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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 11.12.2007
Aktenzeichen: 11 U 116/07
Rechtsgebiete: HOAI, BGB


Vorschriften:

HOAI § 4
HOAI § 4 Abs. 1
HOAI § 4 Abs. 2
HOAI § 4 Abs. 4
HOAI § 8 Abs. 1
HOAI § 15 Abs. 2
BGB § 631 Abs. 1
BGB § 632 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

11 U 116/07 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 11.12.2007

Verkündet am 11.12.2007

in dem Rechtsstreit

hat der 11. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 27. November 2007 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Goebel, den Richter am Oberlandesgericht Ebling und den Richter am Oberlandesgericht Pliester

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das am 24. Mai 2007 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Cottbus (6 O 82/06) wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Das Urteil beschwert den Beklagten um 18.647,12 €. Der Streitwert des Berufungsverfahrens ist gleich hoch.

Gründe:

I.

Von der Darstellung des Sachverhaltes wird abgesehen.

II.

Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

III.

In der Sache hat das Rechtsmittel des Beklagten jedoch keinen Erfolg. Vielmehr hat ihn das Landgericht zu Recht in dem erkannten Umfang zur Zahlung verurteilt.

Die rechtliche Auseinandersetzung der Parteien konzentriert sich in zweiter Instanz auf die unterschiedliche Bewertung der Frage einer vertraglichen Verbindung der Parteien in der Leistungsphase 3 des § 15 Abs. 2 HOAI sowie die Frage einer wirksamen, die Mindestsätze der HOAI unterschreitenden Honorarvereinbarung. Mit seinen Berufungsangriffen dringt der Beklagte indessen nicht durch.

Die Höhe der Rechnung, zu der die Kammer im Übrigen richtige und nachvollziehbare Ausführungen gemacht hat, steht nicht weiter in Streit. Die Einrede der Verjährung, die ungeachtet des Fehlens eines ausdrücklichen Berufungsangriffs insoweit als noch erhoben zu behandeln ist, greift aus den ebenfalls zutreffenden Gründen des angefochtenen Urteils nicht durch.

1.

Der Anspruch des Klägers beruht auf den §§ 631 Abs. 1 BGB, 8 Abs. 1 HOAI.

2.

Der Senat hält die rechtliche Deduktion des Landgerichts zu dem Umfang der Vertragsbindung der Parteien für durchweg zutreffend. Der Beklagte auch Leistungen der Phase 3 von dem Kläger nicht nur widerspruchslos entgegengenommen, sondern deren Inhalt mit ihm auch - wiederholt - erörtert. Darin ist der zumindest konkludent zustande gekommene Vertrag der Parteien auch zu diesem Teil der Architektenleistung zu sehen. Die sukzessive Beauftragung eines Architekten mit der Erbringung von Leistungen bestimmter Leistungsphasen (-gruppen) ist in der Praxis nicht selten, gerade dann nicht, wenn, wie im Streitfall, ein schriftlicher Vertrag nicht abgeschlossen worden ist.

Die Vertragsbindung des Beklagten nach den Leistungsphasen 1 und 2 des § 15 Abs. 2 HOAI ist ebenso wenig im Streit wie die Vertragserfüllung des Klägers insoweit.

Das Landgericht stützt sich zu Recht auf den Sachverhalt, den es als Ergebnis der von ihm durchgeführten Beweisaufnahme als festgestellt erachtet, offenkundig davon ausgehend, dass der Kläger es sich zu eigen macht, soweit es über seinen Sachvortrag als ihm günstig hinaus reicht. Das ist nicht zu beanstanden.

Zu Recht weist die Kammer darauf hin, dass der Beklagte selbst mit Schriftsatz vom 31.08.2006 eingeräumt hat, es hätten zwischen den Parteien und weiteren Teilnehmern auch nach der vom Kläger im ausdrücklichen Auftrag des Beklagten eingereichten Bauvoranfrage noch mehrere Besprechungen stattgefunden, nämlich im Januar, März, April und September 2003. Der Beklagte will das mit der Berufung lediglich rechtlich nicht als konkludenten, formfreien Vertragsschluss betreffend die Leistungsphase 3 gewertet wissen; ohne Erfolg.

Denn zu folgen ist der Kammer auch in ihrer Beweiswürdigung zum Inhalt jener weiteren Vertragsverhandlungen im ersten Quartal des Jahres 2003.

Sie stützt sich dabei gerade auf die von dem Beklagten zu seiner vermeintlichen Entlastung benannten Zeugen Gi... und G.... Gegenstand der Besprechungen können danach nur die Entwurfsplanungen des Klägers gewesen sein. Das sind aber ohne Zweifel Leistungen der Leistungsphase 3, und es hat sich ganz offenbar um jene Pläne gehandelt, die der Kläger als Anlage K 17 überreicht hat. Davon geht das Landgericht erklärtermaßen aus, was aus der Sicht auch des Senats nachzuvollziehen ist. Mit Substanz tritt der Beklagte dem nicht - auch nicht in der Berufungsinstanz - entgegen. Wegen der Einzelheiten dazu wird auf die Gründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen. Sie sind durchweg zutreffend.

Auch die Anwendung des § 632 Abs. 1 BGB durch die Kammer ist entgegen der Auffassung des Beklagten rechtsfehlerfrei. Geht man mit ihr von einer vertraglichen Verbindung der Parteien und damit einer Leistungsverpflichtung des Klägers bis einschließlich der Leistungsphase 3 des § 15 Abs. 2 HOAI aus, dann kann er nach dieser Regelung eine Vergütung verlangen. Denn sie gilt als stillschweigend vereinbart, weil der Beklagte auch diese Leistung des Klägers nur gegen die Zahlung eines Honorars erwarten durfte. Das steht angesichts des Umfangs der Leistungen bereits außer Frage. Das Argument des Beklagten, der Kläger habe insoweit lediglich mit dem Ziel einer Akquisition gehandelt, ist schon deshalb unzutreffend, weil es unstreitig bereits einen mündlich abgeschlossenen Vertrag der Parteien gab, nämlich den zu den Leistungsphasen 1 und 2.

3.

Entgegen der Auffassung des Beklagten haben die Parteien im Januar bzw. März 2003 keine wirksame Vereinbarung eines die Mindestsätze nach HOAI unterschreitenden Pauschalhonorars getroffen.

Weder hat der Beklagte hinreichend bewiesen, dass es eine entsprechende Abrede überhaupt gegeben habe, noch wäre diese formwirksam zustande gekommen.

Die Vereinbarung eines die verordneten Mindestsätze unterschreitenden Honorars bedarf nach § 4 Abs. 2 HOAI der Schriftform. Nach Absatz 1 der Vorschrift hat sie bei Auftragserteilung zu erfolgen.

Dass das dem Kläger nach der Beklagtenbehauptung ausschließlich versprochene Honorar in Höhe von lediglich 5000.00 € den Mindestsatz nach der HOAI unterschreitet, ergibt sich bereits aus der deutlich höheren, vom Landgericht - unangegriffen - teils korrigierten Schlussrechnung des Klägers, die nicht mehr Leistungen zum Gegenstand hat, als die angebliche Abrede haben kann. Die Unterschreitung steht mithin außer Frage.

Fest steht darüber hinaus, weil vom Beklagten nicht anders vorgetragen, dass die Abrede, wenn überhaupt, nur mündlich, also in Missachtung der Schriftform, erfolgt wäre. Aber auch der Zeitpunkt der angeblichen Abrede, nämlich nach dem Beklagtenvortrag der Januar bzw. März 2003, entspräche nicht den Wirsamkeitsvoraussetzungen des § 4 Abs. 1 HOAI.

Indessen steht entgegen der Auffassung des Beklagten bereits die Tatsache der Vereinbarung eines Gesamthonorars als solche nicht mit der hinreichenden Sicherheit fest.

Er stützt sich unter anderem auf den Text der 1. Abschlagsrechnung des Klägers vom 17.02.2003. Sie ist indessen ausdrücklich als solche und nicht etwa als Schlussrechnung bezeichnet. Entgegen der Auffassung des Beklagten bedeuten die Worte "Gesamthonorar (brutto)" angesichts der eindeutigen Rechnungsüberschrift nichts anderes, als dass es sich um die Summe des Rechnungsnettobetrages zuzüglich der Umsatzsteuer handelt.

Auch die Aussagen der vom Beklagten benannten Zeugen belegen die behauptete abschließende Vereinbarung eines Gesamthonorars nicht mit der erforderlichen Klarheit.

Die Zeugin M..., die Ehefrau des Beklagten, hat lediglich bekundet, der Kläger habe auf die Ankündigung des Beklagten, nicht mehr zu zahlen als 5.000,00 €, "irgendwie" zu erkennen gegeben, dass er damit einverstanden sei. Die genauen Äußerungen des Klägers, so die Zeugin, könne sie allerdings nicht wiedergeben .

Zum einen lässt die Aussage die Möglichkeit offen, dass der Kläger den Beklagten damals so verstanden haben kann, dass dieser für das bisher Geleistete nicht mehr als den genannten Betrag zahlen wolle; die Leistungsphase 3 war indessen zu dem Zeitpunkt des von der Zeugin geschilderten Gesprächs noch in der Ausführung. Zum anderen steht gerade die schon erwähnte Bezeichnung der Rechnung vom 17.02.2003 als bloße Abschlagsrechnung keineswegs im Einklang mit dem von der Zeugin nur vage wahrgenommenen "Einverständnis" des Klägers, sondern widerspricht ihr.

Die Aussage des von dem Beklagten benannten Zeugen Gi... bestätigt ebenso wenig sicher die in sein Wissen gestellte Behauptung. Er hat bekundet, der Kläger habe im März 2003 auf seine, des Zeugen, Bemerkung hin, die 5.000,00 € seien ja ein "Toppreis", erwidert, dass das lediglich für die bisherige Arbeit gedacht, also nur ein Teilbetrag sei. Unstreitig war aber der Kläger auch in der Zeit danach noch für den Beklagten tätig.

Der Zeuge G..., Vater des Beklagten, hat lediglich von einer Vereinbarung über 5.000,00 € berichtet. Zu deren Bedeutung und Inhalt hat er nichts weiter bekundet.

Auch der Zeitpunkt der von ihm behaupteten Gesamthonorarvereinbarung, nämlich März 2003, wäre entgegen der Auffassung des Beklagten verfehlt gewesen.

Die herrschende Meinung in der Rechtsprechung, folgend dem Bundesgerichtshof, geht davon aus, dass die Honorarvereinbarung gleichzeitig mit dem Abschluss des Architektenvertrages stattzufinden hat (BGH BauR 1990, 97; BauR 1988, 364; BauR 1987, 113). Das war im Streitfall spätestens die vom Kläger erklärte Annahme des Auftrags zum Stellen einer Bauvoranfrage, ereignete sich also bereits im Herbst 2002.

Werner/Pastor ,10. A., Rn. 749, wollen das flexibler handhaben, vor allem in den Fällen so genannter sukzessiver Aufrtragserteilung. Auch sie würden die behauptete Vereinbarung allerdings wohl im Streitfall für verspätet halten, weil der Kläger im Januar 2003 bereits bis in die LP 3 hinein Leistungen für den Beklagten erbracht hatte (vgl. a.a.O., Rn. 750, wo der Fall einer Leistungserbringung bereits der LP 1 - 4 zitiert wird).

Das Landgericht weist in der angefochtenen Entscheidung zutreffend auf das in BauR 2003, 748 ff. veröffentlichte Urteil des BGH vom 27.02.2003 hin. Danach ist eine nachträgliche vertragliche Änderung eines nach § 4 Abs. 4 HOAI fingierten Mindestsatzes nur wirksam, wenn sie nach Beendigung der Architekten - oder Ingenieurleistung getroffen wird. Der Beklagte stützt sich für die von ihm angenommene Wirksamkeit der behaupteten Vereinbarung von Ende März 2003 zu Unrecht auf diese Rechtsprechung. Denn im Streitfall liegen die tatsächlichen Voraussetzungen einer solchen Ausnahme von der Regel einer schon zum Zeitpunkt der Auftragserteilung zu treffenden Vereinbarung nicht vor. Das gilt bereits auf der Grundlage des unstreitigen Sachverhalts.

Der Kläger trägt vor, seine Tochter habe in seinem Auftrag dem Beklagten noch am 14.04.2003 weitere Planunterlagen übergeben, die dieser gegengezeichnet habe. Dem ist der Beklagte nicht entgegengetreten. Vielmehr hat er seinerseits vorgetragen, die Parteien hätten im April 2003 in der vorliegenden Angelegenheit miteinander telefoniert. Er hat weiter eingeräumt, dass es noch am 24.09.2003 zu einer Zusammenkunft der Parteien im Büro des Klägers gekommen sei, wie dieser im Einzelnen behauptet.

Damit steht indessen fest, dass der Vertrag der Parteien Ende März 2003 vom Kläger gerade noch nicht erfüllt war, und zwar aus übereinstimmender Sicht der Beteiligten. Daher war zu diesem Zeitpunkt für eine nachträgliche Abbedingung der Mindestsätze nach § 4 Abs. 4 HOAI noch kein Raum. Sie ist in Ausnahmefällen nur dann gerechtfertigt, wenn der Vertrag bereits so weit erfüllt ist, dass kein Streit mehr über die Mangelfreiheit der Architektenleistung entstehen kann. Allein vor diesem Hintergrund kann bei einer nachträglichen Honorarvereinbarung der Regelungszweck des § 4 HOAI erreicht werden (vgl. BGH a.a.O.).

Feststeht im Streitfall somit lediglich die Vereinbarung einer Abschlagszahlung des Beklagten in Höhe von 5.000,00 €, der er, wenn auch zögerlich, nachgekommen ist.

Schließlich wäre der Kläger auch nicht unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben daran gehindert, sich auf die Formunwirksamkeit einer Gesamthonorarabrede zu stützen, wenn sie denn überhaupt bewiesen wäre. Denn jedenfalls müsste der Beklagte, um mit diesem Einwand Gehör zu finden, darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass er sich wirtschaftlich endgültig darauf eingerichtet habe, nicht in größerem Umfang von dem Beklagten in Anspruch genommen zu werden, entsprechend dem Umstandsmoment im Rahmen der Prüfung einer Verwirkung, vgl. dazu Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 9. Teil, Rn. 100. Das müsste allerdings von dem Beklagten im Einzelnen vorgetragen werden. Daran fehlt es bereits im Ansatz. Er stützt sich nicht auf diesen rechtlichen Gesichtspunkt.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO sind nicht erfüllt. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Vielmehr beruht die Entscheidung des Senats auf der Wertung der Umstände des Einzelfalles. Da der Senat sich in allen zu behandelnden Rechtsfragen zudem ausdrücklich der Auffassung des Bundesgerichtshofs angeschlossen hat, gibt der Streitfall keinen Anlass zur Fortbildung des Rechts. Schließlich erfordert auch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Revisionsgerichts, weil der Senat nicht erkennbar von der Auffassung eines anderen Oberlandesgerichts abweicht.

Ende der Entscheidung

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