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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 08.05.2008
Aktenzeichen: 12 U 179/07
Rechtsgebiete: GKG, ZPO, VOB/B


Vorschriften:

GKG § 21 Abs. 1 S. 2
ZPO § 301
ZPO § 301 Abs. 1 S. 1
ZPO § 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 7
ZPO § 538 Abs. 2 S. 3
VOB/B § 8 Nr. 3
VOB/B § 9 Nr. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

12 U 179/07 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 08.05.2008

Verkündet am 08.05.2008

In dem Rechtsstreit

hat der 12. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 17. April 2008 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Pastewski, den Richter am Oberlandesgericht Beckmann und die Richterin am Amtsgericht Eggers-Chemseddine

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 21. Juni 2007 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Frankfurt (Oder), Az.: 13 O 491/01, aufgehoben und die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen, das auch über die Kosten des Berufungsverfahrens zu entscheiden hat, mit Ausnahme der Gerichtskosten, die gem. § 21 Abs. 1 S. 2 GKG niedergeschlagen werden.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin verlangt von den Beklagten aus einem Vertrag betreffend die Errichtung eines Einfamilienhauses in B... nach einem gekündigten Pauschalpreisvertrag eine Vergütung für von ihr erbrachte Leistungen sowie hinsichtlich des nicht mehr zur Ausführung gelangten Teils Schadensersatz und insoweit zusätzlich Kosten für die Standzeit eines Minikrans und Leistungen eines Prüfstatikers. Die Beklagten halten der Klageforderung Mängelbeseitigungskosten sowie Fertigstellungskosten entgegen und beziffern diese Kosten zunächst mit insgesamt 258.740,38 DM, wobei sie diesem Betrag den bereits gezahlten Werklohn in Höhe von 65.941,20 DM hinzurechnen und den tatsächlich vereinbarten Werklohn von 257.560,00 DM wiederum in Abzug bringen, so dass sie Mehrkosten in Höhe von 67.121,58 DM (= 34.318,72 €) errechnen, die sie mit der Widerklage geltend machen. Im Übrigen wird zunächst Bezug genommen auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils.

Das Landgericht hat durch Teilurteil die Klage abgewiesen und hat gemeint, zwar sei die Werklohnforderung fällig, denn bei einem gekündigten Pauschalpreisvertrag sei der Werklohn auch ohne Abnahme fällig und die fehlende Prüffähigkeit der Schlussrechnung stehe der Fälligkeit ebenfalls nicht entgegen, weil die Beklagten insoweit keine Einwendungen gegen die Prüffähigkeit der Schlussrechnung dargelegt hätten. Das Gericht müsse dann aber selbst in die Sachprüfung eintreten, sofern es aufgrund der mitgeteilten Tatsachen in der Lage sei, den Anspruch der Höhe nach zu ermitteln, woran es hier fehle, da die Klägerin nicht in der Weise abgerechnet habe, wie dies der Abrechnungsweise eines vorzeitig beendeten Pauschalpreisvertrages entspreche. Hierauf sei die Klägerin in der mündlichen Verhandlung auch hingewiesen worden.

Die Klägerin hat gegen das ihr am 14.08.2007 zugestellte Urteil mit einem am 14.09.2007 beim Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach Fristverlängerung bis zum 14.11.2007 mit einem an diesem Tag eingegangenen Schriftsatz begründet.

Sie rügt eine Hinweispflichtverletzung dahin, dass der in der mündlichen Verhandlung protokollierte Hinweis, das Gericht äußere Zweifel daran, dass der Pauschalpreisvertrag zutreffend abgerechnet worden sei, unzureichend sei, zumal eine entsprechende Rechtsauffassung seitens der zuvor mit der Sache befassten Richter nicht mitgeteilt worden sei, sondern nach inzwischen sechsjähriger Prozessdauer mehrfach Beweis erhoben worden sei. Unzutreffend sei auch die Auffassung des Landgerichts, wonach die Klage bei fehlender Prüffähigkeit der Schlussrechnung als endgültig unbegründet und nicht lediglich als derzeit unbegründet abzuweisen sei. Die Anforderungen an die Prüfbarkeit sollten gewährleisten, dass der Besteller die Berechtigung des Vergütungsanspruchs ohne weiteres nachvollziehen kann. Nach der Rechtsprechung müsse eine Rechnung nur dem Kontroll- und Informationsinteresse des Bestellers im konkreten Fall genügen, wobei entscheidend sei, ob der Besteller die Rechnung subjektiv nachvollziehen kann. Dass dies hier so sei, hätten die Beklagten hinreichend zum Ausdruck gebracht, insbesondere auch durch die Erhebung der Widerklage wegen angeblicher Überzahlung des Auftragnehmers.

Die Klägerin beantragt,

das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Frankfurt (Oder) zurückzuverweisen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen das angefochtene Urteil und meinen, das Landgericht sei zu Recht davon ausgegangen, dass die Abrechnung der Klägerin nicht den Vorgaben der Rechtsprechung zur Abrechnung eines gekündigten Pauschalpreisvertrages genüge.

II.

Die Berufung ist zulässig. Der Umstand, dass die Klägerin ausschließlich die Aufhebung des angefochtenen Urteils und die Zurückverweisung der Sache an das Landgericht beantragt hat und keinen darüber hinausgehenden Antrag in der Sache gestellt hat, führt nicht zur Unzulässigkeit der Berufung. Mangels entgegenstehender Anhaltspunkte ist davon auszugehen, dass die Klägerin ihre erstinstanzlichen Anträge letztlich weiterverfolgt (vgl. BGH NJW-RR 1995, 1154). Aus der Berufungsbegründung sind Angriffe in der Sache zu entnehmen, so dass nicht davon auszugehen ist, dass die Zurückverweisung um ihrer selbst willen beantragt wird, mit der Folge, dass es in einem solchen Fall an der Beschwer fehlen würde (vgl. BGH NJW 1994, 2835).

In der Sache hat die Berufung insoweit Erfolg, als das angefochtene Urteil in der Tat aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen ist, da die Entscheidung gravierende Fehler aufweist, die eine Aufhebung und Zurückverweisung ohne weiteres erfordern.

So war bereits der Erlass eines Teilurteils unzulässig. Die Voraussetzungen des § 301 ZPO liegen ersichtlich nicht vor. Zwar kann grundsätzlich gem. § 301 Abs. 1 S. 1 ZPO ein Teilurteil ergehen, wenn bei erhobener Widerklage nur die Klage zur Entscheidung reif ist. Dem Gebot der Widerspruchsfreiheit von Teil- und Schlussurteil entsprechend müssen jedoch das Teil- und das Schlussurteil voneinander unabhängig sein, d. h. die Entscheidung des restlichen Streits darf nicht eine Vorfrage für den bereits entschiedenen Teilstreit umfassen. Deshalb darf im Fall von Klage und Widerklage ein Teilurteil nicht ergehen, wenn sie denselben Streitgegenstand betreffen oder in einem unlösbaren Zusammenhang stehen (OLG Düsseldorf NJW-RR 1993, 976; Zöller-Vollkommer, ZPO, 26. Aufl., § 301 Rn. 9 a). Letzteres ist hier der Fall, denn es werden etwaige Zahlungsansprüche in Bezug auf Klage und Widerklage aufgrund einer Gesamtsaldierung ermittelt. Zu berücksichtigen ist bei der Frage der Gefahr sich widersprechender Entscheidung, dass diese Gefahr auch dann besteht, wenn erst ein Durchlaufen der Rechtsmittelinstanz diese Möglichkeit herbeiführt. Bewertet der Senat die vom Landgericht hier dargestellte Rechtslage anders, ist hinsichtlich Klage und Widerklage über dieselben Vorfragen zu entscheiden, denn es besteht die Möglichkeit, dass der Senat zur Frage der Wirksamkeit einer der hier ausgesprochenen Kündigungen eine bestimmte Rechtsauffassung vertritt, die zum Erfolg oder auch Misserfolg der Klage führen kann, während im Rahmen der zur Widerklage in erster Instanz ergehenden Entscheidung genau der gegenteilige Standpunkt eingenommen werden könnte. Eine andere Bewertung käme nur dann in Betracht, wenn sich die Beklagten gegenüber der Klageforderung tatsächlich ausschließlich mit dem Einwand der fehlenden Fälligkeit verteidigt hätten und im Wege der Widerklage davon unabhängig Schadensersatzansprüche geltend gemacht hätten. Gerade dies ist hier aber nicht der Fall, sondern die Beklagten nehmen eine Gesamtsaldierung in der Weise vor, dass sie einen Teil der Kosten, die ihnen durch Mängelbeseitigung bzw. durch die Fertigstellung des Objektes entstanden sind, der Klageforderung entgegenhalten und den darüber hinausgehenden Betrag im Wege der Widerklage geltend machen. Nicht anders wurde das Vorgehen der Beklagten auch von der zuvor mit der Sache befassten Einzelrichterin ausweislich ihres Hinweisschreibens vom 01.03.2004 verstanden (Bl. 656 d. A.). Während die Klägerin ihre Ansprüche aus ihrer Kündigung und damit aus § 9 Nr. 3 VOB/B herleitet, stützen sich die Beklagten zur Verteidigung gegen die Klage ausschließlich auf Unkosten, die ihnen durch die vorzeitige Beendigung des Vertrages entstanden sind, woraus sich ein Anspruch aus § 8 Nr. 3 VOB/B ergeben kann. Die Frage, wer hier mit welchen Folgen zur Kündigung berechtigt war, lässt sich nur einheitlich beantworten und betrifft die Frage der Begründetheit der Klage in gleicher Weise wie die Frage der Begründetheit der Widerklage. In einem solchen Fall scheidet der Erlass eines Teilurteils aus (vgl. auch OLG Stuttgart NJW-RR 1999. 141, 142). Die sich daraus ergebende Folge ist gem. § 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 7, S. 3 ZPO die Aufhebung des angefochtenen Urteils und die Zurückverweisung der Sache an das Landgericht. Ein "Hochziehen" des beim Landgericht noch anhängigen Teils, dem offenbar in der Zwischenzeit kein Fortgang gegeben wurde, ist nicht veranlasst.

Auch in der Sache geht die vom Landgericht getroffene Entscheidung an der geltenden Sach- und Rechtslage vorbei. Die Auffassung des Landgerichts, wonach die Werklohnforderung mangels Vorliegen einer prüffähigen Schlussrechnung nicht nur nicht fällig, sondern insgesamt unschlüssig und damit unbegründet sein soll, ist unhaltbar, weil sie sich mit dem wechselseitigen Vorbringen der Parteien in keiner Weise in Einklang bringen lässt und in völligem Widerspruch zu den bis dahin erfolgten rechtlichen Hinweisen der zuvor mit der Sache befassten Einzelrichter steht, denn mit dem bereits erwähnten richterlichen Hinweisschreiben vom 01.03.2004 hat das Landgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass zwischen den Parteien der Umfang der von der Klägerin in der Schlussrechnung benannten Bauleistungen und die Richtigkeit der Berechnung nicht streitig ist und deshalb die Beklagten grundsätzlich verpflichtet wären, die Werklohnforderung zu begleichen. Das Landgericht geht selbst davon aus, dass es Sache des Auftraggebers ist, Einwendungen gegen die Schlussrechnung innerhalb einer Frist von zwei Monaten zu rügen und dass solche Rügen hier nicht erhoben wurden. Der damit verbundene Schutz des Auftragnehmers, wonach der Auftraggeber nicht aus reinem Formalismus berechtigt sein soll, die Prüffähigkeit der Rechnung in Frage zu stellen, wenn er sie gleichwohl geprüft hat und sachliche Einwendungen dagegen erhebt, wird unterlaufen, wenn sich das Gericht an die Stelle die Auftraggebers setzt und nunmehr seinerseits die Prüffähigkeit in Frage stellt, zudem auch noch mit der Folge, dass die Klageforderung endgültig abgewiesen wird, ohne dass eine Nachbesserung möglich ist. Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb der Auftragnehmer die Möglichkeit erhält, eine auf Einwendungen des Auftraggebers hin festzustellende fehlende Prüffähigkeit der Schlussrechnung später noch herbeizuführen, während dies in dem Fall, in dem Auftraggeber nicht einmal eine solche Rüge erhebt, anders bewertet werden soll und dem Auftragnehmer dann eine erneute Geltendmachung völlig abgeschnitten sein soll. Die gesamte vom Landgericht hierzu zitierte BGH-Rechtsprechung stellt auf den Besteller ab, und nicht auf das Gericht. Dieses kann seine Informations- und Kontrolleinteressen nicht ohne weiteres über diejenigen des Auftraggebers stellen. Legt der Auftraggeber keinen Wert auf diejenigen Elemente der Schlussrechnung, die die Überprüfbarkeit der rechnerisch nachvollziehbar ermittelten Forderung ergeben, so kann die Rechnung nicht mangels Prüffähigkeit zurückgewiesen werden, weil nur diese Elemente fehlen (BGH BauR 1999, 635, 637), wie dies hier hinsichtlich der nicht durchgeführten Verhältnisrechnung der Fall ist. Welche Leistungen die Klägerin im Einzelnen als erbracht ansieht, ist der Schlussrechnung hinreichend zu entnehmen. Damit haben sich die Beklagten zufrieden gegeben. Sie haben mit der Klageerwiderung ausdrücklich hervorgehoben, dass die Abrechnung bei ordnungsgemäßer Erfüllung richtig sei. Ausschließlich Letzteres haben sie in Frage gestellt, nicht aber die Art und Weise der Abrechnung.

Nach alledem wird das Landgericht sowohl zur Frage der Begründetheit der Klage als auch zur Frage der Begründetheit der Widerklage die Beweisaufnahme fortzusetzen haben.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10 ZPO. Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens ist mit Ausnahme der Gerichtskosten der 1. Instanz vorbehalten. Aufgrund der gravierenden Fehler der erstinstanzlichen Entscheidung hat der Senat hinsichtlich der Gerichtskosten des Berufungsverfahrens § 21 Abs. 1 S. 1 GKG herangezogen, so dass die Kosten niederzuschlagen waren.

Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO bestehen nicht. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung ohne grundsätzliche Bedeutung, die auch nicht von höchst- oder obergerichtlicher Rechtsprechung abweicht.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 40.568,20 €

Ende der Entscheidung

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