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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 24.06.2008
Aktenzeichen: 10 WF 119/08
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 114
ZPO § 117 Abs. 2
ZPO § 127 Abs. 2 Satz 2
ZPO § 139
ZPO § 572 Abs. 3
BGB § 260 Abs. 2
BGB § 1378 Abs. 2
BGB § 1379 Abs. 1 Satz 1
BGB § 1379 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

10 WF 119/08 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In der Familiensache

hat der 2. Senat für Familiensachen des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Liceni-Kierstein als Einzelrichterin

am 24. Juni 2008

beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten wird der Beschluss des Amtsgerichts Fürstenwalde vom 18. März 2008 aufgehoben und die Sache an das Amtsgericht zurückverwiesen, soweit sich der Beklagte gegen den Antrag aus der Klageschrift vom 10.1.2008 zu Ziffer 2. a) betreffend den Anspruch auf Wertermittlung sowie zu Ziffer 2. b) wendet.

Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde des Beklagten zurückgewiesen.

Gründe:

Die gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde des Beklagten, mit der er sich gegen die (vollständige) Versagung von PKH für seine Rechtsverteidigung wendet, führt insoweit teilweise zum Erfolg, als die Sache in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang an das Amtsgericht zurückzuverweisen ist.

1.

Allerdings wendet der Beklagte ohne Erfolg Erfüllung seiner Auskunftspflicht ein, soweit die Klägerin Auskunft über den Bestand seines Endvermögens am Endstichtag 9.5.2007 fordert.

Die gemäß § 1379 Abs. 1 Satz 1 BGB geschuldete Auskunft besteht in einem zu übergebenden Bestandsverzeichnis (§ 260 Abs. 1 BGB), in dem die Aktiva und Passiva des auf den maßgeblichen Stichtag bezogenen Endvermögens geordnet und übersichtlich zusammengestellt sind. Dabei müssen die zum Endvermögen gehörenden Gegenstände grundsätzlich nach Anzahl, Art und wertbildenden Merkmalen einzeln aufgeführt sein. Die Gegenstände und Verbindlichkeiten müssen soweit individualisiert und ferner so genau und geordnet aufgeführt werden, dass das Verzeichnis den Zweck zu erfüllen vermag, dem Auskunftsberechtigten die Errechnung der Zugewinnausgleichsforderung - gegebenenfalls mit sachverständiger Hilfe - zu ermöglichen. Ferner muss es Gegenstand der eidesstattlichen Versicherung gemäß § 260 Abs. 2 BGB werden können. Daher reichen über verschiedene Schreiben oder Prozessschriftsätze verstreute Einzelangaben zur Erfüllung der Auskunftspflicht nicht aus (vgl. hierzu Johannsen/Henrich/Jaeger, Eherecht, 4. Aufl., § 1379, Rn. 5 m. w. N.).

Diesen Anforderungen genügen die bisherigen Angaben des Beklagten nicht, zumal sie über verschiedene Schriftsätze verteilt sind. Es fehlt hier bereits an einem geschlossenen, auf den Stichtag bezogenen, sämtliche Aktiva und Passiva geordnet wiedergebenden Bestandsverzeichnis, das sämtliche aktiven Vermögenswerte und Verbindlichkeiten aufführt. So ist beispielsweise das Einzelunternehmen des Beklagten nicht in die Endvermögensbilanz eingestellt, obwohl im Rahmen des Zugewinnausgleichs grundsätzlich auch der Vermögenswert eines Einzelhandelsgeschäfts zu berücksichtigen ist (vgl. hierzu BGH, FamRZ 2008, 761 ff). Insoweit bedarf es auch näherer Angaben über dessen wertbildende Merkmale (z. B. Umsatz und Gewinn). Daran fehlt es hier bislang. Die Angaben des Beklagten zu den wertbildenden Merkmale seines Pkws Opel Astra sind ebenfalls unvollständig (betreffend den Kilometerstand am Endstichtag). Entsprechendes gilt für die in Rede stehende Immobilie. Hier bedarf es näherer Einzelangaben, wie etwa Grundstückslage, Größe und Art der Bebauung (nicht geschuldet werden im Rahmen des § 1379 Abs. 1 Satz 1 BGB allerdings die von der Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 21.5.2008 geforderten Angaben zu Wärmeschutz, Wandstärken, Isolierung, verwendete Materialien etc.).

Nicht erfüllt ist ferner die Auskunftsverpflichtung des Beklagten zu seinen Passiva. Es fehlt an einer im Rahmen des Gesamtverzeichnisses geschuldeten geordneten und übersichtlichen Zusammenstellung sämtlicher Passiva bezogen auf den Endstichtag. Die vom Beklagten vorgelegten Bestätigungen der ...bank reichen insoweit nicht aus. Hinzu kommt, dass auch in diesem Zusammenhang die Angaben des Beklagten zu seinen Passiva über verschiedene Schriftsätze verteilt sind.

2.

Der Klageantrag zu Ziffer 2. a) unterliegt allerdings rechtlichen Bedenken, soweit die Klägerin darin die "Angabe der zur Wertermittlung notwendigen Daten und Vorlage dazugehöriger Unterlagen" begehrt.

Wertangaben werden in dem gemäß § 1379 Abs. 1 Satz 1 BGB vorzulegenden Bestandsverzeichnis zunächst nicht geschuldet. Auf besonders geltend zu machendes Verlangen hin sind jedoch die Werte gesondert zu ermitteln. § 1379 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 BGB gibt der Klägerin einen Anspruch auf Ermittlung des Wertes der Vermögensgegenstände und der Verbindlichkeiten des Beklagten. Der neben der Forderungen auf Auskunft klagbare selbstständige Anspruch ist allerdings - entgegen der Antragsformulierung der Klägerin in Ziffer 2. a) - nur darauf gerichtet, dass der Wert der Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten durch den Auskunftsverpflichteten selbst festgestellt wird. Wie der Verpflichtete diese ihm selbst obliegende Ermittlung (zuverlässig) durchführt, bleibt ihm überlassen. Nur soweit er selbst - gegebenenfalls auf Grund schon vorhandener Unterlagen oder Gutachten, durch Einholung von Auskünften oder Einschaltung von Hilfskräften zu Einzelermittlungen - dazu imstande ist, ist er zur Ermittlung und Angabe des Werts verpflichtet (vgl. hierzu Johannsen/Henrich/ Jaeger, a.a.O., § 1379, Rn. 11 m. w. N.).

Weder im Rahmen des Anspruchs auf Auskunftserteilung nach § 1379 Abs. 1 Satz 1 BGB noch im Rahmen des Anspruchs auf Wertermittlung nach § 1379 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 BGB obliegt dem Verpflichteten dagegen die Vorlage von Unterlagen und Belegen (vgl. hierzu Palandt/Brudermüller, BGB, 67. Aufl., § 1379, Rn. 12 und 14).

Daher hat die Klägerin im Streitfall nur Anspruch darauf, dass der Beklagte selbst für den Endstichtag 9.5.2007 den Wert seiner sämtlichen Aktiva und Passiva ermittelt und ihr diese Werte mitteilt. Weitergehende und zudem in der Klageschrift nicht näher spezifizierte Angaben, Daten, dazugehörige Unterlagen kann die Klägerin dagegen nicht verlangen. Der Beklagte muss allerdings nach Mitteilung der sämtlichen Werte gegebenenfalls auf Verlangen der Klägerin erläutern, wie er zu den einzelnen Wertangaben gelangt ist (vgl. hierzu Johannsen/Henrich/Jaeger, a.a.O., § 1379, Rn. 11).

Allerdings wird im Streitfall zu berücksichtigen sein, dass der Beklagte voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, selbst den Wert des in seinem Alleineigentum stehenden Hausgrundstücks und Einzelhandelsgeschäfts zum Stichtag 9.5.2007 zuverlässig zu bewerten. Es erscheinen daher insoweit die entsprechenden Wertfeststellungen durch Sachverständige notwendig.

Vor diesem Hintergrund ist die Rechtsverteidigung des Beklagten auf der Grundlage des gegenwärtigen Sach- und Streitstands bezogen auf den in der Klageschrift formulierten Anspruch auf Wertermittlung nicht ohne jeden Erfolg im Sinne von § 114 ZPO.

3.

Soweit die Klägerin ohne nähere Erläuterungen vom Beklagten gemäß Ziffer 2. b) "Auskunft über sein Vermögen zum Tag der Rechtskraft der Ehescheidung am 23.11.2007" begehrt, ist eine Rechtsgrundlage für diesen Antrag gegenwärtig nicht zu erkennen.

§ 1378 Abs. 2 BGB gewährt einen solchen Anspruch nicht. Im Übrigen hätte der Beklagte die Voraussetzungen dieser Vorschrift nach (zukünftiger) Feststellung der konkreten Ausgleichsforderung der Klägerin dazulegen und zu beweisen. Eine andere Rechtsgrundlage für ihr Auskunftsbegehren zu Ziffer 2. b) hat die Klägerin nicht schlüssig dargelegt.

Folglich ist die Rechtsverteidigung des Beklagten auch insoweit nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand nicht ohne Aussicht auf Erfolg im Sinne von § 114 ZPO.

4.

Nach alldem kann die Entscheidung des Amtsgerichts über die vollständige Versagung von PKH für die Rechtsverteidigung des Beklagten keinen Bestand haben. Allerdings ist eine Sachentscheidung in der Beschwerdeinstanz nicht möglich. In der Erklärung des Beklagten über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse gemäß § 117 Abs. 2 ZPO fehlt zum einen die Unterschrift des Beklagten. Zum anderen sind die erforderlichen Angaben und Belege unvollständig. Schließlich erscheinen die Angaben des Beklagten nicht nachvollziehbar bzw. es ist offen, wovon er angesichts seiner mitgeteilten Ausgaben seinen Lebensunterhalt bestreitet.

Folglich war der angefochtene Beschluss aufzuheben und die Sache an das Amtsgericht zurückzuweisen, damit dieses gemäß § 572 Abs. 3 ZPO die erforderlichen Anordnungen nachholt und unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen - gegebenenfalls nach erfolgter Hinweiserteilung an die Klägerin gemäß § 139 ZPO zu einer geänderten Antragstellung -sodann über das PKH-Gesuch des Beklagten neu entscheidet.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (§ 127 Abs. 4 ZPO).

Ende der Entscheidung

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