52 Abs. 2 GKG ist in Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit der Streitwert, wenn der Sach- und Streitstand für die Bestimmung keine genügenden Anhaltspunkte bietet, mit 5.000 € anzunehmen.

b) Eine allgemeine Wertvorschrift, die mangels hinreichender Anhaltspunkte von einem Regelwert von 2.000 € ausgeht, wie ihn das Amtsgericht festgesetzt hat, findet sich im Gesetz nicht. Allerdings ist in § 48 Abs. 3 Satz 2 GKG geregelt, dass der Streitwert in Ehesachen mindestens 2.000 € beträgt. Nach § 48 Abs. 3 Satz 3 GKG beträgt der Wert in Kindschaftssachen stets 2.000 €. Im Verfahren über den Versorgungsausgleich ist für den Fall, dass dem Versorgungsausgleich nicht nur Anrechte aus einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis oder aus einem Arbeitsverhältnis mit Anspruch auf Versorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen, der gesetzlichen Rentenversicherung und der Altersversicherung der Landwirte, sondern darüber hinaus auch sonstige Anrechte unterliegen, ein Wert von 2.000 € vorgesehen, § 49 Nr. 3 GKG.

c) Wenn in einem zivilprozessualen Verfahren, wie vorliegend im Verfahren über den Zugewinnausgleich, hinreichende Anhaltspunkte für eine Schätzung des Streitwerts nach § 3 ZPO nicht gegeben sind, so bietet es sich nach Auffassung des Senats nicht an, auf Wertvorschriften zurückzugreifen, die für verschiedene spezielle Verfahrensgegenstände, und seien es auch solche, die in die Zuständigkeit des Familiengerichts fallen, vorgesehen sind. Vielmehr ist eine Vorschrift, die ohnehin für eine Vielzahl verschiedener Sachverhalte Geltung beansprucht, entsprechend anzuwenden. Dabei bietet sich von den drei genannten Vorschriften, § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG, § 30 Abs. 2 KostO und § 52 Abs. 2 GKG, die letztgenannte an (ebenso OLG Braunschweig, NdsRpfl 1977, 126 f. in Bezug auf § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG a. F.; Hartmann, a.a.O., § 52 GKG, Rz. 2; vgl. auch BAG, NZA 1998, 670). Dem steht nicht entgegen, dass es sich dabei um eine Sonderregelung für das Verfahren der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit handelt (OLG Braunschweig, a.a.O.). Denn es geht hier nur um eine entsprechende Anwendung.

Gegen die Heranziehung von § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG oder von § 30 Abs. 2 KostO spricht bereits der Umstand, dass hier für den Wert nicht ein Festbetrag vorgesehen ist, sondern eine Abweichung nach oben oder unten weiterhin möglich sein soll. Wenn aber Anhaltspunkte für eine Schätzung fehlen, dann gilt dies auch im Hinblick auf die Frage, ob von dem Regelwert abzuweichen ist. Darüber hinaus ist zu beachten, dass die Vorschrift des § 30 Abs. 2 KostO in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit gilt, § 1 KostO, und deshalb in einem besonderen Gesetz geregelt, der Kostenordnung ist. Die Vorschrift des § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG beansprucht ohnehin nur Geltung für den Fall, dass sich der Gegenstandswert für die anwaltliche Tätigkeit nicht nach den für die Gerichtsgebühren geltenden Wertvorschriften richtet. Ein Vorrang der Wertvorschriften des GKG ist ausdrücklich angeordnet § 23 Abs. 1 Satz 2 RVG.

Die Vorschrift des §§ 52 Abs. 2 GKG hingegen befindet sich in dem Gesetz, das die Erhebung von Gerichtskosten für alle Fälle der streitigen Gerichtsbarkeit regelt. Auch wird mit einem Festbetrag von 5.000 €, wie er in § 52 Abs. 2 GKG ohne Abweichungsmöglichkeiten festgelegt ist, dem Umstand, dass Anhaltspunkte für eine Schätzung fehlen, am besten Rechnung getragen.

Nach alledem ist der Wert für den Zahlungsanspruch des Klägers vorliegend mit 5.000 € anzunehmen.

4. Hinsichtlich der Auskunftsstufe bedarf es jedoch einer gesonderten Wertfestsetzung. Denn über die Zahlungsstufe ist nicht verhandelt worden. Vielmehr hat ein Termin zur mündlichen Verhandlung am 15.11.2006 nur über die Auskunftsstufe stattgefunden. Eine Terminsgebühr nach Nr. 3104 des Vergütungsverzeichnisses in Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG ist somit nur bezogen auf die Auskunftsstufe angefallen. Für diese Stufe ist daher ein gesonderter Wert festzusetzen.

Bei der Auskunftsklage bemisst sich der Wert nach einem Bruchteil des vollen voraussichtlichen Anspruchs (FamVerf/Gutjahr, § 1, Rz. 622). Diesen Bruchteil nimmt der Senat in ständiger Rechtsprechung mit 1/5 an (vgl. Senat, FamRZ 2007, 71). Für die Auskunftsstufe ergibt sich somit ein Wert von 1.000 € (= 1/5 x 5.000 €).

5. Dass der Wert für die Auskunftsstufe mit 1.000 € niedriger anzusetzen ist als auf Grund des angefochtenen Beschlusses, durch den der Wert insgesamt auf 2.000 € festgesetzt worden ist, verstößt nicht gegen das Verschlechterungsverbot. Denn im Verfahren über die Streitwertbeschwerde ist eine Abänderung von Amts wegen auch zum Nachteil des Beschwerdeführers zulässig. Das Verschlechterungsverbot, das Verbot der so genannten reformatio in peius, gilt nicht, weil der Wert von Amts wegen stets richtig festgesetzt werden muss (vgl. Senat, JurBüro 1998, 418; FamRZ 2007, 2000; Hartmann, a.a.O., § 68 GKG, Rz. 19). Auf die Frage, ob die Festsetzung des Werts für die Auskunftsstufe auf 1.000 € überhaupt eine Verschlechterung der Beschwerde führenden Prozessbevollmächtigten des Klägers darstellt oder ob insoweit nicht eine Gesamtschau mit Rücksicht auf die hier vorzunehmende Anhebung des Wertes für den Zahlungsanspruch geboten ist, kommt es daher nicht an.

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 68 Abs. 3 GKG (vgl. auch Hartmann, a.a.O., § 32 RVG, Rz. 22 f.).

Ende der Entscheidung

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