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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 19.04.2007
Aktenzeichen: 12 U 215/06
Rechtsgebiete: BGB, StGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 253 Abs. 2
BGB § 286
BGB § 288 Abs. 1
BGB § 291
BGB § 823 Abs. 1
BGB § 823 Abs. 2
BGB § 847
StGB § 230
ZPO § 287
ZPO § 511
ZPO § 513
ZPO § 517
ZPO § 519
ZPO § 520
ZPO § 520 Abs. 3
ZPO § 546
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

12 U 215/06 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 19.04.2007

Verkündet am 19.04.2007

In dem Rechtsstreit

hat der 12. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 29.03.2007 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Pastewski, den Richter am Oberlandesgericht van den Bosch und die Richterin am Landgericht Kyrieleis

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das am 22. September 2006 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Potsdam, Az.: 4 O 26/05 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Beklagte Zinsen auf das in Ziffer 1. des angefochtenen Urteils titulierte Schmerzensgeld erst ab dem 04.06.2004 zu zahlen hat.

Ziffer 3. des angefochtenen Urteils wird zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger zwei Drittel der weiteren materiellen Schäden sowie den weiteren immateriellen Schaden unter Berücksichtigung einer Mithaftung des Klägers von einem Drittel zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder andere Dritte übergegangen sind.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger nimmt den Beklagten auf Zahlung von materiellem Schadensersatz und Schmerzensgeld sowie auf Feststellung einer Ersatzpflicht für alle zukünftigen Schäden aufgrund eines Ereignisses vom 26.02.2003 in Anspruch, bei dem der Kläger in dem gemeinsam von den Parteien bewohnten Zimmer in einem Lehrlingswohnheim aus einer dem Beklagten gehörenden Flasche getrunken hat, in der sich eine Reinigungslauge für das Tischlerhandwerk befand. Die Parteien streiten in erster Linie um eine dem Beklagten vorzuwerfende Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht sowie ein dem Kläger anzurechnendes Mitverschulden. Wegen der Einzelheiten wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen, der im unstreitigen Teil dahingehend zu ergänzen ist, dass das Zimmer der Parteien im Lehrlingswohnheim noch von zwei weiteren Lehrlingen bewohnt worden ist. Hinsichtlich der Schadensfolgen hat der Kläger im Verfahren betreffend die Gewährung von Prozesskostenhilfe unbestritten vorgetragen, bei einer monatlich stattfindenden ärztlichen Kontrolle würden seine Blutwerte kontrolliert und seine Magengegend durch Abtasten überprüft.

Mit am 22.09.2006 verkündeten Urteil hat das Landgericht der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, dem Kläger stehe gegen den Beklagten ein Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 230 StGB, § 847 BGB zu. Dem Beklagten sei vorzuwerfen, dass er das Harzentfernungskonzentrat in einer Trinkwasserflasche ohne Kennzeichnung und für Dritte frei zugänglich aufbewahrt habe. Angesichts der Gefährlichkeit der Lauge und ihrer Aufbewahrung in einer Trinkwasserflasche wäre die Entfernung und Sicherstellung der Flasche die einzig geeignete Maßnahme gewesen, um wirksam eine Vorkehrung gegen eine folgenschwere Verwechselung zu treffen. Unerheblich sei, ob die Flasche mit einer Aufschrift in tschechischer Sprache versehen gewesen sei. Hierdurch hätte eine Verwechselung nicht verhindert werden können, denn der Kläger sei der tschechischen Sprache nicht mächtig. Auch sei die behauptete Aufbewahrung hinter einer Reisetasche neben dem Schrank wegen der Gefährlichkeit der Chemikalie nicht hinreichend. Unerheblich sei im Ergebnis auch, ob die Flüssigkeit geruchlos und durchsichtig gewesen sei, da der Kläger sich ein Mitverschulden von 1/3 habe anrechnen lassen und ein hierauf beruhendes Mitverschulden jedenfalls diese Quote nicht übersteige. Wegen der Begründung im Übrigen wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.

Der Beklagte hat gegen das ihm am 28.09.2006 zugestellte Urteil mit am 18.10.2006 beim Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und das Rechtsmittel mit am 27.11.2006 eingegangenen Schriftsatz begründet.

Der Beklagte bezieht sich auf seinen erstinstanzlichen Vortrag nebst Beweisantritten. Er ist der Auffassung, das Landgericht habe sich zu Unrecht an der Entscheidung des BGH vom 12.03.1968 (Az. VI ZR 187/66) orientiert, obwohl der vorliegende Fall mit der dort entschiedenen Konstellation nicht vergleichbar sei. Es fehle bereits an der Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht. Auch habe das Landgericht den hier zugrunde liegenden Sachverhalt nicht hinreichend aufgeklärt. Der Beklagte vertieft diesbezüglich in der Berufungsbegründung seinen erstinstanzlichen Vortrag, der Kläger sei nicht berechtigt gewesen, die Flasche zu benutzen, insbesondere habe es keine Vereinbarung zwischen den Parteien dahingehend gegeben, dass auch die Getränke der Mitbewohner jederzeit hätten genutzt werden dürfen. Weiter wiederholt der Beklagte in der Rechtsmittelbegründung seinen Vortrag, die Flasche habe nicht frei zugänglich im gemeinsamen Zimmer gestanden, sondern habe sich zwischen dem Bett und einem neben dem Bett stehenden Schrank befunden und sei zudem durch eine Reisetasche verdeckt gewesen. Dies unterscheide den vorliegenden Fall von dem vom BGH entschiedenen Sachverhalt, bei dem der Geschädigte aus einer Bierflasche getrunken hatte, die er für seine eigene hielt. Schließlich wiederholt der Beklagte seinen Vortrag, die in tschechischer Sprache beschriftete Flasche habe eine gelbliche Flüssigkeit enthalten, sodass der Kläger nicht habe davon ausgehen dürfen, dass sich in der Flasche Trinkwasser befand. Nach allem sei nicht damit zu rechnen gewesen, dass ein Dritter aus der Flasche trinken würde. Zudem sei es zu dem Schaden aufgrund eines gezielten und eigenmächtigen Fehlverhaltens des Klägers gekommen.

Der Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil des Landgerichts Potsdam abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger wiederholt ebenfalls seinen erstinstanzlichen Vortrag. Er ist der Ansicht, schon eine Mithaftung von einem Drittel sei nicht zutreffend, nur aufgrund des Prozessrisikos werde eine Anschlussberufung nicht eingelegt.

II.

1. Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 511, 513, 517, 519, 520 ZPO. Die Berufungsbegründung genügt den Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO. Der Beklagte stützt sein Rechtsmittel unter anderem darauf, das Landgericht habe den Sachverhalt nicht hinreichend aufgeklärt und insoweit auch verkannt, dass die Aufbewahrung der gelblichen und nicht mit Trinkwasser zu verwechselnden Chemikalie in einer Flasche, die durch eine Sporttasche verdeckt gewesen sei, angesichts des Fehlens einer Absprache zwischen den Bewohnern des Zimmers über die gegenseitige Mitnutzung von (nicht im Kühlschrank aufbewahrten) Getränken schon keine Gefährdung der Allgemeinheit und damit keinen Verstoß gegen eine Verkehrssicherungspflicht darstelle. Der Beklagte macht damit eine Rechtsverletzung im Sinne der §§ 513, 546 ZPO geltend, auf der das Urteil auch beruhen kann.

2. In der Sache hat das Rechtsmittel keinen Erfolg.

a) Der Kläger kann von dem Beklagten wegen des Vorfalls vom 26.04.2003 aus §§ 823 Abs. 1, 253 Abs. 2 BGB die Zahlung von materiellen Schadensersatz sowie von Schmerzensgeld in Höhe von insgesamt 21.333,15 € verlangen. Da sich das Schadensereignis erst nach der Neufassung des Schadensrechts mit Wirkung zum 01.08.2002 ereignet hat, kommt der vom Landgericht zitierte § 847 BGB nicht mehr zur Anwendung.

Der Kläger hat eine Körper- bzw. Gesundheitsbeschädigung dadurch erfahren, dass er das vom Beklagten im gemeinsamen Zimmer deponierte Harzentfernungskonzentrat HEK 5000 getrunken hat. Hierdurch ist es zu schweren Schäden (Verätzungen) des Klägers im Bereich des Mundes und Rachens sowie in der Speiseröhre gekommen. Diese Verletzungen des Klägers sind durch eine dem Beklagten anzulastende Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht hinsichtlich der Aufbewahrung der Chemikalie verursacht worden. Der Eigentümer gefährlicher Gegenstände hat grundsätzlich dafür Sorge zu tragen, dass diese nicht in die Hände von Personen gelangen, die ihre Gefährlichkeit nicht erkennen oder nicht zu beherrschen vermögen oder dies aus Leichtsinn oder Bosheit nicht wollen; befinden sich Chemikalien in Getränkeflaschen, so sind die Flaschen so aufzubewahren und zu kennzeichnen, dass sie von einer unkundigen Person - etwa einem in der Wohnung arbeitenden Handwerker - nicht mit einem Getränk verwechselt werden können (BGH NJW 1968, S. 1182; Münchener Kommentar-Wagner, BGB, 4. Aufl., § 823, Rn. 511; Staudinger-Hager, BGB, Kommentar, 13. Bearb., § 823 Rn. E 399). Diese Anforderungen hat der Beklagte nicht hinreichend beachtet und hierdurch eine erhebliche Gefahrenquelle für Dritte geschaffen. Der Beklagte hat die Chemikalie in einer eineinhalb Liter fassenden Mineralwasserflasche aufbewahrt, wie er im Rahmen seiner persönlichen Anhörung vor dem Senat bestätigt hat. Diese Flasche hat der Beklagte auch weder mit einem Warnhinweis wegen der Gefährlichkeit des Inhalts versehen noch sonst besonders gekennzeichnet. Unerheblich ist insoweit, ob die Flasche einen Aufdruck in tschechischer Sprache hatte, da es sich auch insoweit jedenfalls nicht um einen Warnhinweis handelte. Weiter befand sich die Flasche nach dem im Rahmen seiner Anhörung vom Beklagten modifizierten Vortrag nicht an einem besonders verschlossenen oder sonst gesicherten Ort, sondern auf dem Boden des Zimmers, neben dem Nachtisch, wobei der Kopf der Flasche nicht von der vor ihr stehenden Sporttasche verdeckt wurde. Auch hielten sich in dem Zimmer im Lehrlingswohnheim neben dem Beklagten wenigstens dessen drei Mitbewohner - darunter der Kläger - regelmäßig auf. Schließlich bestand - wie der Beklagte bei seiner Anhörung eingeräumt hat - eine Absprache der Bewohner des Zimmers jedenfalls dahin, dass die im Kühlschrank aufbewahrten Getränke von den übrigen Mitbewohnern mitgenutzt werden durften. Nach allem hat der Beklagte nahezu keine Maßnahme getroffen, um eine irrtümliche Nutzung der Flasche durch einen seiner Mitbewohner oder einen Besucher zu verhindern, obwohl es sich um eine gefährliche Chemikalie handelte und gerade angesichts des grundsätzlichen Einverständnisses mit einer gemeinsamen Nutzung von Getränken, das hinsichtlich der nicht im Kühlschrank aufbewahrten Flaschen jedenfalls nicht ausdrücklich fehlte, die offensichtliche Gefahr bestand, dass sich ein Dritter auch an dieser Flasche bedienen würde. Auch der Umstand, dass die Flüssigkeit einen - wie vom Beklagten nunmehr angegeben - gelblichen Ton gehabt haben soll, vermag den Beklagten nicht zu entlasten. Dies schloss eine Verwechslung mit einer ähnlich farbigen Flüssigkeit (Tee, verdünnter Saft, Limonade) nicht aus. Schließlich war auch nicht zu erwarten, dass ein Dritter, die - irrtümlich - als Getränk identifizierte Flüssigkeit noch einem Geruchstest unterziehen würde, sodass es auf die Behauptung des Beklagten, die Chemikalie habe gerochen, nicht ankommt.

Auch in subjektiver Hinsicht ist dem Beklagten ein Fahrlässigkeitsvorwurf zu machen. Bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte der Beklagte die Gefahr einer Verwechselung des Harzentfernungskonzentrats mit einem Getränk angesichts der unzureichenden Sicherung ohne weiteres erkennen können.

Das dem Kläger anzulastende Mitverschulden übersteigt nicht den eingeräumten Anteil von einem Drittel. Fehl geht insoweit die Auffassung des Beklagten, das Landgericht habe die Quote aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 12.03.1968 übernommen. Das Landgericht hat eigene Erwägungen zur Haftungsverteilung vorgenommen. Dass es schließlich die gleiche Quote ausgeworfen hat, lässt ein verfahrensfehlerhaftes Vorgehen nicht erkennen. Im vorliegenden Fall ist dem Kläger allenfalls anzulasten, dass er sich trotz des vom Beklagten behaupteten gelblichen Tons der Flüssigkeit nicht über deren Trinkbarkeit vergewissert hat. Wegen der Möglichkeit einer Verwechslung mit einer ähnlich farbigen Flüssigkeit (Tee, verdünnter Saft, Limonade) rechtfertigt dies jedoch nicht ein Mitverschulden oberhalb der zugestandenen Quote. Auch ist im Ergebnis der vom Senat durchgeführten persönlichen Anhörung des Beklagten ein unerlaubtes Vorgehen des Klägers nicht anzunehmen. Der Kläger konnte jedenfalls von einer mutmaßlichen Einwilligung des Beklagten in die Benutzung der Mineralwasserflasche ausgehen, da es hinsichtlich der im Kühlschrank aufbewahrten Getränke eine entsprechende Übereinkunft zwischen den Parteien gab, hinsichtlich der nicht dort aufbewahrten Getränke jedenfalls kein ausdrückliches Verbot einer Mitbenutzung existierte und die Flasche jedenfalls teilweise nicht durch die davor stehende Sporttasche verdeckt war, sodass der Kläger auch nicht die Sachen des Beklagten durchsuchen musste, um sich der Flasche bemächtigen zu können. Schließlich ist vom Beklagten nicht dargetan, dass der Geruch der Chemikalie so stark gewesen ist, dass er dem Kläger, der nicht mit einem anderen Inhalt der Flasche als einem Getränk rechnete, in dem üblicherweise kurzen Zeitraum zwischen dem Öffnen und dem Ansetzen der Flasche auffallen musste.

Das vom Landgericht dem Kläger zugebilligte Schmerzensgeld von 20.000,00 € ist nicht zu beanstanden. Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes ist in erster Linie dessen Ausgleichsfunktion zu beachten. Insoweit kommt es auf die Höhe und das Maß der Lebensbeeinträchtigung an. Maßgeblich sind Größe, Heftigkeit und Dauer der Schmerzen, Leiden, Entstellungen und psychischen Beeinträchtigungen, wobei Leiden und Schmerzen wiederum durch die Art der Primärverletzung, die Zahl und Schwere etwaiger Operationen, die Dauer der stationären und der ambulanten Heilbehandlungen, den Zeitraum der Arbeitsunfähigkeit und die Höhe des Dauerschadens bestimmt werden. Im Rahmen der Genugtuungsfunktion ist insbesondere die Schwere des Verschuldens des Schädigers in Ansatz zu bringen (BGH NJW 1955, S. 1675; VersR 1976, S. 968; NJW 1982, S. 985; VersR 1992, S. 1410; OLG Hamm MDR 2003, S. 1249). Schließlich ist das Schmerzensgeld an Urteilen für vergleichbare Fälle zu orientieren (BGH VersR 1970, S. 134; Küppersbusch, Ersatzansprüche für Personenschäden, 9. Aufl., Rn. 280). Unter Beachtung dieser Maßgaben erscheint ein Schmerzensgeld von 20.000,00 € bereits aufgrund der zwischen den Parteien unstreitigen bzw. vom Kläger gem. § 287 ZPO hinreichend belegten Umstände angemessen, es bedurfte daher keiner weiteren Aufklärung, ob die Beschwerden des Kläger weiterhin bestehen, insbesondere ob der Kläger 6- bis 10-mal wöchentlich Tabletten der Marke "Nexium" nehmen muss, um die Produktion übermäßiger Magensäure zu unterdrücken, sowie ob er weder scharf noch sauer essen kann und nur wenig gewürzte Speisen zu sich nehmen kann. Fest steht, dass Lebensgefahr beim Kläger bestand, auch wenn diese Phase - anders als vom Landgericht angegeben - nicht erst nach zwei Wochen sondern ausweislich des Schreibens des Deutschen Roten Kreuzes vom 18.09.2003 schon nach fünf Tagen beendet war. Der Kläger befand sich insgesamt vom 26.02.2003 bis zum 12.03.2003 in stationärer Behandlung, wobei er unter starken Schmerzen im Mund- und Rachenbereich litt und zunächst künstlich ernährt werden musste. Erst nach zehn Tagen konnte er die erste flüssige Nahrung zu sich nehmen. Feste Nahrung konnte der Kläger in begrenzten Umfang ab August 2003 zu sich nehmen. Zudem musste sich der Kläger wegen einer Verschlechterung seines Gesundheitszustandes in den Zeiträumen vom 11. bis zum 25.04.2003 und vom 12. bis zum 23.05.2003 in stationäre Behandlung begeben. Auch wurden nach der Entlassung des Klägers aus der stationären Behandlung ambulant Gastroskopien durchgeführt, und zwar zunächst alle zwei Tage, später wurden die Intervalle verlängert auf zwei bzw. dann auf eine Untersuchung in der Woche und schließlich auf eine Untersuchung im Monat. Ausweislich des Schreibens der Dr. med. W... vom 15.09.2003, dessen Richtigkeit der Beklagte nicht in Abrede gestellt hat, befindet sich der Kläger weiter in ärztlicher Behandlung, auch wird sich dieser Zustand nicht ändern. In diesem Rahmen werden die Blutwerte des Klägers kontrolliert und dessen Magengegend abgetastet.

Aufgrund der vorgenannten Umstände, unter Berücksichtigung einer Mithaftung des Klägers von einem Drittel und dem den Beklagten treffenden Vorwurf einfacher Fahrlässigkeit sowie unter Beachtung der veröffentlichten Vergleichsfälle erscheint dem Senat ein Schmerzensgeld in Höhe von 20.000,00 € angemessen. Der Senat geht dabei von den Entscheidungen des BGH vom 20.03.1978 (abgedruckt in VersR 1978, S. 668) und des OLG München vom 29.10.1974 (abgedruckt in VersR 1977, S. 654) aus, wobei in den dort entschiedenen Fällen eine Mithaftung des Geschädigten nicht gegeben war und im Fall des OLG München erheblich schwerwiegendere Verletzungsfolgen aufgetreten sind. Weiter war zu berücksichtigen, dass seit den Entscheidungen in den genannten Fällen ein erheblicher Zeitraum verstrichen ist, der über die inflationsbedingte Anpassung der Schmerzensgeldbeträge einen weiteren Zuschlag aufgrund des zwischenzeitlich allgemein angehobenen Niveaus von Schmerzensgeldzahlungen erfordert.

Unstreitig ist schließlich der dem Kläger entstandenen materielle Schaden von insgesamt 1.999,73 €, sodass sich bei einer Mithaftung von einem Drittel der vom Landgericht zugesprochene Betrag von 1.333,15 € ergibt.

b) Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz kann der Kläger hinsichtlich des Schmerzensgeldantrages aus §§ 286, 288 Abs. 1 BGB ab dem 04.06.2004 verlangen, da sich der Beklagte infolge des Schreibens seiner von ihm mit dieser Angelegenheit betrauten Haftpflichtversicherung von diesem Tage an in Verzug befand. Ein weitergehender Zinsanspruch besteht nicht, insbesondere enthält das Schreiben des Klägers vom 13.11.2003 keine Mahnung, sondern lediglich die Aufforderung die Haftpflichtversicherung einzuschalten oder ein Schuldanerkenntnis abzugeben. Der Zinsanspruch betreffend den materiellen Schaden des Klägers folgt aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.

c) Schließlich ist auch der Feststellungsantrag des Klägers betreffend eine Ersatzpflicht des Beklagten hinsichtlich etwaiger zukünftiger Schäden, die nicht bereits mit ihrer Entstehung auf Sozialversicherungsträger oder andere Dritte übergehen, begründet. Durch die in dem Schreiben der Dr. med. W... bescheinigte lebenslange Behandlungsbedürftigkeit, aus der zugleich die Gefahr einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes folgt, hat der Kläger die Möglichkeit künftiger Schadensfolgen hinreichend belegt (vgl. hierzu auch BGH NJW 2001, S. 1432; NJW-RR 1988, S. 445). Klarzustellen war allein der Tenor des angefochtenen Urteils, weil hinsichtlich etwaiger zukünftiger immaterieller Schäden nicht eine Quotierung nach der Mithaftungsquote vorzunehmen ist, diese vielmehr lediglich als ein Bemessungsfaktor zu berücksichtigen ist (vgl. BGH ZfS 2002, S. 96 m. w. N., std. Rspr.). 3. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 Sätze 1 und 2 ZPO.

Gründe, die die Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO rechtfertigen würden, sind nicht ersichtlich, Mit Rücksicht darauf, dass die Entscheidung einen Einzelfall betrifft, ohne von der höchst- oder obergerichtlichen Rechtsprechung abzuweichen, kommt der Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung zu noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf 23.333,15 € festgesetzt [Schmerzensgeld: 20.000,00 €; materieller Schadensersatz: 1.333,15 €; Feststellungsantrag: 2.000,00 €].

Wert der Beschwer für den Beklagten: 23.333,15 €.

Ende der Entscheidung

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