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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 07.03.2007
Aktenzeichen: 10 WF 53/07
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 121 Abs. 2
ZPO § 121 Abs. 3
ZPO § 121 Abs. 4
ZPO § 127 Abs. 2 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

10 WF 53/07 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In der Familiensache

betreffend das Aufenthaltsbestimmungsrecht für das Kind C... G..., geboren am ... 2002,

hat der 2. Senat für Familiensachen des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin vom 22. Januar 2007 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Nauen vom 15. Januar 2007 durch den Richter am Oberlandesgericht Gutjahr als Einzelrichter

am 7. März 2007

beschlossen:

Tenor:

Der angefochtene Beschluss wird abgeändert.

Der Antragsgegnerin wird für das erstinstanzliche Hauptsacheverfahren betreffend das Aufenthaltsbestimmungsrecht für C... G..., geboren am ... 2002, Prozesskostenhilfe bewilligt.

Der weitergehende Antrag und die weitergehende Beschwerde werden zurückgewiesen.

Die Entscheidung über die Beiordnung eines Verfahrensbevollmächtigten bleibt dem Amtsgericht vorbehalten.

Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

Die gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist zum Teil begründet. Der Antragsgegnerin ist Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren betreffend das Aufenthaltsbestimmungsrecht für C... zu bewilligen. Hingegen kann Prozesskostenhilfe für das einstweilige Anordnungsverfahren nicht gewährt werden.

1.

Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts bietet die Rechtsverfolgung der Mutter hinreichende Aussicht auf Erfolg. Dabei kommt es nicht darauf an, dass die Mutter die sofortige Beschwerde, die sie gegen die vorläufige Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf den Vater durch Beschluss des Amtsgerichts vom 24.11.2006 eingelegt hat, später wieder zurückgenommen hat. Die Gründe für die Rücknahme der Beschwerde sind nicht geäußert worden. Jedenfalls für das nach wie vor anhängige Hauptsacheverfahren kann dem Begehren der Mutter die hinreichende Aussicht auf Erfolg nicht abgesprochen werden.

Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts im angefochtenen Beschluss kann im Prozesskostenhilfeverfahren nicht zu Lasten der Mutter davon ausgegangen werden, dass sie, als sie aus der gemeinsamen Wohnung auszog und das Kind mitnahm, rechtswidrig, weil ohne Zustimmung des mitsorgeberechtigten Vaters gehandelt hat. Die Antragsgegnerin hat hierzu nämlich mit Schriftsatz vom 21.11.2006 angegeben, am Tage des Auszugs vom Antragsteller massiv bedroht und körperlich misshandelt worden zu sein. Diesen Vortrag hat der Antragsteller zwar bei seiner Anhörung durch das Amtsgericht am 24.11.2006 in Abrede gestellt. Allein aus dem Umstand, dass die Antragsgegnerin ihrerseits zum Anhörungstermin nicht erschienen ist und das Amtsgericht die Gründe für das Nichterscheinen als nicht ausreichend angesehen und ein Ordnungsgeld festgesetzt hat, lässt sich im Prozesskostenhilfeverfahren nicht der Schluss ziehen, das Vorbringen der Antragsgegnerin sei unrichtig. Dies gilt umso mehr, als sie ihr Vorbringen in der Beschwerdeschrift gegen den Beschluss vom 24.11.2006 vertieft hat.

2.

Für die Rechtsverteidigung im einstweiligen Anordnungsverfahren hingegen besteht eine hinreichende Erfolgsaussicht nicht (mehr). Indem die Antragsgegnerin ihre Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts vom 24.11.2006 zurückgenommen hat, liegt eine Verteidigung nicht mehr vor. Prozesskostenhilfe kann insoweit nicht bewilligt werden.

3.

Die Entscheidung über die Beiordnung eines Verfahrensbevollmächtigten wird dem Amtsgericht vorbehalten. Die Antragsgegnerin hat mit Schriftsatz vom 22.11.2006 beantragt, ihr Rechtsanwalt H... in K... als Korrespondenzanwalt sowie Rechtsanwalt M... als Terminsanwalt beizuordnen. Eine solche Beiordnung aber scheidet aus.

Gemäß § 121 Abs. 2 ZPO ist in Verfahren, in denen eine Vertretung durch Anwälte nicht vorgeschrieben ist, der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beizuordnen. Diese Vorschrift betrifft die Beiordnung eines Hauptbevollmächtigten. Wenn besondere Umstände dies erfordern, kann der Partei auf ihren Antrag auch ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl zur Wahrnehmung eines Termins zur Beweisaufnahme vor dem ersuchenden Richter oder zur Vermittlung des Verkehrs mit dem Prozessbevollmächtigten beigeordnet werden, § 121 Abs. 4 ZPO. Diese Vorschrift ermöglicht grundsätzlich die Beiordnung eines so genannten Korrespondenzanwalts bzw. Verkehrsanwalts, diejenige eines Terminsanwalts jedoch nur im Rahmen der Beweisaufnahme vor dem ersuchten Richter. Ein Unterbevollmächtigter für die Vertretung in der mündlichen Verhandlung kann daher nicht beigeordnet werden (Zöller/Philippi, ZPO, 26. Aufl., § 121, Rz. 2).

Das Amtsgericht wird bei den Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin anfragen, welche Art der Beiordnung tatsächlich beabsichtigt ist, insbesondere welcher Rechtsanwalt als Hauptbevollmächtigter fungieren soll. Soweit daraufhin beantragt wird, einen am Wohnort der Antragsgegnerin ansässigen Rechtsanwalt als Hauptbevollmächtigten und einen im Bezirk des Amtsgerichts Nauen wohnhaften Rechtsanwalt als Verkehrsanwalt beizuordnen, wird das Amtsgericht zu prüfen haben, ob besondere Umstände die Beiordnung eines Verkehrsanwalts erfordern. Dabei ist zu beachten, dass, wenn um die elterliche Sorge gestritten wird, häufig Fragen aus dem Intimbereich zur Sprache kommen und in einem solchen Fall viel dafür spricht, einen vorprozessual mit der Sache befassten Anwalt, zu dem die Partei besonderes Vertrauen gefasst hat, als Verkehrsanwalt beizuordnen (vgl. Verfahrenshandbuch Familiensachen - FamVerf -/Gutjahr, § 2, Rz. 116). Sollte das Amtsgericht zu der Auffassung gelangen, dass die Beiordnung eines Verkehrsanwalts nicht geboten ist und als Hauptbevollmächtigter ein nicht beim Amtsgericht Nauen zugelassener Rechtsanwalt beigeordnet werden soll. So enthält der entsprechende Beiordnungsantrag regelmäßig ein konkludentes Einverständnis mit einer dem Mehrkostenverbot des § 121 Abs. 3 ZPO entsprechenden Einschränkung der Beiordnung nur zu den Bedingungen eines am Prozessgericht zugelassenen Rechtsanwalts (BGH, FamRZ 2007, 37).

4.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 127 Abs. 4 ZPO, KV 1811.

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