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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 10.12.2007
Aktenzeichen: 11 W 73/07
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 91a Abs. 2 S. 1
ZPO § 93
ZPO § 256 Abs. 1
ZPO § 569 Abs. 1 S. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

11 W 73/07 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In dem Rechtsstreit

hat der 11. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts am 10. Dezember 2007 durch den Richter am Oberlandesgericht Pliester als Einzelrichter (§ 568 S. 1 ZPO)

beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Landgerichts Frankfurt/Oder vom 12. Oktober 2007 zu Ziff. 2 abgeändert.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz werden gegeneinander aufgehoben.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Beklagte.

Streitwert für das Beschwerdeverfahren: bis 900,00 €.

Gründe:

I.

Mit Anwaltsschriftsatz vom 18. Juli 2006 machte der Beklagte gegenüber der Klägerin unter anderem Zahlungsansprüche in Höhe von 14.000,00 € und von 10.333,07 € geltend und setzte eine Zahlungsfrist bis zum 04. August 2006. Über den Betrag von 14.000,00 € führte der Beklagte eine Klage; durch Urteil vom 26. Juni 2007 (Az.: 12 O 76/07 LG Frankfurt/Oder) wurde diese abgewiesen.

In vorliegendem Rechtsstreit hat der Beklagte die Klägerin im Wege der negativen Feststellungsklage im Hinblick auf die im Vorverfahren nicht streitgegenständlichen 10.333,07 € in Anspruch genommen. Die Zustellung der Klageschrift vom 22. August 2007 (Bl. 113) erfolgte am 30. August 2007 (Bl. 117). Bereits zuvor hatte der Beklagte mit außergerichtlichen Schreiben vom 28. August 2007 (Bl. 125 d.A.) erklären lassen, es würden keine weiteren Forderungen gegen die Klägerin mehr geltend gemacht. Daraufhin hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 29. August 2007, beim Landgericht eingegangen am 31. August 2007, den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Der Beklagte hat sich der Erledigungserklärung angeschlossen.

Durch den angefochtenen Beschluss hat das Landgericht die Kosten des Rechtsstreits der Klägerin auferlegt und zur Begründung ausgeführt: Nachdem das Schreiben des Beklagtenvertreters vom 28. August 2007 der Klägerin bereits vor Zustellung der Klageschrift zugegangen sei, stehe fest, dass das erledigende Ereignis schon vor Rechtshängigkeit eingetreten sei; dies allein führe zur Kostentragungspflicht der Klägerin. Zudem habe der Beklagte für die Erhebung der Feststellungsklage keine Veranlassung gegeben. Die Klägerin hätte die Ungewissheit über den Bestand der behaupteten Rückzahlungsansprüche durch eine Aufforderung an den Beklagten, sich hierüber zu erklären, beseitigen können.

Gegen diesen ihm am 01. November 2007 zugestellten Beschluss richtet sich die am 08. November 2007 beim Landgericht Frankfurt/Oder eingelegte sofortige Beschwerde, mit der die Klägerin beantragt,

den angefochtenen Beschluss abzuändern und die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz gegeneinander aufzuheben.

Zur Begründung verweist die Klägerin darauf, dass die Gefahr ihrer gerichtlichen Inanspruchnahme durch den Beklagten bis zum Eingang des außergerichtlichen Schreibens der Gegenseite vom 28. August 2007 fortbestanden habe.

Der Beklagte beantragt,

die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.

Er meint, er habe die noch streitige Forderung gerade deshalb nicht gerichtlich betrieben, weil er für die Hingabe eines Darlehens keinerlei Beweise gehabt habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird ergänzend auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Das Landgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen (Beschluss vom 28. November 2007; Bl. 146R d. A.).

II.

Die sofortige Beschwerde der Klägerin ist statthaft gem. § 91a Abs. 2 S. 1 ZPO und auch im Übrigen zulässig, insbesondere in der Frist des § 569 Abs. 1 S. 1 ZPO beim Landgericht eingegangen. In der Sache hat das Rechtsmittel Erfolg; entsprechend dem Antrag der Klägerin sind die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens gegeneinander aufzuheben.

Nachdem die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt hatten, war über die Kosten des Rechtsstreits unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden. Zutreffend hat das Landgericht ausgeführt, dass das erledigende Ereignis hier in dem Zugang des Beklagtenschreibens vom 28. August 2007 zu erblicken ist; denn das gem. § 256 Abs. 1 ZPO für die negative Feststellungsklage erforderliche Feststellungsinteresse wäre jedenfalls durch die Klarstellung des Beklagten, er verfolge den Zahlungsanspruch von 10.333,07 € nicht weiter, weggefallen.

Anders als das Landgericht ausgeführt hat, folgt indes die alleinige Kostentragungspflicht der Klägerin nicht aus dem Umstand, dass das erledigende Ereignis zeitlich vor der Zustellung der Klage (am 30. August 2007) liegt. Nach ständiger Rechtsprechung (vgl. etwa OLG Koblenz NJW-RR 2000, 1092 unter Hinweis auf BGHZ 21, 298) kommt es im Rahmen der Billigkeitsentscheidung auf diesen - oft zufälligen - zeitlichen Ablauf gerade nicht an.

Im Rahmen der Billigkeitsentscheidung hat das Landgericht die Wertung des § 93 ZPO, es komme für die Kostentragungspflicht auch auf die Frage der Klageveranlassung an, im Ergebnis zu Recht herangezogen. Anders als das Landgericht ist der Senat aber der Auffassung, dass eine Kostenaufhebung unter den Umständen des Streitfalls eher sachgerecht ist.

Zum einen kann nicht übersehen werden, dass der Beklagte zur Erhebung der negativen Feststellungsklage Anlass gegeben hat. Er hat sich am 18. Juli 2006 (Bl. 19, 21 d. A.) ernsthaft durch einen anwaltlichen Schriftsatz der hier streitigen Forderung berühmt und zur Erfüllung eine Frist zum 04. August 2006 gesetzt. Weiter hat er - auch im Hinblick auf diesen Betrag - eine Leistungsklage angedroht. Von seinem Rechtsstandpunkt, ihm stehe - neben dem eingeklagten Betrag von 14.000,00 € - diese weitere Forderung zu, ist der Beklagte, soweit sich dies den Akten entnehmen lässt, bis zum 28. August 2007 in keiner Weise abgerückt. Damit steht fest, dass das Rechtsschutzbedürfnis für die Erhebung einer negativen Feststellungsinteresse bis zum Erledigungszeitpunkt bestanden hat.

Auf der anderen Seite ist aber zu berücksichtigen, dass die Klägerin, wie schon das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, auf Grund des für sie erfolgreichen Verlaufs des vorangegangenen Klageverfahrens mit einiger Wahrscheinlichkeit damit rechnen konnte, dass der Beklagte von der Geltendmachung der 10.333,07 € Abstand nehmen werde. Aller Voraussicht nach hätte eine außergerichtliche Nachfrage unter Vermeidung von Prozesskosten ebenfalls dazu geführt, dass der Beklagte seine dahingehenden Ansprüche ohne weiteres fallen lässt.

Bei der Abwägung der Kosten-Verursachungsbeiträge hält es der Senat für sachgerecht, beide Parteien gleich zu belasten, was nach der Wertung des § 92 Abs. 1 ZPO zu einer Kostenaufhebung - wie von der Klägerin in der Beschwerdeinstanz beantragt - führt.

III.

Die Kostenentscheidung für die Beschwerdeinstanz folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Ein Anlass für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 574 Abs. 2, 3 ZPO) ist nicht erkennbar. Der Streitwert für die Berufungsinstanz entspricht dem geschätzten Interesse der Klägerin an der begehrten Abänderung der erstinstanzlichen Kostenentscheidung.

Ende der Entscheidung

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