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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 31.03.2005
Aktenzeichen: 11 U 103/04
Rechtsgebiete: BGB, StGB, GmbHG


Vorschriften:

BGB § 823 Abs. 2
StGB § 283
StGB § 283 a
StGB § 283 b
StGB § 283 c
StGB § 283 d
GmbHG § 64
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

11 U 103/04 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 31.03.2005

Verkündet am 31.03.2005

In dem Rechtsstreit

hat der 11. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 1. März 2005 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., den Richter am Oberlandesgericht ... und den Vorsitzenden Richter am Landgericht ...

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 13. Juli 2004 verkündete Urteil des Landgerichts Potsdam - 3 O 41/03 - wird zurückgewiesen, soweit es die Klage gegen die Beklagten zu 1. und 2. betrifft. Hinsichtlich der Klage gegen den Beklagten zu 3. wird die Klägerin des eingelegten Rechtsmittels der Berufung für verlustig erklärt.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Das Urteil beschwert die Klägerin mit 17.727,61 €.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

Die in formeller Hinsicht bedenkenfreie Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg.

Mit zutreffenden Gründen, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen zunächst verwiesen wird, hat das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung die Klage abgewiesen. Der Klägerin stehen die im Verfahren geltend gemachten Ansprüche nicht zu.

1. Soweit die Klägerin ihre Ansprüche auf eine Haftung der Beklagten aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit dem Gesetz über die Sicherung von Bauforderung stützt, scheidet ein Schadensersatzanspruch bereits deshalb aus, weil auch auf der Grundlage der Darlegungen der Klägerin die spätere Gemeinschuldnerin nicht Baugeldempfängerin war.

Aus den Darlegungen der Klägerin, die insoweit auch von den Beklagten aufgegriffen werden, lässt sich allenfalls entnehmen, dass die spätere Gemeinschuldnerin an dem streitigen Bauvorhaben die Stellung eines Subunternehmers hatte. Der Subunternehmer oder Nachunternehmer ist indes nicht Baugeldempfänger i.S.d. Gesetzes, wenn er nur einzelne Gewerke ausführt, auch wenn er sich hierzu weiterer Subunternehmer bedient oder wenn er zur Ausführung der Leistung der Lieferung von Baumaterialien bedarf (BGH NZBau 2000, 129; Stammkötter, Das Gesetz über die Sicherung der Bauforderung, 2. Aufl., § 1 Rn. 18 m.w.N.).

2. Ansprüche aus einer von der Klägerin behaupteten Verletzung eines Eigentumsvorbehaltes scheiden ebenfalls aus.

Dabei ist, insoweit kann auf die Ausführungen des Landgerichts in der angefochtenen Entscheidung verwiesen werden, ein Eigentumsvorbehalt jedenfalls nicht deshalb zwischen den Parteien vereinbart, weil die allgemeinen Geschäftsbedingungen der Zedentin (Bl. 27 d. A.) den Lieferungen zugrunde gelegen hätten. Eine Einbeziehungsvereinbarung behauptet die Klägerin selbst nicht. Ihr entsprechender Vortrag beschränkt sich auf die Behauptung (Bl. 177 d. A.), der Geschäftsführer der Zedentin habe auf den Eigentumsvorbehalt hingewiesen. Wie das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung dann zutreffend ausführt, kann sich hieraus allenfalls ein einseitiger Eigentumsvorbehalt ergeben und auch dieser nur, soweit er auf den Lieferscheinen ausgedruckt worden ist.

Rechte hieraus kann die Klägerin nicht herleiten. Zwar hat die Rechtsprechung in einem Einzelfall (BGHZ 109, 297) die Verurteilung des Geschäftsführers zum Schadensersatz gegenüber einem Baustofflieferanten auf die Erwägung gestützt, dieser habe durch organisatorische Regelungen nicht hinreichend sichergestellt, dass der Eigentumsvorbehalt, dort ein verlängerter Eigentumsvorbehalt, beachtet worden sei (hierzu auch Meyke, Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers, 4. Aufl., RN. 427 ff). Auf diese Rechtsgrundsätze kann sich die Klägerin bereits deshalb nicht berufen, da zwischen den Parteien ein verlängerter Eigentumsvorbehalt gerade nicht vereinbart war und sich auch aus den übrigen Absprachen der Parteien ohne weiteres ergab, dass die Baustoffe zum Einbau bestimmt waren, also gerade keine Einigung darüber getroffen worden war, dass das Bauunternehmen bis zur Bezahlung der Rechnung von einem Einbau abzusehen hatte.

3. Letztlich ergibt sich eine Haftung der Beklagten auch nicht aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. den §§ 283 - 283 d StGB und § 64 GmbHG.

Die Vorschriften sind, worauf die Klägerin zutreffend hinweist, Schutzgesetz i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB. Der Geschäftsführer, der, obwohl die Voraussetzungen einer Insolvenzantragspflicht gegeben sind, die Geschäfte der GmbH weiterführt, haftet den Neugläubigern, die bei rechtzeitiger Konkursantragstellung Rechtsgeschäfte mit der überschuldeten GmbH nicht mehr abgeschlossen hätten.

Den Beweis für das Vorliegen der objektiven Voraussetzungen der Insolvenzantragspflicht hat indes der Gläubiger zu erbringen. Erst wenn feststeht, dass die Gesellschaft zu einem bestimmten Zeitpunkt zumindest rechnerisch überschuldet oder zahlungsunfähig war, ist es Sache des Geschäftsführers, die Umstände darzulegen, die es aus damaliger Sicht rechtfertigten, das Unternehmen trotzdem fortzuführen (BGHZ 126, 181, 200).

Die Klägerin hätte daher darlegen und ggf. beweisen müssen, dass im Zeitpunkt der hier streitigen Bestellung, also im Zeitraum zwischen dem 13.02.2001 und dem 04.05.2001 die GmbH bereits überschuldet war.

Die Klägerin hat dieses nicht dargelegt und bewiesen. Der Klägerin kommt letztlich auch keine Darlegungserleichterung zu.

Zwar kann unter bestimmten Voraussetzungen sich aus dem auch im Prozessrecht zu beachtenden Grundsatz von Treu und Glauben eine Verpflichtung der nicht darlegungs- und beweislasteten Partei ergeben, dem Gegner gewisse Informationen zur Erleichterung seiner Beweisführung zu bieten, zu denen namentlich die Spezifizierung von Tatsachen gehören kann, wenn und soweit diese der Kenntnis der mit der Beweisführung belasteten Partei entzogen oder nur unter unverhältnismäßigen Erschwerungen zugänglich sind, während ihre Offenlegung für den Gegner sowohl ohne weiteres möglich als auch bei Berücksichtigung der maßgeblichen Umstände und Interessen zumutbar ist (ständige Rechtsprechung BGH ZIP 1994, 789, 794; BGHZ 120, 327 ; Zöller-Greger, ZPO, 18. Aufl. vor § 284 Rn. 34 m.u.w.N.).

Eine derartige Darlegungserleichterung kommt indes bei Tatsachen, die nach allgemeinen Regeln des Prozessrechts der vollen Darlegungs- und Beweislast der klagenden Partei unterliegen, nur in Betracht, wenn jedenfalls eine gewisse u. U. auch eine hohe Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit der von der beweisbelasteten Partei zu beweisenden Tatsache spricht. Dementsprechend hat die Rechtsprechung bisher eine Verlagerung der Darlegungslast nur in Erwägung gezogen, wenn sich im Zeitpunkt der streitigen vorzunehmenden oder unterlassenen Rechtshandlung die GmbH bereits in der Krise befand (BGHZ 126, 181, 200, rechnerische Überschuldung; OLG Köln WM 2001, 1160, rechnerische Überschuldung; OLG Dresden ZIP 2003, 360; OLG Düsseldorf GmbHR 2000, 939 und OLG Brandenburg GmbHR 2003, 595 jeweils zur Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen).

Irgendwelche Anhaltspunkte, die es auch nur wahrscheinlich erscheinen ließen, dass sich die GmbH bereits im Zeitpunkt der hier streitigen Bestellung in der Krise befand und die es rechtfertigen könnten, den in Anspruch genommenen Geschäftsführer die vollständige Darlegungslast für den Vermögensstatuts im Zeitpunkt der Gesellschaft aufzuerlegen, fehlen.

Ein erster Insolvenzantrag ist erst etwa ein Jahr nach den hier streitigen Bestellungen im Februar 2002 gestellt worden. Aus den beigezogenen Insolvenz- und Strafakten ergeben sich allenfalls diskrete Anhaltspunkte dafür, dass die Lage der Gesellschaft etwa ab Juni oder Juli 2001 kritisch geworden sein könnte. In der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Potsdam vom 14.04.2003 (Bl. 95 d. beigez. Strafakten) finden sich erste Rückstände zu Sozialversicherungsbeiträgen erst ab Juni 2001 und dann auch erst in geringen Höhen (Juni 129,25 , Juli 545,66 , August 729,62 ). Aus der Einlassung des Angeklagten im Strafverfahren, des hiesigen Beklagten zu 1. ergeben sich erste ernstere Schwierigkeiten der Gesellschaft erst im August mit dem Ausbleiben fälliger Zahlungen. Das Strafurteil des AG Potsdam vom 24.09.2003 stellt den Erhalt der Zahlungsfähigkeit der GmbH sogar bis Dezember 2001 ausdrücklich fest.

Fehlen damit hinreichende Anhaltspunkte, die eine Überschuldung oder Zahlungsfähigkeit der GmbH in den Monaten Februar bis Mai 2001 auch nur wahrscheinlich erscheinen lassen, so scheidet eine Verlagerung der Darlegungslast auf die beklagten Geschäftsführer aus.

4. Ein Anspruch der Klägerin lässt sich auch nicht aus § 283 b StGB i.V.m. § 823 Abs. 2 StGB herleiten. Dabei kann letztlich dahinstehen, ob die Beklagten ihre Geschäftsführungspflichten verletzt haben oder aber, wie in der Verhandlung vor dem Senat behauptet, Bücher geführt haben, die allerdings zwischenzeitlich von der Staatsanwaltschaft in einem anderen Strafverfahren beschlagnahmt worden sind. Die Rechtsprechung hat, insoweit im Gegensatz zu gewichtigen Stimmen in der Literatur (vgl. insoweit die Übersicht bei Meyke a.a.O., Rn. 447 ff) den Schutzgesetzcharakter des § 283 b StGB durchgängig verneint. Die Frage kann indes dahinstehen, da auch bei einer Verletzung der Buchführungspflicht nicht festgestellt werden kann, dass die Klägerin, eine ordnungsgemäße Buchführung unterstellt, die Bezahlung der eingereichten Rechnungen hätte erlangen können. Eine unmittelbare kausale Verknüpfung zwischen der Verletzung der Buchführungspflicht einerseits und dem von der Klägerin geltend gemachten Schaden, den sie aus der Nichtbegleichung ihrer Forderung herleitet, lässt sich nicht feststellen. Im Gegensatz zu einem Verstoß gegen die Konkursantragspflicht ist es bei einer Verletzung der Buchführungspflicht regelmäßig unmöglich festzustellen, von welchem Augenblick an die mangelhafte Buchführung zu einem - allgemeinen - Gläubigerschaden geführt hat (BGHZ 125, 366). Letztlich würde die Begründung eines Schadensersatzanspruchs aus der Verletzung der Buchführungspflicht ergänzt um die Regeln der sekundären Behauptungslast dazu führen, jedem Geschäftsführer, dem eine Verletzung seiner Buchführungspflicht zur Last fällt, die volle Haftung für jede nach dem Eintritt der Insolvenz aus dem Vermögen der GmbH nicht mehr zu begleichende Gläubigerforderung aufzubürden. Eine derartige allgemeine Ausfallhaftung des Geschäftsführers, gestützt allein auf den Vorwurf der Verletzung der Buchführungspflicht, lässt sich aus dem geltenden Recht nicht ableiten. Die Frage, ob eine derartige Haftung wünschenswert wäre, ist nicht von den Gerichten, sondern vom Gesetzgeber zu beantworten.

5. Eine Haftung des Beklagten zu 2. lässt sich schließlich auch nicht aus der Behauptung der Klägerin herleiten, dieser habe in erheblichem Umfang von der GmbH bestelltes Baumaterial an private Baustellen umgeleitet.

Nachdem die Klägerin ihren Sachvortrag entsprechend der Auflage des Senates konkretisiert hatte, beschränkt sich der Vorwurf nun auf eine einzelne Lieferung von 5 m³ Beton zu einem Preis von 780,10 DM.

Aus dem Lieferschein, auf den sich die Klägerin insoweit beruft (Bl. 70 rück d. A.), lässt sich hierzu nichts eindeutiges entnehmen. Der Beklagte zu 2. hat in seiner Anhörung vor dem Senat nachvollziehbar ausgeführt, dass er im Zeitpunkt der streitigen Lieferung keine privaten Bauvorhaben betrieben habe, für die er 5 m³ Beton habe verwenden können. Geeignete Beweisantritte der Klägerin fehlen. Die Angaben auf dem vorgelegten Lieferschein sind letztlich nichts sagend. Insbesondere lässt sich eine eindeutige Lieferadresse aus dem Lieferschein gerade nicht entnehmen.

Die Kostenentscheidung beruht gegenüber den Beklagten zu 1. und 2. auf § 97 ZPO, gegenüber der Beklagten zu 3. auf § 516 Abs. 3 ZPO, nachdem die Klägerin die Berufung insoweit mit Schriftsatz vom 28.02.2005 zurückgenommen hat.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Ende der Entscheidung

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