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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 16.10.2008
Aktenzeichen: 10 WF 165/08
Rechtsgebiete: GewSchG, FGG, ZPO, FamFG


Vorschriften:

GewSchG § 1
FGG § 33
FGG § 33 Abs. 3
FGG § 64 b Abs. 4
ZPO § 885
ZPO § 890
ZPO § 890 Abs. 2
ZPO § 891
ZPO § 892 a
FamFG § 89 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor: Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Das Verfahren erster und zweiter Instanz ist gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Der Beschwerdewert wird auf bis zu 300 € festgesetzt.

Gründe:

Die zulässige Beschwerde ist begründet. Die Voraussetzungen für die Festsetzung eines Zwangsgeldes gegen den Antragsgegner liegen nicht vor.

1. In der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht am 27.5.2008 haben die Parteien einen Vergleich geschlossen, in dem sich der Antragsgegner im Hinblick auf den vorangegangenen Antrag der Antragstellerin nach § 1 Gewaltschutzgesetz (GewSchG) insbesondere verpflichtet hat, die Wohnung in E. nicht zu betreten, sich nicht in einem Umkreis von weniger als 100 m zu dieser Wohnung aufzuhalten und sich der Antragstellerin und der gemeinsamen Tochter L. nicht zu nähern. Durch Beschluss noch in der mündlichen Verhandlung hat das Amtsgericht den Vergleich zur gerichtlichen Entscheidung gemacht. Diese gerichtliche Entscheidung ist nicht mit einem Rechtsmittel angefochten worden, also rechtskräftig. Die Vollstreckung findet daher gemäß § 64 b Abs. 4 FGG nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung, insbesondere nach §§ 885, 890, 891 und 892 a ZPO statt. Im vorliegenden Fall anwendbar ist die Vorschrift des § 890 ZPO, wonach dann, wenn einer Verpflichtung, eine Handlung zu unterlassen oder die Vornahme einer Handlung zu dulden, zuwider gehandelt wird, wegen einer Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld festgesetzt werden kann (vgl. auch Keidel/Weber, FGG, 15. Aufl., § 64 b, Rz. 36; Weinreich, in: Gerhardt/von Heintschel-Heinegg/Klein, Handbuch des Fachanwalts Familienrecht - FA-FamR, 6. Aufl., 8. Kapitel, Rz. 376). Eine Zwangsvollstreckung nach § 33 FGG, wie sie das Amtsgericht vorgenommen hat, scheidet demnach aus.

2. Der angefochtene Beschluss kann nicht mit der Maßgabe, dass anstelle eines Zwangsgeldes ein Ordnungsgeld festzusetzen ist, aufrecht erhalten werden. Denn zwischen diesen beiden Zwangsvollstreckungsmaßnahmen besteht ein erheblicher Unterschied. Entsprechend verlangt die Vorschrift des § 890 Abs. 2 ZPO, dass der Festsetzung eines Ordnungsgeldes eine entsprechende Androhung vorausgehen muss, wie andererseits nach § 33 Abs. 3 FGG für die Festsetzung eines Zwangsgeldes erforderlich ist, dass dieses vorher angedroht wird.

Vorliegend hat das Amtsgericht durch den in der mündlichen Verhandlung vom 27.5.2008 verkündeten Beschluss dem Antragsgegner für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Anordnung die Festsetzung eines Zwangsgeldes angedroht. Hierin liegt nicht (auch) die Androhung eines Ordnungsgeldes.

Ein Zwangsgeld dient ausschließlich der Erzwingung der Befolgung gerichtlicher Verfügungen. Es ist keine Strafe oder Buße für begangene Pflichtverletzungen, sondern hat lediglich den Zweck, zukunftsbezogen den Willen des Verpflichteten zu beugen (Senat, FamRZ 2008, 1551; OLG Brandenburg - 1. Senat für Familiensachen - FamRZ 2001, 36; Johannsen/Henrich/Büte, Eherecht, 4. Aufl., § 33 FGG, Rz. 2; Keidel/Zimmermann, FGG, 15. Aufl., § 33, Rz. 4). Da es sich beim Zwangsgeld somit um ein Beugemittel handelt, ist dessen Festsetzung ausgeschlossen, wenn der Zweck, den Willen des Pflichtigen zu beugen, erreicht ist oder nicht mehr erreicht werden kann (Keidel/Zimmermann, a.a.O., § 33, Rz. 19). Demgegenüber ist ein Ordnungsgeld ein Sanktionsmittel, durch das der Verstoß gegen eine gerichtliche Anordnung nachträglich geahndet wird (vgl. OLG Nürnberg, FamRZ 2007, 1574). Insoweit kommt es nicht auf das zukünftige Verhalten des Pflichtigen an. Entscheidend und für die Festsetzung des Ordnungsgeldes allein ausreichend ist ein in der Vergangenheit liegender Verstoß gegen die gerichtliche Anordnung. Gerade wegen dieser Unterschiede hat der Gesetzgeber in dem Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG), das als Artikel 1 des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG-Reformgesetz) am 1.9.2009 in Kraft treten wird, die Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen über die Herausgabe von Personen und die Regelung des Umgangs abweichend vom bisherigen Rechtszustand geregelt (vgl. BT-Drucksache 16/9733, S. 51). Nach § 89 Abs. 1 FamFG kann nun bei der Zuwiderhandlung gegen einen Vollstreckungstitel zur Herausgabe von Personen und zur Regelung des Umgangs gegenüber dem Verpflichteten Ordnungsgeld und für den Fall, dass dies nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft angeordnet werden. Mit der Verhängung von Ordnungsmitteln anstelle von Zwangsmitteln nach § 33 FGG soll die Effektivität der Vollstreckung von Umgangs- und Herausgabeentscheidungen künftig erhöht werden, da Ordnungsmittel anders als Zwangsmitteln nicht ausschließlich der Einwirkung auf den Willen der pflichtigen Person dienen, sondern daneben Sanktionscharakter haben; deshalb können sie auch dann noch festgesetzt und vollstreckt werden, wenn die zu vollstreckende Handlung, Duldung oder Unterlassung wegen Zeitablaufs nicht mehr vorgenommen werden kann (vgl. Gesetzesbegründung zu § 89 FamFG in BT-Drucksache 16/6308, S. 218).

Die Androhung des Ordnungsmittels, wie sie § 890 Abs. 2 ZPO verlangt, muss hinreichend bestimmt sein (vgl. Zöller/Stöber, ZPO, 26. Aufl., § 890, Rz. 12 b). Die Androhung eines Zwangsgeldes reicht insoweit nicht aus, da diese sich von seinem Zweck her, wie soeben ausgeführt, deutlich von einem Ordnungsgeld unterscheidet. Wird anstelle eines Ordnungsgeldes ein Zwangsgeld angedroht, so braucht der Pflichtige nicht zwingend damit zu rechnen, allein ein Verstoß gegen die gerichtliche Anordnung werde bereits dazu führen, dass er Zwangsvollstreckungsmaßnahmen ausgesetzt ist. So könnte beispielsweise der Antragsgegner im vorliegenden Fall im Hinblick auf die Verpflichtung, die Wohnung in E. nicht mehr zu betreten, der Auffassung sein, ein Aufsuchen jener Wohnung könne, wenn ein Umzug der Antragstellerin in eine andere Wohnung, wie vorliegend geltend gemacht, bevorstehe, zu einer Zwangsgeldfestsetzung nicht mehr führen, weil der Zweck, die Wohnung in E. nicht mehr zu betreten, um ein Aufeinandertreffen mit der Antragstellerin zu verhindern, nicht mehr erreichbar wäre. Angesichts dessen reicht die Androhung eines Zwangsgeldes nicht aus, um ein Ordnungsgeld festzusetzen.

3. Da das Amtsgericht die Zwangsvollstreckung nicht auf der Grundlage der zutreffenden Vorschriften vorgenommen hat, kann die angefochtene Entscheidung nicht von Bestand bleiben. Auf die Frage, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Antragsgegner gegen den vom Amtsgericht übernommenen Vergleich vom 27.5.2008 verstoßen hat, kommt es somit nicht an.

4. Die Kostenentscheidung beruht im Hinblick darauf, dass sich das Rechtsmittel gegen ein Zwangsmittel nach § 33 FGG richtet, auf §§ 131 114, Abs. 1 Satz 2 KostO, 13 a Abs. 1 Satz 1 FGG.

Ende der Entscheidung

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