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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 30.10.2007
Aktenzeichen: 12 W 40/07
Rechtsgebiete: ZPO, HOAI, BGB


Vorschriften:

ZPO § 127 Abs. 2 S. 2
ZPO § 127 Abs. 2 S. 3
ZPO § 567 Abs. 1 Nr. 1
ZPO § 569
HOAI § 8
HOAI § 15
HOAI § 15 Abs. 1 Nr. 4
HOAI §§ 68 ff
HOAI § 73
BGB § 196 Nr. 7 a.F.
BGB § 242
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

12 W 40/07 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In dem Rechtsstreit

hat der 12. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch die Richterin am Landgericht Kyrieleis als Einzelrichterin

am 30. Oktober 2007

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Landgerichts Frankfurt (Oder) - Einzelrichter - vom 18.07.2007, Az.: 13 O 378/03, wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

Gründe:

Die sofortige Beschwerde des Klägers vom 20.08.2007 gegen den ihm am 20.07.2007 zugestellten Beschluss des Landgerichts vom 18.07.2007 ist statthaft und zulässig, §§ 127 Abs. 2 S. 2, 3, 567 Abs. 1 Nr. 1, 569 ZPO. In der Sache bleibt das Rechtsmittel jedoch ohne Erfolg. Das Landgericht hat eine hinreichende Erfolgsaussicht der Klage zu Recht verneint.

1.

Soweit der Kläger auf der Grundlage der Rechnungen Nr. LÜ-01-2002 bis LÜ-06-2002 vom 23.07.2002 Honorar für Planungsleistungen betreffend sechs Sammelgruben begehrt, steht derzeit bereits nicht fest, dass den Rechnungen Leistungen zugrundeliegen, die nicht von den Grundleistungen aus § 15 HOAI erfasst waren. Grundleistungen sind diejenigen Leistungen, die zur ordnungsgemäßen Erfüllung eines Auftrages im Allgemeinen erforderlich sind (§ 2 Abs. 2 S. 1 HOAI). Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Beklagten den Kläger im Jahr 1996 mit der Erstellung der Genehmigungsplanung für sechs Häuser in L... beauftragten. Gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 4 HOAI umfasst das Leistungsbild der Genehmigungsplanung das Erarbeiten der Vorlagen der für die nach den öffentlich-rechtlichen Vorschriften erforderlichen Genehmigungen oder Zustimmungen einschließlich der Anträge auf Ausnahmen und Befreiungen, ferner das Einreichen sowie ggf. Vervollständigen und Anpassen der Planungsunterlagen. Weshalb hiervon nicht auch das Tätigwerden des Klägers bezüglich der Sammelgruben erfasst war, obgleich hiervon die Erteilung der Baugenehmigungen abhängig gewesen sein soll, ist nicht ersichtlich.

Das Erarbeiten von Unterlagen für besondere Prüfverfahren kann allerdings als "Besondere Leistung" zu qualifizieren sein und damit außerhalb des Rahmens der Grundleistungen liegen. Abgesehen davon, dass ein erheblicher zeitlicher oder fachlicher Zusammenhang mit der Planung der Sammelgruben nicht dargetan ist, fehlt es insoweit aber auch an der gemäß § 5 Abs. 4 S. 1 notwendigen schriftlichen Honorarvereinbarung.

Soweit der Kläger darauf verweist, es habe sich um Ingenieurleistungen i.S.v. §§ 68 ff bzw. § 73 HOAI gehandelt, sind weder die Rechnungen vom 23.07.2002 noch der sonstige Vortrag des Klägers geeignet, seine Tätigkeit in Bezug auf Sammelgruben den Merkmalen des Leistungsbildes der Technischen Ausrüstung gemäß § 73 HOAI zuzuordnen. Das Leistungsbild der Technischen Ausrüstung umfasst Leistungen von Spezialingenieuren, so genannter Sonderfachleute für verschiedene Ausbaugewerke (Korbion/Mantscheff/Vygen, HOAI, 6. Aufl., Vorb § 68 Rn 3). Nicht jede Anlage, die für den Betrieb eines Bauwerks geplant wird, unterliegt der Honorierung nach Teil IX der HOAI (Locher/Koeble/Frik, HOAI, 9. Aufl. 2005, § 68 Rn 4). Die vom Kläger in diesem Zusammenhang als Anlage K 62 bis K 67 eingereichten Unterlagen lassen eine Genehmigungsplanung von haustechnischen Anlagen nicht erkennen, zumal bezüglich der Sammelgruben, wie auch der Kläger einräumt, formale Genehmigungen nicht erforderlich waren.

Darüber hinaus hat das Landgericht in Bezug auf Planungsleistungen für Sammelgruben zutreffend eine Bindung des Klägers an seine im Vorprozess erteilte Honorarschlussrechnung angenommen. Eine Nachforderung stellt sich im Streitfall bei Abwägung der Interessen der Vertragsparteien als treuwidrig i.S.v. § 242 BGB dar. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der Kläger im Vorprozess - Landgericht Frankfurt (Oder), Az. 11 O 217/02 - unter dem 16.10.2002 eine überarbeitete Schlussrechnung vorgelegt hat. Zwar entspricht es allgemeiner Ansicht, dass die Bindungswirkung einer Schlussrechnung dann nicht eintreten kann, wenn der Auftraggeber alsbald mangelnde Prüffähigkeit der Rechnung geltend gemacht und dementsprechend kein Vertrauen in ihren Bestand gesetzt hat (BGH NJW 1993, 659; Korbion/ Mantscheff/Vygen, aaO, § 8 Rn 35). Zum einen haben die Beklagten die Richtigkeit der klägerischen Abrechnung im Vorprozess aber erst mit Schriftsatz vom 04.07.2002, mithin nicht "alsbald", sondern annähernd fünf Jahre nach Rechnungslegung, in Frage gestellt. Zum anderen haben sie - wie auch im vorprozessualen Schreiben vom 17.09.1997 (Anl. K 2 im Vorprozess = Bl. 23 BA) - nicht mangelnde Prüffähigkeit eingewandt, sondern geltend gemacht, die Abrechnung sei inhaltlich falsch, weil eine falsche bzw. unwirksame Honorarvereinbarung zugrunde gelegt worden sei. Sachliche Einwände gegen Grund und Höhe bleiben dem Auftraggeber auch dann erhalten, wenn die Rechnung fällig geworden ist und verhindern den Eintritt der Bindungswirkung regelmäßig nicht.

Zudem hat der Kläger die im Streitfall in Rede stehenden Leistungen auch im Rahmen der überarbeiteten Abrechnung vom 16.10.2002 nicht in Ansatz gebracht. Die auf den identischen Rechnungsbetrag lautende Schlussrechnung vom 16.10.2002 erfasst vielmehr auch dem klägerischen Vortrag zufolge dieselben Leistungen wie die Rechnung vom 28.04.1997. Die Honorarschlussrechnung eines Architekten stellt die abschließende Berechnung des Honorars für die gesamte vertragsgemäße Leistung dar. Da auch die streitgegenständlichen Rechnungen vom 23.07.2002 Leistungen betreffen sollen, die zur Erlangung von Baugenehmigungen für die sechs Häuser notwendig waren, war aufgrund des demnach einheitlich zu beurteilenden Sachverhaltes neben der überarbeiteten Schlussrechnung in der Fassung vom 16.10.2002 für weitere Schlussrechnungen des Klägers kein Raum.

Dem steht nicht entgegen, dass die Beklagten - die dies bestreiten - die die Sammelgruben betreffenden Planungsarbeiten erst im Mai 1997, mithin nach Rechnungslegung vom 28.04.1997, in Auftrag gegeben haben sollen. Dem im Vorprozess als Anlage K4 eingereichten Schreiben des Klägers vom 02.06.1997 zufolge war Gegenstand der Rechnung vom 28.04.1997 u.a. das Erarbeiten und Einreichen der Vorlagen für die erforderlichen Genehmigungen und Zustimmungen. Bei dieser Sachlage hatten die Beklagten mangels entgegenstehender Hinweise keinen Anlass zur Annahme, dass im Rahmen der im Schreiben vom 02.06.1997 als Betreff genannten "Erstellung von Unterlagen für die Baugenehmigung" zwischenzeitlich weitere, zusätzlich zu vergütenden und gesondert abzurechnende Leistungen erbracht wurden. Auch der Umstand, dass die Beklagten in den Jahren 1998 und 1999 weitere Leistungen des Klägers entgegengenommen haben sollen, steht der Bindungswirkung der Abrechnung bis zur Leistungsphase 4 nicht entgegen, weil die später erbrachten Leistungen sich auch nach Vortrag des Klägers nur auf Ausführungsplanung und Objektüberwachung bezogen.

2.

Ansprüche des Klägers auf Honorar für Ausführungsplanung und Baubetreuung bezüglich der Häuser 2 und 3 aus den Rechnungen LÜ-07-2002 und LÜ-08-2002 v. 24. bzw. 25.07.2002 bestehen ebenfalls nicht. In Höhe von jeweils 5.000,00 DM sind die Forderungen des Klägers aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung jedenfalls verjährt. Entgegen der ursprünglich vom Kläger vertretenen Auffassung steht aufgrund der rechtskräftigen Feststellungen im Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 28.01.2005 - 11 O 217/02 - fest, dass Zahlungen der Beklagten ebenso wie Forderungen aus Materiallieferungen nicht auf die Rechnungen 11/99 und 12/99 anzurechnen sind, insoweit mithin keine Erfüllung eingetreten ist. Die Verjährungsfrist für den Honoraranspruch des Architekten beträgt für vor dem 01.01.2002 geschlossene Verträge gemäß § 196 Nr. 7 BGB a.F. zwei Jahre. Die Verjährung beginnt mit Ende des Jahres zu laufen, in dem der Honoraranspruch fällig wird; gemäß § 8 HOAI ist deshalb die Übersendung der Honorarschlussrechnung maßgebend.

Der Kläger hat bezüglich der von ihm für Ausführungsplanung und Baubetreuung erbrachten Leistungen für die Häuser 2 und 3 bereits unter dem 17.06.1999 (Rechnungen Nr. 11/99 und 12/99) schlussabgerechnet. Weshalb es sich trotz des unmissverständlichen Wortlautes "Nach Erstellung der Ausführungsplanung und Umplanung (...)" bei den Rechnungen vom 17.06.1999 lediglich um Abschlagsrechnungen handeln soll, legt der Kläger nicht nachvollziehbar dar. Dazu wären auch deshalb nähere Ausführungen veranlasst gewesen, weil die von ihm insoweit erbrachten Leistungen - deren Umfang streitig ist - im Jahr 1999 beendet waren. Die Auffassung des Klägers, die Verjährungsfrist der den Rechnungen 11/99 und 12/99 zugrundeliegenden Forderungen habe erst mit der im Vorprozess vorgelegten, überarbeiteten Rechnung in Gang gesetzt werden können, berücksichtigt nicht, dass Ausführungsplanung und Objektüberwachung in der Rechnung vom 16.10.2002 nicht abgerechnet geworden sind.

Ob der Kläger trotz der Vorlage einer Schlussrechnung im Vorprozess überhaupt berechtigt war, weitere Schlussrechnungen bezüglich der Ausführungsplanung und Objektüberwachung zu legen, oder ob nicht eine Gesamtschlussrechnung hätte gelegt werden müssen, kann dahinstehen. Selbst wenn der Kläger weitere (Teil-)Schlussrechnungen für Leistungen nach Abschluss der Genehmigungsplanung legen durfte, ist er hinsichtlich der 5.000,00 DM übersteigenden Beträge aus den Rechnungen Nr. LÜ-07-2002 und LÜ-08-2002 an deren Geltendmachung aufgrund der Bindungswirkung der Schlussrechnungen vom 17.06.1999 gehindert. Soweit er meint, den Feststellungen im Rechtsstreit 11 O 217/02 zufolge berechtigt gewesen zu sein, auch bezüglich der Ausführungsplanung und Objektüberwachung erneut und nunmehr nach Mindestsätzen abzurechnen, geht dies schon deshalb fehl, weil die Rechnungen LÜ-07-2002 und LÜ-08-2002 nicht Gegenstand des Vorprozesses gewesen sind. Dass der Kläger wegen der im Vorprozess beanstandeten Überschreitung der Mindestsätze bei der dort streitgegenständlichen Abrechnung auch in Bezug auf andere Teilaufträge, bezüglich derer er nunmehr eine Unterschreitung der Mindestsätze geltend macht, zur erneuten Abrechnung berechtigt gewesen wäre, lässt sich weder dem Urteil des Landgerichts vom 28.01.2005 noch der Entscheidung des Senates vom 24.11.2005 (12 U 21/05) entnehmen. Die Sachlage unterscheidet sich auch in zeitlicher Hinsicht insoweit, als im Vorprozess zwischen dem Zugang der zunächst streitgegenständlichen Schlussrechnung Nr. 04/97 bei den Beklagten und gerichtlicher Geltendmachung weniger als zweieinhalb Jahre lagen, während er im Streitfall mit der im August 2003 anhängig gemachten Klage die Honorierung von Leistungen für Ausführungsplanung und Objektüberwachung begehrt, über die bereits im Juni 1999 - aus Sicht der Beklagten: abschließend - abgerechnet worden war.

Wie vom Landgericht zutreffend ausgeführt, steht der Bindungswirkung der Schlussrechnung eines Architekten weder fehlende Prüfbarkeit entgegen, noch entfällt sie, wenn die Rechnung auf eine unzulässige Honorarvereinbarung gestützt ist. Ein schutzwürdiges Interesse des Auftraggebers in die Richtigkeit der Schlussrechnung entfällt nicht bereits deshalb, weil der Architekt die Mindestsätze in der Schlussrechnung unterschreitet (BGH NJW 1997, 2329; NJW-RR 1986, 18; OLG Köln, NJW-RR 1999, 1109; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 11. Aufl., Rdn 798; Korbion/Mantscheff/Vygen, aaO, § 8 Rn 35). Bei Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen und Abwägung der wechselseitigen Interessen ist davon auszugehen, dass der Kläger mit den Schlussrechnungen vom 17.06.1999 einen Vertrauenstatbestand begründet und die Beklagten sich hierauf in berechtigtem Vertrauen eingerichtet haben, zumal dem Kläger aufgrund des vorprozessualen Schriftverkehrs schon im Jahr 1997 bekannt war, dass über die seinen Abrechnungen zugrunde zu legende Honorarvereinbarung keine Einigkeit mit den Beklagten bestand. Der vom Kläger in Bezug genommenen Entscheidung BGH NJW 1997, 2329 (VII ZR 290/95) lag insoweit ein anders gelagerter Sachverhalt zugrunde, als zwar ein die Mindestsätze unterschreitendes Honorar vereinbart worden war, der Auftragnehmer aber in der (einzigen) Schlussrechnung sogleich nach Mindestsätzen abgerechnet hatte. Bei dieser Sachlage konnte sich - anders als im Streitfall - die Frage der Bindungswirkung einer vorangegangen Schlussrechnung nicht stellen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 127 Abs. 4 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde i.S.v. § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 S. 1, Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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