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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 30.07.2007
Aktenzeichen: 11 Wx 14/07
Rechtsgebiete: VBVG, BGB, FGG


Vorschriften:

VBVG § 5
VBVG § 5 Abs. 1
VBVG § 5 Abs. 2
VBVG § 5 Abs. 4 S. 2
BGB § 187 Abs. 1
BGB § 188 Abs. 1
BGB § 1836 e
BGB § 1908l Abs. 3
FGG § 56 g Abs. 5 S. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

11 Wx 14/07 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In dem Betreuervergütungsverfahren

hat der 11. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts am 30. Juli 2007 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Goebel, den Richter am Oberlandesgericht Ebling und den Richter am Oberlandesgericht Pliester

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde des Bezirksrevisors gegen den Beschluss des Landgerichts Cottbus vom 01. Februar 2007 - Az.: 7 T 325/06 - wird zurückgewiesen.

Gegenstandswert: 1.663,20 €

Gründe:

I.

Für die Betroffene ist seit dem 09. Mai 2005 eine Betreuung eingerichtet; Betreuer ist der Beteiligte zu 2. als Mitarbeiter der Beteiligten zu 1. Gegenstand des Rechtsbeschwerdeverfahrens ist die Betreuervergütung für den Zeitraum vom 01. Juli bis zum 31. Dezember 2005, welche der Beteiligte zu 1. mit Schreiben vom 14. Februar 2006 abgerechnet hat (Bl. 12 des Abrechnungsheftes). Wegen des Sachstandes im Beschwerdeverfahren wird auf die vollständige Darstellung in dem angefochtenen Beschluss Bezug genommen.

Das Landgericht hat die pauschale Betreuervergütung unter teilweiser Abänderung der Festsetzung durch das Amtsgericht wie folgt festgesetzt:

vom 01. bis 31.07.2005: 8,5 Stunden

vom 01. bis 09.08.2005: 2,6 Stunden

vom 10. bis 31.08.2005: 5,2 Stunden

vom 01. bis 12.09.2005: 2,8 Stunden

vom 13. bis 30.09.2005: 3,3 Stunden

vom 01. bis 31.10.2005: 5,5 Stunden

vom 01. bis 09.11.2005: 1,7 Stunden

vom 10. bis 30.11.2005: 3,5 Stunden

vom 01. bis 31.12.2005: 5,0 Stunden

Summe: 38,1 Stunden

vom Beteiligten zu 1. geltend gemacht: 37,8 Stunden

Hierbei ist das Landgericht von folgenden Überlegungen ausgegangen:

Bei der Ermittlung des Stundenansatzes nach § 5 Abs. 1 und 2 VBVG komme es nicht auf den Zeitpunkt der Bewilligung der Vergütung an, sondern auf die Vermögenssituation der Betroffenen während des Vergütungszeitraums. Trete die Mittellosigkeit der Betroffenen während eines Abrechnungsmonats ein, so sei unter entsprechender Anwendung der §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 1 BGB taggenau abzurechnen. Dies ergebe sich zum einen aus dem eindeutigen Wortlaut des § 5 Abs. 4 S. 2 VBVG. Zum anderen sei der durchschnittliche Zeitaufwand für die Betreuung eines vermögenden Betreuten größer als bei Mittellosigkeit. Es sei hinzunehmen, dass für jeden Tag des Abrechnungszeitraums geprüft werden müsse, ob die Schongrenze überschritten sei.

Dagegen komme es für die Frage, wer Schuldner der Vergütung sei, auf den Zeitpunkt der Entscheidung über den Vergütungsantrag an.

Für den Zeitraum bis zum 12. September 2005 ist das Landgericht bei seiner Abrechnung demgemäß vom Vorhandensein von Vermögen ausgegangen. Da das Vermögen der Betroffenen durch eine Überweisung vom 12. September 2005 (Betrag: 4.000,00 €) unter die Schongrenze gefallen ist (vgl. Kontoverdichtung vom 09. August 2006; Bl. 44 d.A.), hat das Landgericht die Vergütung ab dem 13. September 2005 nach § 5 Abs. 2 VBVG bestimmt.

Im Ergebnis hat das Landgericht die aus der Landeskasse zu zahlende Vergütung auf 1.663,20 € festgesetzt.

Wegen der weiteren Einzelheiten der angefochtenen Entscheidung wird auf die bei den Akten befindliche Ausfertigung (Bl. 55 ff.) Bezug genommen. Das Landgericht hat die weitere sofortige Beschwerde zugelassen.

Gegen diesen ihm am 14. Februar 1007 zugestellten Beschluss richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 3., zu den Akten gelangt am 15. Februar 2007. Der Beteiligte zu 3. begründet das Rechtsmittel wie folgt:

Die Vergütung sei aus dem Vermögen der Betreuten aufzubringen. Dass das Vermögen unter die Schongrenze gefallen sei, sei ausschließlich auf die Überweisung vom 12. September 2005 zurückzuführen. Wenn sich der Betrag von 4.000,00 € noch im Vermögen der Betreuten befinde oder die Betreute ihre Mittellosigkeit vorsätzlich herbeigeführt habe, sei sie in jedem Fall in der Lage, unter Wahrung des Schonbetrags die Vergütung selbst zu zahlen.

Hilfsweise führt der Beteiligte zu 3. aus:

Im Gegensatz zu der Rechtsauffassung des Landgerichts sei die Änderung der Vermögensverhältnisse der Betreuten nicht als die Vergütung betreffender Umstand im Sinne des § 5 Abs. 4 S. 2 VBVG anzusehen. Dies ergebe sich eindeutig aus der Gesetzesbegründung zu § 1908l Abs. 3 BGB-E. Eine taggenaue Ermittlung des Vermögens des Betreuten sei besonders aufwändig und stehe zu dem Ziel des Gesetzes, die Abrechnung zu erleichtern, in Widerspruch.

Weiterhin macht der Beteiligte zu 3. geltend, bei einer Festsetzung gegen die Staatskasse seien stets nur die geringeren Stundensätze zu erstatten. Dies werde besonders deutlich in Fällen, in denen das Vermögen des Betreuten während des gesamten in Betracht zu ziehenden Zeitraums (einschließlich der der Abrechnungsreife) nur knapp über der Schongrenze liege.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Rechtsbeschwerdebegründung wird auf den Schriftsatz vom 15. Juni 2007 (Bl. 74 d.A.) Bezug genommen.

Auf Nachfrage des Senats hat der Beteiligte zu 2. zu der Überweisung in Höhe von 4.000,00 € erklärt: Die Betroffene habe die Überweisung aus eigenen Stücken zu Gunsten ihrer Kinder getätigt, weil sie diese habe absichern wollen. Da für die Kinder eine Vormundschaft bestellt sei, sei ein Zugriff auf dieses Geld nicht möglich.

II.

Die weitere Beschwerde ist gem. § 56 g Abs. 5 S. 2 FGG statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht (§§ 27, 29, 22 FGG) eingelegt worden.

In der Sache bleibt das Rechtsmittel ohne Erfolg. Das Landgericht hat die Vergütung für den Zeitraum vom 01. Juli bis zum 31. Dezember 2005 in Höhe von 1.663,20 € rechtsfehlerfrei gegen die Staatskasse festgesetzt.

1.

Das Landgericht geht zunächst mit Recht davon aus, dass die Betreute seit dem 13. September 2005 mittellos im Sinne des § 5 Abs. 2 VBVG war. Dass die Betreute noch im Besitz der 4.000,00 € war, ist unter Berücksichtigung der Stellungnahme des Beteiligten zu 2. nicht festzustellen. Vom 13. September 2005 an hat die Betreute (nur) über ein Vermögen verfügt, welches unterhalb der Schongrenze von 3.112,00 € liegt. Ob die Mittellosigkeit damit "vorsätzlich", wie die Rechtsbeschwerde geltend macht, herbeigeführt wurde, spielt im Ergebnis keine Rolle; denn das Gesetz stellt nicht auf die Gründe für die Mittellosigkeit ab. Ein der Entscheidung des LG Kleve (JurBüro 1999, 654R) vergleichbarer Fall liegt nicht vor; in jenem Fall hat die Betreute im Zusammenwirken mit der Betreuerin die Vermögenslosigkeit durch die Befriedigung nachrangiger Ansprüche vorsätzlich herbeigeführt.

Ob und inwieweit die Staatskasse aus dem in § 1836 e BGB angeordneten Forderungsübergang Folgen im Hinblick auf die weggegebenen Vermögenswerte ziehen will, ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens.

2.

Ohne Rechtsfehler hat das Landgericht für die Frage der Vergütungshöhe auf das Vermögen während der Betreuungszeit abgestellt, während es für die Frage des Vergütungsschuldners den Zeitpunkt der gerichtlichen Festsetzungsentscheidung maßgeblich hält. Das Landgericht steht damit in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des OLG Dresden (Beschluss vom 19. Februar 2007; 3 W 77/07), der der Senat folgt.

§ 5 Abs. 4 S. 2 VBVG sieht vor, dass eine Änderung der Umstände, die sich auf die Vergütung auswirken, nach Tagen zu berechnen sei. Zu diesen Umständen gehört etwa der Umzug des Betreuten in ein Heim oder der Eintritt der Mittellosigkeit. Die Frage der Vergütungshöhe ist gesetzessystematisch in § 5 VBVG mithin gerade nicht an die - nachrangig zu beantwortende - Frage geknüpft, ob der Betreute oder die Staatskasse die Vergütung bezahlen muss (ebenso Jürgens, Betreuungsrecht, 3. Aufl., § 5 VBVG RN 7). Im Gegensatz zu der Auffassung der Rechtsbeschwerde lässt sich anderes auch nicht aus den Gesetzesmaterialien herleiten. In der Gesetzesbegründung (Bundestags-Drucksache 15/2494L) ist als Beispiel für die Berechnung pro rata temporis zwar nur der Umzug in das Heim und der Tod des Betreuten genannt; dass anderes im Hinblick auf die Mittellosigkeit des Betreuten gelten soll, ergibt sich hieraus indes nicht. In der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses (Drucksache 15/4874) wird als rechtfertigender Grund für die geringere Vergütung von mittellosen Betreuten angegeben, dass die Betreuung in der Regel weniger Aufwand verursacht. Wenn der Rechtsausschuss daneben das Motiv der Schonung der Staatsfinanzen nennt, so trifft dieses für den Regelfall, dass Betreute sowohl im Betreuungszeitraum als auch zum Zeitpunkt der Festsetzung vermögenslos sind, auch zu, lässt aber angesichts des klaren Wortlauts des § 5 VBVG keine Auslegung dahin zu, dass immer dann, wenn die Vergütung gegen die Staatskasse festgesetzt werden muss, die geringeren Stundensätze des § 5 Abs. 2 VBVG maßgeblich sein sollen.

Die praktischen Bedenken, die die Rechtsbeschwerde gegen diese Auslegung vorbringt, erachtet der Senat als nicht durchgreifend. Dass das Vormundschaftsgericht bei der Festsetzung der Vergütung - und zwar auch dann, wenn dem Betreuer die Vermögenssorge nicht übertragen ist - die Frage der Mittellosigkeit klären muss, ist von der gesetzlichen Regelung vorgegeben. Die zusätzlichen Schwierigkeiten, die eine taggenaue Ermittlung verursacht, dürften nur in Ausnahmefällen einen besonderen Bearbeitungsaufwand verursachen; dem Senat ist jedenfalls kein Fall bekannt geworden, in dem das Vermögen eines Betreuten um die Schongrenze "gependelt" hat. In aller Regel tritt die Vermögenslosigkeit eines Betreuten, sofern er aus seinem Vermögen einen Teil der Unterbringungskosten zu tragen hat, zu einem bestimmten Zeitpunkt ein, ohne dass sich hieran in der Zukunft etwas ändert. Auch den von der Rechtsbeschwerde vorgebrachten Beispielsfall, dass der Betreute - ggfs. im Zusammenwirken mit dem Betreuer - das Vermögen stets knapp über der Schongrenze hält, dürfte es praktisch kaum geben.

3.

Nachdem feststeht, dass die Betroffene jedenfalls zum Zeitpunkt der Bewilligungsreife kein Vermögen oberhalb der Schongrenze hatte, ist die Festsetzung gegen die Staatskasse mithin zu Recht erfolgt (§ 1 Abs. 2 S. 2 VBVG).

Ende der Entscheidung

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