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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 19.02.2007
Aktenzeichen: 11 W 60/06
Rechtsgebiete: ZPO, SGB XII


Vorschriften:

ZPO § 114
ZPO § 115 Abs. 1 Nr. 1
ZPO § 115 Abs. 1 Nr. 1 a
ZPO § 115 Abs. 1 Nr. 1 b
ZPO § 115 Abs. 1 Nr. 2 a
ZPO § 115 Abs. 1 Nr. 2 b
ZPO § 115 Abs. 1 Nr. 3
ZPO § 115 Abs. 1 Nr. 4
ZPO § 115 Abs. 2
ZPO § 127 Abs. 2 S. 3
ZPO § 569 Abs. 1 S. 1
SGB XII § 82 Abs. 2 Nr. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

11 W 60/06 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In dem Prozesskostenhilfeverfahren

hat der 11. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch die Richterin am Landgericht Fischer-Dankworth als Einzelrichterin

am 19. Februar 2007

beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Antragsteller vom 4. Dezember 2006 wird der Beschluss des Landgerichts Potsdam vom 10. November 2006 - Az.: 6 O 530/05 - in der Fassung des Nichtabhilfebeschlusses vom 8. Dezember 2006 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Entscheidung an das Landgericht Potsdam zurückverwiesen. Das Landgericht wird angewiesen, das Prozesskostenhilfegesuch der Antragsteller nicht wegen mangelnder Bedürftigkeit zurückzuweisen.

Gründe:

I.

Mit ihrer beabsichtigten Klage im Urkundenprozess begehren die Antragsteller die Verurteilung des Antragsgegners zur Zahlung von 26.689,50 €, gestützt auf ein selbständiges Schuldanerkenntnis, das dieser am 26. November 2002 unterschrieben haben soll.

Die Antragsteller haben Prozesskostenhilfe beantragt. Das Landgericht hat den Antrag mit Beschluss vom 10. November 2006 zurückgewiesen, weil die Antragsteller nicht ausreichend dargelegt hätten, dass sie nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht in der Lage seien, die Kosten der Prozessführung zu bestreiten. Es sei bereits nicht erkennbar, ob die Rechtsschutzversicherung der ... Rechtsschutz-Service GmbH eine Deckungszusage für den vorliegenden Rechtsstreit abgegeben habe. Aber auch unter Berücksichtigung der angegebenen monatlichen Einkünfte und Ausgaben seien die Antragsteller nicht bedürftig. Gegen den ihnen am 21. November 2006 zugestellten Beschluss haben die Antragsteller mit den beim Landgericht Potsdam am 4. Dezember 2006 eingegangenen Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt, der das Landgericht Potsdam mit Beschluss vom 8. Dezember 2006 nicht abgeholfen hat. Es hat die Sache dem Brandenburgischen Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die sofortige Beschwerde ist zulässig; sie ist insbesondere innerhalb der Notfrist gemäß § 569 Abs. 1 S. 1, § 127 Abs. 2 S. 3 ZPO eingelegt und begründet worden.

Die sofortige Beschwerde hat in der Sache teilweisen Erfolg.

Gemäß § 114 ZPO ist Prozesskostenhilfe zu bewilligen, wenn die antragstellende Partei nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur teilweise oder nur in Raten aufbringen kann und die beabsichtigte Rechtsverfolgung bzw. -verteidigung Aussicht auf Erfolg bietet. Für die Kosten der Prozessführung sind sowohl das erzielte Einkommen als auch das Vermögen, soweit zumutbar, einzusetzen (§ 115 ZPO).

Für die Berechnung der Leistungsfähigkeit der Antragsteller ist daher zunächst von ihrem erzielten Nettoeinkommen zzgl. des Kindergeldes als Gesamteinkommen auszugehen. Dieses wurde anhand der von dem Antragsteller zu 1. vorgelegten Gehaltsabrechnungen unter Berücksichtigung des anteiligen Weihnachts- und Urlaubsgeldes ermittelt und ist mit 2.960,25 €/netto monatlich anzusetzen.

Nach § 115 Abs. 1 Nr. 1 a ZPO, § 82 Abs. 2 Nr. 3 SGB XII sind Beiträge für gesetzlich vorgeschriebene und angemessene Versicherungen bei der Berechnung des verbleibenden Einkommens zu berücksichtigen. Soweit hierunter die Kranken- und Rentenversicherungen fallen, sind diese bereits bei der Ermittlung des Nettoeinkommens berücksichtigt worden. Darüber hinaus sind aber auch die Autohaftpflichtversicherung als auch gesetzlich nicht vorgeschriebene Versicherungsbeiträge berücksichtigungsfähig, sofern diese nach Grund und Höhe angemessen sind. Dies trifft für die Beitragszahlungen zur "Riesterrente", zur Hausrats- und Rechtsschutzversicherung, sowie für die Unfall-Prämienrückgewähr-Versicherung zu. Die Beträge nach § 115 Abs. 1 Nr. 1 b, Nr. 2 a, 2 b ZPO bestimmen sich nach der Prozesskostenhilfebekanntmachung 2006 vom 9. Juni 2006 (BGBl. I, 1292).

Bei den Kosten für Unterkunft und Heizung (§ 115 Abs. 1 Nr. 3 ZPO) sind grundsätzlich sämtliche Finanzierungs- und Heizungskosten anrechenbar, die sich unter Berücksichtigung der Zahlungen auf den Darlehensvertrag bei der ... Bank AG auf 1.097,33 € zzgl. 80,00 € Heizungskosten, mithin auf 1.177,33 € belaufen. Dagegen sind die mit der Wohnung im Zusammenhang stehenden Kosten nicht zu berücksichtigen, da z. B. Wasser- und Abwasserkosten sowie sonstige Nebenkosten (Abfallgebühren, Grundsteuern u. ä.) der allgemeinen Lebensführung unterfallen und daher bereits im Freibetrag enthalten sind (so auch OLG Bamberg, FamRZ 2005, 1183).

Darüber hinaus können nach § 115 Abs. 1 Nr. 4 ZPO auch besondere Ausgaben als einkommensmindernd berücksichtigt werden, wozu die Fahrtkosten des Antragstellers zu 1. in Höhe von 200,00 €, die BVG-Monatskarte der Tochter der Antragsteller in Höhe von 62,50 € und die Ratenzahlungen für Rechtsanwaltsgebühren aus der Rechnung vom 14. November 2003 in Höhe von 50,00 € gehören.

Für die Beurteilung der Bedürftigkeit ist daher von folgender Berechnung auszugehen:

 Einkommen: 2.960,25 € (Steuern, Kindergeld sowie gesetzliche Abzüge sind bereits berücksichtigt)
§ 115 Abs. 1 Nr. 1 ZPO:380,00 für den Antragsteller zu 1. nebst
 € 173,00 € 
 230,00 € für die Antragstellerin zu 2. und
 266,00 € für die Tochter der Antragsteller.
§ 115 Abs. 1 Nr. 3 ZPO:80,00 €Heizkosten
 1.097,33 €mtl. Rate
§ 115 Abs. 1 Nr. 4 ZPO:200,00 €Fahrtkosten
 66,78 €Beitrag für die Riesterrente
 16,95 €Autohaftpflichtversicherung
 20,05 €Hausratsversicherung
 30,01 €Rechtsschutzversicherung
 45,45 €Unfallversicherungsbeitrag
 50,00 €Rate auf die RA-Rechnung
 62,50 €Monatskarte der Tochter
gesamt:242,21 €.

Der Gewährung von Prozesskostenhilfe steht die von den Antragstellern abgeschlossene Rechtsschutzversicherung nicht entgegen. Aus dem nunmehr vorgelegten Schreiben der ... Rechtsschutz-Service GmbH vom 15. Januar 2007 ergibt sich zweifelsfrei, dass der beabsichtigte Rechtsstreit nicht vom Versicherungsschutz umfasst ist.

Das Landgericht wird nunmehr die Erfolgssaussicht der beabsichtigten Klage zu prüfen haben. Sollte diese gegeben sein, wird den Antragstellern Prozesskostenhilfe jedoch gemäß § 115 Abs. 2 ZPO nur unter Anordnung einer Ratenzahlung von 75,00 €/monatlich zu gewähren sein.

Ende der Entscheidung

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