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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 23.08.2006
Aktenzeichen: 12 W 28/06
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 127 Abs. 2
ZPO § 127 Abs. 3
ZPO § 121 Abs. 1
ZPO § 122 Abs. 1 Nr. 3
ZPO § 567 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

12 W 28/06 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In dem Rechtsstreit

hat der 12. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Pastewski, den Richter am Oberlandesgericht van den Bosch und die Richterin am Landgericht Dr. Scheiper

am 23. August 2006

beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten zu 2. und 3. wird der Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt (Oder), 14 O 12/04, vom 27. April 2006 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagten zu 2. wird für den ersten Rechtszug Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt Dr. S... R... zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwaltes gewährt.

Dem Beklagten zu 3. wird für den ersten Rechtszug Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt Dr. S... R... zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwaltes gewährt, soweit er sich gegen seine Inanspruchnahme durch den Kläger wendet. Im Übrigen wird der Antrag des Beklagten zu 3. auf Gewährung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen.

Die weitergehende sofortige Beschwerde des Beklagten zu 3. wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger hat die Beklagten auf Schadensersatz wegen fehlerhafter Planung und Bauüberwachung bei der Sanierung des Salzhauses und des Bergfrieds an der Burg B... auf der Grundlage eines zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1. - deren Gesellschafter die Beklagten zu 2. und 3. sind - geschlossenen Vertrages vom 21.10./04.11.1997 in Anspruch genommen. Mit der am 06.01.2006 beim Landgericht eingegangenen Widerklage haben die Beklagten zu 1. und 3. Zahlung restlichen Honorars in Höhe von 24.322,91 € nebst Zinsen verlangt. Sie haben sich insoweit zum einen auf die Schlussrechnung vom 12.04.2000 betreffend den Vertrag vom 21.10./04.11.1997 bezogen, die einen offenen Betrag von 56.498,96 DM aufweist, auf den sich die Beklagten zu 1. und 3. weitere Zahlungen in Höhe von insgesamt 11.748,97 DM anrechnen lassen, sodass ein Betrag von 44.749,99 DM verbleibt. Weiter haben die Beklagten zu 1. und 3. ihre Widerklageforderung in Höhe von 1.679,94 € auf die Schlussrechnung vom 24.01.2000 betreffend die aufgrund eines gesonderten Vertrages erbrachten Architektenleistungen für den Umbau des Treppenzuganges zum Keller der Burg B... gestützt. Die Leistungen aus den Architektenverträgen sind vollständig erbracht worden. Auch hat die Klägerin gegen die Prüffähigkeit der Rechnung vom 12.04.2000 vorgerichtlich keine Einwendungen erhoben. Die Rechnung vom 24.01.2000 hat die Klägerin geprüft und verschiedene Absetzungen vorgenommen. Mit Schreiben vom 07.08.2000 hat die Klägerin Forderungen aus Architektenleistungen in Höhe von 66.304,37 DM aufgelistet und diesen Schadensersatzansprüche wegen der ihrer Ansicht nach mangelbehafteten Architektenleistung gegenübergestellt. Im Rechtsstreit hat die Klägerin die Prüffähigkeit der Rechnungen in Abrede gestellt und die Einrede der Verjährung erhoben.

Bereits mit der im Februar 2004 eingegangenen Klageerwiderung haben die Beklagten zu 2. und 3. beantragt, ihnen Prozesskostenhilfe für die Rechtsverteidigung zu bewilligen und ihnen ihren damaligen Prozessbevollmächtigten G...H... als Rechtsanwalt beizuordnen. Mit am 06.01.2006 eingegangenen Antrag hat der Beklagte zu 3. den Antrag auf die nunmehr eingereichte Widerklage erweitert, zugleich haben die Beklagten zu 2. und 3. beantragt, ihnen ihren nunmehrigen Prozessbevollmächtigten Dr. S... R... als Rechtsanwalt beizuordnen. Dieser hat sich im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 27.04.2006 damit einverstanden erklärt, dass sich seine Beiordnung im Rahmen der Prozesskostenhilfe soweit sie die Verteidigung gegen die Klage betrifft nur auf die Gebühren ab seiner eigenen Bestellung und Antragstellung bezieht.

Mit am 27.04.2006 verkündeten Beschluss hat das Landgericht den Prozesskostenhilfeantrag des Beklagten zu 3. betreffend die Widerklage zurückgewiesen und den Beklagten zu 2. und 3. im Übrigen Prozesskostenhilfe bewilligt sowie Rechtsanwalt H...für die Zeit bis zum 05.01.2006 und Rechtsanwalt Dr. R... für den Zeitraum ab diesem Datum beigeordnet. Mit am 18.05.2006 verkündetem Urteil hat das Landgericht Klage und Widerklage abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hinsichtlich der Widerklage hat das Landgericht ausgeführt, die Werklohnforderung sei verjährt. Rechtsmittel sind gegen das Urteil nicht eingelegt worden.

Die Beklagten zu 2. und 3. haben gegen diesen Beschluss, der ihnen erst am 22.05.2006 zugestellt worden ist, bereits mit am 12.05.2006 beim Landgericht eingegangenen Schriftsatz "Beschwerde" eingelegt. Mit dem Rechtsmittel wendet sich der Beklagte zu 3. gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe für die Widerklage. Ferner wollen die Beklagten zu 2. und 3. die Beiordnung von Rechtsanwalt Dr. R...für das gesamte erstinstanzliche Verfahren erreichen.

Das Landgericht hat dem Rechtsmittel nicht abgeholfen und die Sache dem Senat vorgelegt. Wegen der Begründung der Nichtabhilfeentscheidung wird auf den Beschluss vom 01.06.2006 (Bl. 398 ff d. A.) Bezug genommen.

II.

1. Das Rechtsmittel ist als sofortige Beschwerde gem. §§ 127 Abs. 2, 567 Abs. 1 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere vor Ablauf der Monatsfrist des § 127 Abs. 3 ZPO eingelegt worden. Entgegen der Auffassung des Landgerichtes sind die Beklagten zu 2. und 3. durch die im angefochtenen Beschluss vorgenommene, zeitlich jeweils begrenzte Beiordnung von zwei Rechtsanwälten beschwert. Das Landgericht ist von dem (durch Schriftsatz vom 05.01.2006) geänderten Antrag der Beklagten zu 2. und 3. abgewichen, ihnen Rechtsanwalt Dr. R... als Prozessbevollmächtigten für die gesamte Instanz beizuordnen. Aus dem Antrag ergibt sich weder, dass nur eine zeitlich begrenzte Beiordnung ab Antragseingang begehrt worden ist, noch dass den Beklagten zu 2. und 3. überhaupt bewusst war, dass die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Inanspruchnahme von zwei Rechtsanwälten nacheinander nicht ohne weiteres bewilligt werden würde. Zwar ist diese Problematik ausweislich des Sitzungsprotokolls im Termin zur mündlichen Verhandlung am 27.04.2006 erörtert worden, eine Anpassung des Antrages auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe haben die Beklagten zu 2. und 3. jedoch nicht vorgenommen. Die schon nach der Protokollierung von ihrem Prozessbevollmächtigten im eigenen Namen und nicht für die Beklagten zu 2. und 3. abgegebene Einverständniserklärung zu einer beschränkten Beiordnung betrifft ersichtlich die insoweit erforderliche Erklärung des Rechtsanwaltes, sich die Vergütung des zuvor tätigen Anwaltes auf seine eigene Vergütung durch die Staatskasse anrechnen zu lassen (vgl. hierzu Zöller-Philippi, ZPO, Kommentar, 25. Aufl., § 121, Rn. 35).

Die Abweichung des Landgerichtes von dem Antrag der Beklagten zu 2. und 3., ihnen Rechtsanwalt Dr. R... für die erste Instanz umfassend als Rechtsanwalt beizuordnen, belastet die Beklagten zu 2. und 3. auch, da insoweit die Sperrwirkung des § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO nicht greift (vgl. Zöller-Philippi, a. a. O., Rn. 45), sie mithin Vergütungsansprüchen ihres jetzigen Prozessbevollmächtigten ausgesetzt sind.

Schließlich erstreckt sich das Rechtsmittel notwendigerweise auch auf die zeitlich begrenzte Beiordnung des Rechtsanwaltes H..., da die Beiordnung zweier Rechtsanwälte von den Beklagten zu 2. und 3. zu keinem Zeitpunkt beantragt worden ist und auch die Voraussetzungen für die Beiordnung eines zweiten Anwaltes, ohne Anrechnung der Gebühren des vorher beauftragten Prozessbevollmächtigten (vgl. hierzu Zöller-Philipps, a. a. O., Rn. 35) nicht dargetan sind.

2. In der Sache hat die sofortige Beschwerde insoweit Erfolg, als sich die Beklagten zu 2. und 3. gegen die Beiordnung von Rechtsanwalt Dr. R... erst ab dem 06.01.2006 und damit zugleich gegen die Beiordnung von Rechtsanwalt H...für den Zeitraum bis zu diesem Zeitpunkt wenden. Den Beklagten zu 2. und 3. war ihr jetziger Prozessvertreter für die erste Instanz umfassend als Prozessbevollmächtigter beizuordnen. Nach § 121 Abs. 1 ZPO ist ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt nach Wahl der Partei zuzuordnen. Maßgeblich ist dabei die Angabe im Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag (OLG Düsseldorf JurBüro 1986, Sp. 298). Zu beachten ist daher auch eine Änderung der Wahl seitens der Partei durch Mandatsentzug und Benennung eines neuen Rechtsanwaltes vor Entscheidung über den Antrag (Zöller-Philippi, a. a. O., Rn. 14). Die abweichende Auffassung des Landgerichtes führt nicht zu sachgerechten Ergebnissen, da für ein einzelnes Tatbestandselement des § 121 ZPO ein abweichender zeitlicher Bezugspunkt gewählt wird, der zudem nur für den bereits verstrichenen Zeitraum gelten soll (und kann). Auch die sonstigen im Rahmen des § 121 ZPO zu berücksichtigenden Voraussetzungen können sich seit Antragstellung verändert haben, sodass in gleicher Weise geprüft werden müsste bis zu welchem Zeitpunkt der ursprünglich gewählte Anwalt zur Vertretung bereit gewesen ist und - im Parteiprozess - ab wann gegebenenfalls die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich war. Bereits aus prozessökonomischen Gründen erscheint eine derart umfangreiche Prüfung nicht geboten, zumal ein Recht des ursprünglich benannten Rechtsanwaltes auf eine Beiordnung nicht besteht (OLG Dresden FamRZ 2004, S. 122; KG FamRZ 1992, S. 1318) und diesem seine Vergütungsansprüche gegen den Mandanten grundsätzlich verbleiben.

3. Ohne Erfolg wendet sich der Beklagte zu 3. gegen die Versagung der Prozesskostenhilfe für die Widerklage. Dabei kann dahinstehen, ob die Erfolgsaussichten im Beschwerdeverfahren überhaupt noch abweichend von einer rechtskräftigen Entscheidung der Vorinstanz beurteilt werden können (verneinend OLG Düsseldorf FamRZ 2002, S. 1713, Zöller-Philippi, a.a.O., § 119, Rn. 47, m. w. N.; bejahend OLG Nürnberg MDR 2000, S. 657). Das Landgericht hat die mit der Widerklage geltend gemachten Werklohnansprüche nämlich zu Recht nicht zugesprochen.

Die geltend gemachten Werklohnforderungen sind jedenfalls verjährt. Die Forderungen aus beiden Verträgen sind im Jahre 2000 fällig geworden. Nach § 8 Abs. 1 HOAI ist für die Fälligkeit erforderlich, dass die Leistung vertragsgemäß erbracht und eine prüffähige Honorarschlussrechnung erstellt und übergeben wird. Die Abnahme selbst ist hingegen keine Fälligkeitsvoraussetzung (Werner/Pastor, Der Bauprozess, 11. Aufl., Rn. 962). Unstreitig sind die geschuldeten Architektenleistungen erbracht. Zwar wirft der Kläger den Beklagten eine mangelhafte Leistungserbringung vor, da er jedoch aus diesem Vorbringen bereits im Jahre 2000 keine Nachbesserungsansprüche sondern lediglich Schadensersatzansprüche hergeleitet hat, ist auch die Fälligkeit des Vergütungsanspruchs nicht gehindert (vgl. Vygen in: Korbion/Mantscheff/Vygen, HOAI, Kommentar, 6 Aufl., § 8, Rn. 24). Die Schlussrechnung der Beklagten zu 1. vom 24.01.2000 ist auch prüffähig im Sinne von § 8 HOAI. Die Prüffähigkeit ist kein Selbstzweck. Entscheidender Maßstab für die Prüfbarkeit sind die Informations- und Kontrollinteressen des Auftraggebers. Hiernach bestimmt sich, wie weit der Architekt seine Honorarrechnung aufschlüsseln muss (Werner/Pastor, a. a. O., Rn. 968 f; Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 2. Aufl., 5. Teil, Rn. 296). Vorliegend war dem Kläger eine Prüfung dieser Rechnung offensichtlich möglich, da er Rechnungskürzungen vorgenommen hat. Seine Interessen sind mithin hinreichend gewahrt. Bezüglich der Schlussrechnung vom 24.01.2000 ist es dem Kläger bereits nach Treu und Glauben verwehrt, den Einwand fehlender Prüffähigkeit außerhalb angemessener Frist, die in Anlehnung an § 16 Nr. 3 Abs. 1 VOB/B mit zwei Monaten ab Zugang der Schlussrechnung anzusetzen ist, zu erheben (vgl. BGH BauR 2004, S. 316). Da der Kläger zu keinem Zeitpunkt vorgerichtlich die Prüffähigkeit der ihm übersandten Schlussrechnungen bemängelt hat, ist auch hinsichtlich dieser Rechnung bereits im Jahre 2000 Fälligkeit eingetreten.

Auf die Werklohnforderungen findet die Verjährungsfrist des § 196 Abs. 1 Nr. 7 BGB a. F. Anwendung, die auch nach Inkrafttreten des BGB in der seit dem 01.01.2002 geltenden Fassung weiter gilt, Art. 229 § 6 Abs. 3 EGBGB. Die Verjährungsfrist ist durch die Rechnungslegung im Jahre 2000 am 01.01.2001 gem. § 201 BGB a. F. in Gang gesetzt worden und lief am 31.12.2002 um 24.00 Uhr ab, mithin vor Geltendmachung der Aufrechnung der Gegenforderungen im vorliegenden Rechtsstreit, die zu einer Hemmung gem. § 204 Abs. 1 Nr. 5 BGB geführt hätte. Zutreffend hat das Landgericht schließlich darauf verwiesen, dass auch ein etwaiges im Schreiben vom 07.08.2000 liegendes Anerkenntnis im Sinne von § 208 BGB a. F. keine Auswirkungen auf den Lauf der Verjährungsfrist gehabt hätte.

4. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, weil das erstinstanzliche Verfahren gerichtsgebührenfrei ist, außergerichtliche Kosten nicht erstattet werden und sich die Inanspruchnahme des Beklagten zu 3. für die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens bereits aus Nr. 1811 der Anlage 1 zum GKG ergibt. Eine Ermäßigung der Zurückweisungsgebühr für den Beklagten zu 3. konnte vorliegend nicht erfolgen, da der Wert des zurückgewiesenen Teils des Rechtsmittels den erfolgreichen Anteil deutlich übersteigt.

Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, weil keiner der in § 574 Abs. 2 ZPO genannten Gründe gegeben ist. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts.

Ende der Entscheidung

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