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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 27.01.2006
Aktenzeichen: 10 WF 5/06
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 114 g
ZPO § 127 Abs. 2 Satz 2
BGB § 1603 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

Das als Beschwerde bezeichnete Rechtsmittel ist als sofortige Beschwerde nach § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO anzusehen und als solche zulässig.

Nachdem der Kläger zunächst im Wege der Stufenklage die Verurteilung des Beklagten zur Auskunftserteilung und im Anschluss daran zur Zahlung monatlichen Unterhalts begehrt, sodann seinen Auskunftsantrag mit Schriftsatz vom 4.10.2005 ergänzt, zugleich aber den Unterhaltsanspruch bereits beziffert hat, das Amtsgericht den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe insgesamt zurückgewiesen und dabei hinreichende Erfolgsaussichten sowohl für den Auskunftsanspruch als auch für den Zahlungsanspruch verneint hat, der Kläger mit seinem Rechtsmittel aber nur noch zum Zahlungsbegehren vorträgt, muss angenommen werden, dass er die Versagung von Prozesskostenhilfe für die Auskunftsstufe akzeptiert hat. Allerdings wird vorsorglich darauf hingewiesen, dass eine Entscheidung über den Zahlungsantrag, solange die Auskunftsstufe noch nicht erledigt ist, nicht in Betracht kommt (vgl. auch Verfahrenshandbuch Familiensachen - FamVerf -/Schael, § 1, Rz. 384 sowie FamVerf/Gutjahr, § 1, Rz. 478).

Die sofortige Beschwerde ist unbegründet. Dem Kläger kann Prozesskostenhilfe nicht bewilligt werden. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, § 114 ZPO. Bei der im Prozesskostenhilfeverfahren gebotenen summarischen Prüfung (vgl. Zöller/Philippi, ZPO, 25. Aufl., § 114, Rz. 19; Verfahrenshandbuch Familiensachen - FamVerf -/Gutjahr, § 1, Rz. 254) kann nicht davon ausgegangen werden, dass ein Unterhaltsanspruch des volljährigen Klägers gegen seinen Vater, den Beklagten, besteht.

Als Einkünfte des Klägers hat das Amtsgericht in seiner Nichtabhilfeentscheidung vom 5.12.2005 eine Ausbildungsvergütung in Höhe von monatlich rd. 379 EUR netto und eine Berufsausbildungsbeihilfe in Höhe von rd. 187 EUR festgestellt, insgesamt also 566 EUR. Auf den Unterhaltsbedarf eines volljährigen Kindes ist aber auch das staatliche Kindergeld in voller Höhe anzurechnen (BGH, Urteil vom 26.10.2005 - XII ZR 34/03 -, FamRB 2006, 3 = FamRZ 2006, 99), wovon auch das Amtsgericht offenbar ausgegangen ist. Somit stehen dem Kläger zur Bedarfsdeckung 720 EUR (= 566 EUR + 154 EUR Kindergeld) zur Verfügung. Ein darüber hinausgehender Unterhaltsanspruch gegen den Beklagten besteht nicht.

Der Unterhaltsbedarf des im eigenen Haushalt lebenden Klägers, der laut Schriftsatz vom 4.10.2005 Unterhalt ab März 2005 geltend macht, beträgt für die Zeit bis einschließlich Juni 2005 monatlich 600 EUR und ab 1.7.2005 monatlich 640 EUR (vgl. Nr. 13.1.2 der Unterhaltsleitlinien des OLG Hamburg, Stand 1.7.2003 bzw. 1.7.2005). Hierin sind Kosten für Unterkunft und Heizung von 250 EUR bzw. ab 1.7.2005 von 270 EUR enthalten. Ein Mehrbedarf wegen der Wohnkosten kommt nur in Betracht, wenn nach den persönlichen und örtlichen Verhältnissen höhere als die in den Selbstbehaltsätzen enthaltenen Mietaufwendungen unvermeidbar sind (vgl. Kalthoener/Büttner/Niepmann, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 9. Aufl., Rz. 334). Dass dies vorliegend der Fall ist, hat der Kläger nicht hinreichend dargelegt und unter Beweis gestellt.

Dem Kläger stehen, wie bereits ausgeführt, zur Deckung seines Unterhaltsbedarfs 720 EUR zur Verfügung. Das sind für die Zeit bis einschließlich Juni 2005 monatlich 120 EUR (= 720 EUR - 600 EUR) und ab 1.7.2005 monatlich 80 EUR (= 720 EUR - 640 EUR) mehr als es dem regelmäßigen Bedarf eines in H... in einem eigenen Haushalt lebenden Volljährigen entspricht. Diese Beträge kann der Kläger ohnehin für einen etwa erhöhten Wohnbedarf einsetzen. Er könnte also, ohne unterhaltsbedürftig zu werden, für die Zeit bis einschließlich Juni 2005 Aufwendungen für Unterkunft und Heizung von 370 EUR (250 EUR + 120 EUR) und ab Juli 2005 zumindest solche von 350 EUR (= 270 EUR + 80 EUR) bestreiten. Dass es dem Kläger nicht möglich wäre, eine Wohnung für 350 EUR monatlich zu finden, kann nicht angenommen werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass, soweit in den Unterhaltsleitlinien der Oberlandesgerichte überhaupt ein Wohnkostenanteil im Bedarf für Volljährige, die im eigenen Haushalt leben, angegeben wird, dieser durchgängig niedriger liegt als der Mietkostenanteil beim notwendigen Selbstbehalt eines Unterhaltsschuldners (vgl. Wendl/Scholz, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 6. Aufl., § 2, Rz. 372 f. einerseits und Wendl/Gutdeutsch, aaO., § 5, Rz. 206 ff.) andererseits. Dem Volljährigen, der einen Elternteil auf Ausbildungsunterhalt in Anspruch nimmt, wird also regelmäßig abverlangt, sich mit bescheideneren Wohnverhältnissen zu begnügen als der Unterhaltsschuldner, der etwa einem minderjährigen Kind nach § 1603 Abs. 2 BGB gesteigert barunterhaltspflichtig ist. Für Letzteren ist in Nr. 21.2 der Unterhaltsleitlinien des OLG Hamburg, Stand 1.7.2005, vorgesehen, dass im notwendigen Selbstbehalt Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 360 EUR enthalten sind. Dann aber muss mangels substanziierten Vortrags des Klägers, insbesondere auch zu seinen Wohnverhältnissen im Einzelnen, angenommen werden, dass er, bezogen auf seine Ausbildungsbedürfnisse, eine Wohnung auch mit Kosten für Unterkunft und Heizung von nicht mehr als 350 EUR in H... zu finden vermag.

Fahrtkosten von 100 EUR können nicht bedarfserhöhend angesetzt werden. Mit der Beschwerdeschrift hat der Kläger angegeben, es handele sich insoweit um Aufwendungen für die Heimfahrten. Der feste Bedarfsbetrag für in einem eigenen Haushalt lebende volljährige Kinder deckt den gesamten Bedarf ab, also auch die Heimfahrten zu den Eltern oder einem Elternteil (vgl. Wendl/Scholz, aaO., § 2, Rz. 370). Ein vom Unterhaltsschuldner zu tragender Mehrbedarf ergibt sich somit nicht. Dabei kommt es vorliegend nicht darauf an, dass der Kläger die Fahrtkosten ohnehin nicht näher erläutert hat. Da es sich um Fahrtkosten für die Heimfahrten handelt, bedarf es auch keiner Entscheidung über die Frage, inwieweit in dem festen Bedarf auch ausbildungsbedingter Mehrbedarf, etwa Fahrten zur Ausbildungsstätte, enthalten ist (vgl. hierzu Wendl/Scholz, aaO., § 2, Rz. 382). Allerdings findet sich in den Leitlinien vieler Oberlandesgerichte, anders als in Nr. 13.1 der Unterhaltsleitlinien des Brandenburgischen Oberlandesgerichts, Stand 1.7.2005, keine ausdrückliche Aussage darüber, dass Kosten für eine Ausbildung im üblichen Rahmen in den festen Bedarfsbetrag enthalten sind. Derartige ausbildungsbedingte Aufwendungen hat der Kläger aber nicht geltend gemacht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 127 Abs. 4 ZPO.

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