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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 20.03.2007
Aktenzeichen: 11 U 122/06
Rechtsgebiete: HOAI, BGB


Vorschriften:

HOAI § 55
BGB § 196 Abs. 1 Nr. 1 a.F.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

11 U 122/06 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 20.03.2007

Verkündet am 20.03.2007

In dem Rechtsstreit

hat der 11. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 30. Januar 2007 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgerichts Goebel, den Richter am Oberlandesgericht Ebling und den Richter am Oberlandesgericht Pliester

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 25. Juli 2006 verkündete Urteil des Landgerichts Cottbus - Az.: 4 O 374/03 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert für das Berufungsverfahren, zugleich Wert der Beschwer des Klägers: 118.342,64 €.

Gründe:

I.

Der Kläger ist seit dem 18. Juli 2001 Verwalter in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der Fa. P... GmbH (im Folgenden: Insolvenzschuldnerin). Er begehrt die Zahlung von Ingenieurhonorar aus einem Vertrag vom 06. Februar 1991 (Nr. 0 7918 10/30; Bl. 19 d.A.). Dieser Vertrag sah Leistungen zur Wasser- und Abwasserversorgung, Straßenbau und -beleuchtung sowie Wasserhaltung vor. Nachdem die Involvenzschuldnerin einen erheblichen Teil ihrer Leistungen erbracht hatte, legte sie gegenüber dem zwischenzeitlich gegründeten Wasserverband S... am 30. März 1995 eine Rechnung (Bl. 39) sowie am 10. März 1997 eine weitere Teilschlussrechnung vor. Zwischenzeitlich hatte das Amt S... mit Schreiben vom 7. Februar 1996 die Zuständigkeitsbereiche für den Wasserverband (Schmutzwasser, Trinkwasser und Kläranlage) und die Beklagte (Regenwasser und Straßenbau) aufgeteilt. Die Prüfung der hier streitgegenständlichen Rechnungen, die sich auf die Leistungen im Zuständigkeitsbereich des Wasserverbandes beziehen, hat jeweils dieser übernommen.

Zunächst hat die Insolvenzschuldnerin im Hinblick auf die hier geltend gemachten Honoraransprüche den Wasserverband S... in Anspruch genommen. Durch Urteil vom 9. Juli 1998 hat das Landgericht Cottbus - Az.: 4 O 353/97 - die Klage insoweit abgewiesen; der Senat hat die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen. Maßgeblich für die Klageabweisung war in beiden Instanzen, dass der Wasserverband ungeachtet der Aufteilung der Zuständigkeitsbereiche nicht passiv legitimiert sei. Wegen der Einzelheiten wird auf das mit den Parteien im Termin erörterte Senatsurteil (11 U 199/98) Bezug genommen.

Am 25. Februar 2000 stellt die Insolvenzschuldnerin die gleichen Leistungen erneut in Rechnung, nunmehr gegenüber der Beklagten (Bl. 129 d.A.).

Die Parteien haben den Streitstoff im erstinstanzlichen Verfahren auf vier Streitpunkte beschränkt; wegen der Einzelheiten des verbleibenden Streits wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 28. Juni 2005 (Bl. 358 d.A.) Bezug genommen.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 179.923,36 € nebst 4 % Zinsen seit dem 27. April 2000 bis Rechtshängigkeit sowie in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat sich unter anderem auf die Einrede der Verjährung berufen.

Das Landgericht - Einzelrichterin - hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt:

Die Honorarforderung der Gemeinschuldnerin sei durch Erfüllung erloschen. Die Parteien hätten sich einvernehmlich auf die Reduzierung der prozentualen Bewertung der Leistungsphasen 1 bis 3 des § 55 HOAI geeinigt. Eine Mindestsatzunterschreitung liege nicht vor, weil die Beklagte in einigen Punkten in Vorleistung getreten sei. Im Übrigen wäre es auch treuwidrig, wenn der Kläger nunmehr, nachdem die Gemeinschuldnerin sich auf die Mindestsatzunterschreitung vertraglich eingelassen habe, HOAI-gemäß abrechnen wollte; denn die Beklagte habe auf die Wirksamkeit der Vereinbarung vertraut.

Wegen der weiteren Einzelheiten des angefochtenen Urteils, welches dem Kläger am 22. August 2006 zugestellt worden ist, wird auf die bei den Akten befindliche Leseabschrift (Bl. 512 ff.) Bezug genommen.

Gegen das Urteil richtet sich die am 01. September 2006 eingegangene Berufung des Klägers. Dieser hat das Rechtsmittel - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 23. November 2006 - durch einen am 10. November 2006 eingegangenen Schriftsatz wie folgt begründet:

Das Urteil des Landgerichts setze sich nur mit einem Teil des Streitstoffs auseinander. Die weiteren erstinstanzlich im Schriftsatz vom 28. Juni 2005 angesprochenen Punkte, die den Großteil des Streitwerts ausmachten, seien unberücksichtigt geblieben. Der Kläger verfolgt seine erstinstanzliche Position im Hinblick auf die Anspruchshöhe mit der Berufung weiter.

Der Kläger beantragt,

die angefochtene Entscheidung abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 118.342,64 € nebst Zinsen in Höhe von 4 % seit dem 27. April 2000 bis Rechtshängigkeit sowie in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

II.

Die Berufung ist zulässig, insbesondere in der gesetzlichen Frist und Form eingelegt und begründet worden (§§ 517, 519, 520 ZPO). In der Sache bleibt das Rechtsmittel ohne Erfolg; denn das Landgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.

Es kann dahin stehen, ob die Beklagte passiv legitimiert ist und ob rechnerisch ein restlicher Honoraranspruch des Klägers gegen die Beklagte bestehen würde; denn etwaige Forderungen des Klägers gegen die Beklagte sind jedenfalls verjährt, sodass der Beklagten ein dauerndes Leistungsverweigerungsrecht zusteht (§ 222 Abs. 1 BGB a.F.).

Auf das Rechtsverhältnis zwischen der Insolvenzschuldnerin und der Beklagten auf Grund des Vertrages vom 6. Februar 1991 findet das BGB in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung Anwendung (Art. 229 § 5 EGBGB). Die Honorarforderungen der Insolvenzschuldnerin unterlagen damit der Verjährungsfrist des § 196 Abs. 1 Nr. 1 BGB a.F. von zwei Jahren. Für den Verjährungsbeginn ist das Ende des Jahres maßgeblich, in dem der Anspruch entstanden ist (§ 201 S. 1 BGB a.F.). Für die Entstehung eines Honoraranspruchs, der in Gemäßheit der HOAI abzurechnen ist, kommt es hierbei darauf an, dass die Leistungen erbracht und in prüfungsfähiger Form abgerechnet sind (§ 8 HOAI).

Im Streitfall hat die Verjährung der geltend gemachten Forderungen spätestens mit Ablauf des Jahres 1997 begonnen. Die Verjährungsfrist war daher schon abgelaufen, als der Kläger am 18. Juli 2001 zum Insolvenzverwalter bestellt wurde. Die Einreichung des Mahnbescheidsantrags am 19. Dezember 2002 war daher nicht mehr geeignet, die Hemmung der Verjährung herbeizuführen.

a. Die in der Rechnung Nr. 54/95 (Bl. 39 d.A.) aufgeführten Leistungen Hinsichtlich dieser Leistungen sind die Voraussetzungen für den Beginn der Verjährung spätestens Ende 1997 gegeben.

Die Insolvenzschuldnerin hatte die aufgeführten Leistungen nach der Darstellung des Klägers zu diesem Zeitpunkt erbracht. Das Honorar ist fällig geworden, nachdem die Insolvenzschuldnerin eine prüffähige Honorarschlussrechnung überreicht hatte.

Rechnungsadressat war zwar nicht die Beklagte, sondern der Wasserverband S.... Der Wasserverband war indes bevollmächtigt, die Rechnung für die Beklagte entgegenzunehmen und zu prüfen. Diese Bevollmächtigung ist schon in dem an die Insolvenzschuldnerin gerichteten Schreiben vom 7. Februar 1996 (Bl. 634 d.A.) angelegt: Die Amtsdirektorin, die gleichzeitig zur Vertretung der Beklagten wie des Wasserverbandes berufen war, hat die Zuständigkeitsbereiche des Wasserverbandes S... einerseits und der Beklagten andererseits voneinander abgegrenzt. In der Folge ist der wesentliche Teil des Vertrages - mit Kenntnis der Insolvenzschuldnerin - mit dem Wasserverband abgewickelt worden, wie die Prüfungsvermerke und Besprechungsprotokolle belegen. Hieraus erhellt, dass der Wasserverband ungeachtet des Fortbestehens der Vertragspartnerschaft der Beklagten zur Entgegennahme der Rechnungen, ihrer Prüfung und Beanstandung in vollem Umfang bevollmächtigt war.

Die Rechnung war auch prüfungsfähig. Die Niederschrift über die Rechnungsberatung vom 3. Dezember 1996 (Bl. 48 d.A.) weist aus, dass die Parteien - die Beklagte ausweislich der Anwesenheitsliste vertreten durch das Amt S... - eine Einigung erzielt haben, dass die offenen Fragen der Honorarberechung geklärt seien (Ziff. 4 der Niederschrift). Lediglich die Richtigkeit der Berechnung ist von der Insolvenzschuldnerin und dem Amt S... unterschiedlich beurteilt worden. Damit stand nur noch die sachliche Richtigkeit der Rechnung im Streit, nicht mehr die Frage, ob die Beklagte diese nachvollziehen konnte.

Selbst wenn man sich auf den Standpunkt stellen wollte, auf Grund der Besprechung vom 3. Dezember 1996 sei noch ein Klärungsbedarf vorhanden gewesen, so hätte das Amt für die Beklagte diesen Klärungsbedarf durch das Schreiben vom 14. Februar 1997 (Bl. 50 d.A.) beseitigt, indem es sich zur Höhe endgültig positioniert hätte. Eine Hemmung der Verjährung für die Zeitdauer der Überprüfung durch die Beklagte wäre daher spätestens mit Zugang dieses Schreibens beendet worden. Mit Beginn des Jahres 1998 ist die Verjährungsfrist demgemäß spätestens angelaufen, mit Ablauf des Jahres 1999 war sie daher vollendet.

Die Berufung der Beklagten auf den Eintritt der Verjährung ist auch nicht treuwidrig. Insbesondere ist nicht erkennbar, dass sich die Beklagte - unter Einbeziehung des Handelns des Amtes und des Wasserverbandes - widersprüchlich verhalten hätte. Schon in dem Verfahren 11 U 196/98 hatte der verklagte Wasserverband die Passivlegitimation für die hier in Rede stehenden Leistungen in Abrede gestellt; das Landgericht hat die Klageabweisung im Juli 1998, ebenso wie der Senat im Berufungsverfahren, auf diesen Gesichtspunkt gestützt. Ein positives Verhalten des Wasserverbandes oder der Beklagten, welches ein Vertrauen der Insolvenzschuldnerin darauf begründen konnte, die Beklagte werde sich nicht auf Verjährung berufen, ist in diesem Verhalten nicht zu erkennen, zumal die Möglichkeit bestanden hätte, dass die Insolvenzschuldnerin noch im Jahre 1998 verjährungsunterbrechende Maßnahmen ergreift.

b. Die in der Rechnung Nr. 23/97 (Bl. 51 d.A.) aufgeführten Leistungen

Im Ergebnis das gleiche gilt für die Rechnung vom 24. Februar 1997. Hinsichtlich des Zugangs der Rechnung bei der Beklagten wird auf die Ausführungen zu lit. a Bezug genommen. Die Rechnung ist auch als prüfungsfähig (§ 8 HOAI) anzusehen. Weder die Beklagte noch - für diese - der Wasserverband hat innerhalb von zwei Monaten nach Erhalt der Rechnung Einwände zur Prüfungsfähigkeit erhoben. Mit Ablauf der Prüfungsfrist von zwei Monaten (vgl. Locher, HOAI, § 8 RN 37, mit Nachweisen aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung) stehen Einwendungen des Rechnungsempfängers gegen die Prüfungsfähigkeit der Rechnung der Fälligkeit des Honorars nicht mehr entgegen.

Dadurch, dass die Insolvenzschuldnerin die identischen Leistungen am 25. Februar 2000 nochmals, nunmehr als Abschlagsrechnungen, gegenüber der Beklagten in Rechnung gestellt hat (Bl. 129 d.A.), konnte sie die bereits eingetretene Verjährung nicht in Wegfall bringen.

III.

Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Das Urteil ist gemäß § 708 Nr. 10 ZPO für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Die Anordnung der Abwendungsbefugnis hat ihre Grundlage ist in § 711 ZPO. Der Senat lässt die Revision nicht zu, weil die aufgeworfenen Rechtsfragen höchstrichterlich geklärt sind und die Entscheidung im Übrigen, soweit die Fragen der Fälligkeit und der Vertretungsmacht betroffen sind, auf einer Einzelfallwürdigung beruht; die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO sind daher nicht erkennbar.

Ende der Entscheidung

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