Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 06.09.2006
Aktenzeichen: 13 U 37/06
Rechtsgebiete: HGB, VOB/B, BGB, ZPO


Vorschriften:

HGB § 377
VOB/B § 13 Nr. 5 Abs. 2
VOB/B § 16 Nr. 5 Abs. 3
BGB § 651
ZPO § 68
ZPO § 72 Abs. 1 2. Alt.
ZPO § 73
ZPO § 74
ZPO § 543 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

13 U 37/06 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 06.09.2006

Verkündet am 06.09.2006

In dem Rechtsstreit

hat der 13. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 16. August 2006 durch

die Richterin am Oberlandesgericht Surkau, den Richter am Oberlandesgericht Hänisch und die Richterin am Landgericht Dr. Scheiper

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels das am 19. Januar 2006 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Potsdam teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 43.215,90 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 40.000,00 € seit dem 20. Dezember 2003, aus 2.503,40 € seit dem 16. März 2004 und aus 712,50 € seit dem 25. August 2005 zu zahlen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz fallen der Beklagten zur Last.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 53.000,00 € abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe:

I.

Die Klägerin verlangt von der Beklagten Erstattung der Kosten einer Ersatzvornahme zur Beseitigung vermeintlicher Mängel der von der Beklagten bei dem Bauvorhaben "... HOTEL" am ... in B... eingebauten Zimmerschließanlage.

Die von der Bauherrin als Generalunternehmerin beauftragte Klägerin holte zunächst ein Angebot der Herstellerin E... GmbH & Co. KG (künftig: E... KG) ein. Die E... KG unterbreitete der Klägerin am 12.04.2001 ein schriftliches Angebot über die Lieferung des Magnetkarten-Schließsystems "HT-24". Im Zuge der Angebotsverhandlung am 25.07.2001, an der die Klägerin, die E... KG und die Beklagte teilnahmen, wünschte die Klägerin Lieferung und Einbau aus einer Hand. Die Beklagte bot dies unter Bezug auf die Leistungsbeschreibung der E... KG zum Vertragspreis von 70.000,00 DM netto an. Mit schriftlichem Verhandlungsprotokoll legten die Parteien die Vertragskonditionen fest, unter anderem die Einbeziehung der VOB/B. Durch Schreiben vom 06.09.2001 erteilte die Klägerin der Beklagten den Auftrag.

Auf Anregung der E... KG, ihr neu entwickeltes Chipkarten-Schließsystem "SALTO" zu vertreiben, bot die Beklagte der Klägerin dieses System an. Im Schreiben der Beklagten heißt es, das Nachfolgemodell werde mit wesentlich sicheren smardcard (Chipkarte) betrieben und erfülle "alle Funktionen der HT-24 Soft- und Hardware für den Hotelbetrieb" (Bl. 23 d.A.). Die Klägerin antwortete am 19.10.2001, sie betätige den Einsatz des Systems "SALTO" unter den besprochenen Prämissen: "1. Kostengleichheit, 2. technische Gleichwertigkeit entsprechend Ihren Prospektunterlagen und Erläuterungen... (Bl. 24 d.A.).

Die Beklagte baute die Schließanlage "SALTO" ein. Sie beendete ihre Arbeiten durch Nachrüstung ursprünglich fehlender Komponenten am 18.12.2002. Die Klägerin verweigerte die Abnahme unter Weitergabe der Mangelrüge der Bauherrin vom 22.12.2002. Die Rüge der Bauherrin ging unter anderem dahin, die automatische Sicherheitsverriegelung funktioniere nicht richtig und ein weiterer Fehler liege darin, dass sich die Tür von außen ohne Karte dann öffnen ließe, wenn der raumseitige Türgriff wenige cm heruntergedrückt sei (Bl. 29 d.A.). Die Beklagte wies die Rüge zurück (Bl. 167 d.A.).

Am 10.02.2003 forderte die Klägerin die Beklagte zur Nachbesserung auf (Bl. 65 - 66 d.A.). Nach erfolglosen Verhandlungen dahin, ob und unter welchen Bedingungen die E... KG die von ihr gelieferte Anlage zurücknimmt und eine Anlage vom Typ "HT-24" zur Verfügung stellt, ließ die Klägerin der Beklagten mit Anwaltsschreiben vom 03.11.2003 unter Ankündigung der Ersatzvornahme eine Frist zur Mangelbeseitigung bis zum 05.12.2003 setzen. Sie beanstandete dabei, dass die eingebaute Anlage nicht über eine mechanische Innenverriegelung (Privacy- oder Zimmermädchenfunktion) verfüge und wegen Verbindung von Innen- und Außentürgriff die Möglichkeit unberechtigter Türöffnung bei leicht heruntergedrücktem Innengriff bestehe (Bl. 67 - 68 d.A.). Am 08.12.3003 forderte die Klägerin von der Beklagten einen Vorschuss auf die Ersatzvornahmekosten in Höhe von 40.000,- € (Bl. 69 - 70 d.A.), später verlangte sie 50.000,- € (Bl. 92 - 93 d.A.). Die Vorschussforderungen blieben unbeachtet.

Im Frühjahr 2004 ließ die Klägerin von der O... GmbH die vorhandene Schließanlage durch eine solche vom Typ "HT-24" ersetzen. Sie verlangt von der Beklagten die dafür gezahlte Vergütung von netto 42.503,40 € sowie weitere 2.311,50 € an eigenen Aufwendungen zur Koordinierung der Ersatzvornahme (insgesamt 44.814,98 €).

Vor dem Landgericht Berlin (Az.: 105 O 83/04) hat die E... ... GmbH aus abgetretenem Recht der E... KG die Beklagte auf Zahlung des Kaufpreises für die gelieferte Schließanlage "SALTO" in Anspruch genommen. Die Beklagte hat sich dagegen auf die von der hiesigen Klägerin gerügten Mängel berufen und die Aufrechung mit einem der Kaufpreisforderung von 35.295,79 € entsprechenden erststelligen Teilbetrag der ihr gegenüber berechneten Ersatzvornahmekosten erklärt. Die Beklagte hat der hiesigen Klägerin wegen drohender Inanspruchnahme auf die Ersatzvornahmekosten den Streit verkündet. Die Klägerin ist nicht beigetreten. Das Landgericht Berlin hat mit unangefochten gebliebenem Urteil vom 06.04.2005 die Beklagte zur Kaufpreiszahlung von 35.057,09 € verurteilt. Das Gericht hat eine aufrechenbare Gegenforderung der Beklagten verneint, weil die gerügten Fehler aus dem Gesichtspunkt technischer Gleichwertigkeit der Anlagen "SALTO" und "HT-24" nicht eine Abweichung vom Vertragssoll darstellten und unabhängig davon die Beklagte die Fehler entgegen § 377 HGB nicht rechtzeitig gerügt habe.

Mit ihrer Klage hat die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 44.814,90 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Zinssatz der Spitzenrefinanzierungsfazilität der Europäischen Zentralbank aus 42.503,40 € seit dem 06.12.2003 und aus 2.311,50 € seit Rechtshängigkeit (25.08.2005) zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Klage entgegengetreten und hat sich insbesondere darauf berufen, die Klägerin müsse sich wegen der Interventionswirkung der Streitverkündung an den Feststellungen des Urteils des Vorprozesses festhalten lassen. Nach dem Urteil des Landgerichts Berlin stellten die gerügten Fehler keinen Mangel dar.

Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, die wirksam erfolgte Streitverkündung habe zur Folge, dass die Klägerin mit der Behauptung der Mangelhaftigkeit nicht gehört werden könne. Mit dem Urteil des Vorprozesses stehe zulasten der Klägerin fest, dass die eingebaute Schließanlage "SALTO" die technischen Vorgaben erfülle und auch sonst keinen Mangel aufweise. Wegen der Gründe im Einzelnen wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Gegen das Urteil hat die Klägerin Berufung eingelegt. Sie verfolgt ihren erstinstanzlichen Sachantrag weiter und rügt, das Landgericht habe Voraussetzungen und Reichweite der Interventionswirkung verkannt. Im Verhältnis der Parteien seien ganz bestimmte Absprachen dahin getroffen, dass und in welchen Punkten die Anlage "SALTO" die Eigenschaften der Anlage "HT-24" exakt erfüllen müsse. Die gelieferte Anlage "SALTO" sei mangelhaft gewesen. Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Akten des Vorprozesses (Landgericht Berlin, Az.: 105 O 83/04) lagen vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung des Senats.

II.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig (§§ 511, 517, 519, 520 ZPO) und hat in der Sache ganz überwiegend Erfolg. Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Erstattung der Ersatzvornahmekosten in Höhe von 43.215,90 € zu. Unbegründet sind die Klage und mit ihr die Berufung allein hinsichtlich eines Teilbetrages der Kosten der Koordinierung der Ersatzvornahme von 1.599,00 € und bezüglich eines geringen Teils der Zinsforderung.

1. Der Anspruch auf Erstattung der für die Ersatzvornahme der Mangelbeseitigung angefallenen Kosten stützt sich auf § 13 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B.

a. Das Zustandekommen eines Vertrages über die Lieferung und den Einbau einer Hotelschließanlage ist zwischen den Parteien unstreitig. Die Beklagte hat im Zuge der Angebotsverhandlung vom 25.07.2001 den Einbau der von ihr auf der Grundlage der Leistungsbeschreibung der E... KG vom 12.04.2001 (Bl. 143 - 146 d.A.) zu beschaffenden Schließanlage angeboten (Verhandlungsprotokoll vom 25.07.2001, Bl. 130 - 1462 d.A.). Die Klägerin hat den Auftrag mit Schreiben vom 06.09.2001 erteilt, die Beklagte hat die Auftragsvergabe am 18.09.2001 bestätigt (Bl. 17 - 18 d.A.). Auf der Grundlage einhelligen Parteivortrages steht fest, dass die Parteien den Leistungsgegenstand durch Vereinbarung nach Vertragsschluss dahin neu bestimmt haben, dass anstelle der ursprünglich vorgesehenen Magnetkarten-Anlage "HT-24" die Chipkarten-Anlage "SALTO" eingebaut werden sollte.

b. Die Gewährleistungsrechte der Klägerin richten sich nach den werkvertraglichen Bestimmungen der VOB/B.

Im Ausgangspunkt richtig gesehen hat das Landgericht, dass die Beklagte der Klägerin die Lieferung und den Einbau einer serienmäßig gefertigten Schließanlage, also einer vertretbaren Sache geschuldet hat und deshalb gemäß § 651 BGB an sich Kaufvertragsrecht zur Anwendung berufen wäre. Im Streitfall haben die Parteien indes die Einbeziehung der VOB/B durch schriftlichen Hinweis im Verhandlungsprotokoll wirksam vereinbart und darüber hinaus ausdrücklich die Gewährleistung den Bestimmungen der VOB/B unterstellt (Ziffer 1.1. des Verhandlungsprotokolls, Bl. 130 - 142 d.A.). Das begegnet keinen Wirksamkeitsbedenken, weil es in der Disposition der Vertragsparteien steht, die Gewährleistung nach werkvertraglichen Regelungen zu vereinbaren, auch wenn für den Vertrag an sich Kaufrecht gilt (vgl. BGHR 2002, 223; NJW 2002, 2867 ff).

2. Die von der Beklagten installierte Schließanlage "SALTO" hat einen zur Gewährleistung führenden Mangel (§ 13 Nr. 5 VOB/B) aufgewiesen, denn sie war mit einem Fehler behaftet, der eine Minderung des Wertes und der Tauglichkeit zu dem nach dem Vertrag vorausgesetzten Gebrauch bedeutet. Mit Erfolg wendet sich die Berufung gegen die Ansicht des angefochtenen Urteils, ein Mangel sei schon aufgrund der Interventionswirkung der im Vorprozess ergangenen Entscheidung des Landgerichts Berlin zu verneinen. Die für das Streitverhältnis der Parteien zu treffenden tatsächlichen Feststellungen führen zu der Beurteilung, dass ein Mangel vorhanden war.

a. Den Feststellungen des Urteil des Landgerichts Berlin vom 06.04.1005 (Az.: 105 O 83/04) zur Frage der Mangelhaftigkeit der Schließanlage "SALTO" kommt eine Interventionswirkung (§§ 68, 74 ZPO) gegen die Klägerin nicht zu.

Dabei ist die Beurteilung, dass die Streitverkündung der Beklagten die nach § 73 ZPO erforderlichen Formalien gewahrt hat, nicht zu beanstanden. Dasselbe gilt für die Feststellung des Streitverkündungsgrundes, den das Landgericht zutreffend in der Abwehr eines drohenden Drittanspruchs im Sinne des § 72 Abs. 1 zweite Alternative ZPO gesehen hat (vgl. BGHZ 116, 95 ff, WM 1997, 1755 ff). Eine Bindungswirkung zulasten der Klägerin vermögen die Feststellungen des Urteils des Vorprozesses dennoch nicht zu entfalten.

Im Folgeprozess bindend sind die tragenden Feststellungen einschließlich der tatsächlichen und rechtlichen Grundlagen gemäß § 68 ZPO i.V.m. 74 ZPO gegenüber dem Streitverkündeten insoweit, als in beiden Prozessen über denselben Gegenstand zu entscheiden ist. Soweit es um die Beurteilung unterschiedlicher Vertragsverhältnisse, wie hier in Form einer "Vertragskette" geht, ist mithin erforderlich, dass die entscheidungserheblichen Streitpunkte identisch sind (vgl. BGH WM 1997 a.a.O.; OLGR Celle 2002, 27 ff; Zöller/Vollkommer ZPO, 25. Aufl. § 68 Rn. 10). Entscheidende Bedingung ist demnach, dass die jeweiligen Verträge in den relevanten Vertragsbedingungen inhaltsgleich sind. Folglich kann die Beurteilung des Vorprozesses, dass eine Ware oder Leistung ihrer tatsächlichen Beschaffenheit nach ordnungsgemäß ist, im Folgeprozess nur dann Bindungswirkung entfalten, wenn das Leistungssoll nach beiden Verträgen identisch ist. Hierzu hat das Landgericht - wie die Berufung mit Grund beanstandet - keine Feststellungen getroffen. Sie sind letztlich entbehrlich, weil die Bindungswirkung aus einem anderen Grund ausscheidet.

Das Landgericht Berlin hat die von der Beklagten im Vorprozess zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung wegen Mängeln der Schließanlage aus zwei einander gleichwertigen Begründungen verneint. Es hat ausgeführt, die Lieferung sei mangelfrei und unabhängig davon sei der von der Beklagten geltend gemachte Anspruch deshalb ausgeschlossen, weil die Beklagte einen Mangel entgegen § 377 HGB nicht rechtzeitig angezeigt habe (Bl. 178 - 182 d. Beiakten). Unter diesen Gegebenheiten ist die Bindungswirkung abzulehnen. Der die Bindung bewirkende Ausschluss der Einrede mangelhafter Führung des Vorprozesses (§ 68 ZPO) setzt nach allgemeiner Meinung voraus, dass der Dritte die Feststellungen des Vorprozesses beeinflussen konnte. Daran fehlt es bei Mehrfachbegründungen dann, wenn es dem Dritten unmöglich oder unzumutbar ist, die ihn belastende Begründung nebst den zugrunde liegenden Feststellungen letztinstanzlich anzugreifen (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 15.03.2005, Az.: 28 U 161/04, zitiert nach jurisweb; Zöller/Vollkommer a.a.O. Rn 10 "Mehrfachbegründungen"; Wieczorek/Schütze/Mansel ZPO, 3. Aufl., § 68 Rn. 102 f; Stein/Jonas/Bork ZPO, 22. Aufl., Rn. 7). So liegen die Dinge auch in Streitfall. Der Klägerin als Streitverkündete des Vorprozesses war ein Angriff des Urteils des Landgerichts Berlin allein aus dem (auch) sie betreffenden Grund (Vorliegen eines Mangels) wegen dann fehlender Beschwer der Hauptpartei nicht möglich; die gleichzeitige Anfechtung der Feststellung der versäumten Rüge der Beklagten war ihr indes nicht zuzumuten, weil ihre Rechtsstellung insoweit nicht betroffen ist.

b. Die Beschaffenheit der zum Einbau gelangten Schließanlage "SALTO" ist als mangelhaft zu beurteilen.

Offen bleiben kann, ob die Anlage "SALTO" von dem vertraglich vereinbarten Soll deshalb abweicht, weil die Privacy- oder Zimmermädchenfunktion (bei Auslösung kann das Schloss mit der Karte des Zimmermädchens nicht geöffnet werden, die Öffnung von außen ist allein mit einer Hotelgast-Zimmerkarte oder der Masterkey-Karte möglich) im Unterscheid zur Anlage "HT-24" nicht als mechanische Verriegelung ausgelegt ist, sondern als durch Knopfdruck zu betätigende elektronische Verriegelung. Die Klägerin macht unter Verweis auf das von der Bauherrin eingeholte Sachverständigengutachten geltend, die mechanische Verriegelung erziele eine bessere einbruchshemmende Wirkung und zugleich ein erhöhtes Sicherheitsgefühl für den Hotelgast, weil sich dieser von der Verriegelung durch Herausdrehen eines Schlossriegels "mit eigenen Augen" überzeugen könne (Bl. 53 d.A.). Nach dem Vortrag der Klägerin soll die mechanische Verriegelung vor Beendigung der Arbeiten ausdrücklich abgesprochen gewesen sein. Die Beklagte leugnet das. Den Streitpunkten der Parteien muss nicht nachgegangen werden, weil die eingebaute Schließanlage aus einem anderen Grund einen Mangel aufgewiesen hat.

Wie die Beklagte einräumt, ist die Anlage "SALTO" so konstruiert, dass Innen- und Außentürgriff miteinander verbunden sind, während bei der Anlage "HT-24" keine mechanische Verbindung zwischen den Klinken besteht. Die Bauart der Anlage "SALTO" bringt es mit sich, dass die Tür von außen ohne Zutrittsberechtigung geöffnet werden kann, wenn der innere Türgriff etwa 2 - 3 cm heruntergedrückt ist.

Wenngleich in der Verbindung von Innen- und Außentürgriff für sich ein Mangel noch nicht zu sehen ist, so weist die Anlage aber deshalb einen Fehler auf, weil diese Verbindung konstruktionsbedingt dazu führt, dass die Tür bei leicht heruntergedrücktem Innengriff von außen ohne Zugangsberechtigung durch einfaches Betätigen des Außengriffs geöffnet werden kann. Das stellt einen Mangel dar.

Wie die Klägerin unter Vorlage des von der Bauherrin eingeholten Sachverständigengutachtens plausibel erläutert hat (Bl. 46 - 47, 54 d.A.) und zwischen den Parteien auch nicht im Streit steht, tritt die Fehlfunktion schon bei einem geringfügigen Herunterdrücken der Innenklinke um 2 - 3 cm auf, wie es etwa durch Anhängen eines Kleidungsstücks oder eine Tasche bewirkt werden kann. Mit dieser Eigenart erfüllt die Anlage die für eine Nutzung im Hotelbetrieb vorauszusetzenden Gebrauchseigenschaften nicht. Zwar ist dem Landgericht Berlin darin zuzustimmen, dass eine zum Absenken des Innentürgriffs führende Belastung desselben etwa durch Anhängen eines Kleidungsstücks nicht mehr als eine bestimmungsgemäße Benutzung der Schließeinrichtung angesehen werden kann. In dem Anhängen eines Kleidungsstücks, einer Tasche, eines Regeschirms o.ä. sieht aber der durchschnittliche Hotelgast - wie dem Senat aus eigener Erfahrung bekannt ist - nicht eine Manipulation der Türfunktion. Eine derartige Handhabung ist - bezogen auf den Hotelbetrieb - nicht nur nicht unüblich, sondern verbreitet zu beobachten und führt gewöhnlich auch nicht dazu, dass die von innen nach wie vor als verriegelt anzusehende Tür nunmehr allein durch Betätigen der Außenklinke geöffnet werden kann. Die geschilderte Benutzung der Innentürklinke stellt deshalb einen Gebrauch dar, mit dem im Hotelbetrieb zu rechnen ist. Soweit dadurch - wie hier - ein Zustand eintritt, in dem die Verriegelung der Tür von Außen ohne weiteres überwunden werden kann, erfüllt die Schließanlage die nach dem Vertrag vorausgesetzten Gebrauchseigenschaften nicht. Dass die Anlage für einen Hotelbetrieb zum Einsatz kommen sollte, war der Beklagten unzweifelhaft bekannt. Sie hat deshalb den der Anlage anhaftenden Konstruktionsmangel, der eine Minderung der Gebrauchtauglichkeit bedeutet, der Klägerin gegenüber zu vertreten.

Die Mangelhaftigkeit ist nicht mit der Überlegung zu verneinen, der Hotelbetreiber könne eine Hinweistafel anbringen. Das Anbringen eines Hinweises führte nicht dazu, dass der Mangel der Schließanlage behoben wäre. Abgesehen davon müsste der Hinweis, um der Gefahr unbeabsichtigter Aufhebung der Türverriegelung wirksam zu begegnen, dahin gefasst sein, dass dem Hotelgast die Möglichkeit der unberechtigten Öffnung von Außen infolge leichten Herunterdrückens der Klinke deutlich gemacht wird. Ein solcher Hinweis ist dem Hotelbetreiber nicht zuzumuten, denn er offenbarte dem Hotelgast die unzureichende Funktionsweise der Schließanlage.

3. Die Klägerin war gemäß § 13 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B zur Selbsthilfe berechtigt, nachdem die Beklagte der am 03.11.2003 unter Fristsetzung zum 05.12.2003 erfolgten Aufforderung zur Beseitigung unter anderem des vorstehend beschriebenen Mangels nicht nachgekommen ist (Bl. 67 - 68 d.A.).

Der von der Klägerin veranlasste komplette Austausch der Anlage "SALTO" gegen eine vom Typ "HT-24" war gerechtfertigt, weil der Mangel nur durch die Neuherstellung der Gesamtleistung behoben werden konnte. Das hat seinen Grund darin, dass der Mangel der Anlage "SALTO" auf einem konstruktionsbedingten Systemfehler beruht. Der Darstellung der Klägerin, dass die beanstandete Funktionsweise der Schließanlage durch einen Umbau der bestehenden Komponenten nicht hätte behoben werden können, ist die Beklagte nicht entgegengetreten. Sie hat auch sonst keine Möglichkeit aufgezeigt, nach der eine Mangelbeseitigung ohne Neuherstellung zu erreichen wäre. Unter diesen Gegebenheiten hat die Klägerin ihr Selbsthilferecht nicht überschritten (vgl. BGHZ 96, 111 ff = BauR 86, 93 ff).

4. Der Ersatzanspruch der Klägerin beläuft sich auf 43.215,90 €.

Zu erstatten hat die Beklagte die Kosten, die nach objektiven Maßstäben aus Sicht der Klägerin zur Mangelbeseitigung erforderlich waren. Dazu gehören in erster Linie die von der Klägerin für den Ausbau der mangelhaften Anlage und den Einbau einer mangelfreien Anlage getragenen Aufwendungen von insgesamt 42.503,40 €. Dass die Klägerin für die Arbeiten der O... GmbH eine Vergütung von netto 41.900,- € (Rechnung Bl. 94 - 96 d.A.) sowie weitere 603,40 € netto an Kosten für die Unterkunft der Monteure der O... GmbH (Rechnung Bl. 86 d. Beiakten) gezahlt hat, zieht die Beklagte nicht in Zweifel. Soweit sie in Abrede stellt, dass die angemessenen und ortsüblichen Preise in Ansatz gekommen sind, bleibt sie ohne Erfolg. Die Gegenüberstellung der nach dem Vertrag der Parteien für Lieferung und Einbau vereinbarten Vergütung von 70.000,00 DM netto (entspricht: 35.790,43 €) und der Kosten der Neuherstellung von 42.503,40 € zeigt, dass die Neuherstellung nicht zu überhöhten Preise erfolgt ist. Der Differenzbetrag von rund 7.000,- € ist ohne weiteres damit zu erklären, dass Gegenstand der Mangelbeseitigung im Unterschied zur ursprünglichen Herstellung auch der Ausbau der mangelhaften Anlage gewesen ist (§ 287 ZPO). Die fachkundige Beklagte zeigt schließlich nicht auf, welcher bestimmte Rechnungsansatz aus welchem Grund überhöht sein soll.

Die von der Klägerin im Betrag von 2.311,50 € verfolgte Forderung wegen eigenen Aufwandes zur Koordinierung der Ersatzvornahme ist nur in Höhe von 712,50 € begründet. Von den in den Stundenlohnberichten (Bl. 98 - 109 d.A.) stichpunktartig aufgeführten Arbeiten lassen sich nur solche im Umfang von 9,5 Stunden der Mangelbeseitigung zuordnen, und zwar die Zeiten für Vorbemusterung, Bemusterung einschließlich Funktionsprüfung sowie für die Abnahme der Arbeiten der O... GmbH (Stundenlohnberichte Bl. 107, 108 und 109 d.A.). Der in Ansatz gebrachte Stundensatz von 75,- € begegnet keine Bedenken (§ 287 ZPO). Für insgesamt 9,5 Stunden Koordinierungsarbeiten hat die Beklagte der Klägerin 712,50 € zu erstatten.

5. Zinsen auf die Hauptforderung stehen der Klägerin nur in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlich Umfang zu. Die Klägerin hat Anspruch auf Zinsen aus dem Gesichtspunkt des Verzuges (§ 286 Abs. 1 BGB) in Höhe des gesetzlichen Zinssatzes (§ 288 Abs. 1 BGB). Den höheren Zinssatz des § 16 Nr. 5 Abs. 3 VOB/B kann die Klägerin nicht beanspruchen, weil die genannte Regelung ihrem Wortlaut nach nur den Vergütungsanspruch des Auftragnehmers erfasst. Auf die Forderung über 42.503,40 € schuldet die Beklagten Verzugszinsen aus 40.000,00 € seit dem 20.12.2003 und aus dem Restbetrag von 2.503,40 € seit dem 16.03.2004. Mit Schreiben vom 08.12.2003 (Bl. 69 - 70 d.A.) hat die Klägerin von der Beklagten Zahlung von 40.000,- € als Vorschuss auf die voraussichtlichen Mangelbeseitigungskosten verlangt. Nach Ablauf der gesetzten Zahlungsfrist von 10 Werktagen befindet sich die Beklagte seit dem 20.12.2003 im Umfang der Mahnung im Verzug (§ 286 Abs. 1 Satz 1 BGB). Den Restbetrag hat die Beklagte seit dem 16.03.2004 zu verzinsen, weil sie auch die mit Schreiben vom 03.03.2004 (Bl. 92 - 93 d.A.) von der Klägerin über nunmehr 50.000,00 € geltend gemachte Vorschussforderung unbeachtet gelassen hat. Auf den in Höhe von 712,50 € gerechtfertigten Teilbetrag für eigene Koordinierungskosten stehen der Klägerin Zinsen - wie beantragt - seit Rechtshängigkeit am 25.08.2005 zu (§ 286 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB).

III.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die dafür in § 543 Abs. 2 ZPO aufgestellten Voraussetzungen nicht vorliegen. Die Beurteilung zur Frage der Interventionswirkung der Streitverkündung stützt sich auf obergerichtliche Rechtsprechung, die übrigen Feststellungen betreffen die konkreten Gegebenheiten des Einzelfalls.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 ZPO, die geringfügige Zuvielforderung der Klägerin hat keine besonderen Kosten verursacht. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Streitwert im Berufungsrechtszug: 44.814,90 €.

Ende der Entscheidung

Zurück