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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 01.02.2007
Aktenzeichen: 12 U 201/06
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, StGB


Vorschriften:

ZPO § 156 Abs. 1
ZPO § 398
ZPO §§ 517 ff
BGB § 823 Abs. 2
BGB § 830 Abs. 2
BGB § 840
StGB § 263
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

12 U 201/06 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 01.02.2007

Verkündet am 01.02.2007

In dem Rechtsstreit

hat der 12. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 11. Januar 2007 durch den Richter am Oberlandesgericht Funder als Einzelrichter

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten zu 1. gegen das am 2. Oktober 2006 verkündete Schlussurteil der 6. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Potsdam, Az.: 6 O 634/03, wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Beklagte zu 1. zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht gem. den §§ 517 ff ZPO eingelegte Berufung des Beklagten zu 1. hat keinen Erfolg. Die Klägerin hat gegen den Beklagten zu 1. einen Anspruch auf Rückzahlung der verauslagten Versicherungsleistung in Höhe von 12.185,24 € aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 263 StGB, 830 Abs. 2, 840 BGB.

Die Aktivlegitimation der Klägerin, die seitens des Beklagten zu 1. im Übrigen auch nicht bestritten worden ist, ist gegeben. Dem Senat ist aus anderen von ihm geführten Verfahren gerichtsbekannt, dass die Klägerin Rechtsnachfolgerin der geschädigten ... Versicherung geworden ist.

Eine Betrugshandlung zulasten der Rechtsvorgängerin der Klägerin liegt sowohl nach dem objektiven als auch dem subjektiven Tatbestand vor. Die Rechtsvorgängerin der Klägerin wurde darüber getäuscht, dass der ihr gegenüber angezeigte Verkehrsunfall vom 14.11.1998 an der Autobahnabfahrt M... in Wirklichkeit zwischen den Beteiligten verabredet worden war, so dass kein Anspruch auf Auszahlung der geltend gemachten Schadensersatzleistungen bestand. Nach dem Ergebnis der vom Landgericht durchgeführten Beweisaufnahme und den gesamten Akteninhalt einschließlich des Inhalts der beigezogenen Akten steht auch zur Überzeugung des Senates fest, dass der Beklagte zu 1. als Halter des bei dem Verkehrsunfall beschädigten Pkws Audi A 4 in die Rechtsgutsverletzung eingewilligt hat, indem er gemeinsam mit den übrigen Beteiligten den Unfall verabredet hat. Dies folgt aus den Bekundungen der vom Landgericht verfahrensfehlerfrei als Zeugen vernommenen Beklagten zu 2. sowie weiteren, zwischen den Parteien unstreitigen Indizien.

Die Beklagte zu 2. hat im Rahmen ihrer Zeugenvernehmung bekundet, dass zwischen ihr, dem Beklagten zu 3., ihrer Schwester und dem G... T... verabredet worden sei, einen Unfall vorzutäuschen. Die Einzelheiten seien auf einem Parkplatz besprochen worden. Bei dieser Besprechung der Einzelheiten sei auch der Fahrer des Fahrzeuges, auf das aufgefahren werden sollte, dabei gewesen. Die Einzelheiten der Unfallgestellung seien besprochen worden, danach seien sämtliche beteiligten Fahrzeuge in der Kolonne bis zu dem Unfallort gefahren, wo dann der Beklagte zu 3. absprachegemäß auf das vorausfahrende Fahrzeug aufgefahren sei. Da der Beklagte zu 1. unstreitig zum Unfallzeitpunkt Fahrer war, steht somit fest, dass er an der Verabredung des Unfalls beteiligt und somit auch mit der vorsätzlichen Beschädigung des Fahrzeuges einverstanden war. Die dahingehende Beweiswürdigung des Landgerichts ist nicht zu beanstanden. Die Angaben der Beklagten zu 2. sind glaubhaft; auch bestehen für den Senat ebenso wie für das Landgericht letztlich keine vernünftigen Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Beklagten zu 2. Zwar weicht die Aussage der Beklagten zu 2. in einzelnen Punkten von ihren in der Beschuldigtenvernehmung im Rahmen des gegen sie geführten strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens gemachten Angaben ab; so hat die Beklagte zu 2. bei ihrer polizeilichen Vernehmung noch angegeben, selbst Fahrerin des Fahrzeuges gewesen zu sein, das auf das stehende Fahrzeug des Beklagten zu 1. auffuhr. Gerade diese Abweichung zu ihrer im Ermittlungsverfahren gemachten Aussage spricht jedoch für die Richtigkeit der Angaben der Beklagten zu 2. in ihrer Zeugenvernehmung vor dem Landgericht, da die Beklagte zu 2. keinen Anlass hatte, den Beklagten zu 3., dessen aktive Beteiligung an der Tat zu diesem Zeitpunkt selbst der Klägerin nicht bekannt gewesen war, zu belasten. Auch der Umstand, dass die Beklagte zu 2. den Beklagen zu 1. anlässlich ihrer Vernehmung vor dem Landgericht nicht wieder erkannt hat, spricht nicht gegen ihre Glaubwürdigkeit und die Glaubhaftigkeit ihrer Aussage. Dass der Beklagte zu 1. als Fahrer an dem Unfall beteiligt war, ist unstreitig, so dass es insoweit einer Identifizierung nicht bedurfte; im Übrigen ist angesichts des seit dem Vorfall verstrichenen Zeitablaufes durchaus nachvollziehbar, dass die Beklagte zu 2. den Beklagten zu 1., den sie nach eigenen Angaben ohnehin nur kurz während der Besprechung auf dem Parkplatz gesehen hat, nicht wieder zu erkennen vermochte. Gerade der Umstand, dass die Beklagte zu 2. den Beklagten zu 1. nicht wieder erkannt hat, spricht dafür, dass die Angaben der Beklagten zu 2. der Wahrheit entsprechen und sie ihre Aussage im Übrigen ohne einseitige Belastungstendenzen zulasten des Beklagten zu 1. gemacht hat, denn anderenfalls wäre es für sie ein Leichtes gewesen zu behaupten, dass sie den Beklagten zu 1. wieder erkenne. Gerade weil die Beklagte zu 2. jedoch eingeräumt hat, den Beklagten zu 1. nicht wieder zu erkennen, ist der Senat von dem Wahrheitsgehalt ihrer Aussage überzeugt. Soweit ihre vor dem Landgericht gemachte Aussage darüber hinaus in Details von den in der Beschuldigtenvernehmung gemachten Angaben abweicht, sind diese Abweichungen durch den seit dem verstrichenen Zeitablauf nachvollziehbar zu erklären. Ein Widerspruch darin, dass die Beklagte zu 2. angegeben hat, nicht mit dem Beklagten zu 1. bzw. dem Fahrer des anderen Fahrzeuges geredet zu haben, und ihren Angaben im Ermittlungsverfahren, dieser sei ihr vorgestellt worden, ist nicht zu sehen, da ein Gespräch im Allgemeinen über eine bloße gegenseitige Vorstellung hinausgeht.

Die Angaben der Beklagten zu 2. werden darüber hinaus durch weitere Umstände bestätigt. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass es sich um einen verabredeten Verkehrsunfall gehandelt hat. Es ist jedoch kaum anzunehmen, dass die übrigen Beteiligten verabreden, einen Unfall vorzutäuschen, ohne dass der Fahrer eines der Fahrzeuge, das bei dem Unfall beteiligt sein soll, in das Geschehen eingeweiht ist. Es ist nicht ersichtlich, warum die übrigen Beteiligten ein solches Risiko eingehen sollten. Wenn der Beklagte zu 1. tatsächlich, wie er behauptet, bei der Besprechung auf dem Parkplatz an der Imbissbude nicht anwesend war, ist nicht nachvollziehbar, weshalb der Beklagte zu 3. gerade zu diesem Zeitpunkt an der Unfallstelle - die, wie dem Senat aus anderen Verfahren bekannt ist, von den Tätern allgemein zur Verabredung von gestellten Unfällen benutzt wurde - anwesend war, um auf das Fahrzeug des Beklagten zu 1. aufzufahren. Die Annahme, dass es sich dabei um einen Zufall handelte, ist lebensfremd. Schließlich sind auch die eigenen Angaben des Beklagten zu 1. zum Unfallhergang wenig plausibel. Es ist bereits in sich nicht stimmig, dass der Beklagte zu 1. allein aus Gefälligkeit für einen Bekannten ein Auto zugelassen haben will, ohne sich darüber weitere Gedanken zu machen. Ebenso ist nicht nachvollziehbar, warum der Beklagte zu 1. nach dem Unfall seine vermeintlichen Ansprüche nicht weiterverfolgt hat und sich insbesondere nicht mehr um das weitere Schicksal des Fahrzeuges gekümmert hat, obwohl er als Halter im Fahrzeugschein eingetragen war. Letztlich erscheint die Behauptung, der Beklagte zu 1. habe von der Verabredung zum Unfall keine Kenntnis gehabt, auch deswegen unglaubhaft, weil in diesem Fall der gesamte Unfall auch ohne Beteiligung des Beklagten zu 1. hätte stattfinden können, da nach den Angaben des Beklagten zu 1. der Zeuge P... ohnehin im Besitz des Fahrzeuges gewesen war.

Da nach alledem für den Senat an der Glaubhaftigkeit der Aussage der Beklagten zu 2. und ihrer persönlichen Glaubwürdigkeit keine vernünftigen Zweifel bestehen, bestand für eine Wiederholung der Beweisaufnahme nach § 398 ZPO auch keine Veranlassung. Auch eine Vernehmung des von der Klägerin darüber hinaus benannten Zeugen P... bedurfte es nicht, so dass dahinstehen kann, ob die Verwertung der Aussage des Zeugen im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren zulässig war. Der Beklagte zu 1. hat erstinstanzlich der angekündigten Verwertung des Inhalts der Ermittlungsakten auch nicht widersprochen; auch ist der Zeuge nicht gegenbeweislich benannt worden.

Das Landgericht hat darüber hinaus zu Recht von einer Vernehmung des von dem Beklagten zu 1. benannten Rechtsanwalts B... als Zeugen und der Einholung eines grafologischen Sachverständigengutachtens abgesehen. Ob der Beklagte zu 1. jemals in der Kanzlei des Rechtsanwalts B... gewesen ist und ob die Unterschrift unter der Vollmacht des Rechtsanwalts B... von ihm stammt, kann dahinstehen. Selbst wenn die Behauptung des Beklagten zu 1., er habe nie eine solche Vollmacht unterzeichnet, zutreffen würde, schließt dies nicht aus, dass er dennoch Kenntnis von der Verabredung zum Unfall gehabt hat. Insbesondere werden dadurch die Angaben der Beklagten zu 2. nicht widerlegt. Ebenso bedufte es nicht des Beweises über die Behauptung des Beklagten, W... P... habe ihn am Unfalltag von zu Hause abgeholt. Diese Behauptung als wahr unterstellt, wird dadurch nicht ausgeschlossen, dass der Beklagte zu 1. an dem Treffen auf dem Parkplatz teilgenommen hat.

Die weiteren Voraussetzungen eines vollendeten Betruges liegen ebenfalls vor. Durch die Geltendmachung der vermeintlichen Schadensersatzansprüche wurde bei der Rechtsvorgängerin der Klägerin ein Irrtum erregt und sie zu einer Vermögensverfügung, nämlich der Auszahlung der Versicherungsleistung, veranlasst, wodurch ein entsprechender Vermögensschaden auf ihrer Seite und ein rechtswidriger Vermögensvorteil auf Seiten der übrigen Beteiligten eingetreten ist. Unerheblich ist dabei, ob der Beklagte zu 1. selbst finanzielle Vorteile aus seiner Mitwirkung gezogen hat. Der Tatbeitrag des Beklagten zu 1. ist in dem Fahren des an dem Unfall beteiligten Pkws Audi A 4 zu sehen. Ob dies strafrechtlich als Mittäterschaft oder als Beihilfe einzustufen ist, kann im Zivilverfahren dahinstehen, da die Haftung nach § 830 Abs. 2 BGB hiervon nicht abhängt.

Der nachgereichte Schriftsatz des Beklagten zu 1. vom 17.01.2007 bietet dem Senat keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gem. § 156 Abs. 1 ZPO.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern (§ 543 Abs. 2 ZPO).

Der Gebührenstreitwert für das Berufungsverfahren wird gem. § 3 ZPO i.V.m. § 47 Abs. 1 S. 1 GKG auf 12.185,24 € festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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