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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 16.10.2008
Aktenzeichen: 12 U 67/08
Rechtsgebiete: GmbHG, ZPO, BGB, InsO, BUrlG


Vorschriften:

GmbHG § 30
GmbHG § 30 Abs. 1
GmbHG § 31 Abs. 1
ZPO § 156
ZPO § 253
ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2
ZPO § 528 Abs. 2 a. F.
ZPO § 531 Abs. 2
BGB § 134
BGB § 288 Abs. 1
BGB § 291
BGB § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt. C
BGB § 814
InsO § 80 Abs. 1
BUrlG § 7
BUrlG § 7 Abs. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das am 24. Januar 2008 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Potsdam, Az.: 2 O 106/04, teilweise abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 16.778,25 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16. April 2004 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben der Kläger 1/5 und die Beklagte 4/5 zu tragen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht zuvor der Kläger Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger verlangt als Insolvenzverwalter über das Vermögen der R. GmbH von der Beklagten an diese geleistete Gehaltszahlungen aus dem Jahre 2001 sowie Urlaubsabgeltungen für die Jahre 1999-2001 aus §§ 30 Abs. 1, 31 Abs. 1 GmbHG zurück. Wegen der Einzelheiten zum Sachverhalt wird Bezug genommen auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils.

Das Landgericht hat die Klage hinsichtlich des Zahlungsantrags zu 2. (Urlaubsabgeltungen) als unzulässig angesehen mit der Begründung, es sei unklar, welche Ansprüche dem Antrag zuzuordnen seien, weshalb es an der notwendigen Bestimmtheit gem. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO fehle. Etwaige in der Klageschrift angegebene Gehaltsüberzahlungen von 18.000,00 DM und unberechtigte Urlaubsabgeltungszahlungen von 14.800,00 DM seien nicht identisch mit den im Schriftsatz vom 08.03.2004 angegebenen Urlaubsabgeltungszahlungen, ohne dass insoweit trotz gerichtlicher Hinweise eine Klarstellung erfolgt sei.

Hinsichtlich des Antrags zu 1. (Gehaltszahlungen 2001) hat das Landgericht die Klage in Höhe eines Betrages von 18.406,51 € für begründet erachtet und hat gemeint, nach der Beweisaufnahme stehe zur Überzeugung des Gerichts fest, dass mit den im Jahre 2001 an die Beklagte erfolgten Gehaltszahlungen, soweit sie über 5.000,00 DM gelegen hätten, zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliches Gesellschaftsvermögen weggeben worden sei, da bei der Gemeinschuldnerin im Jahre 2001 durchgehend eine bilanzielle Unterdeckung vorgelegen habe, wobei sich das Landgericht insoweit auf die nach seiner Auffassung überzeugenden und widerspruchsfreien Angaben des Sachverständigen D. in seinen Gutachten vom 07.11.2005 und 22.03.2007 stützt. Etwaige Unsicherheiten hinsichtlich der Überschuldung, die sich daraus ergäben, dass dem Sachverständigen für die Lagerbewertung zum 31.12.2000 Inventurunterlagen nicht vorgelegen haben und er auch die Lagerbewertung zum 31.12.2001 als nicht ordnungsgemäß ansieht, gingen nicht zu Lasten des für die Unterdeckung bzw. Überschuldung beweisbelasteten Klägers. Dass es insoweit jemals ordnungsgemäße Inventurunterlagen gegeben habe, die dem Kläger übergeben worden seien, habe die Beklagte nicht substanziiert vorgetragen. Auch unter Berücksichtigung der Darlegungen der Beklagten zu ihrer komplexen Tätigkeit im Betrieb der Gemeinschuldnerin rechtfertigten diese eine monatliche Bruttovergütung von 8.000,00 DM nicht. Nach den Ausführungen des Sachverständigen D. halte eine solche Gehaltszahlung einem Fremdvergleich nicht stand.

Beide Parteien haben gegen das ihnen jeweils am 28.01.2008 zugestellte Urteil mit einem am 22.02.2008 (Kläger) bzw. 28.02.2008 (Beklagte) beim Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und haben diese mit einem am 28.03.2008 (Kläger) bzw. nach Fristverlängerung bis zum 16.05.2008 mit einem an diesen Tag eingegangenen Schriftsatz (Beklagte) begründet.

Der Kläger meint, das Landgericht habe den Klageantrag zu 2. zu Unrecht als unzulässig angesehen, denn es habe unbeachtet gelassen, dass er in allen mündlichen Verhandlungen den Antrag aus seinem Schriftsatz vom 08.03.2004 verlesen habe, dem hinreichend unberechtigte Urlaubsabgeltungen in Höhe von 11.076,93 DM im März 2001, 8.861,54 DM im März 2000 und 12.876,93 DM im Januar 1999 zugeordnet worden seien. Die entsprechenden Gehaltsabrechnungen seien dem Schriftsatz beigefügt worden. Der diesem Vorbringen angepasste geänderte Klageantrag sei ausschließlich Gegenstand der mündlichen Verhandlungen gewesen. Soweit das Landgericht zwischenzeitlich in Hinweisen Zweifel an der Klarheit des Klägervortrags geäußert habe, seien die Hinweise für ihn rätselhaft gewesen. Den Hinweisen des Gerichts sei jedenfalls nicht zu entnehmen gewesen, dass beabsichtigt sei, den Klageantrag zu 2. als unzulässig abzuweisen. In Bezug auf die Berufung der Beklagten verteidigt der Kläger das angefochtene Urteil.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Landgerichts Potsdam, Az.: 2 O 106/04, vom 24.01.2008 abzuändern, soweit der Klageantrag zu 2. abgewiesen wurde und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger weitere 16.778,25 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen und

hilfsweise

den Rechtsstreit zur Verhandlung über den Klageantrag zu 2. an das Landgericht Potsdam zurückzuverweisen, sowie

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Potsdam, Az.: 2 O 106/04, vom 24.01.2008 abzuändern, soweit die Beklagte verurteilt wurde, an den Kläger 18.406,51 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.04.2004 zu zahlen, und die Klage abzuweisen,

hilfsweise

den Rechtsstreit zur Verhandlung über den Klageantrag zu 1. an das Landgericht Potsdam zurückzuverweisen sowie

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Die Beklagte meint, entgegen der Auffassung des Landgerichts habe der Kläger das Vorliegen der Voraussetzungen eines Anspruchs aus §§ 30 Abs. 1, 31 Abs. 1 GmbHG nicht beweisen können. Entsprechendes ergebe sich auch nicht aus dem Sachverständigengutachten, welches hinsichtlich der Frage der bilanziellen Überschuldung zum 05.02.2001 widersprüchlich sei, worauf die Beklagte bereits in erster Instanz hingewiesen habe, ohne dass das Landgericht darauf eingegangen wäre. In seinem ersten Gutachten vom 07.11.2005 habe der Sachverständige festgestellt, er könne nicht abschließend bestätigen, dass zum 05.02.2001 auch tatsächlich eine bilanzielle Überschuldung vorhanden gewesen sei. Gegensätzliches habe er in seinem Gutachten vom 22.03.2007 dargestellt, ohne zu erkennen zu geben, worauf seine nunmehr anders lautende Erkenntnis zurückzuführen sei. In diesem Zusammenhang falle auch das Nichtvorliegen etwaiger notwendiger Unterlagen in den Verantwortungsbereich des beweisbelasteten Klägers. Die Beklagte habe hinreichend vorgetragen, dass dem Kläger als Insolvenzverwalter alle Geschäftsunterlagen zur Verfügung gestellt worden seien. Entgegen den sonstigen Gepflogenheiten seien die Unterlagen nach der Beschlagnahme nicht in ein nur dem Kläger als Insolvenzverwalter zugängliches Depot verbracht, sondern am ehemaligen Firmensitz der Gemeinschuldnerin gelagert worden, weshalb ein etwaiges Nichtauffinden der Unterlagen auf eine sorgfaltswidrige Aufbewahrung durch den Kläger zurückzuführen sei. Die Ausführungen des Sachverständigen zur Unangemessenheit von Leistung und Gegenleistung in Bezug auf das von der Beklagten bezogene Gehalt von 8.000,00 DM seien unbrauchbar. Erforderlich sei ein Fremdvergleich mit Arbeitnehmern, die kein Näheverhältnis zu dem Gesellschafter haben. Ein solcher Fremdvergleich sei jedoch nicht dargelegt worden.

Hinsichtlich der Berufung des Klägers verteidigt die Beklagte das angefochtene Urteil und meint, der Kläger habe auf die vom Gericht erteilten Hinweise hinreichend Gelegenheit gehabt, sein Vorbringen insoweit klarzustellen.

Entscheidungsgründe: II.

Die Berufungen sind zulässig, haben jedoch in der Sache nur in Bezug auf die Berufung des Klägers Erfolg, während die Berufung der Beklagten ohne Erfolg bleibt.

1. Berufung des Klägers

Die Klage ist auch hinsichtlich der an die Beklagte in den Jahren 1990 bis 2001 gezahlten Urlaubsabgeltungen zulässig und in Höhe des geltend gemachten Gesamtbetrages von 16.778,25 € begründet.

a) Der Zulässigkeit der Klage steht nicht die fehlende Bestimmtheit des Klagegegenstandes gem. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO entgegen. Jedenfalls mit der Berufung hat der Kläger hinreichend klargestellt, dass Gegenstand des Klageantrages zu 2. die Urlaubsabgeltungen aus Januar 1999 in Höhe von 12.876,93 DM, März 2000 in Höhe von 8.861,54 DM und März 2001 in Höhe von 11.076,93 DM sind. Entsprechendes ergab sich ansatzweise auch bereits aus seinem der Klageschrift unmittelbar nachfolgenden Schriftsatz vom 08.03.2004, mit dem er zur weiteren Substanziierung der zuvor von ihm geltend gemachten Forderungen in Höhe von 18.000,00 DM sowie 14.800,00 DM im Einzelnen die zuvor genannten Urlaubsabgeltungen darstellte, wobei der Klageantrag dem Gesamtbetrag der drei erfolgten Zahlungen angepasst wurde (ursprünglicher Klageantrag zu 6.). Es mag sein, dass mit diesem Vorbringen bei strenger Betrachtung noch keine hinreichende Klarstellung erfolgt war, weil nicht deutlich zum Ausdruck gebracht wurde, inwieweit an der ursprünglichen Forderung betreffend Urlaubsabgeltungen in Höhe von 14.800,00 DM und Gehaltsüberzahlungen in Höhe von 18.000,00 DM weiterhin festgehalten werden sollte. Diese Unklarheit hat das Landgericht durch schriftlichen Hinweis insbesondere im Beschluss vom 23.10.2006 beseitigen wollen, ohne dass der Kläger hierauf entgegen seiner Ankündigung reagiert hat. Letztlich kann dahinstehen, ob das Landgericht ungeachtet dieses Hinweises und der sich aufdrängenden Auslegung, wonach Gegenstand des Klageantrages zu 6. nunmehr nur noch die drei Urlaubsabgeltungen sein sollten, Veranlassung gehabt hätte, im Rahmen einer der durchgeführten mündlichen Verhandlungen den Kläger zu einer dahingehenden Klarstellung zusätzlich zu dem schriftlich erteilten Hinweis zu veranlassen. Jedenfalls ist diese Klarstellung mit der Berufungsbegründung erfolgt und das ergänzende Vorbringen ist auch im Berufungsverfahren noch zuzulassen, denn § 531 Abs. 2 ZPO steht dem nicht entgegen. Diese Vorschrift bezieht sich nicht auf den Angriff selbst. Ein solcher und kein neues Angriffsmittel liegt vor, wenn erstmals in zweiter Instanz die Klage eine dem § 253 ZPO entsprechende Fassung erhält (vgl. BGH NJW 1997, 870 zu § 528 Abs. 2 ZPO a. F.; Zöller-Gummer/Heßler, ZPO, 26. Aufl., § 531 Rn. 22).

b) Die damit zulässige Klage ist auch in vollem Umfang begründet. Hinsichtlich der ausgezahlten Urlaubsabgeltungen in den Jahren 1999 bis 2001 ergibt sich der Anspruch bereits aus §§ 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt. BGB, 80 Abs. 1 InsO. Die Urlaubsabgeltungen widersprechen der gesetzlichen Bestimmung des § 7 Abs. 4 BUrlG. Danach ist eine vertragliche Vereinbarung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber über eine Urlaubsabgeltung, vom Sonderfall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses abgesehen, nichtig. § 7 BUrlG regelt im Einzelnen, wie und wann Urlaub zu nehmen ist und in § 7 Abs. 4 ist geregelt, dass eine Abgeltung gewährt wird, wenn der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden kann. Ein solcher Fall liegt hier ersichtlich nicht vor, so dass eine Urlaubsabgeltung im bestehenden Arbeitsverhältnis nach dem eindeutigen Wortlaut ausgeschlossen ist (vgl. auch Url R. Aufl., § 7 Rn. 198). Auch durch einzelvertragliche Vereinbarungen kann in diese Rechtslage nicht eingegriffen werden (Leinemann/Linck, a.a.O., Rn. 235), so dass sie, sofern sie gleichwohl getroffen werden, gegen ein gesetzliches Verbot i.S.v. § 134 BGB verstoßen. Dies wird seitens der Beklagten auch nicht in Abrede gestellt, sie meint lediglich, sie sei einem Geschäftsführer gleichzustellen, der nicht § 7 Abs. 4 BUrlG unterfalle. Letzteres trifft nach der Rechtsprechung des BFH gemäß dem von der Beklagten zitierten Urteil vom 06.10.2006 (GmbHR 2007, 104 f) zu, weil das Bundesurlaubsgesetz als Arbeitnehmerschutzgesetz auf den Geschäftsführer einer GmbH nicht anwendbar ist. Demgegenüber unterfällt die Beklagte aber als Angestellte der GmbH ohne Einschränkung dem Bundesurlaubsgesetz und kann aufgrund ihres von ihr beschriebenen Tätigkeitsfeldes in keiner Weise einem Geschäftsführer gleichgestellt werden. Die Führung der Buchhaltung und ähnliche Tätigkeiten stellen einen typischen Arbeitsbereich einer Angestellten dar und erlauben eine Gleichstellung mit einem Geschäftsführer einer GmbH nicht. Mithin hat die Beklagte die Urlaubsabgeltungen ohne rechtlichen Grund durch eine Leistung der GmbH erlangt und hat diese zurückzuzahlen. Zum Vorliegen der Voraussetzungen des § 814 BGB hat die Beklagte nichts vorgetragen.

2. Berufung der Beklagten

Dem Kläger steht auch hinsichtlich der im Jahre 2001 an die Beklagte geleisteten Gehaltszahlungen der vom Landgericht titulierte Anspruch aus §§ 30 Abs. 1, 31 Abs. 1 GmbHG i.V.m. § 80 Abs. 1 InsO zu. Auch Leistungen an Dritte fallen in den Anwendungsbereich des § 30 GmbHG. Insbesondere Zahlungen an Ehegatten werden von der Vorschrift aufgrund des persönlichen und wirtschaftlichen Näheverhältnisses erfasst (vgl. Baumbach/Hueck, GmbHG, § 30 Rn. 17, 18; Ulmer-Habersack, GmbHG, § 30 Rn. 70).

Auch die Anspruchsvoraussetzung einer Unterbilanz, die vorliegt, wenn die Aktiva hinter der Summe von Stammkapital und echten Passiva zurückbleibt, ist gegeben. Unzulässig sind Leistungen zu einem Zeitpunkt, in dem bereits eine Unterbilanz bestand oder dadurch hätte entstehen können (vgl. OLG Hamm, Urt. v. 03.09.2007, Az. 8 U 52/07, Baumbach/Hueck, § 30 Rn. 12). Darlegungs- und beweispflichtig für das Bestehen von Unterbilanzansprüchen ist die Gesellschaft bzw. im Falle der Insolvenz der Insolvenzverwalter (BGH WM 2003, 684). Nach dem Ergebnis der vom Landgericht durchgeführten Beweisaufnahme kann eine solche Unterbilanz als erwiesen angesehen werden. Der Sachverständige D. geht in seinem Gutachten vom 22.03.2007 von einer "buchmäßigen Überschuldung" aus und hat insoweit die Aktiva und die Passiva gegenübergestellt und ist zu einer Überschuldung von 138.000,00 DM gelangt. Dazu steht das Gutachten des Sachverständigen vom 07.11.2005, in dem er eine bilanzielle Überschuldung zum 05.02.2001 nicht hinreichend hat feststellen können, nicht in Widerspruch. Die anders lautende Einschätzung im zweiten Gutachten beruht auf einer veränderten Bewertung des Warenbestandes, denn der Sachverständige bringt in seinem zweiten Gutachten zum Ausdruck, dass unter Berücksichtigung der im ersten Gutachten angestellten Berechnungen und den im Jahre 2001 vom Unternehmen selbst vorgenommenen Abwertungen der Warenbestand ab 31.12.2000 um 1 Mio. DM zu hoch ausgewiesen wurde, da bei einem Rückgang der Umsatzerlöse von 1996 bis zum Jahre 2000 von 12.216.000,00 DM auf 3.949.000,00 DM ein relativ gleichbleibender Bestand an Handelswaren von 2 Mio. DM ausgewiesen worden sei. Dies sei aus betriebswirtschaftlicher Sicht unreal und deshalb anzuzweifeln. In seiner sich daran anschließenden Berechnung legt der Sachverständige den Wert der Handelsware nur mit 1 Mio. DM fest und gelangt so zu einer Überschuldung. Er konnte auch feststellen, dass zum 31.12.2001 noch ein Buchwert von 948.000,00 DM ausgewiesen wurde, also deutliche Abwertungen erfolgt sind, die nach Auffassung des Sachverständigen bereits zu einem früheren Zeitpunkt hätten vorgenommen werden müssen. Dies erscheint gut nachvollziehbar, denn es fällt in der Tat auf, dass die Waren von 1996 bis 2000 in den Bilanzen weitgehend gleich bewertet wurden und erst im Jahre 2001 ein deutlicher Rückgang zu verzeichnen ist, obwohl nach den Feststellungen des Sachverständigen sich bis zum Jahre 2000 eine eklatante Verschlechterung der Vertragslage vollzogen hatte.

Die Angriffe der Beklagten hinsichtlich der Richtigkeit der Feststellungen des Sachverständigen in seinem zweiten Gutachten beschränken sich im Wesentlichen darauf, den vermeintlichen Widerspruch zum ersten Gutachten aufzuzeigen und aufgrund dessen das Gutachten für nicht verwertbar zu erachten. Unter Berücksichtigung der vorherigen Ausführungen sieht der Senat jedoch diese Widersprüchlichkeit nicht, zumal die Beklagte den Feststellungen des Sachverständigen nicht einmal ansatzweise ein anderes Zahlenwerk zugrunde legt, obwohl sie hierzu als Buchhalterin durchaus in der Lage sein dürfte. Dabei ist ohnehin zu berücksichtigen, dass darlegungs- und beweispflichtig für das Bestehen der Unterbilanz zwar grundsätzlich der Insolvenzverwalter ist, wegen der damit häufig verbundenen Schwierigkeiten für den Insolvenzverwalter aber eine sekundäre Darlegungslast des Geschäftsführers besteht (vgl. BGH WM 2006, 858; WM 2003, 684), die hier auch der Beklagten als Buchhalterin und Ehefrau des Geschäftsführers zukommt, zumal sie die hohe Bedeutung ihrer Tätigkeit bis hin zur Gleichstellung einer Geschäftsführertätigkeit ausdrücklich betont. Insgesamt erweisen sich die Feststellungen des Sachverständigen zu einer bereits zum 01.01.2001 bestehenden Unterbilanz als aussagekräftig, und zwar ungeachtet dessen, dass zur näheren Beurteilung eine Inventurliste zum 31.12.2000 nicht vorgelegt worden ist. Dem Sachverständigen war dadurch zwar eine exakte Berechnung der Überschuldung nur eingeschränkt möglich. Letztlich sah er sich aber unter Berücksichtigung der ihm vorliegenden Unterlagen in der Lage, sich hinsichtlich der Überschuldung eindeutig zu positionieren. Lag eine solche bereits zum 01.01.2001 vor, ist auch für den Rest des Jahres von einer Überschuldung auszugehen, denn es spricht bereits der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass sich der Fehlbetrag im Laufe des Jahres kontinuierlich erhöht hat (vgl. KG KGR 2002, 153 f; Ulmer-Habersack, § 30 Rn. 58), wobei auch hier unter Berücksichtigung der Feststellungen des Sachverständigen davon ausgegangen werden kann, dass die Überschuldung der monatlichen Verluste im Jahre 2001 von Monat zu Monat zugenommen hat.

Unter Berücksichtigung der feststehenden Überschuldung war für eine Gehaltsauszahlung von monatlich 8.000,00 DM für etwaige von der Beklagten geleisteten Dienste unzulässig. Die Auszahlung eines Gehaltes an die Beklagte kommt in Betracht, wenn die gezahlten Beträge durch eine gleichwertige Gegenleistung gedeckt waren, wovon nur auszugehen ist, wenn die Gesellschaft ohne solche Gegenleistungen nicht bestehen kann, wie z. B. bei Diensten von Geschäftsführern, auf die eine GmbH nicht verzichten kann (vgl. KG a.a.O.). Mag die Führung der Buchhaltung durchaus als eine ebenfalls unerlässliche Tätigkeit angesehen werden, folgt daraus aber nicht, dass diese Tätigkeit einer Angestellten zu übertragen ist, zudem mit einer Honorierung von 8.000,00 DM monatlich trotz wirtschaftlich äußerst angespannter Lage. Das Tätigkeitsfeld der Beklagten war überschaubar und, wie der Sachverständige nachvollziehbar erläutert hat, aufgrund der schlechten Ertragslage rückläufig. Die Beklagte hat ihre Tätigkeit in der Weise beschrieben, dass sie im Jahre 1988 eine Stelle als Buchhalterin angenommen habe und ab 1997 zusätzliche Aufgaben wie Außendienst-Controlling, die Abstimmung der Besucherberichte sowie die Angebotsüberwachung übernommen habe. Sie habe verschiedene Fortbildungsmaßnahmen in den Bereichen Buchführung, Finanzbuchhaltung und Ausbildungswesen absolviert und sie habe im Zuge ausgesprochener Kündigungen zusätzlich das Aufgabenfeld der in der Buchhaltung beschäftigten Frau K. V. übernommen, der zum 30.06.2000 gekündigt worden sei. Sie habe im hier maßgeblichen Jahr 2001 bereits über 13 Jahre Berufszugehörigkeit und 20 Jahre Berufserfahrung verfügt und begründet damit die bemerkenswerte Höhe der ihr gezahlten Vergütung. Substanziierter Vortrag dazu, inwieweit hier das Aufgabengebiet tatsächlich besonders anspruchsvoll und arbeitsintensiv war, bleibt aber aus. Vielmehr ist mit den Ausführungen des Sachverständigen davon auszugehen, dass sich der Arbeitsaufwand für die Beklagte auf dem Gebiet der Buchhaltung, des Controlling und des Personalwesens in den Jahren 2000 und 2001 wesentlich reduziert hatte. Der Umfang der Buchhaltung habe sich, so der Sachverständige, durch die Reduzierung der Geschäftsvorgänge, der Anzahl der Belege und der Arbeitskräfteanzahl wesentlich vermindert. Die Aufgaben auf dem Gebiet des Personalwesens hätten sich bis 2001 durch den Arbeitskräfteabbau bis auf 3 Arbeitnehmer (einschließlich der Beklagten und ihrem Ehemann als Geschäftsführer) erledigt. Deshalb erscheint das der Beklagten gezahlte Gehalt von monatlich 8.000,00 DM, wie es die Beklagte selbst eingeräumt hat, nicht nur auf den ersten Blick als hoch (1998 hatte es sogar noch bei 9.300,00 DM gelegen), sondern es ist auch bei genauerem Hinsehen überzogen und lässt sich nicht plausibel damit begründen, dass aufgrund der betrieblichen Besonderheiten übertarifliche Zulagen zu gewähren seien. Im Gegenteil wäre vor dem Hintergrund des deutlich zurückgehenden Arbeitsaufwandes für das Jahr 2001 ernsthaft in Betracht zu ziehen gewesen, auch die Stelle der Beklagten insgesamt einzusparen und den Tätigkeitsbereich der Beklagten auf ihren Ehemann als Geschäftsführer der GmbH zu übertragen. Dass das Landgericht gleichwohl davon ausgegangen ist, dass die Beklagte grundsätzlich auch im Jahr 2001 noch weiter beschäftigt werden konnte, allerdings zu einer reduzierten Vergütung, ist eine Rechtsauffassung, die sich vor dem Hintergrund der vorherigen Ausführungen lediglich zugunsten der Beklagten, nicht jedoch zu ihrem Nachteil auswirkt. Der vom Landgericht für angemessen erachtete Betrag von (höchstens zu veranschlagenden) 5.000,00 DM ist nicht zu beanstanden, wobei sich das Landgericht hinsichtlich seiner Angemessenheitsprüfung an der von der Beklagten vorgelegten Statistik der Hans-Böckler-Stiftung orientiert hat, ausgehend von einer Einstufung in einer mittleren Gruppe.

Die Ausführungen im nicht nachgelassenen Schriftsatz der Beklagten vom 24.09.2008 enthalten keine Gesichtspunkte, die eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gem. § 156 ZPO gebieten würden.

3. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 288 Abs. 1, 291 BGB.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 S. 1, 2 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO bestehen nicht. Es handelt sich um eine Entscheidung, die unter Berücksichtigung der Besonderheiten des vorliegenden Falles ergeht und der deshalb keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und die auch zu grundsätzlichen Rechtsfragen nicht von höchst- oder obergerichtlicher Rechtsprechung abweicht.

Ende der Entscheidung

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