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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 14.12.2006
Aktenzeichen: 12 W 37/06
Rechtsgebiete: ZSEG, ZPO


Vorschriften:

ZSEG § 3 Abs. 2 a. F.
ZSEG § 3 Abs. 2 S. 1 a. F.
ZSEG § 8 Abs. 1 Nr. 1 a. F.
ZSEG § 16 Abs. 2 a. F.
ZPO § 407 a Abs. 3 S. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

12 W 37/06 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In dem Rechtsstreit

hat der 12. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Pastewski, den Richter am Oberlandesgericht Funder und den Richter am Oberlandesgericht van den Bosch

am 14.12.2006

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Beteiligten zu 1. gegen den Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 27. April 2006, Az.: 14 O 98/00, in der Form des Beschlusses der 4. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 31. Juli 2006 wird zurückgewiesen.

Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

I.

Der Beteiligte zu 2. ist mit Beschluss des Landgerichts vom 24.08.2000 in dem vorliegenden Rechtsstreit zum Sachverständigen bestellt worden. Nach Erstattung des Gutachtens wurde der Beteiligte zu 2. durch Beschluss des Landgerichts vom 14.08.2002, vom 30.05.2003 sowie vom 01.03.2005 mit der Erstellung von insgesamt drei Ergänzungen zu seinem Hauptgutachten im Hinblick auf die von den Parteien erhobenen Fragen und Einwendungen beauftragt.

Unter dem 10.09.2004 erstattete der Beteiligte zu 2. sein zweites Ergänzungsgutachten, wofür er mit Schreiben vom 07.10.2004 einen Betrag von insgesamt 8.699,16 € in Rechnung stellte. Dabei ging der Beteiligte zu 2. von einem Zeitaufwand von 8 Stunden für das Aktenstudium sowie von 65 Stunden für die Ausarbeitung des Gutachtens aus. Wegen der Einzelheiten wird auf das bei den Gerichtsakten befindliche Ergänzungsgutachten (Bl. 802 ff GA) und die Rechnung vom 07.10.2004 (Bl. 1051 f GA) Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 10.12.2004 beantragte der Beteiligte zu 1. die gerichtliche Festsetzung der Entschädigung des Beteiligten zu 2. für das zweite Ergänzungsgutachten mit der Begründung, der Beteiligte zu 2. habe die von ihm selbst angegebene Kostengrenze um ca. 36 % überschritten; zudem sei der abgerechnete Zeitaufwand von 8 Stunden für das Aktenstudium und von 65 Stunden für die Erstattung des Gutachtens überhöht (Bl. 865 f GA). Mit dem am 27.04.2006 verkündeten Beschluss hat das Landgericht die dem Beteiligten zu 2. für das zweite Ergänzungsgutachten zu zahlende Vergütung auf 8.676,54 € festgesetzt und zur Begründung ausgeführt, die Überschreitung der Kostengrenze sei aufgrund der Einzahlung der vom Gericht nachgeforderten weiteren Vorschüsse unerheblich geworden. Der vom Sachverständigen in Rechnung gestellte Zeitaufwand sei nicht zu beanstanden. In Anbetracht der vertiefenden Fragestellungen, die dem ergänzenden Gutachtenauftrag zugrunde lagen, und der Komplexität der zugrunde liegenden technischen Fragen, die angesichts der Gegenrechnung der Beklagten zur Frage der Sowieso-Kosten eine besonders eingehende Auseinandersetzung des Beteiligten zu 2. mit den betreffenden Fragen erfordert habe, sei der abgerechnete Zeitaufwand noch als angemessen zu werten. Die Rechnung sei lediglich um nicht belegte Kopierkosten zu kürzen, was einen Betrag von 22,62 € brutto ausmache. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Bl. 1046 f GA Bezug genommen.

Hiergegen wendet sich die mit Schriftsatz vom 12.05.2006 erhobene Beschwerde des Beteiligten zu 1., mit der er seine Auffassung vertieft, dass der abgerechnete Stundenaufwand von 65 Stunden für die Erstellung des Gutachtens im Hinblick darauf, dass das zweite Ergänzungsgutachten nur einen Umfang von 17 Textseiten und 22 Anlageseiten aufweise, von denen 7 Seiten lediglich ein Inhaltsverzeichnis und bereits bekannte Daten und Sachverhaltsdarstellungen umfassten, zu hoch sei. Darüber hinaus wendet sich der Beteiligte zu 1. gegen die Höhe der erstatteten Fotokopiekosten, da lediglich für die ersten 50 Fotokopien je Seite 0,50 € und für jede weitere Seite lediglich 0,15 € erstattet werden könnten.

Der Beteiligte zu 2. hat im Beschwerdeverfahren seine Rechnung erläutert, insoweit wird auf das Schreiben des Beteiligten zu 2. vom 24.05.2006 (Bl. 1057 f GA) verwiesen.

Mit Beschluss vom 31.07.2006 hat das Landgericht der Beschwerde des Beteiligten zu 1. hinsichtlich der Festsetzung der Kopierkosten teilweise abgeholfen und die dem Beteiligten zu 2. zu zahlende Entschädigung auf 8.586,00 € festgesetzt. Im Übrigen hat das Landgericht der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Brandenburgischen Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass allein der Umfang der schriftlichen Ausarbeitung des Gutachtens keinen hinreichend brauchbaren Anhaltspunkt für die Erforderlichkeit eines geringeren Zeitaufwandes ergebe.

II.

Auf das vorliegende Beschwerdeverfahren sind die Vorschriften des ZSEG weiterhin anwendbar, da der Gutachtenauftrag an den Beteiligten zu 2. vor dem 01.07.2004 erteilt wurde (§ 25 JVEG). Die Beschwerde des Beteiligten zu 1. ist danach gem. § 16 Abs. 2 ZSEG a. F. zulässig, hat jedoch keinen Erfolg.

Gem. § 3 Abs. 2 ZSEG a. F. ist die Entschädigung des Sachverständigen nach der erforderlichen Zeit zu bemessen. Erforderlich ist derjenige Zeitaufwand, den ein Sachverständiger mit durchschnittlichen Fähigkeiten und Kenntnissen benötigt, um die Beweisfrage vollständig und sachgemäß zu beantworten. Dabei sind der Umfang des ihm unterbreiteten Streitstoffes, der Grad der Schwierigkeit der zu beantwortenden Fragen unter Berücksichtigung seiner Sachkunde auf dem betreffenden Gebiet, der Umfang seines Gutachtens, die Bedeutung der Streitsache sowie das Hinzuziehen von Hilfskräften zu berücksichtigen (vgl. BGH NJW-RR 1987, 1470; OLG Hamm JurBüro 2000, 662, 663; Meyer/Höver/Bach, ZSEG, 22. Aufl., § 3 Rn. 21; Hartmann, Kostengesetze, 33. Aufl., § 3 ZSEG, Rn. 10). Dabei ist in der Regel davon auszugehen, dass die Angaben des Sachverständigen über die tatsächlich benötigte Zeit richtig sind, und ein Anlass zur Nachprüfung der Erforderlichkeit nur dann besteht, wenn der angesetzte Zeitaufwand im Verhältnis zu den erbrachten Leistungen ungewöhnlich hoch erscheint (vgl. KG Rpfleger 1984, 77; OLG Köln JurBüro 1991, 1396; OLG Düsseldorf JurBüro 1996, 43; OLG München JurBüro 1998, 484; Meyer/Höver/Bach, a.a.O., Rn. 22). Im Streitfall erscheint zwar der von dem Beteiligten zu 2. in Ansatz gebrachte Zeitaufwand von 65 Stunden für die Ausarbeitung des zweiten Ergänzungsgutachtens im Vergleich zu dem von ihm berechneten Zeitaufwand von 42 Stunden für die Ausarbeitung des ursprünglichen Gutachtens sowie von 35 Stunden für die Ausarbeitung des ersten Zusatzgutachtens ungewöhnlich hoch. Der Beteiligte zu 2. hat jedoch in seiner Stellungnahme mit Schreiben vom 24.05.2006 den angesetzten Zeitaufwand nachvollziehbar erläutert. Danach ist der von dem Beteiligten zu 2. in Ansatz gebrachte Zeitaufwand sowohl von 8 Stunden für das Aktenstudium als von 65 Stunden für die Ausarbeitung des Gutachtens im Hinblick auf die Schwierigkeit der Sache und die Komplexität der Fragestellung als erforderlich anzusehen.

Der von dem Beteiligten zu 1. in Ansatz gebrachte Zeitaufwand von 8 Stunden für das Aktenstudium erscheint im vorliegenden Fall noch als angemessen und wird von dem Beteiligten zu 1. in seiner Beschwerdeschrift letztlich auch nicht mehr in Abrede gestellt. Zwar hat der Beteiligte zu 1. die Akten bereits mehrfach sowohl zur Erstellung des ursprünglichen Gutachtens als auch zur Anfertigung eines ersten Ergänzungsgutachtens bearbeitet. Zwischen der Erstellung des ersten Ergänzungsgutachtens, welches vom 25.03.2003 datiert, und dem erneuten Eingang der Akten bei dem Beteiligten zu 2. zur Erstellung des zweiten Ergänzungsgutachtens waren jedoch zwischenzeitlich weitere vier Monate vergangen. Einem Sachverständigen mit durchschnittlichen Fähigkeiten und Kenntnissen muss man zugestehen, auch bei der Ergänzung eines von ihm bereits erstellen Gutachtens den Akteninhalt erneut sorgfältig durchzuarbeiten, da von einem Sachverständigen grundsätzlich nicht erwartet werden kann, vier Monate nach Erstattung eines Gutachtens den Akteninhalt noch in allen Einzelheiten präsent zu haben. Die Akten wiesen bei ihrem erneuten Eingang bei dem Beteiligten zu 2. einen Umfang von rd. 750 Blatt auf. Zudem hat der Beteiligte zu 2. nachvollziehbar dargelegt, dass aufgrund des Umfanges der zum Teil sehr speziellen Beweisfragen eine Überprüfung der Aussagen aus den vorangegangenen Gutachten erforderlich wurde, so dass auch im Hinblick darauf der angesetzte Zeitaufwand für das Aktenstudium nicht als völlig unangemessen erscheint.

Auch der von dem Beteiligten zu 2. in Ansatz gebrachte Zeitaufwand von 65 Stunden für die Ausarbeitung des zweiten Ergänzungsgutachtens hält sich noch im Rahmen des dem Beteiligten zu 2. bei der Bearbeitung eingeräumten Ermessens bei der Entscheidung, welche Zeit für eine ordnungsgemäße Begutachtung notwendig ist. Dabei ist hinsichtlich der Erforderlichkeit des Zeitaufwandes nicht allein auf den Umfang des Gutachtenstextes von 17 Seiten abzustellen, von denen auf den ersten sieben Seiten lediglich die beteiligten Parteien, der Gutachtenauftrag sowie die herangezogenen Grundlagen des Gutachtens wiedergegeben werden. Der Beteiligte zu 2. hat auch insoweit nachvollziehbar in seiner Stellungnahme erläutert, dass für die Erstellung des zweiten Ergänzungsgutachtens eine eingehende Überprüfung der vorgelegten Angebots- und Kalkulationsunterlagen erforderlich wurde, die zum größten Teil unvollständig und fehlerhaft waren. Darüber hinaus war es nach den Angaben des Beteiligten zu 2. erforderlich, eine eigene Kostenschätzung aufzustellen, sowie die Unterschiede und Abweichungen zwischen den einzelnen Kalkulationsansätzen herauszuarbeiten. In diesem Zusammenhang ist die Anforderung weiterer Unterlagen erforderlich geworden, die durch den Beteiligten zu 2. ebenfalls überprüft und bewertet werden mussten. Der dadurch erforderlich werdende Zeitaufwand kommt bei der Ausarbeitung des schriftlichen Gutachtens durch die Einarbeitung der entsprechenden Tabellen (Anlage 1 zum zweiten Ergänzungsgutachten) entsprechend zum Ausdruck. In Anbetracht der Komplexität der Fragestellung, die eine eingehende Auseinandersetzung mit den von den Beteiligten übersandten Kalkulationsgrundlagen erforderlich machte, erscheint daher der von dem Beteiligten zu 1. hierfür in Ansatz gebrachte Zeitaufwand von 38 Stunden gerechtfertigt. Weitere 7 Stunden sind nach Mitteilung des Beteiligten zu 2. für die Abstimmung sowie die Einarbeitung der durch das eingeschaltete Institut F... durchgeführten Untersuchungen angefallen. Die übrigen 20 Stunden seien auf die Beantwortung der übrigen Beweisfragen entfallen. Auch dieser Zeitaufwand erscheint im Hinblick auf die zum Teil doch sehr speziellen und fachspezifischen Beweisfragen durchaus nachvollziehbar. Dass der von dem Beteiligten zu 2. insgesamt angesetzte Zeitaufwand nicht überhöht ist, folgt - wie das Landgericht zutreffend ausgeführt - auch daraus, dass der von den Beklagten eingeschaltete Privatgutachter Dipl.-Ing. H... benötigte Zeitaufwand für die Erstellung einer privatgutachterlichen Stellungnahme mehrere Monate in Anspruch nahm und dafür nach Mitteilung des Gutachters umfangreiche technische Recherchen durchzuführen waren.

Der von dem Beteiligten zu 2. abgerechnete Aufwand für den Einsatz von Hilfskräften gemäß der Rechnung des Instituts F... vom 06.08.2004 (Bl. 1053 GA) in Höhe von 1.299,20 € ist von dem Beteiligten zu 1. mit der Beschwerde nicht angegriffen worden und auch im Übrigen nicht zu beanstanden. Die Entscheidung, ob die Hinzuziehung von Hilfskräften zur Erstattung des Gutachtens notwendig ist, steht grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen des Sachverständigen (vgl. Hartmann a.a.O., § 8 ZSEG, Rn. 7). Fehler bei der Ermessenausübung sind im vorliegenden Fall nicht erkennbar. Der Beteiligte zu 2. hat in seinem zweiten Ergänzungsgutachten ausgeführt, dass die Einschaltung des Institutes F... zur Untersuchung der genommenen Rohrproben zur Beantwortung der Beweisfrage zu I. 2 erforderlich war. Die dadurch erforderlichen Aufwendungen sind dem Beteiligten zu 2. nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 ZSEG a. F. ohne Bindung an den Höchststundensatz des § 3 Abs. 2 S. 1 ZSEG a. F. zu ersetzen (vgl. Senatsbeschlüsse vom 13.07.2004 - 12 W 14/04, und vom 29.11.2004 - 12 W 41/04; OLG Düsseldorf JurBüro 1994, 565; KG KGR 1999, 35; Meyer/Höver/Bach a.a.O., § 8 Rn. 19.1; Bleutge Jur-Büro 1998, 340, 344). Die Höhe der Aufwendung richtet sich nach der zwischen dem Sachverständigen und der Hilfskraft getroffenen Vereinbarung oder nach einer für die Hilfskraft geltenden Gebührenordnung. Einwendungen gegen die Höhe des durch das Institut F... abgerechneten Stundensatzes sind durch den Beteiligten zu 1. nicht erhoben worden.

Die Entschädigung des Beteiligten zu 2. ist im Streitfall schließlich auch nicht wegen einer Überschreitung der Kostenobergrenze zu kürzen. Zwar ist nach § 407 a Abs. 3 S. 1 ZPO ein Sachverständiger verpflichtet, das Gericht rechtzeitig darauf hinzuweisen, wenn voraussichtlich Kosten entstehen, die erkennbar außer Verhältnis zum Wert des Verfahrensgegenstandes stehen oder einen angeforderten Kostenvorschuss erheblich übersteigen. Im vorliegenden Fall waren für die Erstellung des zweiten Ergänzungsgutachtens Vorschüsse lediglich in Höhe von 2.900,00 € einbezahlt worden. Mit Schreiben vom 28.10.2002 hatte der Beteiligte zu 2. ausdrücklich mitgeteilt, dass die Kostengrenze von 2.900,00 € ausreichend sei (Bl. 755 GA). Erst mit Schreiben vom 21.09.2004, nachdem das Gutachten bereits fertig gestellt war, beantragte der Beteiligte zu 2. die Erhöhung des Kostenrahmens um weitere 3.500,00 € (Bl. 798 GA). Der tatsächlich entstandene Aufwand des Beteiligten zu 2. überschreitet damit zwar den durch die eingezahlten Vorschüsse zur Verfügung stehenden Kostenrahmen erheblich. Eine Kürzung des Entschädigungsanspruchs des Sachverständigen ist jedoch damit schon deshalb nicht verbunden, weil die Parteien zwischenzeitlich auf Anforderung des Landgerichts weitere Vorschüsse in Höhe von jeweils 3.200,00 € eingezahlt haben, so dass kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich ist, dass die Parteien bei vorheriger Kenntnis des für das zweite Ergänzungsgutachten notwendigen Kostenaufwandes von einer Begutachtung Abstand genommen hätten.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (§ 16 Abs. 5 ZSEG a. F.).

Ende der Entscheidung

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