Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 20.12.2006
Aktenzeichen: 13 U 85/06
Rechtsgebiete: ZPO, EGBGB, BGB, VVG


Vorschriften:

ZPO § 540
ZPO § 543 Abs. 2
EGBGB Art. 229 § 6 Abs. 3
BGB § 195 n. F.
BGB § 196 Abs. 1 a. F.
BGB § 196 Abs. 1 Nr. 1 a. F.
BGB § 196 Nr. 1 a. F.
BGB § 670
BGB § 687
BGB § 683 Satz 1
BGB § 812
VVG § 76 Abs. 3
VVG § 80 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

13 U 85/06 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 20.12.2006

Verkündet am 20.12.2006

in dem Rechtsstreit

hat der 13. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 29.11.2006 durch die Richterin am Oberlandesgericht Surkau - als Einzelrichterin -

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der Einzelrichterin der 8. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam vom 10. Mai 2006 - 8 O 365/05 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Die Klägerin begehrt von der Beklagten Erstattung von ihr getätigter Aufwendungen betreffend das Grundstück/Objekt, Flurstück-Nr. .., Flur ... mit der postalischen Anschrift Straße ... in ... L....

Wegen der Einzelheiten wird gemäß § 540 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat mit dem am 10. Mai 2006 verkündeten Urteil die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, ein Erstattungsanspruch für die Aufwendungen betreffend den verbrauchten Strom seien bereits verjährt. Der Aufwendungsersatzanspruch sei spätestens am 31. Dezember 2002 gemäß Art. 229 § 6 Abs. 3 EGBGB i. V. m. § 196 Abs. 1 Nr. 1 BGB a. F. verjährt. Die für die Wasser-/Abwasserkosten erfolgten Aufwendungen seien von der Klägerin nicht schlüssig und unter Beweisantritt dargelegt worden. Die Gebäudeversicherung habe die Klägerin nicht mit Fremdgeschäftsführungswillen geschlossen. Vielmehr habe sie lediglich ihre aus dem behaupteten abgeschlossenen Versicherungsvertrag bestehende Verbindlichkeit erfüllen wollen. Die Klägerin könne insoweit auch keinen Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung geltend machen, denn es sei keineswegs schlüssig vorgetragen worden, dass der Beklagten insoweit auch ein Vermögensvorteil zugeflossen sei.

Gegen das am 22. Mai 2006 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 22. Juni 2006 Berufung eingelegt und diese am 22. Juli 2006 begründet.

Die Klägerin ist der Ansicht, das Landgericht habe die Voraussetzungen für die von ihm angenommene Verjährung der Aufwendungsersatzansprüche betreffend die Stromversorgung verkannt. Die von der Klägerin angesetzte Objektverwaltung sei sich offensichtlich nicht im Klaren darüber gewesen, dass sie ein fremdes Geschäft führt. Es habe sich aber auch nicht um "Auslagen im Sinne des Gesetzes gehandelt". Die Klägerin habe auf die ihr gestellten Rechnungen der Stromversorger gezahlt und damit eine eigene Verbindlichkeit erfüllt. Der Anspruch werde im Übrigen nicht auf einen Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag sondern auf Bereicherungsrecht gestützt. Ebenso verfehlt seien die Bedenken des Landgerichts gegen die Schlüssigkeit der Klage soweit dieses ihren Vortrag zu den Wasser/Abwasserkosten betreffe. Das Landgericht habe übersehen, dass die Klägerin zunächst Abschläge an den Zweckverband geleistet habe und die später erstellte Schlussrechnung diese Abschläge berücksichtige. Hinsichtlich der Gebäudeversicherung habe die Klägerin eine Versicherung für "wen es angeht" nach § 80 Abs. 2 VVG abgeschlossen. Bei Eintritt eines Versicherungsfalles habe die Klägerin, da sie nicht Eigentümerin der Liegenschaft gewesen sei, die Zustimmung der Beklagten gemäß § 76 Abs. 3 VVG zur Versicherung einholen müssen. Die Versicherungssumme wäre an die Beklagte ausgezahlt worden.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 10.5.2006 - 8 0 365/05- abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an sie 7.087,49 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.8.2003 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung und vertieft und ergänzt ihren erstinstanzlichen Vortrag.

II.

Die zulässige Berufung der Klägerin (§§ 511, 517, 519, 520 ZPO) bleibt in der Sache ohne Erfolg, worauf die Parteien in der mündlichen Verhandlung vom 29. November 2006 im Einzelnen hingewiesen worden sind.

Das Landgericht hat mit im Ergebnis zutreffenden Erwägungen im angegriffenen Urteil die Erstattung der geltend gemachten Aufwendungen der Klägerin als nicht begründet erachtet.

1.

Für die von der Klägerin als Strom- und Wasser-/Abwasserkosten geltend gemachten Ansprüche kommt kein vertraglicher Aufwendungsersatzanspruch aus § 670 BGB in Betracht, denn unstreitig bestanden zwischen den Parteien zu keinem Zeitpunkt vertragliche Abreden. Einen aus berechtigter Geschäftsführung ohne Auftrag bestehenden Anspruch kann die Klägerin im Ergebnis nicht mehr geltend machen, denn insoweit ist das Landgericht zu Recht von einer zwischenzeitlich eingetretenen Verjährung der Ansprüche ausgegangen. Die Klägerin hat nach ihrem eigenen Vortrag bereits in der Anspruchsbegründung und auch im weiteren Verlauf des Verfahrens die hier streitgegenständlichen Aufwendungen für Strom- und Wasser-/Abwasserkosten nach Kenntnis von der Restitution des Grundstücks aufgewendet. Insbesondere ergibt sich aus ihrem Schriftsatz vom 2. Februar 2006 in Verbindung mit dem eingereichten Kündigungsschreiben vom 11. Januar 1999, dass sie jedenfalls Ende 1998 von der erfolgten Restitution des Grundstücks erfahren hat und dies zum Anlass nahm, den mit der L... B...wohnungsgesellschaft mbH bestehenden Verwaltervertrag zum 28. Februar 1999 zu kündigen.

Entsprechend hat sie aber die auf den Stromverbrauch und den Wasser-/Abwasserverbrauch geleisteten Zahlungen ab dem 1.1.1999 jedenfalls auch mit Fremdgeschäftsführungswillen getätigt. Sie hat einerseits - soweit vertragliche Beziehungen in Form ausdrücklicher oder konkludenter Vertragsgestaltungen zu dem jeweiligen Versorgungsunternehmen bestanden - diesen gegenüber bestehende Eigenverbindlichkeiten mit den Zahlungen getilgt. Andererseits in Kenntnis der Restitution des Grundstücks mit Geschäftsführungswillen für den tatsächlichen Eigentümer gehandelt und damit für den eigentlich Verpflichteten die entstandenen Kosten getilgt. Dies muss hier umso mehr gelten, als ihr mit Vermögenszuordnungsbescheid vom 20. Dezember 1995 das Eigentum an dem streitgegenständlichen Grundstück nicht zugeordnet werden konnte, denn dieses war bereits zuvor rechtskräftig restituiert. Der Vermögenszuordnungsbescheid, mit dem das Eigentum an dem Grundstück in L... auf die Klägerin übergehen sollte, ging wegen der rechtskräftigen Restitution ins Leere. Eine Grundbucheintragung der Klägerin ist auch nicht mehr erfolgt. Die Klägerin hatte quasi die Stellung eines Verwalters des Grundstücks, wobei ihr dieses zunächst nicht bekannt war, sie also zunächst gegebenenfalls lediglich mit Eigengeschäftsführungswillen handelte. Mit der spätestens Ende 1998 erlangten Kenntnis handelte sie aber auch mit Fremdgeschäftsführungswillen für den jeweiligen tatsächlichen Eigentümer des Grundstücks.

Damit war zunächst für den von der Beklagten verbrauchten Strom bzw. das verbrauchte Wasser/Abwasser ein Anspruch der Klägerin auf Ersatz der von ihr getätigten Aufwendungen aus Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677, 683 i. V. m. 670 BGB) entstanden. Denn die Übernahme der Geschäftsführung entsprach hier dem Interesse und auch dem mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn, der sonst seinerseits vertragliche Beziehungen zu den Versorgern hätte eingehen müssen. Die Klägerin kann sich für die nach dem 31. Dezember 1998 entstandenen Ansprüche der Versorger bzw. die von ihr nach diesem Zeitpunkt geleisteten Zahlungen, die sie hier geltend macht, nicht etwa auf eine irrtümliche Eigengeschäftsführung im Sinne des § 687 BGB berufen, denn zu diesem Zeitpunkt hatte sie Kenntnis von der Restitution, zumal nach ihrem eigenen Vortrag die Beklagte bereits seit dem 27. Mai 1997 als Eigentümer im Grundstück eingetragen war.

Der aus berechtigter Geschäftsführung entstandene Anspruch der Klägerin auf Aufwendungsersatz unterlag der kurzen Verjährungsfrist des § 196 Abs. 1 BGB a. F. Die Klägerin hat als Verwalterin Aufwendungen auf das Grundstück in den Jahren 1999 bis 2000 getätigt, so dass das Landgericht zu Recht die bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Vorschriften des BGB angewendet hat. Die von der Klägerin geltend gemachten Aufwendungsersatzansprüche fallen unter die Vorschrift des § 196 Nr. 1 BGB a. F., denn die Klägerin ist Kaufmann im Sinne des Gesetzes (§ 6 Abs. 1 HGB i. V. m. § 13 Abs. 3 GmbHG). Im Rahmen ihrer Tätigkeit, nämlich der Verwaltung des Grundstücks, hat sie fremde Geschäfte besorgt und die hieraus entstehenden Ansprüche verjähren gemäß § 196 Nr. 1 BGB a. F. innerhalb von zwei Jahren, wobei die Verjährung mit dem Schluss des Jahres beginnt, in dem der Anspruch entstanden ist (§§ 198, 201 BGB a. F.). Entgegen der Ansicht der Klägerin scheitert die Anwendung des § 196 Abs. 1 BGB nicht daran, dass der Auslagenersatz im Sinne dieser Vorschrift nur Ansprüche als Zusatz - oder Nebenansprüche neben dem eigentlichen Anspruch auf Kaufpreis für die Auslieferung von Waren oder auf Werklohn oder Dienstlohn für die Erbringung von Diensten erfasst. Denn grundsätzlich hat der Geschäftsführer ohne Auftrag gegenüber dem Geschäftsherrn einen Anspruch auf Aufwendungsersatz nach §§ 683 Satz 1, 670 BGB. Entsprechend sind die hier geltend gemachten Aufwendungen als Aufwendungsersatzanspruch - zu dem auch die übliche Vergütung gehört - des Geschäftsführers ohne Auftrag anzusehen und unterliegen der kurzen Verjährung des § 196 Abs. 1 Nr. 1 BGB a. F. Die gewerbsmäßige Besorgung fremder Geschäfte erfolgt regelmäßig, aber nicht notwendig auf vertraglicher Grundlage; auch auftragslos erbrachte Leistungen werden von dieser Bestimmung erfasst (BGH NJW 1965, 1224; BGH Urteil vom 4.2.1999, III ZR 268/97).

Die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche waren am 31. Dezember 2002 verjährt mit der Folge, dass der erst im Jahre 2004 beantragte Mahnbescheid die Verjährung nicht mehr rechtzeitig unterbrechen konnte. Gemäß Art. 229 § 6 Abs. 3 EGBGB verbleibt es bei der kürzeren Frist des alten Rechts, da die regelmäßige Verjährungsfrist nach § 195 BGB n. F. drei Jahre betragen würde.

Ebenso wenig kommt ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung neben dem entstandenen Anspruch auf Aufwendungsersatz aus berechtigter Geschäftsführung ohne Auftrag in Betracht. Die berechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag stellt den rechtlichen Grund für Leistungen und Eingriffe dar (BGH NJW 1993, 3196) und damit einen den Anspruch aus § 812 BGB ausschließenden rechtlichen Grund im Sinne dieser Vorschrift. Im Ergebnis sind sowohl die von der Klägerin geltend gemachten Aufwendungen für die Stromkosten als auch die für die Wasser-/Abwasserkosten verjährt. Auch mit den Wasser/Abwasserkosten macht die Klägerin nach ihrem eigenen Vortrag die aus der Rechnung vom 20. Oktober 1999 sich ergebenden Kosten und Abschlagszahlungen für die Zeit von 10/99 bis 8/2000 geltend mit der Folge, dass auch diese Ansprüche aus den vorstehenden Gründen verjährt sind.

2.

Soweit die Klägerin Ansprüche für die von ihr aufgewandten Kosten für die Gebäudeversicherung des betreffenden Grundstücks weiterverfolgt, so hat sie mit ihrem Vortrag in der Berufungsbegründung, sie habe eine Versicherung "für wen es angeht" geschlossen, selbst vorgetragen, dass sie eine Versicherung mit Fremdgeschäftsführungswillen für den jeweiligen Eigentümer des Gebäudes in den Jahren 1994 bis einschließlich 28.2.1999 geleistet hat. Nach den vorstehenden Ausführungen, auf die verwiesen wird, wäre also auch insoweit nur ein Anspruch aus berechtigter Geschäftsführung ohne Auftrag entstanden, der aus den vorgenannten Gründen ebenfalls verjährt ist.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die dafür in § 543 Abs. 2 ZPO aufgestellten Voraussetzungen nicht vorliegen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Streitwert im Berufungsrechtszug: 7.087,49 €.

Ende der Entscheidung

Zurück