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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 28.05.2001
Aktenzeichen: 11 VA 14/01
Rechtsgebiete: BGB, EGGVG, ZPO, GVG, KostO


Vorschriften:

BGB § 193
EGGVG § 23 Abs. 1 S. 1
EGGVG § 23 Abs. 1
EGGVG § 26 Abs. 3
EGGVG § 30
ZPO § 418
ZPO § 418 Abs. 2
ZPO § 222 Abs. 2
GVG § 26 Abs. 1
KostO § 30
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

11 VA 14/01 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In der Justizverwaltungssache

hat das Brandenburgische Oberlandesgericht, 11. Zivilsenat, durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Goebel, den Richter am Oberlandesgericht Ebling und den Richter am Landgericht Hüsgen

am 28. Mai 2001

beschlossen:

Tenor:

Der Antrag des Antragstellers vom 28.03.2001 auf gerichtliche Entscheidung wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Der Antragsteller wendet sich in der Sache gegen die Richtigkeit eines Eingangsstempels und begehrt dessen Korrektur vom 01.01.2001 auf den 30.12.2000. Ein Mahnbescheidsantrag des Antragstellers vom 20.12.2000 trägt den Eingangsstempel des Amtsgerichts Cottbus mit dem Datum 01.01.2001. Der Antragsteller hat unter Vorlage einer eigenen eidesstattlichen Versicherung sowie einer eidesstattlichen Versicherung seiner Ehefrau geltend gemacht, den Mahnbescheidsantrag bereits am 30.12.2000 gegen 19:30 Uhr in den Nachtbriefkasten des Amtsgerichts eingeworfen zu haben, und hat zuletzt mit Schreiben vom 28.03.2001 begehrt, die Mahnbescheide dem Jahre 2000 klar erkennbar zuzuordnen.

Der Antragsgegner sah nach zweimaligem Hinweis auf § 193 BGB von einer Ergänzung der Abstempelung ab, da der 01.01.2001 auf einen Montag falle.

Nach einem Hinweis des Landgerichts zur Prozesslage wollte der Antragsteller unter gleichzeitiger Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand sein Begehren gemäß Schriftsatz vom 02.05.2001 als Antrag auf gerichtliche Entscheidung über einen Justizverwaltungsakt verstanden wissen.

II.

1.

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist gem. § 23 Abs. 1 S. 1 EGGVG statthaft, da die Abänderung eines Eingangsstempels auf dem Mahnbescheidsantrag einen Justizverwaltungsakt darstellt. Ein Justizverwaltungsakt ist jedes hoheitliche Handeln einer Justizbehörde zur Regelung einer einzelnen Angelegenheit auf einem der in § 23 Abs. 1 EGGVG genannten Gebiete, das geeignet ist, den Betroffenen in seinen Rechten zu verletzen, also auch schlicht hoheitliches Handeln (vgl. Kiesel, GVG, 2. Aufl., § 23 EGGVG Rn. 29 m.z.w.N.).

Die nach Gliederungsnummer V. Nr. 3 der Geschäftsordnung für die Gerichte und die Staatsanwaltschaften des Landes Brandenburg vom 24.10.1994. (Justizministerial-Bl. 178) erforderliche Angabe des Zeitpunktes der Entgegennahme oder des Einganges eines Schriftstückes ist, wenn sie unzutreffend gefertigt wird, geeignet, Rechtsnachteile des Betroffenen zu begründen. Der gerichtliche Eingangsstempel ist eine öffentliche Urkunde i.S.d. § 418 ZPO und beweist den Zeitpunkt des Einganges des Schriftstückes bei Gericht. Dem Verfasser legt er nach § 418 Abs. 2 ZPO zu seiner Entkräftung den Gegenbeweis auf (vgl. BGH NJW 1998, 461). Er entfaltet mithin eine prozessuale Rechtsfolge und somit eine unmittelbare Außenwirkung, nämlich eine den Verfasser treffende Darlegungs- und Beweislast, der er bei ordnungsgemäßer Erfassung der Eingangszeit und des Eingangsdatums enthoben wäre. Insoweit ist der gerichtliche Eingangsstempel aufgrund der mit ihm einhergehenden Beweislastverteilung nicht zu vergleichen mit der bloßen Wissenserklärung über das Ergebnis der Ermittlung zur Frage seiner Richtigkeit, die ein Gericht im Streitfalle frei, ohne Beweisregel, würdigen darf (vgl. zu einer derartigen Konstellation KG, NJW-RR 1994, 571).

Soweit der Antragsteller den Antrag nach Ablauf der Monatsfrist des § 26 Abs. 1 GVG gestellt hat, steht dies der Zulässigkeit seines Antrages nicht entgegen, denn jedenfalls liegen die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung gem. § 26 Abs. 3 EGGVG vor.

2.

Der Antrag ist sachlich nicht gerechtfertigt, denn weder die Ablehnung der Änderung des Eingangsstempels durch den Antragsgegner noch dessen Unterlassen der Überprüfung seiner Richtigkeit verletzen den Antragsteller in seinen Rechten. Zwar hat eine Prozesspartei Anspruch auf die ordnungsgemäße Erfassung ihres Schriftgutes und, bei nachvollziehbaren Zweifeln an deren Richtigkeit, Anspruch auf eine aussagekräftige Untersuchung der Erfassungsumstände durch die dafür verantwortliche Behörde; indessen fehlt es bei einem unveränderten Eingangsstempel vom 01.01.2001 auch dann an einer Beeinträchtigung der Rechte des Antragstellers, wenn dieser den Mahnbescheidsantrag tatsächlich bereits am 30.12.2000 in den Nachtbriefkasten eingeworfen haben sollte. Die für den Antragsteller maßgeblichen Verjährungsfristen endeten am 31.12.2000 um 24:00 Uhr und wären, da der 31.12.2000 ein Sonntag war, auch dann unterbrochen, wenn der Antragsteller den Mahnbescheidsantrag am 01.01.2001, dem aus dem Eingangsstempel ersichtlichen Datum, beim Amtsgericht eingereicht hätte, worauf der Antragsgegner bereits wiederholt hingewiesen hat. § 193 BGB bezweckt die Wahrung der Sonn- und Feiertagsruhe und ist, ebenso wie seine prozessuale Parallelvorschrift, § 222 Abs. 2 ZPO, auf Prozesshandlungen anzuwenden, soweit diese zugleich eine materiell-rechtliche Wirkung haben. Sie gilt daher auch für die zur Unterbrechung der Verjährung erhobenen Gerichtsverfahren (vgl. Palandt-Heinrichs, 59. Aufl., § 193 Rn. 2).

Der Verfahrenswert beträgt 5.000,00 DM, §§ 30 EGGVG, 30 KostO.

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