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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 29.11.2005
Aktenzeichen: 10 WF 279/05
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 325
ZPO § 572 Abs. 3
ZPO § 727
ZPO § 727 Abs. 1
BGB § 133
BGB § 157
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

10 WF 279/05 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In der Familiensache

hat der 2. Senat für Familiensachen des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die sofortige Beschwerde der Gläubigerin vom 4. Oktober 2005 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Eisenhüttenstadt vom 15. September 2005 durch den Richter am Oberlandesgericht Gutjahr als Einzelrichter

am 29. November 2005

beschlossen:

Tenor:

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben. Die Sache wird zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen.

Gründe:

Die zulässige sofortige Beschwerde (vgl. Zöller/Stöber, ZPO, 25. Aufl., § 727, Rz. 29 sowie § 724, Rz. 13) führt zu der aus der Beschlussformel ersichtlichen Entscheidung. Das Amtsgericht hat den Antrag der Gläubigerin auf Erteilung einer Rechtsnachfolgeklausel gemäß § 727 ZPO zu Unrecht abgelehnt.

Gemäß § 727 Abs. 1 ZPO kann eine vollstreckbare Ausfertigung für den Rechtsnachfolger des in dem Urteil bezeichneten Gläubigers sowie gegen denjenigen Rechtsnachfolger des in dem Urteil bezeichneten Schuldners und denjenigen Besitzer der im streitbefangenen Sache, gegen die das Urteil nach § 325 ZPO wirksam ist, erteilt werden, sofern die Rechtsnachfolge oder das Besitzverhältnis bei dem Gericht offenkundig ist oder durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunde nachgewiesen wird. Der Begriff des Rechtsnachfolgers ist im weitesten Sinne zu verstehen (Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 63. Aufl., § 727, Rz. 3; vgl. auch Saenger/Kindl, ZPO-Handkommentar, § 727, Rz. 3 f.). Von der Vorschrift erfasst ist jeder Wechsel der im Urteil als Gläubiger oder Schuldner des zu vollsteckenden Anspruchs bezeichneten Person (Zöller/Stöber, a.a.O., § 727, Rz. 2). Damit gilt § 727 ZPO auch bei einer weiteren und mehrfachen Rechtsnachfolge (Thomas/Putzo, ZPO, 27. Aufl., § 727, Rz. 3). Rechtsnachfolger ist insbesondere der neue Gläubiger nach Abtretung (Zöller/Stöber, a.a.O., § 727, Rz. 6). Mit Rücksicht auf die von § 727 ZPO erfasst weitere Rechtsnachfolge ist auch der frühere, im Urteil genannte Gläubiger, der die Forderung abgetreten, doch durch Rückabtretung wieder erlangt hat, Rechtsnachfolger, für den eine vollstreckbare Ausfertigung erteilt werden kann. So liegt es hier.

Die Gläubigerin hat ihren Unterhaltsanspruch von 460 € monatlich am 23.1.2003 an Herrn J... F... abgetreten. Daraufhin ist Herrn J... F... die Rechtsnachfolgeklausel gemäß § 727 ZPO erteilt worden. Nunmehr hat die Gläubigerin einen zwischen Herrn J... F... und ihr am 5.7.2005 abgeschlossenen Vertrag mit der Überschrift "Aufhebung der Abtretungserklärung vom 23.1.2003", öffentlich beglaubigt, vorgelegt, worin es heißt, dass die Abtretung vom 23.1.2003 mit Wirkung vom 31.7.2004 aufgehoben werde. Zu Unrecht hat das Amtsgericht die Erteilung der Rechtsnachfolgeklausel für die Gläubigerin im Hinblick auf diesen Vertrag mit der Begründung abgelehnt, die Aufhebung einer Abtretung sei nicht möglich. Denn Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern, § 157 BGB. Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften, § 133 BGB. Beide Vorschriften sind bei der Auslegung von Verträgen zu beachten (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 64. Aufl., § 157, Rz. 1). Mit Rücksicht darauf ist der Vertrag vom 5.7.2005 dahin auszulegen, dass mit Wirkung zum 31.7.2004 eine Rückabtretung des Unterhaltsanspruchs erfolgt ist. Damit ist die Gläubigerin hinsichtlich der Unterhaltsansprüche ab 31.7.2004 Rechtsnachfolgerin von Herrn J... F... und damit erneut Gläubigerin, der eine vollstreckbare Ausfertigung erteilt werden kann.

Die rückabgetretene Forderung ist hinreichend bestimmt (vgl. hierzu Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 398, Rz. 14 ff.). Dadurch dass die Vertragsparteien die Abtretung vom 23.1.2003 mit Wirkung vom 31.7.2004 aufgehoben haben und die ursprüngliche Abtretung den laufenden Unterhalt betrifft, wird deutlich, dass die Unterhaltsansprüche, die vor dem 31.7.2004 entstanden sind, von der Rückabtretung nicht erfasst werden, die Gläubigerin also nur berechtigt ist hinsichtlich der Unterhaltsansprüche nach dem 31.7.2004.

Entgegen der vom Schuldner geäußerten Auffassung handelt es sich nicht um eine unzulässige rückwirkende Erteilung der Rechtsnachfolgeklausel. Da die Rückabtretung Wirkung erst ab 31.7.2004 entfaltet, besteht Klarheit darüber, dass hinsichtlich der Unterhaltsansprüche bis zum 31.7.2004 weiterhin Herr J... F... Anspruchsinhaber ist. Soweit der Schuldner darauf hinweist, Herr J... F... habe sich in dem Verfahren 7 F 57/05 vor dem Amtsgericht als Forderungsinhaber geriert, betrifft dies nach dem Vortrag der Gläubigerin nur Unterhaltsansprüche vor dem 31.7.2004. Sollte es anders liegen, hätte dies aber auch keine Auswirkungen auf die Erteilung der Rechtsnachfolgeklausel. Vielmehr würde Herr J...F..., soweit er selbst die Zwangsvollstreckung hinsichtlich Unterhaltsansprüche nach dem 31.7.2004 betreiben sollte, nicht berechtigt sein. Im Hinblick auf die Rückabtretung müsste die Vollstreckung insoweit ohne Erfolg bleiben.

Nach alledem ist die Beschwerde begründet. Die Sachentscheidung bleibt dem Amtsgericht gemäß § 572 Abs. 3 ZPO vorbehalten.

Ende der Entscheidung

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