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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 16.01.2007
Aktenzeichen: 11 U 93/06
Rechtsgebiete: ZPO, EGZPO, BGB, VVG


Vorschriften:

ZPO § 141
ZPO § 313 a Abs. 1 S. 1
ZPO § 540 Abs. 2
EGZPO § 26 Nr. 8
BGB § 280
BGB § 675
VVG § 12 Abs. 3
VVG § 20 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

11 U 93/06 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 16.01.2007

Verkündet am 16.01.2007

In dem Rechtsstreit

hat der 11. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 19. Dezember 2006 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Goebel, den Richter am Oberlandesgericht Hütter und den Richter am Oberlandesgericht Ebling

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 9. Juni 2006 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam (12 O 451/05) wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Die Beschwer des Klägers beträgt 7.245,19 €.

Von der Darstellung des Sachverhalts wird gem. den §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 S. 1 ZPO, 26 Nr. 8 EGZPO abgesehen.

Gründe:

I.

Die Berufung ist zulässig. Insbesondere ist sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

II.

In der Sache hat das Rechtsmittel indessen keinen Erfolg.

Die Kammer hat einen Schadenersatzanspruch des Klägers im Ergebnis zu Recht verneint. Der Beklagte hat seine anwaltlichen Pflichten nicht verletzt. Jedenfalls aber hat sein vom Kläger beanstandetes Verhalten dessen Vermögen nicht geschädigt.

Beides steht bereits auf der Grundlage des unstreitigen Sachverhaltes fest. Die Berufungsangriffe des Klägers tragen eine abweichende Beurteilung nicht.

1.

Gegenstand der Klage ist ein auf die §§ 280, 675 BGB gestützter Anspruch auf Schadenersatz wegen positiver Verletzung eines Geschäftsbesorgungsvertrages.

Zu den vertraglichen Pflichten eines Rechtsanwalts seinem Mandanten gegenüber gibt es eine überaus umfangreiche höchstrichterliche und obergerichtliche Rechtsprechung. Die grundlegenden Rechtsausführungen des Landgerichts hierzu sind nicht zu beanstanden. Die Kammer hat die an die Beratungs-, Aufklärungs- und Belehrungspflichten des Rechtsanwalts zu stellenden Anforderungen prinzipiell zutreffend erkannt und bewertet.

Soweit der Auftraggeber nicht eindeutig zu erkennen gibt, dass er des Rates nur in einer bestimmten Richtung bedarf, ist der Rechtsanwalt zu einer umfassenden und möglichst erschöpfenden Belehrung verpflichtet (vgl. BGH NJW 1988, 566; NJW 1991, 2079; NJW-RR 1990, 1241).

Er muss durch Befragung seines Mandanten die für die rechtliche Beurteilung wesentlichen Punkte klären (vgl. BGH NJW 1981, 2741). Bei nur lückenhafter Information durch seinen Mandanten muss er auf Vervollständigung drängen (vgl. BGH NJW 1982, 437). Der Rechtsanwalt muss sich grundsätzlich an den Ergebnissen der höchstrichterlichen Rechtsprechung orientieren, auch wenn er sie für unzutreffend hält oder sie in der Literatur bekämpft werden und selbst eine Änderung der Rechtsprechung nicht auszuschließen ist (vgl. BGH NJW 1993, 3324; NJW 1993, 2799).

Er hat im Interesse des Mandanten den sichersten Weg zu wählen (vgl. BGH NJW 1981, 2742; NJW 1988, 487; NJW 1988, 566; NJW-RR 1990, 205) , die Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung oder der Rechtsverteidigung sorgfältig zu prüfen und den Mandanten über das Ausmaß des Prozessrisikos, insbesondere über Beweisrisiken zu informieren (vgl. BGHZ 89, 182; OLG Frankfurt VersR 1980, 289). Auf einen in hohem Maße wahrscheinlichen Prozessverlust muss er den Mandanten mit Nachdruck hinweisen (vgl. BGHZ 97, 397; BGH NJW 1984, 791; NJW 1997, 2168).

Eine umfassende Würdigung des Streitstoffes bei Beachtung aller hiernach in Betracht zu ziehenden rechtlichen Gesichtspunkte führt nach der Überzeugung des Senats zur Bestätigung der klageabweisenden Entscheidung erster Instanz.

2.

In vier Punkten beanstandet der Kläger die Vertragsleistung des Beklagten. Er macht geltend:

- der Beklagte habe ihn nicht, jedenfalls nicht genau genug, auf den Ablauf der Klagefrist nach § 12 Abs. 3 VVG hingewiesen,

- der Beklagte habe ihm nicht die erforderliche Hilfe beim Stellen eines Prozesskostenhilfeantrags zukommen lassen,

- der Beklagte habe ihn über die Erfolgsaussicht einer gegen die Versicherung zu erhebenden Leistungsklage insoweit falsch beraten, als er deren materielle Rücktrittsgründe falsch bewertet habe,

- der Beklagte habe übersehen, dass die Leistungsklage schon deshalb Erfolg versprochen hätte, weil der Versicherer die Rücktrittsfrist des § 20 Abs.1 VVG nicht gewahrt habe.

Soweit der Kläger - in zwei Fällen - seine Schadenersatzforderung auf den Vorwurf pflichtwidriger Unterlassung stützt, gestaltet sich allerdings die Darlegungsobliegenheit der Prozessparteien besonders.

Zunächst ist es Sache des Klägers zu behaupten, der Beklagte sei bestimmten vertraglichen Pflichten nicht nachgekommen, und diese substantiiert zu benennen. Darauf hat der Beklagte mit gegenteiligem Sachvortrag im Einzelnen zu erwidern. Dem Kläger als Anspruchsteller wiederum obliegt es, das gegnerische Vorbringen auszuräumen und seinen Sachvortrag zu beweisen.

Der Klagevortrag wird diesen Anforderungen nicht gerecht. Dazu gilt im Einzelnen.

a)

Der Kläger macht geltend, der Beklagte habe ihn nicht hinreichend auf den Lauf und das Ende der Klagefrist nach § 12 Abs. 3 VVG hingewiesen.

Festzuhalten ist in diesem Zusammenhang, dass das Mandat mit Schreiben vom 06.12.2004 niedergelegt worden ist. Bis zu diesem Zeitpunkt waren weniger als vier Monate der Klagefrist, die sechs Monate beträgt, verstrichen.

Der Beklagte seinerseits trägt dazu vor, den Kläger mündlich auf den genauen Ablauf der Klagefrist gemäß § 12 Abs. 3 VVG hingewiesen, ja sogar mit ihm, in seinem Büro sitzend, die Fristdauer buchstäblich "an der Hand" abgezählt zu haben.

Diesen mündlichen Hinweis stellt der Kläger pauschal in Abrede, ohne auf den Detailvortrag des Beklagten einzugehen. Er macht lediglich geltend, auf die Behauptung nicht antworten zu können, da der Beklagte kein genaues Datum der Unterredung nenne. Dies erklärt das Fehlen einer substantiierten Erwiderung indessen nicht. Der Kläger stellt nicht in prozessual beachtlicher Weise in Abrede, dass das Gespräch der Parteien mit dem vom Beklagten geschilderten Inhalt überhaupt stattgefunden hat

Der Kläger ist darüber hinaus auch schriftlich hinlänglich aufgeklärt worden.

Der Beklagte stützt sich hierbei auf die Versendung des Schreibens der A... AG vom 13.08.2004 an den Kläger, und zwar sowohl per Fax als auch per Post, jeweils versehen mit einem Begleitschreiben und unter Hinweis auf die Klagefrist, allerdings ohne Nennung des Fristablaufdatums.

Ungeachtet des Fehlens eines genauen Ablaufdatums in jenen Schreiben des Beklagten ist dieser Verteidigungsvortrag erheblich. Denn es ist als unstreitig zu behandeln, dass der Beklagte die Frist dem Kläger mündlich erläutert hat.

Der Beklagte trägt weiter vor, er habe dem Kläger deutlich einzuprägen versucht, die Klagefrist habe zwar erst mit dem Zugang jenes Schreibens der A... AG vom 13.08.2004 zu laufen begonnen, es sei aber der sicherste Weg, als Anfangsdatum der Frist den 13.08.2004 anzunehmen, so dass die Frist sechs Monate später, also am 13.02.2005, ablaufen werde.

Der Kläger unterstellt - jedenfalls hilfsweise - diesen Sachvortrag als wahr, vertritt jedoch den Standpunkt, seine Aufklärung sei gleichwohl lückenhaft gewesen, da der Beklagte die Fristberechnung damit "ihm selbst überlassen habe".

Mit diesem Angriff dringt indessen der Kläger insbesondere angesichts des unstreitigen Inhalts der mündlichen Hinweise des Beklagten im Rahmen der Unterredung der Parteien nicht durch.

Was den angeblich unterbliebenen Versand der schriftlichen Unterlagen, insbesondere des Schreibens vom 13.08.2004, an ihn angeht, ist der Vortrag des Klägers unzureichend und daher prozessual nicht beachtlich.

In diesem Zusammenhang ist vor allem sein Berufungsvortrag von Bedeutung. Das Landgericht hat nämlich den Inhalt der von dem Beklagten behaupteten mündlichen Fristbelehrung dahingestellt gelassen und entscheidend darauf abgestellt, dass er schriftlich seiner vertraglichen Pflicht nachgekommen sei. Das greift der Kläger nicht in beachtlicher Weise an.

Er erwähnt in der Berufungsbegründung lediglich, das Schreiben der A... AG vom 13.08.2004 habe ihm nicht vorgelegen. Dies, obwohl die Kammer vom Postzugang nicht nur jenes Schreibens , sondern auch des Begleitschreibens des Beklagten vom 06.10.2004 ausgeht, in welchem auf das Schreiben der Versicherung Bezug genommen und die Klagefrist wiederholt erwähnt wird. Außerdem bezieht sich der Beklagte darin ausdrücklich auf die vorausgegangene mündliche Mitteilung vom Inhalt jenes Schreibens.

Der Kläger greift das nicht in der erforderlichen Form an. Er müsste im Rahmen seiner Berufungsbegründung im Einzelnen darlegen, dass und wieso die Kammer zu Unrecht vom Postzugang des Schreibens ausgegangen sei. An solchem Vortrag fehlt es indessen.

Schon in der ersten Instanz hat der Kläger, wie der Beklagte in seinem Schriftsatz vom 29.05.2006 zutreffend beanstandet, den Zugang des Schreibens vom 06.10.2004 - per Post - nicht eindeutig bestritten.

Vielmehr hat er zwischenzeitlich sogar eingeräumt, das Schreiben der A... AG vom 13.08.2004 jedenfalls am 22.12.2004, somit lange vor Ablauf der Klagefrist, erhalten zu haben, kurz darauf jedoch erklären lassen, dieser Vortrag sei nicht richtig, ohne dies zu erläutern.

Der Kläger hat sich auch zu den Faxsendungen des Beklagten geäußert und seinerseits zunächst behauptet, die von diesem angegebene Faxnummer gehöre zum Arbeitsplatz seiner, des Klägers, Ehefrau. Demgegenüber hat der Beklagte darauf hingewiesen, dass er das Fax an zwei Empfangsnummernummern geschickt habe, darunter auch an diejenige, die der Kläger in seinem geschäftlich genutzten Briefkopf angegeben habe.

Darauf hat der Kläger nicht mehr erwidert, so dass von der Richtigkeit auch dieses Beklagtenvorbringens auszugehen ist.

Mit dem Landgericht ist somit als unstreitig zu behandeln, dass der Beklagte den Kläger mit postalisch übersandtem und von diesem auch empfangenem Schreiben vom 06.10.2004 auf die Leistungsablehnung der Versicherung vom 13.08.2004 ausdrücklich ebenso hingewiesen hat wie auf den Lauf der Klagefrist.

Über die ausdrückliche Begründung des angefochtenen Urteils hinausgehend stellt der Senat bereits auf der Grundlage des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes außerdem fest, dass der Kläger das Schreiben des Beklagten vom 06.10.2004 auch als Telefax erhalten und zur Kenntnis genommen hat.

b)

Der Kläger behauptet nach wie vor, der Beklagte habe ihm keine hinreichende Aufklärung bezüglich der Beantragung von Prozesskostenhilfe zukommen lassen. Dies wertet er als weitere Unterlassung geschuldeter anwaltlicher Sorge.

Er bestreitet in diesem Zusammenhang bereits die vom Beklagten behauptete Übergabe des Formulars einer noch auszufüllenden Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers.

Dieser Umstand ist ungeklärt, kann es indessen auch bleiben.

Denn auf ihn kommt es nicht entscheidend an, weil der Beklagte, wie er zu Recht geltend macht, die Erfolgsaussicht einer Leistungsklage bis zur Niederlegung des Mandats zumindest überwiegend kritisch beurteilen durfte.

Zu einer abschließenden Bewertung war er zu diesem Zeitpunkt, da die Klagefrist - für den Kläger erkennbar - noch über zwei Monate laufen sollte, noch nicht gehalten. Zeitpunkt und Inhalt der von den Vertragspartnern gegenseitig zu erfüllenden Pflichten werden primär von ihren im Einzelfall getroffenen Abreden bestimmt. Diesen entscheidenden rechtlichen Gesichtspunkt vernachlässigt der Kläger in beiden Instanzen bei seiner gegenteiligen Argumentation.

Der Rechtsanwalt benötigt, um die Interessen des Mandanten sachgerecht wahrnehmen zu können, innerhalb von ihm zu beachtender gesetzlicher, richterlicher sowie vertraglicher Fristen eine angemessene Zeit zur Bearbeitung und außerdem die notwendigen Sachinformationen, insbesondere diejenigen, die ihm ausschließlich der Mandant selbst liefern kann. Er schuldet nur in Ausnahmefällen, etwa bei besonderer Dringlichkeit der Rechtsangelegenheit, umgehende abschließende Bewertung. Ein solcher Fall ist nicht gegeben.

Anders wäre diese Frage etwa dann zu beurteilen, wenn der Kläger den Beklagten schon zu diesem Zeitpunkt, also Anfang Dezember 2004, zu einer endgültigen Beurteilung der Erfolgsaussicht einer Klage aufgefordert oder aber wenn der Beklagte von sich aus als Ergebnis seiner Prüfung bereits definitiv von einer Klage abgeraten hätte.

Beides indessen trägt der Kläger nicht vor. Auch der Beklagtenvortrag bietet keine tatsächlichen Anhaltspunkte in diesem Sinne.

Im Gegenteil ist unstreitig, dass der Beklagte das Mandat erklärtermaßen deshalb niedergelegt hat, weil der Kläger auf sein Schreiben vom 06.10.2004 beharrlich schwieg und er daher unverzichtbare Informationen für eine sachgerechte Fortsetzung des Mandats vermisste. Es war mithin beiden Parteien - auch dem Kläger - klar, dass der Beklagte noch gar nicht über die tragfähige Grundlage einer abschließenden rechtlichen Beurteilung der Klageerfolgsaussicht verfügte.

Bei Berücksichtigung dieser besonderen, den Streitfall prägenden Sachlage gilt zu den vom Beklagten bis zur Mandatsniederlegung dem Kläger erteilten Rechtsauskünften im Einzelnen Folgendes.

c)

Es geht zum einen um die Erörterung der Erfolgsaussicht einer gegen den Versicherer zu richtenden Klage unter materiell-versicherungsrechtlichem Gesichtspunkt (Vorliegen eines Kündigungsgrundes), zum anderen um die Bewertung der formellen Voraussetzungen der erklärten Kündigung (Einhaltung der Kündigungsfrist).

In beiden Punkten beruhen die gegensätzlichen Argumentationen der Prozessparteien zunächst auf unterschiedlichem Sachvortrag.

Der Beklagte stützt sich auf die Darstellung des Versicherers bzw. dessen Mitarbeiter, macht sie sich zu Eigen und tritt entsprechenden Zeugenbeweis an.

Der Kläger tritt dem entgegen und meint zudem, der Beklagte habe die Rechtslage nicht hinreichend geprüft.

Es obliegt indessen ihm darzulegen, dass und inwiefern der Beklagte ihn bis zur Beendigung des Mandats unzulänglich aufgeklärt habe; dies stets bei angemessener Würdigung des vom Beklagten zu diesem Zeitpunkt bereits zu erwartenden und ihm auf der Grundlage vorhandener Informationen tatsächlich möglichen Tätigkeitsumfangs.

Unstreitig standen, wie bereits ausgeführt, vom Kläger noch beizubringende Informationen aus, was Anlass der Mandatsniederlegung war.

Zur Frage der vom Versicherer einzuhaltenden Kündigungsfrist, § 20Abs.1 VVG:

Die Kündigungserklärung ist dem Kläger unstreitig nicht innerhalb der gesetzlichen Monatsfrist zugegangen.

Angesichts dessen kommt es allerdings entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht mehr darauf an, dass der Kläger den Zeitpunkt des Kündigungsschreibens nicht genau angeben konnte. Dieser Umstand ist nicht klageschädlich. Denn die Fristsäumnis geht grundsätzlich zu Lasten des Versicherers.

Vielmehr kann es nur um die Frage gehen, ob das Kündigungsschreiben gleichwohl ausnahmsweise als fristgemäß zugegangen gilt, weil der Kläger seinen Zugang wider Treu und Glauben vereitelt hat (§242 BGB). Diesen Standpunkt nimmt der Beklagte ein. Er stützt sich dabei auf Informationen, die er zwischenzeitlich - jedenfalls im Wesentlichen nach der Beendigung des Mandats - bei dem Versicherer eingeholt hat.

Holt der Empfänger die Einschreibesendung trotz ordnungsmäßiger Benachrichtigung nicht ab, so kann das zu seinen Lasten gehen (BGHZ 67, 271).

Der Beklagte hat vorgetragen, die Versicherung habe die Einschreibesendung versandt. Diese sei nicht abgeholt worden. Danach habe die Versicherung ein Schreiben gleichen Inhalts als Einwurfeinschreiben abgeschickt. Zuvor habe der Vertreter der Versicherung mit der Ehefrau des Klägers gesprochen und ihr den Eingang des Kündigungsschreibens angekündigt.

Das ist ein Sachverhalt, der es zumindest als möglich erscheinen lässt, dass der Kläger den rechtzeitigen Erhalt der Sendung treuwidrig vereitelt hat. Die Richtigkeit dieser Darstellung hätte sich im Falle eines Prozesses mittels Vernehmung zweier Mitarbeiter des Versicherers als Zeugen sowie einer Anhörung des Klägers nach § 141 ZPO klären lassen.

Weder die telefonische Nachricht noch die Benachrichtigung über die Niederlegung des Übergabeeinschreibens noch das Einwurfeinschreiben will der Kläger, wie er jetzt im Prozess vorträgt, kennen.

Die vorläufige Einschätzung des Beklagten zum Zeitpunkt der Mandatsbeendigung, Anfang Dezember 2004, es könne sich als problematisch erweisen, sich auf die Verfristung der Kündigung zu berufen, erscheint als zumindest vertretbar, wenn auch nicht gänzlich geklärt ist, auf welche Informationsgrundlage sie sich damals stützen ließ.

Gerade in diesem Zusammenhang ist allerdings von besonderer Bedeutung, dass der Kläger es an der ihm obliegenden Mitwirkung zur Aufklärung des Sachverhaltes fehlen ließ und er dem Beklagten eine Reihe von Informationen versagte, die niemandem anderem als ihm möglich und damit für eine zutreffende rechtliche Bewertung dieser wichtigen Frage unerlässlich waren. Die Mandatierung des Beklagten enthob den Kläger keineswegs der Wahrnehmung eigener rechtlicher und wirtschaftlicher Interessen.

Angesichts dieser Sachverhaltslage kann der Senat auch insoweit eine Verletzung anwaltlicher Pflichten nicht mit hinreichender Sicherheit zu Lasten des Beklagten feststellen. Selbst dann aber, wenn man diesen rechtlichen Gesichtspunkt abweichend beurteilen und an den Beklagten ungeachtet der ihn hindernden tatsächlichen Schwierigkeiten strengere Anforderungen stellen wollte, führte das nicht zu einem Erfolg der Klage.

Denn es ist dem Kläger nicht gelungen, die haftungsbegründende Kausalität einer solchen etwaigen Pflichtverletzung für das Unterlassen der gegen den Versicherer gerichteten Klageerhebung schlüssig darzulegen.

Die Gründe dafür liegen vor allem in seinem eigenen Verhalten nach der Beendigung des Mandats durch den Beklagten Anfang Dezember 2004.

Insofern ist der Sachverhalt unstreitig. Der Kläger hat keine Klage einreichen lassen. Er hat nicht einmal innerhalb der Klagefrist, deren Kenntnis zu seinen Lasten feststeht, Kontakt zu einem anderen Rechtsanwalt aufgenommen, um etwa von diesem die Erfolgsaussicht erneut und endgültig prüfen zu lassen.

Dass eine solche abschließende Prüfung seitens des Beklagten noch nicht stattgefunden hatte, wusste der Kläger. Denn ihm war klar, dass dieser die Mandatsniederlegung mit fehlender Informationserteilung schriftlich begründet hatte.

Zudem hatte der Kläger, der, wie üblich, Abschriften der an die Gegenseite gerichteten anwaltlichen Schreiben erhielt, Kenntnis davon, dass der Beklagte dem Versicherer gegenüber zunächst den Standpunkt vertrat, die Frist sei nicht gewahrt worden.

Wenn der Kläger nun eine davon abweichende Rechtsauskunft erhielt oder jedenfalls mit der Tatsache konfrontiert war, dass bislang nicht der erstrebte Erfolg, nämlich eine Leistung des Versicherers, eingetreten war, hatte er allen Anlass, seine Interessen in geeigneter Weise weiter zu verfolgen.

Wenn man ihm vorhielt, den Zugang des ersten Kündigungsschreibens vereitelt zu haben, indem er es ungeachtet einer Benachrichtigung über die Niederlegung nicht abgeholt habe, konnte der Kläger auch von seinem Laienhorizont und damit seiner Verständnisebene aus dagegen argumentieren, war er wirklich davon überzeugt, eine Benachrichtigung gar nicht erhalten zu haben, wie er jetzt behauptet.

Es wäre Sache des Klägers gewesen, dem Gericht in nachvollziehbarer Weise darzulegen, wieso er in Kenntnis all dieser Umstände untätig geblieben ist und die ihm bekannte Klagefrist dennoch ungenutzt hat verstreichen lassen.

Er hätte im Einzelnen vortragen müssen, dass gerade die dem Beklagten von ihm als falsch vorgeworfene Rechtsauskunft zur Frage der Einhaltung der Kündigungsfrist sein Untätigbleiben verursacht habe und er im Falle einer seiner Auffassung nach richtigen Auskunft, nämlich der Versicherer habe die Frist nicht gewahrt, tatsächlich Klage erhoben hätte.

Das unstreitige Verhalten des Klägers nach Mandatsniederlegung spricht indessen gegen die Richtigkeit dieser von ihm in beiden Instanzen lediglich pauschal erhobenen Behauptung. Zur haftungsbegründenen Kausalität vorzutragen, obliegt allein ihm. Denn dies gehört zur Schlüssigkeit seiner Klage.

Gleichwohl ist er darauf nicht ansatzweise schriftsätzlich eingegangen, ungeachtet der Klageverteidigung, die stets auch die haftungsbegründende Kausalität der vom Beklagten im Übrigen bestrittenen Pflichtverletzungen geleugnet hat.

Aus diesem Grund hat der Senat den eigens hierzu persönlich geladenen Kläger, der über gute deutsche Sprachkenntnisse verfügt, im Termin zur mündlichen Verhandlung gemäß § 141 ZPO angehört. Einleitend ist ihm von dem Senatsvorsitzenden der Hintergrund der Frage erläutert worden, nämlich dass und aus welchen Gründen angesichts seines eigenen Vortrags sowie des unstreitigen Sachverhaltes im Übrigen sein Untätigbleiben nach der Niederlegung des Mandats durch den Beklagten nicht verständlich sei.

Die einzige Bemerkung des Klägers dazu war, dass der Beklagte ihn nicht aufgeklärt habe. Auf den Vorhalt, dass dies keine befriedigende Antwort auf die Frage des Senats sei, schwieg der Kläger. Weitere Erklärungen dazu hat er nicht abgegeben. Damit bleibt die Klage in diesem Punkt unschlüssig.

d)

Auch der Vorwurf des Klägers, der Beklagte habe ihm die Erfolgsaussicht einer gegen den Versicherer zu richtenden Leistungsklage unter materiellrechtlichen Gesichtspunkten zu Unrecht als geschmälert dargestellt ,denn es habe kein Kündigungsgrund vorgelegen, ist nicht begründet. Insoweit fehlt es nach der Auffassung des Senats eindeutig bereits an dem objektiven Tatbestand einer Verletzung vertraglicher Pflichten.

Der Beklagte behauptet, indem er sich die Darstellung des Versicherers und dessen Agenten L... zu Eigen macht, der Kläger habe wesentliche Vorerkrankungen vor Abschluss des Versicherungsvertrags verschwiegen. Daher sei der Vertrag zu Recht beendet worden und der Versicherer von der Leistungspflicht befreit.

Diese rechtliche Bewertung durfte der Beklagte zum Zeitpunkt der Mandatsniederlegung für vertretbar halten. Eine vollständige Klärung dieses Gesichtspunktes und der in diesem Zusammenhang bedeutsamen tatsächlichen Umstände stand noch aus.

Der Beklagte war entgegen der vom Kläger wiederholt geäußerten unzutreffenden Auffassung sogar verpflichtet, ihn auf das offenkundige Prozessrisiko hinzuweisen. Denn es zeichnete sich ab, dass L... als Zeuge nicht im Sinne des Klägers aussagen würde. Dass der Ausgang der Beweisaufnahme formell noch offen war, sprach gerade nicht gegen die Argumentation des Beklagten. Denn zwar muss das Gericht in solchen Fällen eines ungewissen Beweisergebnisses grundsätzlich Prozesskostenhilfe gewähren. Der Rechtsanwalt hingegen ist bereits im Vorfeld gehalten zu prüfen, wie die Beweisaufnahme nach seinen Erkenntnissen voraussichtlich ausgehen wird. Die vorläufige Befreiung von der Belastung mit Prozesskosten konnte nur ein zeitlich begrenzter Teilerfolg sein. Dem stand das Risiko der rechtskräftigen Abweisung einer Leistungsklage gegenüber.

Eine Pflichtverletzung des Beklagten ist damit auch insoweit nicht gegeben.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO liegen nicht vor. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Der Senat weicht weder von der Rechtsauffassung des Bundesgerichtshofs noch der eines anderen Oberlandesgerichts ab.

Ende der Entscheidung

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