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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 19.11.2008
Aktenzeichen: 12 W 52/08
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO §§ 114 f
ZPO § 118 Abs. 1 S. 4
ZPO § 127 Abs. 2
ZPO § 127 Abs. 2 S. 3
ZPO § 127 Abs. 4
ZPO § 567 Abs. 1
ZPO § 574 Abs. 2
BGB § 631 Abs. 1
BGB § 637 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Kläger wird der Beschluss der 1. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 9. Oktober 2008, Az.: 11 O 92/08, abgeändert.

Den Klägern wird zur Wahrung ihrer Rechte in erster Instanz unter Beiordnung von Rechtsanwältin ... ... Prozesskostenhilfe mit Wirkung ab dem 25.03.2008 gewährt.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger begehren Prozesskostenhilfe für eine Klage betreffend Forderungen für Malerleistungen zu einer Vergütung von monatlich 2.000,00 € pro Person aufgrund einer von den Parteien am 16.08.2007 getroffenen Vereinbarung, wobei die Kläger im Rechtsstreit Vergütung für ihre Tätigkeiten in den Monaten September und Oktober 2007 verlangen, die sie mit jeweils 4.000,00 € in Rechnung stellen. Wegen der Einzelheiten der Vereinbarung wird auf deren Ablichtung (Bl. 5 d. A.) verwiesen. Die Aufnahme der Arbeiten erfolgte im August 2007. Die Arbeiten setzten sich an dem Objekt "Botschaft ..." fort bis zum 15.10.2007. Vom 16.10. bis zum 16.11.2007 erbrachten die Kläger auf Veranlassung des Beklagten Malerleistungen im Gebäude des Amtsgerichts .... Seit dem 16.11.2007 haben die Kläger ihre Arbeiten wegen ausstehender Zahlungen des Beklagten eingestellt. Mit Schreiben vom 10.11.2007 hat der Beklagte die Kläger zur Beseitigung von Mängeln an Fenstern des Botschaftsgebäudes bis zum 20.11.2007 aufgefordert. Wegen des Wortlauts der Mängelanzeige wird auf deren Kopie (Bl. 12 d. A.) Bezug genommen. Ferner übersandte der Beklagte an die Kläger vorbereitete Quittungen für die von den Klägern in Rechnung gestellten Beträge, die sowohl Leistungen der Kläger am Botschaftsgebäude als auch am Gebäude des Amtsgerichts ... ausweisen.

Die Kläger behaupten, der Beklagte habe sie am 15.10.2007 beauftragt, die Arbeiten nicht mehr in der ... Botschaft, sondern im Gebäude des Amtsgerichts ... zu erbringen. Vereinbart gewesen sei eine Abrechnung der Arbeitsleistungen jeweils zum Monatsende. Der Beklagte habe die Arbeiten jeweils nach Beendigung der einzelnen Etagen abgenommen. Kleinere Ausbesserungen seien in diesem Zusammenhang sofort erfolgt.

Der Beklagte behauptet, die Kläger hätten im September und Oktober 2007 lediglich während fünf Wochen Malerarbeiten in der ... Botschaft durchgeführt. Bei den Arbeiten im Amtsgericht ... handele es sich um die Beseitigung von Mängeln, die aufgrund von Leistungen der Kläger im Rahmen eines anderen Werkvertrages zwischen den Parteien entstanden seien. Der Beklagte ist der Ansicht, die Forderungen der Kläger seien schon mangels Abnahme der Werkleistung nicht fällig. Hilfsweise erklärt er die Aufrechnung mit den Kosten einer Selbstvornahme. Hierzu behauptet er, die von den Klägern erbrachten Leistungen an den Fenstern und Bleiglasfenstern im zweiten und dritten Obergeschoss des Botschaftsgebäudes seien mangelhaft gewesen. Die Fenster hätten Beschädigungen, Unebenheiten, Farbunterschiede sowie Spachtelschäden aufgewiesen. Es sei eine umfangreiche Teillackierung aller Fenster sowie deren Beschichtung mit Alkydharzlackfarbe erforderlich gewesen. Die Mängelbeseitigung habe 120 Stunden gedauert. Anzusetzen sei für die Durchführung dieser Arbeiten ein Stundenlohn von 35,00 €, sodass sich Gesamtkosten von 4.200,00 € ergeben. Schließlich sei der Anspruch der Kläger infolge einer Zahlung in Höhe von 2.000,00 € am 15.09.2007 teilweise erloschen.

Das Landgericht hat den Prozesskostenhilfeantrag mit Beschluss vom 09.10.2008 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klage sei derzeit nicht begründet, da die beanspruchte Vergütung aus der Vereinbarung, die als Werkvertrag einzuordnen sei, mangels Abnahme nicht fällig sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Ausführungen in dem angefochtenen Beschluss verwiesen (Bl. 83 ff d. A.).

Die Kläger haben gegen den ihnen am 13.10.2008 zugestellten Beschluss mit am 27.10.2008 eingegangenen Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt. Mit dem Rechtsmittel begehren sie weiterhin die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ab Antragstellung. Sie sind der Auffassung, ihre mit dem Beklagten geschlossene Vereinbarung sei als Dienstvertrag zu bewerten, sodass es für die Fälligkeit ihrer Forderung auf eine Abnahme nicht ankomme. Auch sei eine schlüssige Abnahme der Leistungen durch den Beklagten erfolgt. Denn aus der Übersendung der Quittungen für die in Rechnung gestellten Leistungen folge zugleich eine Billigung dieser Arbeiten als im Wesentlichen vertragsgerecht.

Das Landgericht hat dem Rechtsmittel mit Beschluss vom 27.10.2008 nicht abgeholfen und die Sache dem Senat vorgelegt.

II.

Die sofortige Beschwerde ist nach §§ 127 Abs. 2, 567 Abs. 1 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere innerhalb der Monatsfrist des § 127 Abs. 2 S. 3 ZPO eingelegt worden. Auch in der Sache hat das Rechtsmittel Erfolg.

Die Klage hat hinreichende Aussicht auf Erfolg, sodass den Klägern, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht in der Lage sind die Kosten der Rechtsverfolgung aufzubringen, Prozesskostenhilfe zu bewilligen war, §§ 114 f ZPO.

Die Kläger haben einen fälligen Werklohnanspruch gegen den Beklagten in Höhe von 8.000,00 € aus § 631 Abs. 1 BGB in Verbindung mit dem von den Parteien am 16.08.2007 geschlossenen Vertrag schlüssig dargelegt.

Die vertragliche Vereinbarung vom 16.08.2007 ist als Werkvertrag einzuordnen. Der Werkvertrag verpflichtet den Unternehmer zur Herstellung des versprochenen Werkes, § 631 Abs. 1 BGB. In Abgrenzung zum Dienstvertrag, bei dem der Dienstverpflichtete das bloße Wirken - also die Arbeitsleistung als solche - schuldet, hat der Werkunternehmer im Regelfall ein vorher vereinbartes, gegenständlich fassbares Arbeitsergebnis herbeizuführen (vgl. Sprau in Palandt, BGB, Kommentar, 67. Aufl., Einführung vor § 631, Rn. 8). Im vorliegenden Fall haben die Parteien zwar eine Vergütung der Tätigkeit der Kläger nach Zeitabschnitten vereinbart, gleichwohl erschöpfte sich die Verpflichtung der Kläger nicht im Erbringen bestimmter Tätigkeiten, geschuldet war vielmehr ein bestimmter Leistungserfolg, wie sich schon aus den Vereinbarungen über eine Mängelgewährleistung ergibt. Unschädlich ist, dass ein konkreter Leistungserfolg in der vertraglichen Vereinbarung nicht umschrieben wird, enthält diese doch die Bestimmung, dass die Leistungen (Arbeiten) in enger Abstimmung mit dem Auftragnehmer (gemeint ist augenscheinlich der Auftraggeber) und der Bauleitung sowie auf deren Anweisung auszuführen sind. Eine genauere Konkretisierung des Leistungsgegenstandes sollte mithin im Zuge der Durchführung der Arbeiten erfolgen.

Die Kläger haben die von ihnen geschuldete Werkleistung im Zeitraum September/Oktober 2007 erbracht. Soweit der Beklagte bestreitet, dass der von den Parteien geschlossene Vertrag dahingehend abgeändert worden ist, dass die Malerleistungen ab dem 16.10.2007 am Gebäude des Amtsgerichts ... zu erbringen waren, steht sein Vortrag im Widerspruch zu seinem vorprozessualen Verhalten und ist daher unbeachtlich. Der Beklagte hat nämlich mit dem von ihm vorbereiteten Quittungen zum Ausdruck gebracht, dass er Leistungen der Kläger am Gebäude des Amtsgerichts im von den Klägern in Rechnung gestellten Zeitraum als vergütungspflichtig akzeptiert. Eine Aufklärung dieses Widerspruchs zwischen seinem vorgerichtlichen Verhalten und seinem Vorgehen im Rechtsstreit ist durch den Beklagten trotz des Aufgreifens dieses Gesichtspunktes durch die Kläger im Schriftsatz vom 22.10.2008 nicht erfolgt. Der Beklagte hat auch Einzelheiten zu einem vorangegangenen Vertrag betreffend Malerarbeiten am Amtsgericht ... nicht dargetan. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Kläger die ihnen im Zeitraum bis zum 15.10.2007 übertragenen Leistungen im Botschaftsgebäude nicht abgearbeitet haben. Der Beklagte rügt nicht eine teilweise nicht erbrachte Leistung, sondern stützt sich allein auf Leistungsmängel.

Die Werklohnforderung der Kläger ist fällig. Unerheblich ist insoweit, ob die Leistungen der Kläger abgenommen worden sind. Einer Abnahme als Fälligkeitsvoraussetzung für den Werklohnanspruch bedarf es dann nicht, wenn der Auftraggeber nicht mehr Erfüllung des Vertrages verlangt, sondern sich allein mit Gegenansprüchen verteidigt, die auf Zahlung gerichtet sind (BGH BauR 2003, S. 88; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 12. Aufl., Rn. 1337). So liegt der Fall auch hier. Der Beklagte verlangt von den Klägern weder eine Fortsetzung der unstreitig von den Klägern nach dem 16.11.2007 nicht mehr weiter geführten Arbeiten noch eine Nacherfüllung. Nach seinem eigenen Vorbringen hat er die Mängel an der Leistung der Kläger betreffend die Fenster des Botschaftsgebäudes zwischenzeitlich selbst behoben, weshalb er allein die Kosten dieser Ersatzvornahme im Wege der Aufrechnung geltend macht. Unter diesen Umständen bedarf es einer Abnahme der Werkleistung zur Begründung der Fälligkeit des Werklohnanspruchs nicht. Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass es allerdings schon nach dem eigenen Vortrag der Kläger eine (Gesamt)Abnahme der Leistungen der Kläger nach deren Arbeitseinstellung am 16.11.2007 nicht gegeben hat und eine Vereinbarung über die Durchführung von Teilabnahmen nicht vorgetragen ist.

Grundsätzlich steht den Klägern damit die im Rechtsstreit geltend gemachte Teilforderung von 8.000,00 € für die in den Monaten September und Oktober 2007 erbrachten Werkleistungen zu.

Wie bereits das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, hat der Beklagte ein teilweises Erlöschen der Werklohnforderung infolge der Aufrechnung mit einem Gegenanspruch nicht schlüssig dargetan. Die Voraussetzungen des vom Beklagten geltend gemachten Erstattungsanspruch aus § 637 Abs. 1 BGB sind nicht gegeben. Es fehlt bereits an einer hinreichend konkreten Aufforderung zur Mangelbeseitigung nebst entsprechender Fristsetzung. Ein hinreichend bestimmtes Mangelbeseitigungsverlangen erfordert eine hinlänglich deutliche Beschreibung der Erscheinungen, die nach Ansicht des Auftraggebers auf vertragswidrige Abweichungen zurückzuführen sind; nicht erforderlich ist hingegen die Bezeichnung der Mängelursachen (BGH BauR 2000, S. 261). Der Beklagte hat sich in seiner Mängelanzeige vom 10.11.2007 darauf beschränkt, eine mangelhafte Ausführung der Arbeiten an Fenstern im Botschaftsgebäude zu rügen. In der Mängelanzeige ist jedoch weder angegeben, in welcher Weise die Leistungen vom Vertragssoll abweichen sollen noch welche Fenster im einzelnen betroffen sein sollen, insbesondere lässt sich der Formulierung der Mängelanzeige nicht entnehmen, dass mehr als jeweils ein Fenster im zweiten und dritten Obergeschoss des Botschaftsgebäudes sowie ein Bleiglasfenster im zweiten Obergeschoss als mangelhaft gerügt werden sollte. Eine nachvollziehbare Mängelanzeige, die die Kläger in die Lage versetzte, ihre Leistung selbst zu überprüfen und nachzuarbeiten liegt damit nicht vor. Anhaltspunkte für eine Entbehrlichkeit von Mangelanzeige und Fristsetzung sind ebenfalls nicht gegeben.

Ob die Werklohnforderung der Kläger durch die vom Beklagten behauptete Zahlung von 2.000,00 € am 15.09.2007 teilweise erloschen ist, ist schließlich im Wege der Beweisaufnahme zu klären. Da der Ausgang der Beweisaufnahme nicht absehbar ist, steht dieser Umstand der Erfolgsaussicht der Klage nicht entgegen.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, weil für das erfolgreiche Beschwerdeverfahren gemäß Nr. 1812 der Anlage 1 zum GKG Gerichtskosten nicht erhoben werden, das erstinstanzliche Verfahren gerichtsgebührenfrei ist und außergerichtliche Kosten nicht erstattet werden, §§ 118 Abs. 1 S. 4, 127 Abs. 4 ZPO.

Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, weil keiner der in § 574 Abs. 2 ZPO genannten Gründe gegeben ist. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts.

Ende der Entscheidung

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