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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 27.07.2005
Aktenzeichen: 10 WF 173/05
Rechtsgebiete: FGG, ZPO


Vorschriften:

FGG § 14
FGG § 33
FGG § 33 Abs. 3 S. 1
ZPO § 114
ZPO § 127 Abs. 2 S. 2
ZPO § 572 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen.

Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

Die gemäß §§ 14 FGG, 127 Abs. 2 S. 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde führt zu der aus der Beschlussformel ersichtlichen Entscheidung. Der Antragstellerin kann Prozesskostenhilfe nicht aus den vom Amtsgericht angeführten Gründen versagt werden. Die Sache ist entsprechend § 572 Abs. 3 ZPO an das Amtsgericht zurückzuverweisen, da dort noch Feststellungen zu der Frage zu treffen sind, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die Antragstellerin nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen in der Lage ist, die Kosten der Prozessführung aufzubringen, § 114 ZPO (vgl. auch Verfahrenshandbuch Familiensachen- FamVerf/Gutjahr, § 1 Rz. 197; Keidel/Sternal, FGG, 15. Aufl., § 25, Rz. 21). Denn bislang liegt lediglich eine Erklärung der Antragstellerin über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 21.6.2004 vor. Das Amtsgericht wird die Antragstellerin auffordern, eine aktuelle Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst Belegen einzureichen. Auf dieser Grundlage wird das Amtsgericht unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats prüfen, ob die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe gemäß §§ 14 FGG, 114 ZPO gegeben sind und danach erneut über den Antrag der Antragstellerin entscheiden.

Die Antragstellerin begehrt Prozesskostenhilfe im Rahmen eines Zwangsmittelverfahrens nach § 33 FGG. Auch für ein solches Verfahren kann Prozesskostenhilfe grundsätzlich bewilligt werden (vgl. Zöller/Philippi, ZPO, 25. Aufl., § 119, Rz. 34).

Dem Begehren der Antragstellerin, den Antragsgegner mit Zwangsmitteln zu belegen, kann die hinreichende Erfolgsaussicht nicht abgesprochen werden. Dabei ist es zunächst ohne Bedeutung, dass der ausdrückliche Antrag der Antragstellerin darauf gerichtet ist, dem Antragsgegner wegen Zuwiderhandlung gegen die bestehende Umgangsregelung vom 27.4.2004 ein Zwangsgeld anzudrohen, obwohl das Amtsgericht Bad Freienwalde, als es die Umgangsvereinbarung der Eltern familiengerichtlich genehmigt hat, bereits ein Zwangsgeld angedroht hat. Denn bei dem Verfahren nach § 33 FGG handelt es sich um ein Amtsverfahren, das einen Antrages nicht bedarf. Angesichts dessen, dass ein Zwangsgeld bereits angedroht, dem Erfordernis des § 33 Abs. 3 S. 1 FGG somit schon Genüge getan worden ist, kommt vorliegend bereits die Festsetzung eines Zwangsgeldes in Betracht. Eine hinreichende Erfolgsaussicht besteht insoweit.

Die Antragstellerin möchte den Antragsgegner durch Zwangsmittel dazu anhalten, Umgang mit dem gemeinsamen Kind zu pflegen. Für die Frage, ob dieses Begehren hinreichende Aussicht auf Erfolg verspricht, kommt es zunächst darauf an, ob die Vollstreckung gegen den unwilligen Umgangsberechtigten mit den Mitteln des § 33 FGG möglich ist (so OLG Celle, MDR 2001, 395; Oelkers, FuR 2002, 433, 435) oder ob dies abzulehnen ist, weil ein erzwungener persönlicher Umgang sinnlos und entwürdigend ist (so Johannsen/Henrich/Jaeger, Eherecht, 4. Aufl., § 1684, Rz. 33; vgl. auch Familienrechtsreformkommentar/Rogner, § 1684, Rz. 4; Schwab/Motzer, Handbuch des Scheidungsrechts, 5. Aufl., Teil III, Rz. 298 sowie zum speziellen Fall eines erzwungenen Umgangs im Beisein eines Sachverständigen BVerfG, FamRZ 2004, 523). Diese streitige Rechtsfrage darf im Prozesskostenhilfeverfahren nicht zulasten der Antragstellerin beantwortet werden.

Soweit es bei der Frage, ob für das Begehren der um Prozesskostenhilfe nachsuchenden Partei hinreichende Erfolgsaussicht besteht, um die Rechtslage geht, reicht es aus, dass der Standpunkt des Antragstellers zumindest vertretbar ist. Um die Chancengleichheit der bedürftigen und der bemittelten Partei zu wahren, dürfen schwierige Rechtsfragen nicht bereits im Prozesskostenhilfeverfahren zu Lasten des Antragstellers entschieden werden. Denn auch der Bedürftige muss die Chance haben, die Frage obergerichtlich klären zu lassen. Das gilt insbesondere dann, wenn es sich um eine Sache von grundsätzlicher Bedeutung handelt, derentwegen die Revision oder die Rechtsbeschwerde zugelassen werden müsste (vgl. BVerfG, NJW 1991, 413; BGH, NJW 1998, 82; Senat, FamRZ 2000, 1033, 1035; Zöller/Philippi, aaO., § 114, Rz. 25; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 26. Aufl.?, § 114, Rz. 5; FamVerf/Gutjahr, § 1, Rz. 257). So liegt der Fall hier mit Rücksicht auf die streitige Rechtsfrage, ob der Umgang mit dem umgangsunwilligen Elternteil zwangsweise durchgesetzt werden kann. Der für die Antragstellerin günstige Rechtsstandpunkt, nämlich die Möglichkeit der zwangsweisen Durchsetzung des Umgangs, ist zumindest vertretbar.

Das Amtsgericht ist im angefochtenen Beschluss davon ausgegangen, dass in der Umgangsvereinbarung vom 27.4.2004 nur ein Umgangsrecht des Antragsgegners, nicht jedoch eine Pflicht zum Umgang geregelt sei. Dies ist aber zumindest nicht zweifelsfrei. Denn die Umgangsregelung enthält Pflichten auch für den Antragsgegner, indem festgelegt ist, dass er das Kind zu den vereinbarten Zeiten beim anderen Elternteil abholt und wieder dorthin zurückbringt. Die Zwangsgeldandrohung des Amtsgerichts richtet sich ausdrücklich auch gegen beide Elternteile. Diese Zweifel hinsichtlich der Frage, ob die Besuchsregelung eine Verpflichtung des Antragsgegners enthält, dürfen im Prozesskostenhilfeverfahren ebenfalls nicht zu Lasten der Antragstellerin gehen.

Auch kann im Prozesskostenhilfeverfahren nicht zum Nachteil der Antragstellerin angenommen werden, der Antragsgegner sei aufgrund seiner Mittellosigkeit tatsächlich nicht in der Lage, den Umgang auszuüben. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Entfernung zwischen seinem Wohnort W... und dem Wohnort des Kindes, A..., laut Routenplaner 46 km beträgt und sogar öffentliche Verkehrsmittel vorhanden sind.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 14 FGG, 127 Abs. 4 ZPO.

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