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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 03.09.2009
Aktenzeichen: 11 Wx 49/06
Rechtsgebiete: BGB, BVormG


Vorschriften:

BGB § 1908 i
BGB § 1836 a
BVormG § 1 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die weitere sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1. wird der Beschluss des Landgerichts Potsdam (5 T 505/05) vom 27. Juni 2006 abgeändert.

In Abänderung des Beschlusses des Amtsgerichts Brandenburg an der Havel (18 XVII F 5776) vom 25. August 2005 wird die der Beteiligten zu 1. und Beschwerdeführerin für den Zeitraum vom 23.12.2004 bis zum 13.05.2005 zu gewährende Vergütung auf 1.854, 46 € einschließlich der gesetzlichen Mehrwertsteuer festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Beteiligte zu 1. war Betreuerin des inzwischen verstorbenen Betroffenen. Sie verfügt über die staatliche Anerkennung als Erzieherin, den Abschluss als Sozialmanagerin (nach einem Fernlehrgang) sowie die staatliche Anerkennung als Heilpädagogin. Das Amtsgericht hat ihr für den im Beschlusstenor genannten Zeitraum, ausgehend von einem in dem Beschwerdeverfahren nicht angegriffenen Zeitaufwand von 51,57 Stunden, eine nach den §§ 1908 i, 1836 a BGB festzusetzende Vergütung gewährt. Dabei hat es einen Stundensatz von jeweils 23,00 € (netto) zugrunde gelegt. Mit der dagegen gerichteten sofortigen Beschwerde hat die Beteiligte zu 1. die Bemessung des Stundensatzes mit 31,00 € und damit den Höchstsatz begehrt. Zur Begründung hat sie ihre besondere berufliche Qualifikation angeführt.

Das Landgericht hat aus den Gründen des angefochtenen Beschlusses, auf die - auch wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes - Bezug genommen wird, das Rechtsmittel zu-rückgewiesen. Es hat dabei im Wesentlichen darauf abgestellt, dass die Lehreinrichtung, in der die Beteiligte zu 1. die Voraussetzungen für die staatliche Anerkennung als Heilpädagogin erlangte, weder als Hochschule noch als Fachhochschule qualifiziert werden könne, was die Zuerkennung eines Stundensatzes von 31,00 € ausschließe.

Hiergegen wendet sich die Beteiligte zu 1. mit der weiteren sofortigen Beschwerde. Sie verweist auf ihre rechtliche Argumentation im Beschwerdeverfahren und stellt zunächst insbesondere ihre langjährige Berufserfahrung sowie die von ihr erworbenen Vorqualifikationen als Erzieherin und als Sozialmanagerin in den Vordergrund. Sie hat auf das sich bei der Akte befindende Ausbildungsprogramm des Europäischen Bildungswerkes für Beruf und Gesellschaft e.V. in B... verwiesen und unter Bezugnahme auf obergerichtliche Entscheidungen insbesondere des Bayerischen Obersten Landesgerichts, des Oberlandesgerichts Hamm sowie des Pfälzischen Oberlandesgerichts geltend gemacht, sie habe deren Kriterien erfüllt, weil die von ihr besuchte Lehreinrichtung überwiegend wissenschaftliche Lehrstoffe vermittelt habe und über einen entsprechenden wissenschaftlichen Lehrkörper verfüge.

Der Bezirksrevisor bei dem Landgericht und Beschwerdegegner ist dem entgegen getreten und hat die wissenschaftliche Qualität der Ausbildung geleugnet, nachdem er zunächst dem von der Kammer vertretenen formalen Standpunkt beigetreten war.

II.

Das zulässige Rechtsmittel der Beteiligten zu 1. hat in der Sache Erfolg. Ihr ist entgegen der Auffassung des Bezirksrevisors sowie des Landgerichts die Erhöhung des Stundensatzes auf 31,00 € zuzubilligen.

Für die Vergütung der Beschwerdeführerin ist im verfahrensgegenständlichen Abrechnungszeitraum noch auf die Vorschrift des § 1 Abs. 1 BVormG abzustellen. Danach setzt eine Erhöhung des Stundensatzes voraus, dass der Betreuer über besondere Kenntnisse verfügt, die für die Führung von Betreuungen allgemein nutzbar sind, und diese Kenntnisse durch eine abgeschlossene Lehre bzw. eine abgeschlossene Ausbildung an einer Hochschule oder Fachhochschule oder aber durch eine vergleichbare Ausbildung erworben wurden. Das gilt besonders dann, wenn, wie vorliegend, der gesetzlich vorgesehene Höchstsatz verlangt wird.

Bereits die Formulierung des Gesetzes macht deutlich, dass die Feststellung einer vergleich-bar qualifizierten Ausbildung nicht eine - formale - Gleichstellung der besuchten Lehreinrichtung mit mindestens einer Fachhochschule voraussetzt, wovon aber die Kammer offenbar ausgeht. Damit würde der Regelungsgehalt der Vergütungsvorschrift verkürzt. Die Beurteilung des Sachverhaltes erfordert vielmehr ein Eingehen auf die inhaltliche Gestaltung der Ausbildung im Einzelfall. Der Senat nimmt in diesem Zusammenhang insbesondere auf die Entscheidungen des Bayerischen Obersten Landesgerichts (BayObLGZ 2000, 248) und des Oberlandesgerichts Hamm (FamRZ 2001, 1398) Bezug. Die Vergleichbarkeit mit einer Ausbildung an einer (Fach-) Hochschule wird bejaht, wenn die Fachkenntnisse im Rahmen einer staatlich reglementierten oder zumindest staatlich anerkannten Ausbildung vermittelt werden, die Ausbildung einen Abschluss aufweist und ihre Wertigkeit der einer (Fach-) Hochschulausbildung entspricht, also der vermittelte Wissensstoff nach Art und Umfang dem durch ein Studium erworbenen vergleichbar ist. Diese Vergleichbarkeit ist gewährleistet, wenn die Ausbildung an einer Einrichtung erfolgt, die einer überwiegend wissenschaftlichen Lehrstoffvermittlung dient, über einen entsprechenden wissenschaftlichen Lehrkörper verfügt und die Erlangung graduierter Abschlüsse zum Ziel hat, deren Erfolg durch eine von einer staatlichen oder staatlich anerkannten Stelle abgelegten Prüfung belegt ist (vgl. OLG Hamm a.a.O.).

Der Senat schließt sich diesen Ausführungen ohne Einschränkung an. Die Bewertung der von der Beschwerdeführerin absolvierten Ausbildung anhand der damit aufgestellten Kriterien führt zu der Feststellung, dass sie eine Ausbildung genossen hat, die derjenigen an einer Fachhochschule vergleichbar ist. Sie ist Inhaberin eines graduierten Abschlusses, der staatlich an-erkannt wurde. Die von ihr besuchte Fachschule für Heilpädagogik im Europäischen Bildungswerk für Beruf und Gesellschaft e. V. verfügt, wie gerichtsbekannt ist, über einen jeden-falls im Wesentlichen wissenschaftlich ausgebildeten Lehrkörper. Die Leiterin der Einrichtung ist eine promovierte Wissenschaftlerin. Mindestens zwei der Lehrkräfte sind Diplom-Psychologen. Letzteres ist angesichts des aktenkundigen Ausbildungsprogramms sowie des von der Beschwerdeführerin überreichten Abschlusszeugnisses von besondere Bedeutung. Denn daraus ist ersichtlich, dass in den Lernbereichen II und III Kenntnisse etwa auf den Gebieten der Psychologie, Heilpädagogik, Sexualpädagogik, Arbeitspädagogik, Bewegungstherapie und Psychomotorik vermittelt werden. Der von dem Senat rechtlich zu beurteilende Fall ist mit demjenigen zu vergleichen, der dem OLG Hamm vorgelegt wurde und Gegenstand der zitierten Entscheidung ist. Darin ist der erfolgreiche Abschluss an der A...-Z...Schule Höhere Fachschule für Sozialarbeit in Dortmund als ausreichend erachtet worden. Deren Ausbildungsprogramm ist aktenkundig.

Die gegenteilige Auffassung des Beschwerdegegners, eine vergleichbar qualifizierte Ausbildung der Beschwerdeführerin im Sinne des § 1 Abs. 1 BVormG sei selbst bei Beachtung der obergerichtlich aufgestellten Kriterien nicht zu erkennen, wird nicht näher begründet.

Da die Tatsachen feststehen, auf deren Grundlage die weitere sofortige Beschwerde Erfolg hat, kann der Senat in der Sache endgültig entscheiden.

Bei Zugrundelegung eines von der Beschwerdeführerin zu beanspruchenden Stundensatzes in Höhe von jeweils 31,00 € errechnet sich die im Beschlusstenor genannte Gesamtvergütung einschließlich der gesetzlichen Mehrwertsteuer nach einem Satz in Höhe von 16 %. Die Differenz zu der von Amts- und Landgericht für angemessen gehaltenen Vergütung beträgt 478,57 €.



Ende der Entscheidung

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