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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 29.03.2001
Aktenzeichen: 10 WF 142/00
Rechtsgebiete: BRAGO, RPflG, ZPO


Vorschriften:

BRAGO § 19 Abs. 2 Satz 3
BRAGO § 56 Abs. 1 Nr. 2
BRAGO § 31 Abs. 1
BRAGO § 19 Abs. 1 Satz 1
RPflG § 11 Abs. 1
ZPO § 104 Abs. 3
ZPO § 104 Abs. 1 Satz 2
ZPO § 92
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

10 WF 142/00 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In der Rechtsanwaltsvergütungssache

hat der 2. Senat für Familiensachen des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Schael, die Richterin am Oberlandesgericht Berger und den Richter am Oberlandesgericht Gutjahr

am 29. März 2001

beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde des Antragsgegners vom 7. November 2000 wird der Beschluß des Amtsgerichts Fürstenwalde vom 18. Oktober 2000 abgeändert.

Die durch den Antragsgegner an den Antragsteller zu zahlende Vergütung wird auf 587,81 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 9. August 2000 festgesetzt.

Der weitergehende Antrag und die weitergehende Beschwerde werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Beschwerdewert: bis 1.200 DM

Gründe:

Die als sofortige Beschwerde zu wertende Beschwerde des Antragsgegners ist gemäß §§ 19 Abs. 2 Satz 3 BRAGO, 11 Abs. 1 RPflG, 104 Abs. 3 ZPO zulässig. Sie ist auch in dem aus der Beschlußformel ersichtlichen Umfang" begründet. Der Antragsgegner hat dem Antragsteller eine Vergütung zu zahlen, diese ist jedoch nur auf 587,81 DM festzusetzen. Denn der Antragsgegner hat den Antragsteller nicht zum Prozeßbevollmächtigten im Scheidungsverfahren bestellt, so daß dem Antragsteller für die im Termin abgegebene Erklärung des Rechtsmittelverzichts entgegen seiner Auffassung keine 10/10-Verhandlungsgebühr, sondern nur eine 5/10-Gebühr gemäß § 56 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO zusteht.

Ob ein Rechtsanwalt gebührenrechtlich als Prozeßbevollmächtigter anzusehen ist und eine 10/10-Gebühr nach § 31 Abs. 1 BRAGO verlangen kann, richtet sich nach dem ihm erteilten Auftrag, also dem Innenverhältnis zwischen Auftraggeber und Rechtsanwalt (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 30. Aufl., § 31 BRAGO, Rz. 4). Dieses Innenverhältnis kann Beschränkungen enthalten, ohne daß es darauf ankäme, ob eine etwaige Beschränkung des Auftrages und damit der Vollmacht prozessual mit Wirksamkeit für das Außenverhältnis vereinbart werden kann (vgl. §§ 83 und 609 ZPO). Dementsprechend ist bei der Beurteilung, welche Gebühren für die Erklärung des Rechtsmittelverzichts entstehen, der Umfang des Auftrags und der Bevollmächtigung maßgeblich (vgl. OLG Hamburg, JurBüro 1973, 131 und OLG Schleswig, JurBüro 1983, 1657, in beiden Fällen lag eine umfassende Prozeß vollmacht vor, so daß eine volle Prozeßgebühr festgesetzt wurde). Wird der Anwalt allein damit beauftragt, die Erklärung des Rechtsmittelverzichts abzugeben, und liegt dementsprechend nur eine beschränkte Vollmacht vor, entsteht nur eine 5/10-Gebühr gemäß § 56 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO (so KG, JurBüro 1986, 1366 ff., OLG Zweibrücken, JurBüro 1983, 226 ff., OLG Schleswig, JurBüro 1975, 475 f, OLG München, JurBüro 1974, 1388 ff = MDR 1975, 153; OLG Hamburg, JurBüro 1975, 1081 f; Riedel/Süßbauer/Keller, BRAGO, 8. Aufl., § 31, Rz. 13; s.a. Göttlich/ Mümmler, BRAGO, 19. Aufl., "Rechtsmittelverzicht", Anm. 1.2; unklar Hartmann, a.a.O., § 56, Rz. 24; undifferenziert Gerold/ Schmidt/v.Eicken, BRAGO, 14. Aufl., § 31, Rz. 19). Allerdings muß der Anwalt die Partei dann auch nur über die Tragweite eines Rechtsmittelverzichts belehren, seine Prüfungspflicht ist geringer als diejenige des Prozeßbevollmächtigten (vgl. Riedel/Süßbauer/Keller, a.a.O., § 31, Rz. 13; OLG München, JurBüro 1974, 1388 ff, 1389).

Vorliegend hat der Antragsgegner den Antragsteller nur mit der Erklärung des Rechtsmittelverzichts beauftragt und bevollmächtigt. Dies ergibt sich bereits aus der Sitzungsniederschrift über den Scheidungstermin, in der es eingangs heißt, der Antragsteller sei "zum Zwecke der Erklärung des Rechtsmittelverzichts" erschienen. Daß eine umfassende Bevollmächtigung vorgelegen hätte, hat auch der Antragsteller nicht behauptet Daher erhält er für die Erklärung des Rechtsmittelverzichts entgegen seiner Auffassung nur eine 5/10-Gebühr für eine Einzeltätigkeit gemäß § 56 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO.

Diese kann er allerdings, obwohl nach dem Wortlaut von § 19 Abs. 1 Satz 1 BRAGO nur die gesetzliche Vergütung festsetzbar ist, die einem Rechtsanwalt "als Prozeßbevollmächtigten, Beistand, Unterbevollmächtigten oder Verkehrsanwalts (§ 52) zusteht", aus Gründen der Prozeßökonomie ohne Rücksicht darauf festsetzen lassen, ob bei ihm eine der im Gesetz genannten Verfahrensstellungen vorliegt (vgl. KG, JurBüro 1986, 1366 ff, 1368; Gerold/Schmidt/v. Eicken, a.a.O., § 19, Rz. 5a.E.).

Die Festsetzung kann gegen den Antragsgegner als Auftraggeber des Antragstellers erfolgen. Denn der Antragsteller ist mit Wissen und Wollen des Antragsgegners für ihn tätig geworden. Das ergibt sich ebenfalls aus der Sitzungsniederschrift ergibt und wird vom Antragsgegner in der Beschwerdeschrift vom 7.11.2000 nicht in Abrede gestellt. Soweit der Antragsgegner darauf hinweist, daß die Antragstellerin des Scheidungsverfahrens erklärt habe, die Kosten des Anwalts - anteilig - zu übernehmen, handelt es sich um eine Vereinbarung der mittlerweile geschiedenen Eheleute, die den Vergütungsanspruch des Antragstellers gegenüber seinem Auftraggeber nicht beeinflußt.

Die 5/10-Gebühr beträgt bei dem festgesetzten Wert des Scheidungsverfahrens von 29.600 DM 497,25 DM (994,50 DM x 1/2). Setzt man der Gebühr, entsprechend dem Antrag vom 8.8.2000, 16 % Mehrwertsteuer und 11 DM Zustellungskosten hinzu, ergibt sich eine Vergütung von 587,81 DM (= 497,25 DM + 79,56 DM + 11 DM). Dieser Betrag ist ab 9.8.2000 mit 4 % zu verzinsen, weil das Kostenfestsetzungsgesuch des Antragstellers am 9.8.2000 beim Amtsgericht eingegangen ist, § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO (s.a. Hartmann, a.a.O., § 19, Rz. 46).

Da das Beschwerdeverfahren nicht gebührenfrei ist (Senat, MDR 1998, 126; Gerold/ Schmidt/von Eicken, a.a.O., § 19, Rz. 56 m.w.N.), hat eine Kostenentscheidung zu ergehen. Sie beruht auf § 92 ZPO.

Ende der Entscheidung

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