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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 05.12.2006
Aktenzeichen: 10 WF 237/06
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 115 Abs. 3
ZPO § 121 Abs. 3
ZPO § 127 Abs. 1 Satz 3
ZPO § 127 Abs. 2 S. 2
BGB § 1360a Abs. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

10 WF 237/06 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In der Familiensache

hat der 2. Senat für Familiensachen des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin vom 20. Oktober 2006 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Eisenhüttenstadt vom 26. September 2006 durch den Richter am Oberlandesgericht Gutjahr als Einzelrichter

am 5. Dezember 2006

beschlossen:

Tenor:

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen.

Gründe:

Das mit Schriftsatz vom 20.10.2006 eingelegte Rechtsmittel ist als sofortige Beschwerde nach § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO anzusehen und als solche zulässig.

Die sofortige Beschwerde führt zu der aus der Beschlussfassung ersichtlichen Entscheidung. Der Antragsgegnerin kann Prozesskostenhilfe nicht aus den vom Amtsgericht angeführten Gründen versagt werden.

Die Antragsgegnerin kann entgegen der Auffassung des Amtsgerichts nicht auf den Einsatz ihres Vermögens nach § 115 Abs. 3 ZPO verwiesen werden. Eine Entscheidung über die Prozesskostenhilfehilfe ist unter Berücksichtigung der von der Antragsgegnerin vorgelegten undatierten Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht möglich. Insbesondere ergibt sich auf Grund ihrer Angaben auch unter Berücksichtigung der beigefügten Unterlagen nicht eindeutig, ob sie selbst derzeit noch monatliche Mietzahlungen von 330,84 € leistet oder ob insoweit von einem geringeren tatsächlichen Zahlbetrag auszugehen ist. Auch ist im Hinblick darauf, dass die Antragsgegnerin die Beiordnung einer in Frankfurt (Oder) ansässigen Rechtsanwältin beantragt, an diese die Frage zu richten, ob sie mit einer Beiordnung zu den Bedingungen einer in Eisenhüttenstadt ansässigen Rechtsanwältin einverstanden ist. Denn auch im Hinblick auf das so genannte Mehrkostenverbot nach § 121 Abs. 3 ZPO ist eine eingeschränkte Beiordnung nur mit ausdrücklichem Einverständnis des Prozessbevollmächtigten möglich (Senat, FamRZ 2006, 212; Zöller/Philippi, ZPO, 25. Aufl., § 121, Rz. 13; Verfahrenshandbuch Familiensachen - FamVerf -/Gutjahr, § 1, Rz. 276 f).

Eine Verweisung der Antragsgegnerin auf den Einsatz ihres Vermögens kommt vorliegend nicht in Betracht. Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt des Amtsgerichts, dass der Partei, die, obwohl ein Prozess absehbar war, Vermögenswerte anderweitig verwendet, diese Werte als Vermögen angerechnet werden können, obwohl tatsächlich nicht mehr vorhanden (BGH, FamRZ 1999, 644; FamVerf/Gutjahr, § 1, Rz. 244). Vorliegend ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Antragsgegnerin das Vermögen, dessen Einsatz das Amtsgericht verlangt, erst kurz nach der am 20.4.2006 erfolgten Eheschließung vom Antragsteller erlangt hat und inzwischen, wie sich aus dem beigezogenen Verfahren 6 C 349/06 ergibt, einem entsprechenden Rückforderungsanspruch des Antragstellers ausgesetzt ist. In seiner diesbezüglichen Klageschrift hat der Antragsteller darüber hinaus angegeben, er habe der Antragsgegnerin einen Barbetrag gegeben, damit sie diesen für ihn anlegen könne. Unabhängig von der Frage, ob der Rückforderungsanspruch des Antragstellers Erfolg verspricht, liegt jedenfalls zweckgebundenes Vermögen vor, dessen Einsatz der Partei grundsätzlich nicht zuzumuten ist (vgl. Zöller/Philippi, a.a.O., § 115, Rz. 59).

Kann die Antragsgegnerin danach nicht auf den Einsatz des vom Antragsteller erhaltenen Geldbetrages verwiesen werden, so kommt dennoch der Einsatz von Vermögen in Form eines Anspruchs der Antragsgegnerin gegen den Antragsteller auf Prozesskostenvorschuss gemäß § 1360a Abs. 4 BGB in Betracht. Denn der Anspruch auf einen Prozesskostenvorschuss steht immer unter dem Vorbehalt der Billigkeit und Zumutbarkeit. Die vorrangige Realisierung eines solches Anspruchs kann unzumutbar sein, wenn es erhebliche Konflikte mit dem als Vorschusspflichtigen in Betracht kommenden Ehegatten gegeben hat. Auch kann die Partei auf einen solchen Anspruch gegen den von ihr getrennt lebenden vermögenden Ehegatten nicht verwiesen werden, wenn dieser sein Vermögen mangels Möglichkeit, eine bedarfsdeckende Erwerbstätigkeit auszuüben, für den eigenen Unterhalt benötigt. Hierzu bedarf es weiterer Feststellungen des Amtsgerichts, zumal die Antragsgegnerin in ihrer Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse keine Angaben zu den Einkünften und zum Vermögen des Antragstellers gemacht hat. Vorsorglich wird darauf hingewiesen, dass dann, wenn der Ehegatte, der als vorschusspflichtig in Betracht kommt, als Partei des Rechtsstreits Anspruch auf Prozesskostenhilfe gegen Raten hätte, der Partei selbst Prozesskostenhilfe gegen entsprechende Ratenzahlung zu bewilligen ist (vgl. BGH, FamRZ 2004, 1633).

Die für den Antragsteller bestimmte Ausfertigung dieses Beschlusses enthält die Ausführungen zum Einkommen und Vermögen der Antragsgegnerin mit Rücksicht auf § 127 Abs. 1 Satz 3 ZPO nicht (vgl. Senat, JurBüro 2000, 366; FamVerf/Gutjahr, § 1, Rz. 177).

Ende der Entscheidung

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