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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 29.10.2007
Aktenzeichen: 10 WF 235/07
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 114
ZPO § 127 Abs. 2 Satz 2
BGB § 1373
BGB § 1374
BGB § 1378 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

10 WF 235/07 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In der Familiensache

hat der 2. Senat für Familiensachen des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die sofortige Beschwerde der Klägerin vom 23. Juli 2007 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Strausberg vom 14. Juni 2007 durch den Richter am Oberlandesgericht Gutjahr als Einzelrichter

am 29. Oktober 2007

beschlossen:

Tenor:

Der angefochtene Beschluss wird teilweise abgeändert.

Der Klägerin wird Prozesskostenhilfe in vollem Umfang, also, soweit sie beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an sie 14.401,68 € nebst Zinsen zu zahlen, bewilligt.

Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

Die gem. § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist begründet. Der Klägerin ist für den Klageantrag, gerichtet auf Verurteilung des Beklagten zur Zahlung eines Zugewinnausgleichs von 14.401,68 € nebst Zinsen, Prozesskostenhilfe in vollem Umfang zu bewilligen. Denn die von ihr beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet insoweit hinreichende Aussicht auf Erfolg, § 114 ZPO.

1.

Das Amtsgericht hat das Anfangsvermögen des Beklagten gemäß § 1374 BGB nach der gebotenen Berücksichtigung des Kaufkraftschwundes (vgl. hierzu Palandt/Brudermüller, BGB, 66. Aufl., § 1376, Rz. 24 ff.) mit 88.850,16 € angenommen. Dabei ist es von dem Wert, den die Klägerin in der Klageschrift mitgeteilt hat, ausgegangen. Dem lag ein Anfangsvermögen von 59.087,48 € zu Grunde, das die Klägerin im Wege der so genannten Indexierung auf 88.850,16 € hochgerechnet hat, ohne die Indizes, die sie ihrer Berechnung zu Grunde gelegt hat, zu benennen. Bei der im Prozesskostenhilfeverfahren gebotenen summarischen Prüfung (vgl. Zöller/Philippi, ZPO, 26. Aufl., § 114, Rz. 19; Verfahrenshandbuch Familiensachen - FamVerf - /Gutjahr, § 1 Rz. 254) kann zu Gunsten der Klägerin angenommen werden, dass das Anfangsvermögen des Beklagten am Stichtag im Juli 1991 deutlich geringer war, nämlich lediglich 68.211,30 € betragen hat, sodass insgesamt von einem höheren Zugewinn des Beklagten auszugehen ist.

a)

Nicht erst in der Beschwerdeschrift, sondern bereits in ihrem Schriftsatz vom 22.5.2007 hat die Klägerin ihre Angaben zum Anfangsvermögen des Beklagten korrigiert und dabei hinsichtlich seines Guthabens auf dem Girokonto sowie hinsichtlich der Werte der drei vorhandenen Fahrzeuge niedrigere Werte als noch in der Klageschrift angesetzt. Das Amtsgericht hat in seiner Nichtabhilfeentscheidung vom 24.8.2007 zutreffend ausgeführt, dass die Klägerin die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der Endvermögen beider Ehegatten und hinsichtlich ihres eigenen Anfangsvermögens trifft, während der Beklagte darlegungs- und beweispflichtig für sein Anfangsvermögen ist (vgl. hierzu auch FamVerf/Schael, § 9, Rz. 85). Dazu stehen die Ausführungen des Amtsgerichts, der Klägerin obliege die Beweislast hinsichtlich der Bewertung der Fahrzeuge, im Widerspruch. Tatsächlich hat der Beklagte den Wert der Fahrzeuge, jedenfalls soweit es ihre Zugehörigkeit zum Anfangsvermögen betrifft, zu beweisen. Im Prozesskostenhilfeverfahren können daher die Wertangaben, die die Klägerin gemacht hat, der Berechnung des Anfangsvermögens zu Grunde gelegt werden.

Nach alledem ist von den Werten, die die Klägerin auf Seite 4 des Schriftsatzes vom 22.5.2007 bezüglich des Anfangsvermögens des Beklagten mitgeteilt hat, auszugehen. Bei Gegenüberstellung der Aktiva und der Passiva ergibt sich ein Überschuss von 106.830 DM. Die Umrechnung in € ergibt bei einem Umrechnungsfaktor von 1,95583 ein Anfangsvermögen von 54.621,31 €, und nicht, wie von der Klägerin angegeben, ein solches von 54.110,02 €.

b)

Die Klägerin hat nicht ausdrücklich mitgeteilt, von welchem Umrechnungsfaktor zur Berücksichtigung des Kaufkraftschwundes sie ausgegangen ist. Sie hat lediglich angegeben, so genannte verkettete Verbraucherpreisindizes herangezogen zu haben, wobei alle Haushalte Ost maßgeblich gewesen seien. Die Frage, ob bei in den neuen Bundesländern geführten Ehen gesonderte Verbraucherpreisindizes heranzuziehen sind, ist in der Rechtsprechung und Literatur nicht abschließend entschieden (vgl. nur Palandt/Brudermüller, a.a.O., § 1376, Rz. 28; Johannsen/Henrich/Jaeger, Eherecht, 4. Aufl., § 1376 Rz. 23 a). Diese Frage, bei der es sich um eine Rechtsfrage handelt und es deshalb auf den Vortrag der Parteien nicht ankommt, darf im Prozesskostenhilfeverfahren nicht zu Lasten der bedürftigen Partei entschieden werden (vgl. BVerfG, NJW 1991, 413; FamVerf/Gutjahr, § 1, Rz. 257). Der Senat neigt, zumal seit 2003 nur noch ein einheitlicher Preisindex für Gesamtdeutschland mitgeteilt wird, dazu, die Verbraucherpreisindizes, die für das gesamte Bundesgebiet gelten, heranzuziehen (vgl. auch Senat, FamRZ 2006, 624; Schael, NJ 2004, 289, 291). Dies ist für die Klägerin, da es zu einer Reduzierung des Anfangsvermögens des Beklagten und somit zu einer Erhöhung des von ihm erzielten Zugewinns führt, am günstigsten und daher der weiteren Berechnung zu Grunde zu legen.

Unter Zugrundelegung des Basisjahres 2000 mit 100 ergibt sich ein Jahresverbraucherpreisindex für das Jahr der Eheschließung 1991 von 83,6 und für das Jahr der Zustellung des Scheidungsantrags im Jahr 2003 von 104,5 (vgl. Palandt/Brudermüller, a.a.O., § 1376 Rz. 31). Das um den Kaufkraftschwund bereinigte Anfangsvermögen des Beklagten beläuft sich somit auf 68.276,64 € (= 54.621,31 € x 104,4 : 83,6).

2.

Das Endvermögen des Beklagten hat das Amtsgericht mit 105.913,56 € angenommen. Im Prozesskostenhilfeverfahren kann zu Gunsten der Klägerin ein Betrag von 108.913,56 € zu Grunde gelegt werden.

a)

Mit der Beschwerde nicht angegriffen werden die vom Amtsgericht festgestellten Werte von 824,52 € für das Sparvermögen, 11.135 € für die Fahrzeuge und 2.997,04 € für die Wertpapiere. Dabei kann es folglich bei der weiteren Berechnung bleiben.

b)

Soweit es das im Eigentum des Beklagten befindliche Hausgrundstück betrifft, hat das Amtsgericht, insoweit dem Vortrag der Klägerin folgend, einen Bodenwert von 70.400 € angesetzt und für Werterhöhungen weitere 20.557 € berücksichtigt. Diese Aufspaltung des Grundstückswerts in zwei einzelne Bestandteile ist nicht zweifelsfrei. Als Aktiva sind beim Zugewinnausgleich alle am Stichtag vorhandenen rechtlich geschützten Positionen mit wirtschaftlichem Wert zu berücksichtigen (vgl. Johannsen/Henrich/Jaeger, a.a.O., § 1374, Rz. 7). Grundstücke sind daher grundsätzlich insgesamt mit ihrem Sach- bzw. Ertragswert heranzuziehen (vgl. Palandt/Brudermüller, a.a.O., § 1376, Rz. 12). Hierbei sind neben dem Bodenwert auch die Aufbauten, die den Sachwert mit ausmachen, zu berücksichtigen. Dass bestimmte Investitionen in das Grundstück, wie sie die Klägerin vorgetragen hat, zwangsläufig zu einer Erhöhung des Grundstückswertes im Wert der geleisteten Investitionen führen, kann nicht angenommen werden, worauf der Beklagte in der Klageerwiderung zutreffend hingewiesen hat. Da das Amtsgericht entsprechend dem Vortrag der Klägerin gesonderte Beträge für den Bodenwert und für die Wert erhöhenden Maßnahmen angesetzt hat, kann es dabei aber im Prozesskostenhilfeverfahren zu Gunsten der Klägerin verbleiben.

Das Amtsgericht hat die Wert erhöhenden Maßnahmen mit insgesamt 20.557 € angesetzt. Dabei hat es offensichtlich den Vortrag der Klägerin im Schriftsatz vom 22.5.2007 zu Grunde gelegt. Dort sind fünf Einzelmaßnahmen genannt und die Werterhöhung betragsmäßig ausgedrückt mit dem Beweisantritt "Einholung eines Sachverständigengutachtens,,. In der Summe ergeben sich insoweit 20.557 €. Mit der Beschwerde hat die Klägerin einen Betrag von 23.557 € genannt. Dies steht im Einklang mit ihren Angaben in der Klageschrift. Dort sind neben den im Schriftsatz vom 22.5.2007 aufgeführten Maßnahmen noch der Badanbau mit 2.000 € und die Neuverputzung mit 1.000 € angegeben. Auch wenn die Klägerin auf diese beiden Maßnahmen im Schriftsatz vom 22.5.2007 nicht eingegangen ist, kann, zumal sie sich auch insoweit auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens bezieht, zu ihren Gunsten unterstellt werden, dass auch diese beiden Maßnahmen zur Werterhöhung mit insgesamt 3.000 € beigetragen haben. Im Hauptverfahren mag dann der Behauptung des Beklagten nachgegangen werden, der Badeinbau und die Neuverputzung seien ebenso wie die Errichtung des Gartenzaunes bereits vor der Eheschließung erfolgt. Darauf kommt es ohnehin nur an, wenn man auf die Werterhöhung abstellt. All diejenigen Bestandteile des Baus, die bei der Eheschließung bereits vorhanden waren, beeinflussen den Wert des Hausgrundstücks sowohl bei dem für das Anfangsvermögen maßgeblichen Zeitpunkt als auch beim Endvermögen.

Nimmt man somit für die Werterhöhung insgesamt einen Betrag von 23.557 € an, erhöht sich das Endvermögen des Beklagten auf 108.913,56 €.

c)

Soweit die Klägerin mit der sofortigen Beschwerde als Aktivum im Endvermögen des Beklagten auch eine ehebedingte unbenannte Zuwendung von 9.203,25 € im Zusammenhang mit der von ihr während der Ehe erhaltenen Abfindung ansetzt, hat das Amtsgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass das diesbezügliche Vorbringen unsubstanziiert ist. Dies gilt umso mehr, als der Beklagte in der Beschwerdeerwiderung behauptet hat, die Abfindung sei auf ein gemeinsames Konto der Parteien eingezahlt worden, ebenso wie die sonstigen Gehaltszahlungen und entsprechend für die allgemeine Lebensführung verwandt worden. Einer abschließenden Entscheidung darüber, ob es sich, wie von der Klägerin geltend gemacht, um eine unbenannte Zuwendung handelt (vgl. hierzu Johannsen/Henrich/Jaeger, a.a.O., § 1372, Rz. 5 ff.) und welche Rechtsfolgen sich daraus ergeben könnten (vgl. hierzu von Heintschel-Heinegg in: Gerhardt/von Heintschel-Heinegg/Klein, Handbuch des Fachanwalts Familienrecht, 5. Aufl., 10. Kapitel, Rz. 58 ff.), bedarf es nicht, da, wie noch zu zeigen ist, bei summarischer Betrachtung die Klägerin auch ohne Heranziehung der Abfindung den von ihr geltend gemachten Ausgleichsbetrag beanspruchen kann.

3.

Der Zugewinn des Beklagten ist der Betrag, um den das Endvermögen das Anfangsvermögen übersteigt, § 1373 BGB. Danach ergibt sich im Prozesskostenhilfeverfahren ein Betrag von 40.636,92 € (= Endvermögen von 108.913,56 € - Anfangsvermögen von 68.276,64 €).

4.

Das Anfangsvermögen der Klägerin hat das Amtsgericht entsprechend ihrem Vorbringen mit indiziert 633,44 € angenommen. Nach ihren Angaben im Schriftsatz vom 22.5.2007 hat die Klägerin bei Beginn des Güterstandes allein über ein Girokonto mit einem Guthaben von 1.000 DM, das sind 511,29 €, verfügt. Zieht man allerdings die bereits genannten Verbraucherindizes für das gesamte Bundesgebiet heran, ergibt sich ein um den Kaufkraftschwund bereinigtes Anfangsvermögen von 639,11 € (= 511,29 € x 104,5 : 83,6).

5.

Das Endvermögen der Klägerin hatte das Amtsgericht mit 4.874,83 € angenommen. Dies wird mit der sofortigen Beschwerde nicht beanstandet, sodass dieser Betrag der weiteren Berechnung zu Grunde gelegt werden kann.

Bei einem Anfangsvermögen von 639,11 € und einem Endvermögen von 4.874,83 € ergibt sich ein Zugewinn der Klägerin von 4.235,72 €.

7.

Der Zugewinnausgleichsanspruch der Klägerin beläuft sich auf die Hälfte des Überschusses, um den der Zugewinn des Beklagten denjenigen der Klägerin übersteigt, § 1378 Abs. 1 BGB. Insoweit ergibt sich auf der Grundlage der im Prozesskostenhilfeverfahren zu Grunde zu legenden Beträge eine Ausgleichsforderung von 18.200,60 € [= (Zugewinn des Beklagten 40.636,92 € - Zugewinn der Klägerin 4.235,72 €) : 2]. Prozesskostenhilfe kann daher jedenfalls für den geltend gemachten Betrag von 14.401,68 € bewilligt werden.

8.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 127 Abs. 4 ZPO.

Ende der Entscheidung

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