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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 02.08.2007
Aktenzeichen: 11 Wx 42/07
Rechtsgebiete: BGB, FGG


Vorschriften:

BGB § 1846
BGB § 1906 Abs. 1 Nr. 2
BGB § 1908 i Abs. 1 S. 1
FGG § 70h
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

11 Wx 42/07 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In dem Unterbringungsverfahren

betreffend: Frau A... B...,

hat der 11. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts am 02. August 2007 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Goebel, den Richter am Oberlandesgericht Ebling und den Richter am Oberlandesgericht Pliester

beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige weitere Beschwerde der Betreuten werden der Beschluss des Landgerichts Potsdam vom 05. Juli 2007 und des Amtsgerichts Potsdam vom 29. Juni 2007 aufgehoben.

Der Antrag auf Unterbringung der Betroffenen zum Zwecke der medizinischen Heilbehandlung in einer geschlossenen Einrichtung wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Die Betroffene befindet sich seit dem 12. Februar 2007 zur Behandlung in der Klinik....

Mit Beschluss vom 03. März wurde die Betreuerin im Wege der einstweiligen Anordnung mit den Aufgabenkreisen Gesundheitssorge, Aufenthaltsbestimmung, Geltendmachung von Ansprüchen gegenüber Sozialleistungsträgern und Wohnungsangelegenheiten bestellt. Nach einer Stabilisierung der gesundheitlichen Situation der Betroffenen wurden die Aufgabenkreise eingeschränkt auf die Bereiche Gesundheitssorge, Geltendmachung von Ansprüchen gegenüber Sozialleistungsträgern, Vertretung vor Ämtern und Behörden sowie Wohnungsangelegenheiten. Die sofortige Wirksamkeit dieses Beschlusses vom 30. Mai 2007 wurde angeordnet.

Die Betreuerin beantragte mit Schreiben vom 28. Juni 2007 die Genehmigung der Unterbringung gem. § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB, weil sich der Zustand der Betroffenen verschlechtert habe. Die Unterbringung wurde von den behandelnden Ärzten (Attest vom 28. Juni 2007; Bl. 45 d. A.) für notwendig gehalten.

Durch Beschluss vom 29. Juni 2007 wurde die Unterbringung der Betroffenen in einer geschlossenen Einrichtung bis zu sechs Wochen (10. August 2007) genehmigt. Im Falle der Nichtbehandlung bestehe die Gefahr einer Chronifizierung des Krankheitsbildes, da eine Behandlungs- und Medikamentencompliance nicht gegeben sei.

Gegen diesen dem Verfahrenspfleger am 29. Juni 2007 zugestellten Beschluss hat dieser für die Betroffene am 03. Juli 2007 (Eingang) sofortige Beschwerde eingelegt. Zur Begründung hat er ausgeführt: Es sei zweifelhaft, ob eine Chronifizierung des Krankheitsbildes drohe. Die Unterbringung sei auch bei dem festgestellten Krankheitsbild nicht verhältnismäßig.

Das Landgericht hat nach Anhörung unter anderem der behandelnden Psychologin und des Oberarztes die sofortige Beschwerde zurückgewiesen. Die Unterbringung sei zur Durchführung einer Heilbehandlung erforderlich. Nach der ärztlichen Stellungnahme des Oberarztes Dr. T... bestehe noch immer keine hinreichende Krankheitseinsicht und Behandlungscompliance, wie der unzureichende Medikamentenspiegel belege; hieraus sei zu schließen, dass die Betroffene die Medikamente nicht in der verordneten Menge einnehme. Im Falle der Entlassung bestehe die Gefahr der Chronifizierung der Krankheit. Letztlich scheide eine Alternative zur geschlossenen Unterbringung aus; dies werde belegt durch die Tatsache, dass die Behandlungsneigung der Betroffenen seit dem Erlass des Unterbringungsbeschlusses stabiler geworden sei.

Gegen diesen Beschluss, der dem Verfahrenspfleger am 06. Juli 2007 zugestellt worden ist, richtet sich die weitere sofortige Beschwerde der Betroffenen, beim Landgericht eingegangen am 19. Juli 2007. Nach Weiterleitung der Akten (Verfügung des Landgerichts: 30. Juli 2007) liegen diese dem Senat seit dem 02. August 2007 zur Entscheidung vor.

Mit der weiteren sofortigen Beschwerde macht der Verfahrenspfleger geltend: Da sich die Betroffene bereits seit dem 12. Februar 2007 in teilstationärer bzw. stationärer Behandlung in der Klinik befinde, könne das Problem der regelmäßigen Medikamenteneinnahme nicht auf eine stationäre Unterbringung reduziert werden.

II.

Die weitere sofortige Beschwerde ist statthaft und zulässig; insbesondere ist die gesetzliche Frist und Form gewahrt (§§ 22, 27, 29 FGG). Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung der angefochtenen Beschlüsse und Ablehnung des Antrags auf Genehmigung der Unterbringung.

Zutreffend führt das Landgericht zwar die Voraussetzungen der Unterbringung zur Heilbehandlung (§ 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB) auf und kommt rechtsfehlerfrei zu dem Schluss, dass die Betroffene behandlungsbedürftig ist und die Notwendigkeit einer Behandlung krankheitsbedingt nicht erkennen kann. Keinen Bedenken begegnet weiter die Auffassung des Landgerichts, dass die Gefahr der Chronifizierung des Krankheitsbilds grundsätzlich eine Unterbringung rechtfertigen kann (vgl. OLG Schleswig FGPrax 2005, 136). Dies gilt hier insbesondere vor dem Hintergrund, dass insbesondere die Behandlung einer Ersterkrankung nach dem ärztlichen Zeugnis des Oberarztes Dr. T... zu einer vollständigen Heilung führen kann.

Eine Unterbringung zum Wohle des Betroffenen ist allerdings nur dann zulässig, wenn die Maßnahme erfolgversprechend ist. In diesem Zusammenhang sind hinreichende tatsächliche Feststellungen des Landgerichts nicht in ausreichendem Umfang erfolgt. Wie die Rechtsbeschwerde mit Recht aufführt, befindet sich die Betroffene bereits seit dem 12. Februar 2007 in teil- bzw. vollstationärer Behandlung. Zum Zeitpunkt der Beantragung der Unterbringung waren also bereits mehr als vier Monate vergangen, ohne dass sich der Zustand der Betroffenen gebessert hätte. Vor diesem Hintergrund hätte es näherer Ausführung darüber bedurft, warum eine - durch Unterbringungsgenehmigung erzwungene - weitere stationäre Behandlung, anders als zuvor, eine geeignete Maßnahme zur Heilung der Betroffenen darstellt.

Auf diesen Gesichtspunkt kommt es jedoch nicht entscheidend an. Denn es fehlt an einer weiteren Voraussetzung für die Genehmigung der Unterbringung. Auch im Rahmen einer einstweiligen Anordnung gem. § 70h FGG ordnet das Gericht die Unterbringung nicht an, sondern genehmigt eine dahin gehende Unterbringungsentscheidung des Betreuers. Dem Betreuer müssen im Rahmen des § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB mindestens die Aufgabenkreise "Aufenthaltsbestimmungsrecht" und "Gesundheitsfürsorge" übertragen sein, damit er eine Unterbringungsentscheidung treffen kann (vgl. Staudinger/Bienwald § 1906 RN 107; Palandt/Diederichsen § 1906 RN 7). Nachdem das Amtsgericht die Aufgabenkreise durch Beschluss vom 30. Mai 2007 so beschränkt hat, das gerade der Aufgabenkreis "Aufenthaltsbestimmungsrecht" nicht mehr von dem Betreuungsbeschluss umfasst war, konnte das Amtsgericht die Unterbringung nicht genehmigen, ohne wenigstens gleichzeitig den Aufgabenkreis der Betreuerin wieder zu erweitern.

Zwar kann das Vormundschaftsgericht ausnahmsweise gem. §§ 1908 i Abs. 1 S. 1, 1846 BGB Maßnahmen der Unterbringung auch ohne vorherige Bestellung eines Betreuers anordnen, wenn die Betreuerbestellung alsbald - innerhalb weniger Tage - nachgeholt wird (vgl. BGH FamRZ 2002, 744). Dass solches geschehen wäre - oder auch nur beabsichtigt war - ist den Akten indes nicht zu entnehmen.

Da die Unterbringungsentscheidung des Amtsgerichts sich aus den genannten formellen Gründen demgemäß als rechtswidrig darstellt, ist sie auf die Rechtsbeschwerde hin aufzuheben, wobei sich die Aufhebung aus Gründen der Klarheit auch auf die Beschwerdeentscheidung erstreckt.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.

Ende der Entscheidung

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