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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 05.11.2008
Aktenzeichen: 13 UF 44/08
Rechtsgebiete: ZPO, FGG, BGB


Vorschriften:

ZPO § 621e
FGG § 64
BGB § 1628
BGB § 1671 a.F.
BGB § 1671 Abs. 2 S. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Beschwerde gegen den am 13. Juni 2008 verkündeten Beschluss des Amtsgerichts Neuruppin - Familiengericht -, Az.: 54 F 69/07, wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Beschwerdeführer.

Gründe:

I.

Die Beteiligten zu 1. und 2. sind leibliche Eltern der am .... März 2001 geborenen L.. Aufgrund Sorgeerklärung üben sie die gemeinsame elterliche Sorge aus. Nachdem ihre Mutter am 1.3.2004 aus der gemeinsamen Wohnung ausgezogen war, lebte das Kind zunächst im Haushalt des Vaters. Im Mai 2006 einigten sich die Eltern dahin, dass L. zunächst im Haushalt der Mutter leben sollte. Im April 2007 sollte erneut geschaut werden, wie sich L. entwickelte und bei wem, beim Vater oder bei der Mutter, sie auf Dauer ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben sollte. Im Juni 2007 beantragte der Beschwerde führende Vater eine einstweilige Anordnung mit dem Ziel der vorläufigen Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf ihn allein. Die Mutter stellte einen widersprechenden Antrag mit dem Ziel der Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf sie allein. In der mündlichen Verhandlung im Rahmen des einstweiligen Anordnungsverfahrens verständigten sich die Eltern über einen weiteren Verbleib L.s im Haushalt der Mutter bis zur abschießenden Entscheidung. In der Hauptsache hat das Amtsgericht dem Antrag der Mutter auf Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf sie stattgegeben. Zur Begründung hat es sich vor allem auf die Feststellungen der Sachverständigen F. und das Ergebnis der Anhörung des Kindes gestützt.

Dagegen wendet sich der Vater mit der Beschwerde. Mit seiner Beschwerde rügt er, dass die gerichtlich bestellte Verfahrenspflegerin bei der Anhörung des Kindes durch das Gericht nicht zugegen gewesen sei. Ein entsprechendes Begehren sei zurückgewiesen worden. Das Kind sei über 11/2 Stunden von der Familienrichterin angehört worden. Abgesehen davon, dass die Verfahrenspflegerin hätte zugegen sein müssen, sei eine derart lange Anhörung für ein gerade sieben Jahre altes Kind unzumutbar. Außerdem habe die Stellungnahme der Verfahrenspflegerin, die eine Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf ihn empfohlen habe, keine hinreichende Berücksichtigung gefunden. Der Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 06.06.2008 sei der Verfahrenspflegerin nicht zugestellt worden. Außerdem habe das Gericht der Verfahrenspflegerin im Termin zur mündlichen Verhandlung am 29.05.2008 mehrfach das Wort entzogen. Zudem stütze das Familiengericht seine Entscheidung ausschließlich darauf, dass ein Aufenthaltswechsel zum Vater nicht geboten sei, weil L. seit 2006 bei der Mutter lebe und sich ihre Lebensverhältnisse dort verfestigt hätten. Dabei gehe das Gericht davon aus, dass triftige Gründe für einen Wechsel zum Vater nicht erkennbar geworden seien. Verkannt werde, dass jedes Kind, welches umzieht, sich einen neuen Stand erarbeiten müsse. Selbst die Gutachterin gehe davon aus, dass die Mutter an einem Impulskontrollverlust leide, der lediglich durch das stabile soziale Umfeld verbessert sei. Auch der von früheren Therapeuten der Mutter geäußerte Verdacht, dass diese an einer zu behandelnden Verhaltensstörung leide, sei vom Familiengericht mit dem Hinweis, dass deren Stellungnahme eine geraume Zeit zurückliege, abgetan worden. Dass derartige Verhaltensauffälligkeiten nicht wie ein Schnupfen vergingen, sondern einer professionellen Therapie bedürften, welche die Kindesmutter unstreitig nicht gemacht habe, bleibe unberücksichtigt. Vor diesem Hintergrund regt er die Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens zum einen in Bezug auf das Kindeswohl und zum anderen in Bezug auf die Erziehungsgeeignetheit der Kindesmutter an.

II.

Die gemäß §§ 621e ZPO, 64 FGG zulässige Beschwerde des Vaters hat in der Sache keinen Erfolg. Das Amtsgericht hat die Voraussetzungen für die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts für das Kind L. auf die Mutter allein im Ergebnis zu Recht angenommen.

Das Aufenthaltsbestimmungsrecht als Teil der elterlichen Sorge ist einem Elternteil zu übertragen, wenn dies dem Wohl des Kindes am besten entspricht, § 1671 Abs. 2 S. 2 BGB. Die Begründung der Alleinsorge muss gegenüber der Beibehaltung der gemeinsamen Sorge das Beste für das Kind sein. Hierfür bedarf es konkreten Tatsachenvortrags zum Scheitern der gemeinsamen Elternverantwortung und konkreter tatrichterlicher Feststellungen, dass eine Entscheidung nach § 1628 BGB nicht genügt, sondern die Übertragung der Alleinsorge auf einen Elternteil erforderlich ist (Palandt - Diederichsen, BGB, 67. Aufl., § 1671 Rn. 16 m.w.N.).

Die Begründung der Alleinsorge hinsichtlich des Aufenthaltsbestimmungsrechts erweist sich nach den getroffenen Feststellungen als das Beste für L.. Die Eltern sind nach ursprünglicher Ausübung gemeinsamer elterlichen Sorge im Zuge der Trennung sowie der zunächst einvernehmlichen Regelung des Aufenthalts für das gemeinsame Kind inzwischen nicht mehr in der Lage, die Elternverantwortung diesbezüglich gemeinsam wahrzunehmen. Das belegen nicht nur ihre wechselseitigen Antragstellungen betreffend die Übertragung des alleinigen Aufenthaltsbestimmungsrechts, sondern vor allem ihre mangelnde Bereitschaft bzw. Fähigkeit, eine am Wohl des gemeinsamen Kindes orientierte einvernehmliche Regelung des Aufenthalts zu treffen. Ausweislich des Berichtes des Jugendamtes des Landkreises P. vom 13.6.2007 haben sich die Eltern einer Erziehungsberatung unterzogen; die Mutter hat sich dann anschließend allerdings geweigert, den Empfehlungen folgend eine Psychotherapie durchzuführen und für deren Dauer das Kind im Haushalt seines Vaters leben zu lassen. Zwar haben sich die Eltern im Rahmen des vom Vater vor dem Amtsgericht Neuruppin eingeleiteten einstweiligen Anordnungsverfahrens zur Regelung des Aufenthaltsbestimmungsrechts darüber einigen können, dass L. bis zur abschließenden Entscheidung über den gewöhnlichen Aufenthalt im Haushalt ihrer Mutter lebt und in der freien Schule in R. eingeschult wird. Eine abschließende Verständigung darüber, bei wem L. auf Dauer ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben soll, haben sie jedoch nicht erzielt. Zuletzt war in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat eine einvernehmliche Regelung des künftigen gewöhnlichen Aufenthalts des Kindes nicht möglich. Jeder Elternteil beansprucht die größere Erziehungskompetenz für sich. Jeder meint, das Kind sei bei ihm besser aufgehoben, weil er seinen Bedürfnissen und Neigungen besser gerecht werde als der andere. Diese Spannungen zwischen den Eltern, in deren Mittelpunkt das Kind steht, können nicht ohne Einfluss auf L. bleiben und sind es auch nicht. Das Kind ist zwischen seinen Eltern hin und her gerissen. Der schon von der Sachverständigen in ihrem Gutachten vom 02.01.2008 geschilderte Loyalitätskonflikt L.s wurde bei der Anhörung des Kindes durch den Senat deutlich. L. vermied es, zu einem von ihr bevorzugten Aufenthalt Stellung zu beziehen, brachte jedoch deutlich zum Ausdruck, sich in ihrer gegenwärtigen Umgebung wohl zu fühlen und nicht von der Mutter weg zu wollen. Schwerpunktmäßig berichtete sie von ihrer Schule, die sie offensichtlich gern besucht, wie auch von zu Hause und von ihrer Freundin. Gleichzeitig brachte sie unmissverständlich ihr Interesse zu einem engen Kontakt zum Beschwerde führenden Vater zum Ausdruck. Nach ihm befragt, gab sie an, neugierig zu sein, wo und wie der Papa jetzt nach seinem Umzug lebe. Bei dieser Sachlage ist gegen die vom Amtsgericht vorgenommene Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf einen Elternteil allein nichts zu erinnern.

Eine weniger einschneidende Regelung als die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf einen Elternteil ist nicht ersichtlich. In Betracht zu ziehen wäre allenfalls eine gerichtliche Entscheidung bei Meinungsverschiedenheiten der Eltern gemäß § 1628 BGB. Eine solche wäre aber selbst dann, wenn einer im Schrifttum vertretenen Auffassung zufolge eine allgemeine Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf einen Elternteil den Rahmen des Regelungsgehalts der Vorschrift nicht sprengte (MüKo-Hinz, BGB, 4. Aufl., § 1628 Rn. 9, 11; anders: Palandt-Diederichsen, a.a.O., § 1628 Rn. 2) wegen der anhaltenden Meinungsverschiedenheiten zwischen den Eltern mit identischem Inhalt ergangen.

Auch soweit das Amtsgericht der Mutter das Aufenthaltsbestimmungsrecht übertragen hat, ist die Entscheidung nicht zu beanstanden. Bei widerstreitenden Anträgen wie hier sind bei der gerichtlichen Entscheidung, wem von beiden Eltern das Aufenthaltsbestimmungsrecht allein übertragen wird, neben der für die Zuweisung der Alleinsorge an einen Elternteil maßgebenden Kriterien, wie Kooperationsbereitschaft und Bindungstoleranz, weitere für das Kindeswohl relevante Gesichtspunkte, etwa Geschwisterbindung, von Bedeutung (Palandt - Diederichsen, a.a.O., § 1671 Rn. 18 m.N.). Als für das Wohl L.s wichtigen Aspekt hat das Amtsgericht im Ergebnis vertretbar den Kontinuitätsgrundsatz herangezogen.

Zunächst lässt sich ein entscheidendes Übergewicht bei dem einen oder anderen Elternteil hinsichtlich der Kooperationsbereitschaft und Bindungstoleranz vorliegend nicht feststellen. Vater wie Mutter haben L. jeweils den Kontakt zum anderen Elternteil ermöglicht, wenn sich das Kind aufgrund einvernehmlicher Regelung gewöhnlich im Haushalt des einen aufhielt. Es gibt auch keinen Anhaltspunkt dafür, dass sich an der beiderseitigen Bereitschaft der Eltern, dem Kind regelmäßigen Kontakt mit dem anderen Elternteil zu ermöglichen, nachhaltig etwas geändert hätte. Ebenso wenig lässt sich ein entscheidendes Übergewicht des einen oder anderen Elternteils in Bezug auf die Kooperationsbereitschaft feststellen. Beide Seiten haben sich im Interesse des Kindes Beratungsgesprächen bei dem jeweils zuständigen Jugendamt unterzogen und damit ihre Kooperationsbereitschaft dokumentiert. Zwar hat die Mutter letztlich durch ihre Weigerung, den Empfehlungen des Jugendamtes P. folgend den gewöhnlichen Aufenthalt L.s bei deren Vater zu begründen, ihre Kooperation zu der verabredeten einvernehmlichen Lösung verweigert. Allein daraus lässt sich jedoch schon deshalb eine generell mangelnde Kooperationsbereitschaft nicht ableiten, weil sie ihre Weigerung mit dem Wohl L.s begründet, welches nach erheblichen Veränderungen in ihrem und dem Umfeld des Beschwerdeführers in ihrem Haushalt besser gewährleistet sei als in seinem.

Liegen nach dem Vorstehenden bei beiden Elternteilen die Voraussetzungen für die Zuweisung der Alleinsorge bzw. des alleinigen Aufenthaltsbestimmungsrechts vor, bedarf es für die Entscheidung weiterer für das Kindeswohl relevanter Gesichtspunkte.

Als solche hat das Amtsgericht zu Recht die bereits zu § 1671 BGB a.F. entwickelten Gesichtspunkte als Orientierungshilfe herangezogen, nämlich

- Bindung des Kindes an beide Elternteile und etwaige Geschwister,

- Wille des Kindes,

- Förderungsgrundsatz (Eignung, Bereitschaft und Möglichkeit der Eltern zur Übernahme der für das Kindeswohl maßgeblichen Erziehung und Betreuung,

- Kontinuitätsgrundsatz.

Dass das Amtsgericht eine gleich enge Bindung an beide Elternteile und die fehlende Fähigkeit des Kindes, einen substantiierten Willen zu entwickeln und zu äußern angenommen hat, hat der Beschwerdeführer nicht gerügt. Die diesbezüglichen Einschätzungen stimmen auch im Wesentlichen mit denen des Senats aufgrund der mündlichen Verhandlung und der Anhörung des Kindes überein. Hinsichtlich der Bindung L.s lässt sich allenfalls eine leichte Präferenz für den Aufenthalt bei der Mutter feststellen. Dass bis zur Trennung ihrer Eltern eine stärkere Bindung an den einen oder anderen Elternteil bestanden hat, hat der Beschwerdeführer nicht geltend gemacht. Dies ist auch sonst nicht ersichtlich. Die bis dahin bestehende Bindung an die Mutter ist nach den Feststellungen des Senats infolge der Trennung der Eltern und ihrem einvernehmlichen Aufenthalt bei dem Beschwerdeführer in der Zeit der Ausbildung der Mutter nicht geringer geworden. Dank regelmäßigen Umgangs zunächst mit der Mutter, ab Mai 2006 mit dem Beschwerdeführer, besteht zu beiden Eltern eine gute und enge persönliche Beziehung. Für gegenteilige Feststellungen haben sich im Verlaufe des Beschwerdeverfahrens keine Anhaltspunkte ergeben. L. hat sich bei ihrer Anhörung durch den Senat beiden Elternteilen gegenüber positiv und liebevoll geäußert. Entsprechendes gilt für die Fähigkeit des Kindes, einen substanziierten Willen zu entwickeln, getroffenen Feststellungen im angefochtenen Beschluss. Angesichts dessen, dass L. noch gegenüber der Sachverständigen ihren Aufenthaltswunsch geändert, ihn im Verfahren vor dem Amtsgericht schriftlich geäußert und bei ihrer Anhörung durch den Senat geäußert hat, von der Mutter nicht weg zu wollen, spricht manches dafür, dem von ihr geäußerten Wunsch unter Berücksichtigung ihres recht jungen Alters und vor allem vor dem Hintergrund des Loyalitätskonflikts, in welchem sie sich befindet, kein entscheidendes, jedenfalls kein allein entscheidendes Gewicht beizumessen.

Soweit der Beschwerdeführer sich dagegen wendet, dass das Amtsgericht ausschließlich darauf abgestellt habe, dass L. seit zwei Jahren im Haushalt der Mutter lebe und dabei unberücksichtigt gelassen habe, dass die Mutter an einer bislang unbehandelten Verhaltensstörung leide, dringt er damit nicht durch.

Die Entscheidungsfindung allein auf der Grundlage des Kontinuitätsgrundsatzes ist für sich genommen kein Rechtsfehler, der eine abweichende Beurteilung in der Beschwerdeinstanz rechtfertigen würde. Die v. g. aufgezeigten im Rahmen der Kindeswohlprüfung zu berücksichtigenden Gesichtspunkte sind grundsätzlich gleichwertig. Wenn also eine gleich enge Bindung, eine gleich gute Erziehungseignung- und -bereitschaft beider Elternteile festzustellen sind bzw. wie hier festgestellt worden sind, kann durchaus der Kontinuitätsgrundsatz den Ausschlag für die Entscheidung, wem das Aufenthaltsbestimmungsrecht zu übertragen ist, geben.

Die zum Kontinuitätsgrundsatz in der angefochtenen Entscheidung angestellten Erwägungen teilt der erkennende Senat. L. hält sich nicht nur seit über zwei Jahren im Haushalt der Mutter auf. Sie besucht dort seit über einem Jahr die Schule und hat dort einen eigenen Freundeskreis aufgebaut. Ihre Lebensverhältnisse im Haushalt der Mutter haben sich derart verfestigt, dass sie ohne triftigen Grund nicht durch einen Wechsel des Aufenthalts verändert werden sollten (OLG Brandenburg, FamRZ 2003, 1949). Der Beschwerdeführer hingegen ist gerade in eine für L. unbekannte neue Umgebung gezogen. Bei Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf den Beschwerdeführer würde also nicht nur ihr seit zwei Jahren gewohntes Umfeld zu Gunsten eines aus früherer Zeit bekannten Umfeldes, sondern zu Gunsten einer ihr bis heute unbekannten Umgebung aufgeben müssen.

Triftige Gründe, gleichwohl eine Veränderung der verfestigten Lebensverhältnisse herbeizuführen, erkennt der Senat nicht. Allenfalls dann, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür bestünden, dass die Mutter unter Verhaltensstörungen litte, welche sich nachteilig auf ihre Erziehungsfähigkeit und damit auf eine positive Entwicklung des Kindes auswirkten, würde die eingeschränkte Erziehungseignung der Mutter im Interesse des Kindes eine Entscheidung zu Gunsten des Beschwerdeführers gebieten. An solchen konkreten Anhaltspunkten fehlt es hier. Entgegen der in der Beschwerdebegründung vertretenen Auffassung gibt es keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass dem Beschwerdeführer, in Bezug auf die Erziehungseignung bzw. -fähigkeit, gegenüber dem anderen der Vorrang einzuräumen oder ein weiteres Sachverständigengutachten zur Frage der Erziehungsfähigkeit der Mutter einzuholen wäre.

Auf der Grundlage der durch den Seat getroffenen Feststellungen ist nicht davon auszugehen, dass die in der Stellungnahme der sozialen Dienste für das Jugendamt des Landkreises P. vom 12.04.07 angeführten Verhaltensstörungen der Mutter sie für die Erziehung weniger geeignet erscheinen lassen als den Beschwerde führenden Vater. Ausweislich der gutachterlichen Feststellungen, S. 27 des Gutachtens vom 02.01.2008, hat die Sachverständige F. für die Vergangenheit Einschränkungen in der Erziehungskompetenz der Mutter attestiert. Nach den sachverständigen Feststellungen hat die Muter L. infolge ihrer Überforderung wenig emotionalen Halt, Stabilität und Führung geben können. Gleichzeitig hat sie jedoch festgestellt, dass die Mutter sich in der von ihr gewählten Gemeinschaft stabilisiert habe und zunehmend in der Lage sei, die Bedürfnisse des Kindes zu erkennen. Diese Einschätzung wird vom Senat nach ergänzender Anhörung der Sachverständigen wie auch der Anhörung beider Eltern und des Kindes geteilt. Dem im Rahmen der Beratungsgespräche bei dem Jugendamt P. aufgetretenen Verdacht einer behandlungsbedürftigen psychischen Erkrankung, die eine Gefährdung des Wohls von L. befürchten lässt, ist nicht ein solches Gewicht beizulegen, wie es der Beschwerdeführer für geboten hält. Zum Einen ist zu berücksichtigen, dass die Berichte, in denen entsprechende Verdachtsmomente aufgezeigt werden, mehr als ein Jahr zurück liegen und der darin ausgesprochene Verdacht einer Kindeswohl gefährdenden Erkrankung zu keiner Zeit bestätigt wurde. Ausweislich der psychologischen Stellungnahme des Sozialpsychiatrischen Dienstes des Gesundheitsamtes des Landkreises O. vom 02.08.2007 konnten psychische Auffälligkeiten, die sich negativ auf das Erziehungsvermögen auswirken, nicht festgestellt werden. Auch die Sachverständige F., die die Mutter L.s intensiv begutachtet hat, hat die in dem Bericht der sozialen Dienste angeführten Persönlichkeitsdefizite nur zum Teil, nämlich hinsichtlich des Angewiesenseins der Mutter auf stabilisierende Personen in ihrem Umfeld, bestätigt. Die so festgestellte Persönlichkeitsstruktur der Mutter ist indessen nicht zwangsläufig mit eingeschränkter oder gar mangelnder Erziehungseignung gleichzusetzen. Unabhängig davon, ob sich von diesen gutachterlichen Feststellungen eine dem Wohl des Kindes zuwider laufende, der Behandlung bedürftige psychische Störung der Muter ableiten lässt, ist nach den Feststellungen der Sachverständigen in ihrem Gutachten wie auch im Ergebnis der Anhörung der Beteiligten davon auszugehen, dass die Mutter in ihrer neuen Umgebung das benötigte stabilisierende Umfeld gefunden und auf diese Weise ihre Erziehungskompetenz erheblich verbessert hat. Nach den vom Beschwerdeführer unbestritten gebliebenen Feststellungen der Sachverständigen F. hat die Mutter sich in ihrer neuen Umgebung deutlich stabilisiert. So hat die Sachverständige ausgeführt, dass die Mutter zunehmend in der Lage sei, die Bedürfnisse des Kindes zu erkennen und ihm sowohl verlässliche Grenzen wie auch Freiraum zu gewähren, sich entwickeln zu können. Diese Einschätzung der Sachverständigen in ihrem schriftlichen Gutachten aus Januar 2008 hat sich in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, insbesondere der Anhörung L.s durch den Senat, bestätigt. L. stellte sich als altersgerecht entwickeltes, selbstbewusstes und aufgewecktes Kind dar, das seine Interessen wahr zu nehmen und durchzusetzen weiß. Von dem in der Stellungnahme der sozialen Dienste angesprochenen Verantwortungsgefühl L.s ihrer Mutter gegenüber war nichts zu spüren. Angesprochen auf das von L. in der Anhörung durch das Amtsgericht als "rupfig" bezeichnete Verhalten der Mutter, wollte sie dieses zwar nicht näher präzisieren oder beschreiben. Das Schweigen zu diesem Punkt ist aus Sicht des Senats jedoch nicht im Sinne eines Alters unangemessenen, das Kind überfordernden Verantwortungsgefühls zu werten. Dagegen spricht bereits, dass L. in diesem Zusammenhang nahezu stolz, jedenfalls aber selbstbewusst, von ihren Strategien berichtete, auf das wohl als impulsiv zu bezeichnende Verhalten der Mutter zu reagieren. Dabei machte sie weder einen verunsicherten noch hilfslosen, sondern eher kecken Eindruck. Auch wenn die gelegentliche Erwähnung des Namens der Mitbewohnerin der Mutter, S., durch L. aus Sicht des Senats als Zeichen dafür zu werten sein könnte, dass der Mitbewohnerin nicht nur für die Mutter, sondern auch in der Beziehung zwischen Mutter und Tochter eine gewisse Bedeutung zukommt, spricht das allein nicht gegen die Erziehungsfähigkeit der Mutter. Hauptbezugsperson für L. auch in der Wohngemeinschaft mit S. ist die Mutter. Ob deren Befindlichkeit infolge einer erneuten Veränderung in ihrem Umfeld, insbesondere bei einem Auszug aus der aktuell bestehenden Gemeinschaft, nachteilig betroffen wäre, insbesondere ihre auch von der Sachverständigen F. festgestellte frühere psychische Labilität wieder zum Ausbruch bringen würde, ist ungewiss. Darauf kommt es im Rahmen dieses Verfahrens jedoch auch nicht an. Gegenwärtig ist von Plänen der Mutter, sich zu verändern, nichts bekannt. Es ist mithin davon auszugehen, dass Mutter und Kind sich bis auf weiteres in dem für beide wohl tuenden Umfeld aufhalten. Dann aber besteht kein Anlass, allein wegen der theoretisch nicht auszuschließenden Möglichkeit des Verlusts des stabilisierenden Umfeldes entgegen den gegenwärtigen Gegebenheiten eine möglicherweise neu auftretende eingeschränkte Erziehungsfähigkeit der Mutter anzunehmen. Dies gilt umso mehr, als die Sachverständige in ihrem Gutachten ebenfalls Erziehungsdefizite in der Person des Beschwerdeführers aufgezeigt hat. Wenn in der Person beider Eltern Erziehungsdefizite bestehen, wiegen die des einen nur dann schwerer als die des anderen, wenn sie sich nachteiliger auf die Entwicklung des Kindes auswirken. Dafür, dass die auch von der Sachverständigen F. festgestellte eingeschränkte psychische Stabilität der Mutter, insbesondere deren mangelnde Impulskontrolle einen nachteiligeren Einfluss auf das Wohl L.s hat als die emotionale Distanziertheit des Vaters, haben sich keine Anhaltspunkte ergeben. Nach den vorstehenden Ausführungen hat L. bei ihrer Anhörung nicht den Eindruck eines verschüchterten ängstlichen Kindes gemacht, das ihrer Mutter nicht wehtun will oder sich gar vor ihr und ihren Launen fürchtet. Sie wirkte im Gegenteil selbstsicher und aufgeschlossen und lediglich zur eigentlichen Fragestellung verschlossen. Der Eindruck des Senats deckt sich mit dem, den das Kind in der Kita vermittelt. Nach dem Entwicklungsbericht der Kita aus Juli 2007 hat L. sich außerordentlich positiv entwickelt; die Mutter-Kind-Beziehung habe sich allmählich stabilisiert. Bei dieser Sachlage kann der Senat die noch in der Stellungnahme des Sozialen Dienstes vom 12.04.2007 geäußerte Befürchtung einer Kindeswohlgefährdung infolge mangelnder Stabilität der Mutter weder erkennen noch erst recht teilen.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 13 a FGG.

Ende der Entscheidung

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