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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 14.06.2007
Aktenzeichen: 12 U 244/06
Rechtsgebiete: ZPO, StVG, PflVG, BGB, StVO


Vorschriften:

ZPO § 156
ZPO § 287
ZPO § 511
ZPO § 513
ZPO § 517
ZPO § 519
ZPO § 520
ZPO § 520 Abs. 3
ZPO § 524
ZPO § 546
StVG § 7 Abs. 1
StVG § 11 S. 2
StVG § 18 Abs. 1
PflVG § 3 Nr. 1
BGB § 253 Abs. 1
BGB § 421
BGB § 823 Abs. 1
BGB § 823 Abs. 2
StVO § 5 Abs. 3 Nr. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

12 U 244/06 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 14.06.2007

Verkündet am 14.06.2007

In dem Rechtsstreit

hat der 12. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 24.05.2007 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Pastewski, den Richter am Oberlandesgericht van den Bosch und die Richterin am Landgericht Kyrieleis

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung der Klägerin gegen das am 29. November 2006 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Potsdam, Az.: 8 O 405/06, werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Beklagten zu 47 % und die Klägerin zu 53 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

1. Berufung und Anschlussberufung sind zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 511, 513, 517, 519, 520, 524 ZPO. Die Berufungsbegründungen genügen den Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO. Beide Parteien begründen ihre Rechtsmittel unter anderem damit, das Landgericht habe bei der Bemessung des Schmerzensgeldes verschiedene Faktoren zu Unrecht einbezogen bzw. unberücksichtigt gelassen. Damit zeigen beide Parteien Umstände auf, die im Bereich der Überprüfung einer Ermessensentscheidung auf eine Rechtsverletzung im Sinne der §§ 513, 546 ZO in jedem Fall zu berücksichtigen sind und auf denen das Urteil auch beruhen kann (vgl. insoweit zur revisionsrechtlichen Überprüfung von Ermessensentscheidungen etwa BGH NJW 1970, S. 2142). Zudem sind auch nach der Neufassung des Berufungsrechts durch das Gesetz zur Reform des Zivilprozesses vom 27.07.2001 Ermessensentscheidungen vom Rechtsmittelgericht in vollem Umfang zu überprüfen (BGH VersR 2006, S. 710).

2. In der Sache haben beide Rechtsmittel keinen Erfolg. Das Landgericht hat im Ergebnis zutreffend das der Klägerin zustehende Schmerzensgeld mit 22.000,00 € bemessen, sodass sich unter Berücksichtigung der vorgerichtlich gezahlten 15.000,00 € die zugesprochene Summe von 7.000,00 € ergibt.

Der Anspruch der Klägerin gegen die Beklagten als Gesamtschuldner folgt aus §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1, 11 S. 2 StVG, 3 Nr. 1 PflVG, 421 BGB sowie aus §§ 823 Abs. 1, 823 Abs. 2, 253 Abs. 1 BGB, 5 Abs. 3 Nr. 2 StVO, 3 Nr. 1 PflVG, 421 BGB, wobei für das streitgegenständliche Unfallgeschehen auf die Rechtslage nach Inkrafttreten des 2. Gesetzes zur Änderung schadensrechtlicher Vorschriften vom 19.07.2002 mit Wirkung zum 01.08.2002 abzustellen ist, da der Unfall sich am 26.01.2004 ereignet hat. Die 100%ige Haftung der Beklagten steht nicht im Streit.

Das der Klägerin zustehende Schmerzensgeld bemisst auch der Senat mit 22.000,00 €. Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes ist in erster Linie dessen Ausgleichsfunktion zu beachten. Insoweit kommt es auf die Höhe und das Maß der Lebensbeeinträchtigung an. Maßgeblich sind Größe, Heftigkeit und Dauer der Schmerzen, Leiden, Entstellungen und psychischen Beeinträchtigungen, wobei Leiden und Schmerzen wiederum durch die Art der Primärverletzung, die Zahl und Schwere der Operationen, die Dauer der stationären und der ambulanten Heilbehandlungen, den Zeitraum der Arbeitsunfähigkeit und die Höhe des Dauerschadens bestimmt werden (BGH NJW 1995, S. 1675; VersR 1992, S. 1410; Küppersbusch, Ersatzansprüche bei Personenschaden, 9. Aufl., Rn. 274 ff). Dabei muss die Entschädigung zu Art und Dauer der erlittenen Schäden in eine angemessene Beziehung gesetzt werden (BGH VersR 1976, S. 968; OLG Hamm MDR 2003, S. 1249). Im Rahmen der psychischen Auswirkungen können neben körperlichen Entstellungen auch Einschränkungen bei der Berufswahl berücksichtigt werden (Küppersbusch, a. a. O., Rn. 277). Auch das Verhalten des Schädigers bei der Schadensregulierung ist zu berücksichtigen, insbesondere eine zögerliche Bearbeitung (OLG Düsseldorf VersR 2004, S. 120; Küppersbusch, a. a. O.). Im Rahmen der bei normalen Straßenverkehrsunfällen nur eingeschränkt zu berücksichtigenden Genugtuungsfunktion ist insbesondere die Schwere des Verschuldens des Schädigers in Ansatz zu bringen (BGH NJW 1955, a. a. O.; NJW 1982, S. 985; VersR 1992, a. a. O.), darüber hinaus ist auch der Anlass der Unfallfahrt zu berücksichtigen, so kommt eine Reduzierung des Schmerzensgeldes etwa bei einer Gefälligkeitsfahrt dann in Betracht, wenn die Geltendmachung eines Schmerzensgeldes in der üblichen Höhe aufgrund der dem Geschädigten erwiesenen Gefälligkeit grob unbillig erscheint (BGH VersR 1955, S. 615; a. A. OLG Hamm VersR 1999, S. 1376).

Im vorliegenden Fall hat die Klägerin mittels der vorgelegten ärztlichen Untersuchungsberichte, deren inhaltliche Richtigkeit von den Beklagten nicht in Abrede gestellt wird, im Rahmen des insoweit heranzuziehenden § 287 ZPO hinreichend belegt, dass sie ein Schädelhirntrauma 2. Grades, eine Lungenkontusion mit Mantelpneumothorax rechts, eine Leberruptur, eine Nierenparenchymruptur rechts, eine instabile LWK I-Fraktur sowie eine instabile Typ III-Beckenfraktur erlitten hat. Die Klägerin befand sich für einen Monat in stationärer Behandlung im Krankenhaus. Dabei bestand über einen Zeitraum von fünf Tagen Lebensgefahr. Zur Behandlung der Unfallfolgen wurde eine Osteosynthese mit Fixateur intern der LWK I-Fraktur sowie eine Osteosynthese der Beckenfraktur durchgeführt. Bis Ende Februar 2004 erfolgte eine Beatmungstherapie mit Respirator-Therapie. Zudem wurden operativ Fixateure im Bereich des Beckens, der Brustwirbelsäule und der Lendenwirbelsäule eingebracht. Im Bereich des Beckens mussten zudem Distanzplatten eingesetzt werden. Vom 23.03. bis 13.05.2004 befand sich die Klägerin zur neurologischen Rehabilitation stationär in der Fachklinik H.... Zur Entfernung des im Bereich des Beckens eingebrachten Materials erfolgte vom 31.05. bis 05.06.2004 erneut eine stationäre Behandlung der Klägerin. Eine weitere Operation der Klägerin erfolgte im November 2005 im Bereich des Hüftgelenkes, wobei pediartikuläre Verkalkungen entfernt wurden. Hierdurch war die Klägerin bis zum 09.12.2005 arbeitsunfähig. Im Jahre 2007 steht eine weitere Operation zur Entfernung des im Bereich der Wirbelsäule eingebrachten Materials an. Auch liegt am rechten Hüftgelenk unfallbedingt eine Veränderung im Sinne einer präarthrotischen Deformität vor, die ein frühzeitig einsetzendes Verschleißleiden zur Folge hat, das bereits aufgetreten ist. Ferner ist im Hüftbereich nur noch eine eingeschränkte Beweglichkeit gegeben, zudem lässt sich das rechte Bein nur noch bis zu einem Winkel von ca. 45° abklappen, während das linke Bein weiterhin bis zur Horizontalen abzuspreizen ist.

Zutreffend hat das Landgericht einen unfallbedingten Grad der Behinderung von 40 % bei der Klägerin angenommen. Soweit die Beklagten der Auffassung sind, der nur teilweise vorgelegte Bescheid des Landesamtes für Soziales und Versorgung des Landes ... vom 10.01.2006 könne nur eingeschränkt der Beurteilung der Schmerzensgeldhöhe zu Grunde gelegt werden, greifen ihre Bedenken nicht durch. Da die Klägerin die bei ihr unfallbedingt aufgetretenen Beeinträchtigungen bereits anderweitig nachgewiesen hat, bedurfte es hierzu der Vorlage des vollständigen Bescheides nicht mehr. Der vorgetragene Grad der Behinderung von 40 % ergibt sich jedoch aus der vorgelegten ersten Seite des Bescheides und ist daher hier zu berücksichtigen, insbesondere wird weder von den Beklagten behauptet noch ist aus den sonstigen Umständen ersichtlich, dass der festgestellte Grad der Behinderung (auch) auf Vorschädigungen der Klägerin oder den von ihr im Juni 2004 erlittenen zweiten Unfall zurückzuführen ist.

Entgegen der Auffassung der Beklagten hat das Landgericht auch zutreffend berücksichtigt, dass bei der Klägerin auf Dauer entstellende Narben im Bereich des linken Beckenkamms, der rechten Gesäßseite und des rechten Oberschenkels zurückgeblieben sind. Auch wenn die Klägerin selbst nicht ausdrücklich von entstellenden Narben gesprochen hat, ergibt sich dieser Umstand bereits aus der relativ großflächigen Verteilung der Narben im Bereich des Unterleibes / rechten Oberschenkels. Zudem ist im Gutachten des Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. G. O. H... vom 24.02.2006 festgehalten, dass die Narbe über dem linken Beckenkamm verbreitert und verhärtet ist, woraus sich ebenfalls eine Auffälligkeit und damit eine Entstellung ergibt. Die erstinstanzlich weitergehende Behauptung, die Narben verursachten dauerhaft Schmerzen, hat die Klägerin in der Berufungsinstanz nicht wieder aufgegriffen, obwohl das Landgericht einen entsprechenden Nachweis nicht als geführt angesehen hat.

Weiterhin ist das Landgericht entgegen der Ansicht der Beklagten zutreffend vom Nachweis einer Arbeitsunfähigkeit der Klägerin bis in den Oktober 2004 hinein ausgegangen. Zwar lässt sich eine solche Dauer der Arbeitsunfähigkeit der Klägerin nicht aus der ärztlichen Bescheinigung des Dr. med. K... vom 03.09.2004 entnehmen. Diese Bescheinigung bestätigt lediglich, dass die Arbeitsunfähigkeit der Klägerin nicht durch den zweiten von ihr erlittenen Unfall verlängert worden ist. Allerdings ergibt sich aus dem Arztbericht des Dr. med. K... vom 21.01.2005 eine Arbeitsunfähigkeit bis Oktober 2004. Diese Feststellung steht auch nicht im Widerspruch zu dem im gleichen Arztbericht angesprochenen Grad der Erwerbsbehinderung der Klägerin. Insoweit hat der Verfasser nämlich lediglich die Zeiten der Krankenhausaufenthalte der Klägerin aufgenommen. Auch daraus, dass die Klägerin im Juni 2004 bereits wieder mit einem Kraftfahrzeug unterwegs war und einen zweiten Unfall erlitt, lässt sich ihre Arbeitsfähigkeit nicht ableiten. Gleiches gilt für den Umstand, dass die Klägerin bereits im September 2004 eine Ausbildung aufgenommen hat. Auch bei aus medizinischer Sicht fortbestehender Arbeitsunfähigkeit bleibt es dem Geschädigten unbenommen, vorfristig eine Beschäftigung wieder aufzunehmen - soweit ihm dies in tatsächlicher Hinsicht möglich ist. Diesbezüglich erscheint dem Senat der Vortrag der Klägerin nachvollziehbar, sie habe Angst gehabt, ihren Ausbildungsplatz zu verlieren, wenn sie die Stelle nicht ab Beginn der Ausbildung wahrnehme. Dieses Vorbringen der Klägerin steht insbesondere im Einklang mit der Beendigung ihres Aufenthaltes in der Fachklinik H.... Entgegen der Auffassung der Beklagten ist dem dortigen Entlassungsbericht nicht eine vollständige Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit der Klägerin zu entnehmen, sondern eine vorzeitige Entlassung der Klägerin, um eine bessere Vorbereitung auf die Abiturprüfungen zu ermöglichen.

Zu Recht hat das Landgericht die Unfallherbeiführung durch die Beklagte zu 1. als grob fahrlässig bewertet. Grob fahrlässig ist ein Verhalten, das eine besonders schwere Verletzung der erforderlichen Sorgfalt darstellt und bei dem allgemein einleuchtende Umstände und ganz nahe liegende Überlegungen außer Acht gelassen werden (BGH NZV 1997, S. 176; VersR 1989, S. 582; OLG Düsseldorf NVersZ 2000, S. 32). Dies ist im vorliegenden Fall anzunehmen. Die Beklagte zu 1. ist beim Überholen auf schneeglatter Fahrbahn im Bereich eines Überholverbotes ins Schleudern gekommen und hat schließlich die Kontrolle über das Fahrzeug verloren. Dabei ist schon aus den polizeilich gefertigten Bildern von der Unfallstelle ersichtlich, dass mit Schneeglätte gerechnet werden musste, sodass sich das von der Beklagten zu 1. durchgeführte Überholmanöver in objektiver Hinsicht als nicht nachvollziehbar darstellt (vgl. auch OLG Düsseldorf, a. a. O.). Auch in subjektiver Hinsicht ist der Beklagten zu 1. ein grober Sorgfaltsverstoß vorzuwerfen, da die Witterungsbedingungen deutlich wahrnehmbar waren und sie zudem das Überholmanöver an einer Stelle durchführte, an der -wenngleich aus anderen Gründen - ein Überholverbot angeordnet war. Nicht zu Gunsten der Beklagten zu berücksichtigen war schließlich der Anlass der Fahrt. Es handelte sich schon nicht um eine reine Gefälligkeitsfahrt, vielmehr nahmen sich die Klägerin und die Beklagte zu 1. wechselseitig mit dem Auto zur Schule mit. Auch ist es zu dem Unfall entgegen der Meinung der Beklagten nicht durch den gleichsam schicksalhaften Zufall gekommen, dass die Beklagte zu 1. an diesem Tag gefahren ist, sondern durch deren grob fahrlässiges Fehlverhalten. Jedenfalls unter diesen Umständen erscheint die Geltendmachung eines Schmerzensgeldes in der üblichen Höhe durch den Geschädigten nicht als grob unbillig und eine Herabsetzung nicht veranlasst.

Zutreffend hat das Landgericht auch das zögerliche Regulierungsverhalten der Beklagten zu 3. schmerzensgelderhöhend berücksichtigt. Vorgerichtlich hat die Beklagte zu 3. in vier Teilbeträgen Zahlungen an die Klägerin geleistet, wobei über ein halbes Jahr verstrichen ist bis ein Betrag von 5.000,00 € geleistet wurde. Über ein Jahr nach dem Unfall - am 02.02.2005 -erfolgte eine weitere Zahlung von 2.000,00 € und erst über zwei Jahre nach der Schädigung der Klägerin - nämlich am 20.04.2006 - wurde ein weiterer Betrag von 8.000,00 € überwiesen. Eine nachvollziehbare Begründung für dieses Hinhalten der Klägerin haben die Beklagten nicht gegeben. Es ist nicht ersichtlich, dass ein größerer Aufklärungsbedarf auf Seiten der Beklagten bestand, da die Haftungslage eindeutig war und auch die Schwere der Verletzungsfolgen der Klägerin zeitnah feststand.

Entgegen der von der Klägerin in der Anschlussberufung vertretenen Ansicht hat das Landgericht hingegen zutreffend nicht berücksichtigt, dass der Klägerin der Zugang zu den von ihr favorisierten Ausbildungsberufen als Chemie- bzw. Biologielaborantin verwehrt geblieben ist. Auch im Rahmen der Schadensermittlung nach § 287 ZPO, auf den die Klägerin in diesem Zusammenhang zu Recht verweist, ist es für eine messbare Erhöhung des Schmerzensgeldes nicht hinreichend, dass lediglich die Chance der Klägerin vereitelt wurde, einen anderen Beruf zu ergreifen. Erforderlich für eine fühlbare Erhöhung des Schmerzensgeldes wäre vielmehr die auf sicherer Grundlage zu stellende Prognose, dass die Klägerin ohne den Unfall eine Lehrstelle in einem der von ihr bevorzugten Berufszweige tatsächlich erhalten hätte. Eine solche Prognose ist dem Senat jedoch allein aufgrund der Umstände, dass die Klägerin über gute Zeugnisse verfügte und auch zu Vorstellungsgesprächen eingeladen worden ist, nicht möglich. Es fehlen bereits Erkenntnisse über die Auswahlkriterien der Arbeitgeber und die Qualifikationen der Mitbewerber.

Zutreffend macht die Klägerin mit der Anschlussberufung hingegen geltend, dass zu berücksichtigen ist, dass sie infolge des Unfalls den praktischen Teil des Fachabiturs nicht erfolgreich absolvieren konnte und ihr damit der Zugang zu weiteren Ausbildungen oder Studiengängen erschwert ist. Insoweit geht der Senat aufgrund der von der Klägerin eingereichten Zeugnisse davon aus, dass die Klägerin die Abiturprüfung ohne den Unfall bestanden hätte, § 287 ZPO. Auch ist von den für den Fall einer überholenden Kausalität darlegungs- und beweispflichtigen Beklagten nicht nachgewiesen worden, dass allein der zweite Unfall vom 24.06.2004 das erfolgreiche Absolvieren der Prüfungen verhindert hat. Schließlich kann angesichts der Dauer der belegten Arbeitsunfähigkeit der Klägerin dieser auch nicht vorgeworfen werden, dass sie nicht den Versuch unternommen hat noch im Jahre 2004 eine Nachprüfung zu absolvieren.

Aufgrund der vorgenannten Umstände sowie unter Berücksichtigung der veröffentlichten Vergleichsfälle erscheint dem Senat das vom Landgericht zugesprochene Schmerzensgeld von 22.000,00 € im Ergebnis angemessen aber auch ausreichend, wobei der Senat nicht verkennt, dass als zusätzlicher Faktor zu berücksichtigen ist, dass es der Klägerin unfallbedingt nicht möglich war, den praktischen Teil des Fachabiturs zu absolvieren. Die von beiden Seiten als Vergleichsfälle herangezogenen Entscheidungen sind in diesem Zusammenhang jeweils nur in sehr eingeschränktem Maße aussagekräftig. So betreffen die von den Beklagten zitierten Entscheidungen - auch soweit sie im nachgereichten Schriftsatz vom 31.05.2007 enthalten sind - mit Ausnahme der Entscheidungen des Kammergerichts vom 10.01.1991 (veröffentlicht in VM 1992, S. 27) und des LG München I vom 08.03.2001 (Az.: 19 O 13109/99) Konstellationen, in denen der Geschädigte deutlich geringfügigere Verletzungen erlitten hat als die Klägerin. Auch die Verletzungsfolgen fallen im Regelfall deutlich geringer aus als vorliegend, so ist in nahezu keinem Fall eine unfallbedingte Verminderung der Erwerbsfähigkeit von mehr als 20 % gegeben. Auch ist nicht ersichtlich, dass in einer der herangezogenen Konstellationen sich der Geschädigte in Lebensgefahr befunden hat. Auch die Entscheidungen des Kammergerichts vom 10.01.1991 und des LG München I vom 08.03.2001 sind nur bedingt vergleichbar, zumal im einen Fall dem Geschädigten ein 50 %iges Mitverschulden zur Last fällt, während im zweiten Fall ein Gesamtschmerzensgeld von 32.500,00 € zugebilligt wurde. Unter Berücksichtigung dieser Umstände - sowie in Anbetracht des Alters der Entscheidung des Kammergerichtes - erscheint ein Schmerzensgeld von 22.000,00 € im vorliegenden Fall keineswegs überhöht. Die von der Klägerin angeführten Entscheidungen des LG Passau vom 18.03.1992 (Az.: 4 O 3/92) sowie die Entscheidung des OLG Koblenz vom 13.11.1995 (Az.: 12 U 1912/94) betrafen hingegen deutlich schwerwiegendere Verletzungen. So lagen bei der vom OLG Koblenz entschiedenen Konstellation - in der den Geschädigten allerdings ein Mitverschulden von 1/3 angelastet wurde - neben LWK I-Kompressionsfraktur und Beckenringfraktur noch erhebliche Verletzungen im Bereich der Schulter und des rechten Unterarmes vor sowie eine Verkürzung des rechten Beines des Geschädigten. In der Entscheidung des LG Passau hatte die Geschädigte zusätzlich eine schwerwiegende Armverletzung erlitten und war zudem wegen des Unfalls ihres Arbeitsplatzes verlustig geworden. Dies rechtfertigt ein Schmerzensgeld unterhalb des in diesen Entscheidungen zugesprochenen Betrages von 50.000,00 DM.

Die nicht nachgelassenen Schriftsätze der Parteien vom 31.05. und 06.06.2007 geben keinen Anlass die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen, § 156 ZPO.

3. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 Satz 1, 713 ZPO.

Gründe, die die Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO rechtfertigen würden, sind nicht gegeben. Mit Rücksicht darauf, dass die Entscheidung einen Einzelfall betrifft, ohne von der höchst- oder obergerichtlichen Rechtsprechung abzuweichen, kommt der Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung zu noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

Wert der Beschwer für die Beklagten: 7.000,00 €;

Wert der Beschwer für die Klägerin: 8.000,00 €.

Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf 15.000,00 € festgesetzt, §§ 47 Abs. 1, 45 Abs. 1, Abs. 2 GKG (Berufung: 7.000,00 €; Anschlussberufung: 8.000,00 €).

Ende der Entscheidung

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