Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 05.03.2008
Aktenzeichen: 13 U 107/06
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, HGB


Vorschriften:

ZPO § 517
ZPO § 519
ZPO § 520
BGB § 305 b
BGB § 307
BGB § 388
BGB § 389
HGB § 85
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

13 U 107/06 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 5.3.2008

Verkündet am 5.3.2008

in dem Rechtsstreit

hat der 13. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch die Richterin am Oberlandesgericht Rieger als Einzelrichterin auf die mündliche Verhandlung vom 19. September 2007 für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 5. Juli 2006 verkündete Urteil des Landgerichts Potsdam teilweise abgeändert und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 6.531,93 € nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 27.10.2004 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin zu 19 % , die Beklagte zu 81 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Im Januar 2004 nahm die Klägerin ihre Tätigkeit als Handelsvertreterin der Beklagten Finanzvermittlungsgesellschaft auf. Der Handelsvertretervertrag der Parteien ist auf unbestimmte Zeit geschlossen und sieht für beide Teile die Kündigung binnen einer Frist von drei Monaten vor.

Am 20.7.2004 äußerte die Klägerin gegenüber dem zum Prokuristen der Beklagten bestellten Zeugen W..., Ehemann der Geschäftsführerin der Beklagten und Mitgesellschafter, den Wunsch, ihren Vertrag zu beenden. Über den konkreten Zeitpunkt und den Inhalt des Gesprächs besteht Streit zwischen den Parteien. Am Schluss an das Gespräch oder bei einem weiteren Zusammentreffen am gleichen Tag überreichte die Klägerin dem Prokuristen ein Schreiben, welches von ihr mit Datum desselben Tages verfasst war. Darin heißt es einleitend: "Wie in unserem gemeinsamen Gespräch vom 20. des Monats abgestimmt, darf ich Ihnen die Vereinbarung nachfolgend bestätigen". In diesem Schreiben sind u. a. folgende Punkte genannt.

- das gegenwärtige Vertragsverhältnis wird im beiderseitigen Einvernehmen zum 31.7.2004 aufgehoben...;

- entgegen der Regelung unter § 7 Abs. 4 des Vertrages werden meine sämtlichen Provisionsansprüche - ohne Abzug einer Stornoreserve - auch nach Vertragsbeendigung ... ausgezahlt;

- die zu meinen Gunsten einbehaltene Stornoreserve wird in 3 Drittel-Tranchen an mich ausgezahlt. Bewertungsgrundlage hierfür ist die Höhe der Gesamtstornoreserve zum Abrechnungstermin Anfang August 2004. Das heißt: 1 Drittel wird ... Anfang August 2004 ausgezahlt, ein weiteres Drittel Anfang August 2005,

die Restzahlung erfolgt Anfang August 2006..." (Bl. 17 d.A.).

Das Schreiben ist unter dem von der Klägerin angebrachten Zusatz: "Schreiben erhalten" vom Zeugen W... unterzeichnet. Unter dem 10.8.2004 teilte die Beklagte der Klägerin mit, sie bestätige die Aufhebung des Vertrages. Weiter heißt es: "Bezüglich der Auszahlung Ihrer Stornoreserve gilt folgende Regelung: 1/3: 1.8.2005, 2/3: 1.8.2007, 3/3: 1.12.2007". Dieser Mitteilung widersprach die Klägerin.

Mit ihrer Klage auf Zahlung von 8.020,49 € nebst Zinsen hat die Klägerin 1/3 der zum 31.7.2004 gebuchten Stornoreserve (2.795,84 €) sowie die volle Provision für vermittelte Geschäfte, die nach dem 31.7.2004 wirksam geworden sind (insgesamt 5.224,62 €), verlangt. Sie hat behauptet, sie habe die Vertragsaufhebung, wie im Schreiben vom 20.7.2004 festgehalten, am Vormittag mit dem Prokuristen der Beklagten verabredet.

Das Landgericht hat nach Einvernahme des Zeugen W... und Parteianhörung der Klägerin der Klage stattgegeben. Auf der Grundlage der Parteianhörung stehe - auch wenn der Zeuge W... anders ausgesagt habe - fest, dass am 20.7.2004 jedenfalls mündliche Verhandlungen über die Modalitäten der Vertragsaufhebung geführt worden seien. Da die Beklagte dem Schreiben vom 20.7.2004 nicht unverzüglich widersprochen habe, sei die Vereinbarung mit dem Inhalt des Schreibens nach den Grundsätzen eines kaufmännischen Bestätigungsschreibens (§ 346 HGB) zustande gekommen. Der Höhe der geltend gemachten Forderungen sei die Beklagte nicht tauglich entgegengetreten. Insbesondere habe sie zu Vertragsstornierungen nicht hinreichend vorgetragen. Soweit sie mit Schriftsatz vom 12.6.2006 einzelne Provisionen in Abrede gestellt habe, sei ihr Vortrag verspätet (§ 296 a ZPO). Wegen der tatsächlichen Feststellungen im Einzelnen wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Mit ihrer Berufung wendet sich die Beklagte gegen das angefochtene Urteil, mit der sie weiterhin Klageabweisung anstrebt. Sie rügt insbesondere das Verfahren der Beweiserhebung und der Beweiswürdigung als fehlerhaft.

Sie beantragt,

das am 5.7.2006 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze und der Protokolle der mündlichen Verhandlungen Bezug genommen.

II.

Die gemäß §§ 517, 519, 520 ZPO zulässige Berufung hat in dem aus dem Urteilstenor ersichtlichen Umfang teilweise Erfolg.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung in der ausgeurteilten Höhe aus dem Vermittlungsvertrag in Verbindung mit der Vereinbarung der Parteien vom 20.7.2004. Mit ihren dagegen in der Berufung erhobenen Angriffen dringt die Beklagte nur zu einem geringen Teil durch.

Maßgeblich für das Abwicklungsverhältnis zwischen den Parteien ist der Vertrag vom 20.7.2004, dessen Inhalt sich aus dem Schreiben der Klägerin an den Zeugen W... vom selben Tag ergibt. Dabei kann dahin gestellt bleiben, ob die Klägerin den Inhalt des Gesprächs mit dem Zeugen W... inhaltlich zutreffend fixiert hat. Indem die Beklagte dem Schreiben nicht innerhalb angemessener Zeit widersprochen hat, ist nach den Grundsätzen über das Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben ein Vertrag mit dem schriftlich fixierten Inhalt wirksam zustande gekommen.

Das Schriftformerfordernis gemäß § 12 Abs. 6 des Vertrages steht der Wirksamkeit der Vereinbarung nicht entgegen. Allerdings wahrt ein als Bestätigung fingiertes Schweigen die Schriftform nicht (Baumbach/Hopt, HGB, 32. Aufl., § 346 Rn. 20). Die Schriftformklausel im Verständnis eines konstitutiven Schriftformerfordernisses ist jedoch wegen Verstoßes gegen § 305 b BGB gemäß § 307 BGB auch im kaufmännischen Verkehr unwirksam; anderes gilt allenfalls in den Fällen gesetzlicher Schriftform (BGH NJW 2006, 138, 139). Ein Fall der letzt genannten Kategorie liegt hier indessen nicht vor. Der Handelsvertretervertrag kann formfrei geschlossen werden, § 85 HGB. Die Beteiligten haben lediglich einen Anspruch darauf, die Vereinbarung in eine Urkunde aufzunehmen.

Ausgehend davon steht der Klägerin aus der Vereinbarung vom 20.7.2004 ein Anspruch auf Auszahlung ihrer Provisionsansprüche aus den Abrechnungen Nr. 22 - 25 = insgesamt 2.294,44 € ohne Abzug einer Stornoreserve zu. Den Anspruch auf Auszahlung der Provisionen hat die Beklagte mit Schreiben vom 24.8.2004, in dem sie auf ein Schreiben der Klägerin vom 23.8.2004 erwidert, ausdrücklich anerkannt. Darüber hinaus kann die Klägerin die nach dem vorstehenden zu Unrecht einbehaltene Stornoreserve aus den fälligen Provisionsansprüchen beanspruchen, und zwar aus den Abrechnungen 22 - 25 insgesamt 1.435,18 €. Hinzu kommt die Vergütung für bis zum 30.11.2004 abgeschlossenen, noch nicht vergüteten O...-Geschäfte in Höhe von 1.469,96 €. Letztlich kann die Klägerin Zahlung von 1/3 der Stornoreserve Stand 1. August 2004 von der Beklagten verlangen.

Der daraus resultierende Zahlungsanspruch der Klägerin ist im Wege der Verrechnung mit Minussalden aufgrund Ansprüchen der Beklagten auf Erstattung von Provisionsvorschuss indessen teilweise in Höhe von 1.488,56 € erloschen, § 7 Abs. 5 des Mitarbeitervertrages i.V.m. § 389 BGB.

Der in der Vereinbarung vom 20.7.2004 vorgenommenen Regelung zur Bewertungsgrundlage zur Höhe der Gesamtstornoreserve zum Abrechnungsstichtag 1.8.2004 kommt nicht die Bedeutung eines Widerrufs der gemäß § 7 Abs. 5 des Mitarbeitervertrages erteilten Zustimmung zur Verrechnung mit Minussalden oder eines andersartigen Verrechnungsausschlusses zu. Im Zusammenhang mit der Vereinbarung zur Auszahlung der Stornoreserve in 3 Tranchen abweichend von § 7 Abs. 5 des Mitarbeitervertrages könnte allerdings die Festlegung einer Bewertungsgrundlage dahin aufzufassen sein, dass die Verrechnung/Aufrechnung zumindest für das erste Drittel des Stornoreserveguthabens in Höhe von 2.795,81 € mit einem etwaigen künftigen Minussaldo aus Stornos ausgeschlossen sein soll. Für ein Verständnis der Vereinbarung vom 20.7.2004 in diesem Sinne könnte sprechen, dass für das in drei Tranchen auszuzahlende Stornoreserveguthaben eine zeitlich genau bestimmte Bewertungsgrundlage vorgesehen ist, aus der sich für die erste Tranche, fällig zum 1.8.2004, ein konkreter Zahlbetrag zu Gunsten der Klägerin errechnen lässt. Die Vereinbarung einer Bewertungsgrundlage macht vor allem dann Sinn, wenn - entsprechend der Vereinbarung - ein weiteres Stornoreserveguthaben nicht aufgebaut wird, weil vereinbarungsgemäß sämtliche künftig entstehende Provisionsansprüche ohne Stornoreserveabzug ausgezahlt werden. Dann aber kämen als Grundlage für Verrechnungen mit einem etwaigen Minussaldo (§ 7 Abs. 5 des Vermittlungsvertrages) allenfalls die künftig auszuzahlenden Tranchen in Betracht. Gegen ein Verständnis dieser Vereinbarung als Verrechnungsausschluss spricht indessen, dass die Vertragsparteien hier - anders als zur Absprache abweichend von § 7 Abs. 4 des Mitarbeitervertrages - eine Bezugnahme auf die eine ausdrückliche Zustimmung zur Verrechnung mit Minussalden treffende Regelung des § 7 Abs. 5 des Mitarbeitervertrages unterlassen haben. Mit Blick darauf, dass die Annahme eines Verrechnungsausschlusses nach Vertragsbeendigung zwar nicht einen Verzicht der Beklagten auf Erstattungsansprüche beinhalten, wohl aber die Durchsetzung etwaiger Provisi-onserstattungsansprüche erheblich erschweren würde, könnte allein eine hinreichend unmissverständliche Vereinbarung im Sinne eines Ausschlusses der Verrechnung bzw. des Widerruf der von der Klägerin ausdrücklich erteilten Zustimmung zur Verrechnung, wie sie in § 7 Abs. 5 des Mitarbeitervertrages enthalten ist, aufgefasst werden. Eine derartig unzweideutige Regelung, die den Willen der Parteien zur Abweichung von der Verrechnungsmöglichkeit gemäß § 7 Abs. 5 des Mitarbeitervertrages zum Ausdruck bringt, enthält die Vereinbarung vom 20.7.2004 nicht.

Die von der Beklagten im Wege der Saldierung Stand 1.8.2005 vorgenommene Verrechnung der Stornos in einer behaupteten Höhe von 11.459,05 € mit der zugunsten der Klägerin gebildeten Stornoreserve in Höhe von 11.403,84 € genügt rechtlich den Anforderungen an eine Aufrechnungserklärung im Sinne des § 388 BGB. Zweifel daran ergeben sich allerdings in Bezug auf das Erfordernis der hinreichenden Bestimmtheit der Gegenforderung. Der von der Beklagten als Anlage B2 zum Schriftsatz vom 3.1.2006 zu den Akten gereichten Kopie des Provisionskontos der Klägerin lässt sich nicht im Einzelnen entnehmen, welche Gegenforderungen mit dem Anspruch der Klägerin auf Auszahlung eines Drittels der Stornoreserve verrechnet worden sein sollen. Von den 20 in den Provisionsabrechnungen Nr. 32 und 33 aufgeführten Verträgen sind lediglich 5 mit einem S für Stornierung versehen, nämlich die zu den Kundennummern 1 - 3 in der Abrechnung Nr. 32 mit einem Gesamtwert von 1.795,13 € sowie in Bezug auf die Kundennummern 4 und 8 der Abrechnung Nr. 33 zu 1,92 € und 19,68 €, insgesamt 21,60 €. Woraus sich Stornos in Höhe von über 11.000 € ergeben sollen, erschließt sich allein auf der Grundlage der Abrechnung Nr. 32 nicht. Die Klägerin hat Stornos in dieser Höhe auch wirksam mit Nichtwissen bestritten. Jedoch hat die Beklagte im Verlaufe des Verfahrens weitere Provisionsabrechnungen zu den Akten gereicht und die Aufrechnung noch in der Berufungsinstanz ausdrücklich darauf erstreckt.

Die Aufrechnung bzw. vereinbarte Verrechnung ist jedoch nur in geringen Umfang begründet. Die Beklagte hat nur in Bezug auf Gegenforderungen in Höhe von 1.488,56 € einen Anspruch auf Erstattung des der Klägerin geleisteten Provisionsvorschusses substantiiert dargelegt.

Zunächst hat die Beklagte im Umfang der von ihr geltend gemachten Gegenforderungen nicht dargelegt, der Klägerin entsprechend der Vereinbarung die Möglichkeit zur Nachbearbeitung stornogefährdeter Verträge gegeben zu haben oder zumindest selbst nach Art und Umfang ausreichende Maßnahmen zur Stornoabwehr ergriffen zu haben. In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist anerkannt, dass das Versicherungsunternehmen gegenüber seinen Mitarbeiter eine Treuepflicht trifft und er Rücksicht auf das Provisionsinteresse des Mitarbeiters zu nehmen hat. Zu deren Erfüllung obliegt es dem Versicherungsunternehmen, die nach den Umständen des Einzelfalls gebotenen Maßnahmen zur Rettung notleidend gewordener Verträge zu treffen. Dazu muss er entweder eigene nach Art und Umfang ausreichende Maßnahmen zur Stornoabwehr ergreifen oder dem Versicherungsvertreter durch eine Stornomitteilung Gelegenheit geben, notleidend gewordene Verträge selbst nachzuarbeiten (BGH, Urt. V. 19.11.1982 - I ZR 125/80, zitiert nach juris; BGH, VersR 2005, 1078 f..

Die Beklagte hat schon nicht hinreichend substanziiert dargelegt, dass und ggf. welche Verträge storniert und welche Maßnahmen sie im Einzelfall zur Nachbearbeitung der betreffenden stornogefährdeten Verträge unternommen hat.

Den von ihr zu den Akten gereichten Unterlagen lässt sich schon die Anzahl der von der Beklagten behaupteten Vertragsstornierungen nicht entnehmen. Die Klägerin hat den Umfang der Stornierungen bestritten. Ausgehend davon hätte die Beklagte durch Vorlage von Kopien der Kündigungsschreiben bzw. -bestätigungen der betroffenen Versicherer substanziiert zur Anzahl der Vertragsstornierungen vortragen müssen.

Darüber hinaus hat die Beklagte in Bezug auf ihre aufgerechneten Stornierungen nicht hinreichend substanziiert dargelegt, nach Art und Umfang ausreichende Maßnahmen zur Stornoabwehr ergriffen zu haben. Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass ausreichende Maßnahmen ergriffen worden sind, liegt beim Versicherungsunternehmen (BGH VersR 2005, 1078 f). Zunächst hat die Beklagte trotz Bestreitens der Klägerin für ihren Vortrag, die Klägerin durch Stornomitteilungen über notleidend gewordene Verträge informiert und ihr so Gelegenheit zu deren Nachbearbeitung gegeben zu haben, keinen Beweis angetreten.

Soweit sie zur Darlegung eigener Nachbearbeitungsbemühungen auf die zu den Akten gereichten so genannten Nachbearbeitungsberichte verweist, stimmt schon die Anzahl der vorgelegten Nachbearbeitungsberichte nicht mit der der angeblich stornierten Verträge überein. Dies gilt selbst unter Berücksichtigung der Tatsache, dass einzelne Kunden, bei denen Nachbearbeitungsbemühungen unternommen worden sind, wie etwa die Kundin J..., mehrere Verträge über Vermittlung der Beklagten geschlossen und gleichzeitig beendet hat. Zudem genügt allein die Vorlage der Nachbearbeitungsberichte den Anforderungen an den Nachweis ausreichender Nachbearbeitung nicht. Die von ihren Mitarbeitern erstellten Nachbearbeitungsberichte weisen Art und Umfang der Nachbearbeitung allenfalls im Einzelfall so klar aus, dass beurteilt werden kann, ob die Nachbearbeitung im konkreten Fall ausreichend war. Die bei den Akten befindlichen Nachbearbeitungsberichte geben in einer Vielzahl von Fällen keinen Aufschluss darüber, welche Maßnahmen im Einzelnen die Beklagte ergriffen hat, um Stornierungen abzuwehren. Sie weisen allenfalls den Mitarbeiter aus, der möglicherweise Kontakt mit dem Kunden hatte, sowie das Datum, zu dem der Nachbearbeitungsbereicht erstellt wurde. Dies gilt etwa betreffend die Abrechnung Nr. 21 für die Positionen 1, 7, 8, 9, für die Positionen 4, 5 und 6 der Abrechnung Nr. 22, die Position Nr. 11 der Abrechnung 23, Position Nr. 1 der Abrechnung Nr. 24, die Positionen 9 und 12 der Abrechnung Nr. 25. Zur Vernehmung der zum Beweis für ausreichende Nachbearbeitung angebotenen Zeugen bestand insoweit kein Anlass. Deren Vernehmung wäre, da die Nachbearbeitungsberichte zu Art und Umfang schon nicht genügend aussagekräftig sind, auf eine Ausforschung des von der Beklagten nicht hinreichend dargestellten Sachverhaltes hinaus gelaufen.

Vom Nachweis ausreichender Nachbearbeitung ist auf der Grundlage der zu den Akten gereichten Unterlagen allenfalls in Bezug auf folgende Rückbelastungen auszugehen:

Abrechnung 21, Position 3 (Hinz); insoweit ist allerdings noch keine Provision gezahlt worden, mithin ein Erstattungsanspruch nicht begründet

Abrechnung 22, Position 3 (K...) Erstattungsbetrag 50,31 €

Abrechnung 25, Position 6 (L...) Erstattungsbetrag 197,64 €

Abrechnung 28, Position 1 (F...) Erstattungsbetrag 85,26 €

Position 7 (La...) 24,76 €

Position 15 (V... W...) 105,88 €.

Das macht insgesamt berechtigte Gegenansprüche der Beklagten wegen des Nachweises ausreichender Nachbearbeitung auf Erstattung zu Unrecht gezahlten Provisionsvorschusses in Höhe von 463,85 € aus.

Zusätzlich zu den oben bereits als ausreichend nachgewiesenen Nachbearbeitungen sind Ansprüche der Beklagten wegen folgender Stornierungen gerechtfertigt: Abrechnung 23 und 27 Position 6 (VN verstorben)

Abrechnung 24 Positionen 3, 4, 5 und Abrechnung 27 Position 1 (VN unbekannt verzogen)

Abrechnung Nr. 37, Position 2 und Abrechnung 38 Position 1 (Information durch Versicherer erst nach Vertragsbeendigung)

Abrechnung 28 Position 10 (Ablehnung des Vertragsschlusses durch Versicherer).

Die sich daraus ergebenden Provisionsvorschusserstattungsansprüche ergeben insgesamt einen Betrag von 1.024,71 €. Die Vertragsbeendigung und der damit einhergehende Verlust des Provisionsanspruchs des Versicherungsvertreters infolge Todes des Versicherungsnehmers, verspätete Informationen über eine Stornogefahr von Seiten des Versicherers wie auch die Entscheidung des Versicherers, einen vermittelten Versicherungsvertrag nicht abzuschließen, stellen keine Umstände dar, die die Beklagte als der Klägerin gegenüber treuepflichtiges Unternehmen zu vertreten hat. Auch soweit die Vertragspartner unbekannt verzogen sind (ausweislich des NB-Berichts), ist die Tatsache des unbekannten Aufenthalts bzw. der Nichterreichbarkeit des Versicherungsvertragspartners nicht dem Versicherungsunternehmen anzulasten, jedenfalls dann nicht, wenn die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten der Anschriftenermittlung ausgeschöpft sind oder solche nicht bestanden haben. Allerdings hat die Beklagte nicht dargelegt, dass und gegebenenfalls in welcher Form sie Bemühungen unternommen hat, die Anschriften von unbekannt verzogenen Versicherungsnehmern zu ermitteln. Nach Ansicht des Senats ist dies der Beklagten jedoch nicht anzulasten. Es ist nicht ersichtlich, welche rechtlich zulässigen und Erfolg versprechenden Möglichkeiten der Beklagten zur Verfügung gestanden haben sollten, die neuen Anschriften festzustellen. Eine Anfrage an das Einwohnermeldeamt dürfte unter Datenschutzgesichtspunkten von vornherein wenig aussichtsreich sein. Entsprechendes wird auch für eine Anfrage bei der Post jedenfalls dann gelten, wenn Briefsendungen mit dem Vermerk "unbekannt verzogen" an den Absender zurückgesendet werden. Erfahrungsgemäß werden Briefsendungen nur dann mit dem Vermerk "unbekannt verzogen" versehen, wenn der Empfänger gerade keinen Nachsendeantrag gestellt hat; andernfalls würde die Sendung an die neue Anschrift weitergeleitet oder gegebenenfalls dem Absender die neue Anschrift mitgeteilt.

Darüber hinaus geltend gemachte Erstattungsansprüche bestehen auf der Grundlage des Vorbringens der Beklagten nicht, insbesondere weil in den Nachbearbeitungsberichten eine erfolgreiche Nachbearbeitung ausgewiesen ist oder eine Nachbearbeitung Storno gefährdeter Verträge von Mitarbeitern von vornherein nicht unternommen worden ist. Als erfolgreich ausgewiesen sind in den eingereichten Nachbearbeitungsberichten die Position 13 zur Abrechnung Nr. 23, die Positionen 3, 4, 5 und 12 zu Abrechnung Nr. 24, die Positionen 6 und 11 zur Abrechnung Nr. 28 sowie, ohne dass der Vertrag einer Abrechnung zuzuordnen wäre, der Vertrag Wi... (Bl. 588). Aus welchem Grund die Beklagte für die ausweislich der von ihr selbst eingereichten Unterlagen erfolgreich nachbearbeiteten Verträge Ansprüche auf Rückzahlung von Provisionsvorschüssen beansprucht, ist nicht ersichtlich. Dazu hat sich die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auch nicht näher erklärt.

Was den Verzicht auf die Nachbearbeitung Storno gefährdeter Verträge von (ehemaligen) Mitarbeitern der Beklagten betrifft, wäre ein Provisionsvorschusserstattungsanspruch allenfalls dann in Betracht gekommen, wenn eine betriebliche Übung bestand, Mitarbeiterverträge von vornherein von der Nachbearbeitung auszunehmen. Dann könnte es der Beklagten nicht zum Vorwurf gereichen, dass die betreffenden Verträge storniert worden sind und die Klägerin den ihr bereits geleisteten Provisionsvorschuss zu erstatten verpflichtet ist. Dass eine solche Übung bestand, hat die Beklagte auf entsprechende Nachfrage nicht bestätigt.

Ebenso wenig liegen hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür vor, dass und gegebenenfalls in welchem Umfang selbst bei Nachweis ausreichender Nacharbeit einzelne Verträge in das Storno gegangen sind. Zur Bemessung eines Erstattungsanspruchs wegen ausreichender, aber erfolgloser Nachbearbeitung wäre zumindest für jeden einzelnen Vertrag hinreichend substanziierter Vortrag zu den Gründen für die Vertragsbeendigung erforderlich gewesen. Nachdem es schon daran in großem Umfang fehlt und auch ansonsten wenig konkrete Anhaltspunkte vorliegen, die eine Bemessung eines etwaigen weitergehenden Erstattungsanspruchs ermöglichen, muss es bei dem auf der Grundlage des Beklagtenvorbringens und der zu den Akten gereichten Unterlagen ermittelten Erstattungsanspruch verbleiben.

Nachdem die Beklagte nicht ausdrücklich klargestellt hat, in welcher Reihenfolge die Verrechnung erfolgen soll, kommt § 396 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 366 Abs. 2 BGB zur Anwendung.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97, 92 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.

Ende der Entscheidung

Zurück