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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 17.07.2009
Aktenzeichen: 13 W 23/09
Rechtsgebiete: ZGB, BGB


Vorschriften:

ZGB § 390 Abs. 2 Satz 1
BGB § 2325
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Einzelrichters der 7. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt/Oder vom 9.1.2009 - Az.: 17 O 353/07 - wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

Mit dem angefochtenen Beschluss, auf dessen Gründe verwiesen wird, hat das Landgericht den - erneuten - Antrag des Antragstellers vom 14.5.2008 (Bl. 20 d.A.) auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren sowie auf Beiordnung eines Rechtsanwaltes zurückgewiesen. Gegen diesen ihm am 27.1.2009 zugestellten Beschluss richtet sich die am 2.2.2009 eingegangene Eingabe des Antragstellers vom 31.1.2009 (Bl. 61 d.A.). Mit seinen weiteren Schreiben hat er jeweils in der Sache ergänzend Stellung genommen hat. Mit dem Nichtabhilfebeschluss vom 2.3.2009, auf dessen Gründe verwiesen wird, hat das Landgericht seine Eingabe zu Recht als Rechtsmittel gegen die Versagung der Prozesskostenhilfe ausgelegt, der Beschwerde des Antragstellers vom 31.1.2009 gegen den Beschluss vom 9.1.2009 nicht abgeholfen und die Sache dem Brandenburgischen Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt. Seine gemäß § 127 Abs. 2, 567 ff. ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg; sie ist unbegründet.

Mit dem angefochtenen Beschluss, auf dessen Gründe verwiesen wird, hat das Landgericht zu Recht den erneuten Antrag des Antragstellers auf Gewährung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine Aussicht auf Erfolg habe. Die hiergegen gerichteten Angriffe des Beschwerdeführers vermögen nicht zu überzeugen. Auch sein weiteres Vorbringen rechtfertigt eine anderweitige Entscheidung nicht.

Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag nur dann Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint (§ 114 ZPO). Vorliegend hat jedoch die Rechtsverfolgung des Antragstellers nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand keine hinreichende Erfolgsaussicht.

Bei dem Antragsteller handelt es sich um eines der drei Kinder aus erster Ehe des am 4.12.2003 verstorbenen Erblassers H... G.... Bei den Antragsgegnerinnen handelt es sich um die drei weiteren Kinder des Erblassers aus zweiter Ehe mit der am 23.5.1991 vorverstorbenen Ehefrau H... G..., geborene B.... Wie der Antragsteller bei seiner Anhörung beim Landgericht vom 28.8.2008 auf Nachfrage angegeben hat, gehe es ihm letztlich darum, seinen Pflichtteil zu erhalten. Er wolle also Frau K... G... als Erbin seines Vaters auf Zahlung des Pflichtteils in Anspruch nehmen und außerdem Frau H... M..., die den Grundbesitz vom Vater der Parteien durch notariellen Vertrag im Jahre 1995 erworben habe (vgl. Bl. 52 f. d.A.). Nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand stehen dem Antragsteller gegenüber den Antragsgegnerinnen derartige Ansprüche, insbesondere Pflichtteils-, Pflichtteilsergänzungsansprüche oder solche aus § 2329 BGB gegen den Beschenkten herrührende Ansprüche jedoch nicht zu.

1. Der Antragsteller ist zwar als Abkömmling des Erblassers durch Verfügung von Todes wegen von der Erbfolge ausgeschlossen, sodass er gemäß § 2303 Abs. 1 Satz 1 BGB von dem Erben grundsätzlich den Pflichtteil verlangen kann. Der Pflichtteil besteht in der Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils. Da der Erblasser sechs Abkömmlinge hatte, kommt hierfür 1/12 seines Nachlasses zur Zeit des Erbfalles in Betracht. Sowohl der Pflichtteilsanspruch als auch der Pflichtteilsergänzungsanspruch bei Schenkung (§§ 2303, 2325 BGB) ist nur gegen den Erben gerichtet. Dies ist vorliegend aufgrund des gemeinschaftlichen notariellen Testamentes des Erblassers und seiner vorverstorbenen Ehefrau aus zweiter Ehe, H... G..., vom 9.11.1982 allein die Tochter K... G..., die Antragsgegnerin zu 1., geworden.

Vor dem staatlichen Notariat F... haben die beiden Eheleute ihren letzten Willen wie folgt erklärt:

"Wir setzen uns zunächst gegenseitig zu Alleinerben ein. Sollte der überlebende Ehegatte unser Grundstück in F..., ...-Str. 54 verkaufen, so soll er verpflichtet sein, die Hälfte des Kaufpreises an unsere behinderte Tochter K... G..., geboren am 27.9.6..., wohnhaft bei uns, auszuzahlen.

Zum Erben des Zuletztlebenden von uns bestimmen wir ebenfalls unsere vorgenannte Tochter K...." (vgl. Bl. 3 d.A.).

Die auf den vorliegenden Fall anwendbare Übergangsvorschrift des Art. 235 § 2 EGBGB bestimmt dabei, dass die Errichtung oder Aufhebung einer Verfügung von Todes wegen vor dem Wirksamwerden des Beitrittes nach dem bisherigen Recht beurteilt wird, auch wenn der Erblasser nach dem Wirksamwerden des Beitritts stirbt. Dies gilt auch für die Bindung des Erblassers bei einem gemeinschaftlichen Testament, sofern das Testament vor dem Wirksamwerden des Beitritts errichtet worden ist.

Hatte der Erblasser - wie vorliegend - seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der früheren DDR und hat er dort nach den Vorschriften des ZGB eine rechtsgültige Verfügung von Todes wegen errichtet, so ist bei dem nach dem 2.10.1990 eingetretenen Erbfall das dann geltende Erbstatut (des BGB gemäß Art. 230 EGBGB) nicht mehr mit den früheren Errichtungsstatut (des ZGB) identisch. Aus Gründen des Vertrauensschutzes werden daher Gültigkeitsfragen der vor dem Beitritt in der früheren DDR errichteten Verfügung von Todes wegen auch in Erbfällen seit dem 3.10.1990 nach dem DDR-Erbrecht beurteilt. Dies bezieht sich auch auf die Form und die Fähigkeit zur Errichtung bzw. Aufhebung eines Testaments. Dabei konnten Eheleute auch ein gemeinschaftliches Testament im Sinne des § 388 ZGB errichten.

Die erbrechtliche Bindung an das gemeinschaftliche Testament beurteilt sich nach dem Errichtungsstatut. Dies ist das Recht der früheren DDR, wenn die Eheleute - wie hier - dort ihren gewöhnlichen Aufenthalt und vor dem 3.10.1990 ein gemeinschaftliches Testament errichtet hatten. Sie werden dann bei Eintritt des Erbfalls nach dem 3.10.1990 trotz nunmehriger Anwendung des BGB auf die Erbfolge in ihrem Vertrauen auf eine mit Testamentserrichtung angetretene Bindungswirkung geschützt, soweit dies im Erbstatut (des BGB) abweichend geregelt ist. Abweichungen bestehen bei Testamenten aus der Zeit des ZGB. Zwar sind sowohl nach BGB wie nach ZGB gemeinschaftlich testierende Ehegatten erbrechtlich an die getroffenen letztwilligen Verfügungen gebunden. Während aber § 2271 BGB nur auf wechselbezügliche Verfügungen abstellt, würde nach § 390 Abs. 1 ZGB nicht zwischen einseitigen und wechselbezüglichen unterschieden. Auch bewirkte nach ZGB die eingetretene Bindung, deren Umfang sich nach der früheren Rechtspraxis im Beitrittsgebiet beurteilt, die Nichtigkeit sämtlicher späterer abweichender letztwilliger Verfügungen des Überlebenden (§ 390 Abs. 2 Satz 2 ZGB), es sei denn, dass sich die Eheleute durch Vorbehalt im gemeinschaftlichen Testament gegenseitig hierzu ermächtigt hatten (§ 390 Abs. 1 Satz 2 ZGB; vgl. Palandt-Heldrich, BGB, 62. Aufl., Art. 235, § 2 EGBGB). Der Erblasser und seine vorverstorbene Ehefrau sind danach gemäß § 390 Abs. 1 ZGB an das gemeinschaftliche Testament gebunden gewesen, solange es nicht widerrufen oder aufgehoben wurde. Das gemeinschaftliche Testament bewirkte die erbrechtliche Gebundenheit beider Ehegatten; erneute testamentarische Verfügungen des einzelnen Ehegatten sind unwirksam. Außerdem haben die Ehegatten auch für den zweiten Erbfall im gemeinschaftlichen Testament eine Vorsorge getroffen, wonach zum Erben des zuletzt Verstorbenen von ihnen die gemeinsame Tochter K... G... bestimmt worden ist. Testamentarische Verfügungen des Erblassers als überlebenden Ehegatten, die dem gemeinschaftlichen Testament widersprechen, sind nichtig (§ 390 Abs. 2 Satz 2 ZGB). Dies gilt namentlich für solche etwa in seinem handschriftlichen Testament vom 10.07.1995 enthaltenen Bestimmungen (vgl. Kommentar zum ZGB, Berlin 1983, § 390 Nr. 1 f.). Auch für die Beseitigung der Bindungswirkung des gemeinschaftlichen Testaments gilt das frühere Recht. Dies konnte nach dem Tod eines Ehegatten vom Überlebenden durch Erklärung gegenüber dem Notariat entweder vor Annahme der Erbschaft durch Widerruf der eigenen Verfügung und gleichzeitiger Ausschlagung der Erbschaft (§ 392 Abs. 4 ZGB) oder nach der Annahme durch Aufhebung der eigenen Verfügung und Herausgabe des seines gesetzlichen Erbteils übersteigenden Nachlasses an den Schlusserben (§ 393 ZGB) geschehen, wofür vorliegend allerdings keine Anhaltspunkte dargetan oder in sonstiger Weise ersichtlich sind (vgl. Palandt-Heldrich, a.a.O., Art. 235, § 2 EGBGB, Rdnr. 5).

Der Erblasser konnte jedoch als überlebender Ehegatte über den Nachlass gemäß § 390 Abs. 2 Satz 1 ZGB frei verfügen. Das gemeinschaftliche Testament hinderte ihn insbesondere nicht, Nachlassgegenstände zu veräußern. Im gemeinschaftlichen Testament sind bereits keine entgegenstehenden Festlegungen enthalten. Sie ergeben sich insbesondere nicht aus der Bestimmung, dass dann, wenn der überlebende Ehegatte das Grundstück verkaufen sollte, er verpflichtet sein sollte, die Hälfte des Kaufpreises an die behinderte Tochter K... G... auszuzahlen. Eine Einschränkung seiner Verfügungsfähigkeit an sich ist damit gerade nicht verbunden, sondern sie wird vielmehr sogar zum Ausdruck gebracht, indem seine Möglichkeit, das Grundstück zu verkaufen, vorausgesetzt wird. Selbst wenn darin eine Festlegung enthalten wäre, die eine Verfügung zu Lebzeiten des überlebenden Ehegatten verbieten würde, ist sie wegen eines Verstoßes gegen § 371 Abs. 2 ZGB nichtig (vgl. Kommentar zum ZGB, a.a.O., § 390 Nr. 2). Von der Möglichkeit, Nachlassgegenstände zu veräußern, hat der Erblasser auch Gebrauch gemacht, indem er den Grundbesitz zu Lebzeiten mit notariellem Überlassungsvertrag mit Auflassung vom 12. Juni 1995 an seine weitere Tochter aus zweiter Ehe, H... M..., geborene G..., - die Antragsgegnerin zu 2. - veräußert hat (Bl. 4 ff. d.A.). Eine Eigentumsumschreibung im Grundbuch ist am 5.01.1996 erfolgt (vgl. Bl. 29 d. A.), sodass dieser Grundbesitz nicht mehr in seinen Nachlass fiel. Auch eine offenbar vom Antragsteller unterstellte Verpflichtung zur vermeintlich sinnvollsten Nutzung des Grundbesitzes in Gestalt einer Vermietung bestand insoweit nicht, sondern der Erblasser war bei seiner Nutzung und bei der Verfügung über den Grundbesitz zu Lebzeiten auch insoweit nicht eingeschränkt.

Der Höhe des Pflichtteils werden der Bestand und der Wert des Nachlasses zurzeit des Erbfalls zugrunde gelegt. Der Bestand des Nachlasses ergibt sich durch Vergleich der im Zeitpunkt des Erbfalls vorhandenen Aktiva und Passiva. Zunächst ist also der Aktivbestand festzustellen (vgl. Palandt-Edenhofer, BGB, 68 Aufl., § 2311, Rdnr. 1). Welchen Aktivbestand der Nachlass zum Zeitpunkt des Erbfalls gehabt hat, hat der Antragsteller nicht ansatzweise dargetan. Der mit notariellem Vertrag vom 12.6.1995 übertragene Grundbesitz - auf den der Antragsteller entscheidend abstellt -, zählte zum aktiven Nachlass jedoch nicht, weil er bereits zu Lebzeiten übertragen und auch im Grundbuch umgeschrieben worden ist. Dass und wenn ja welche weiteren Nachlassgegenstände vorhanden gewesen sind und welchen Wert sie hatten und ob sich überhaupt ein Aktivbestand zum Zeitpunkt des Erbfalls ergeben hat, ist vom Antragsteller weder ansatzweise dargetan worden noch in sonstiger Weise ersichtlich. Als Pflichtteilsberechtigter muss er aber den Wert des Nachlasses grundsätzlich dartun und gegebenenfalls beweisen, aus dem er seinen Anspruch berechnet, einschließlich des Aktivbestandes zum Zeitpunkt des Erbfalls, gegebenenfalls unter vorheriger Ausnutzung der Auskunftspflicht des Erben (§2314 BGB). Die ermittelte Summe des Aktivbestandes ist zudem um den Betrag der Passiva zu kürzen, da der Pflichtteilsberechtigte den anderen Nachlassgläubigern nachgeht, er also Befriedigung erst aus dem schuldenfreien Nachlass verlangen darf. Einem Pflichtteilsanspruch des Antragstellers würde zudem eine mit Erfolg erhobene Einrede der Verjährung entgegenstehen (§ 2332 Abs. 1 BGB). Dabei wird auf die insoweit zutreffende Begründung des Landgerichts im angefochtenen Beschluss verwiesen (vgl. außerdem Zöller - Philippi ZPO, 26. Aufl., § 114 Rdnr. 24).

2. Wegen des zu Lebzeiten übertragenen Grundbesitzes könnte zwar grundsätzlich gegenüber der Antragsgegnerin zu 1. als Erbin ein Pflichtteilsergänzungsanspruch nach § 2325 BGB in Gestalt eines Zahlungsanspruches in Betracht kommen. Hat der Erblasser einem Dritten eine Schenkung gemacht, so kann der Pflichtteilsberechtigte als Ergänzung des Pflichtteils den Betrag verlangen, um den sich der Erbteil erhöht, wenn der verschenkte Gegenstand dem Nachlass hinzugerechnet wird.

Daneben könnte subsidiär grundsätzlich gegenüber der Antragsgegnerin zu 2., der der Grundbesitz übertragen wurde, ein Anspruch nach § 2329 BGB in Betracht kommen, der dann allerdings nur auf Herausgabe des Geschenks zwecks Befriedigung wegen des Fehlbetrags nach Bereicherungsvorschriften gerichtet ist. Der Pflichtteilsberechtigte, der an sich Ergänzung nach § 2325 BGB verlangen kann, diese aber vom Erben nicht erhält, soll durch einen Anspruch gegen den vom Erblasser Beschenkten vor den Folgen ungerechtfertigter Nachteile durch Schenkungen des Erblassers bewahrt werden. Die beiden Ergänzungsansprüche aus §§ 2325 und 2329 BGB unterscheiden sich aber durch Art und Umfang der Haftung. Die Haftung des Beschenkten setzt da ein, wo die Zahlungsverpflichtung des Erben aufhört und der Nachlass zur Befriedigung der Ergänzungsberechtigten nicht ausreicht. Der Ergänzungsanspruch des § 2329 BGB ist generell nur bei Geldgeschenken oder bei bereicherungsrechtlicher Werthaltung auf Zahlung gerichtet. Bei anderen Geschenken ist er durch Klage auf Duldung der Zwangsvollstreckung in den geschenkten Gegenstand in Höhe des zu bezifferten Fehlbetrages durchzusetzen (vgl. Palandt-Edenhofer, a. a. o., § 2325, Rdnr. 5 und § 2329, Rdnr. 1 ff., m.w.N.). Schon danach käme wegen des vom Erblasser aufgrund des notariellen Vertrages vom 12.6.1995 der Antragsgegnerin zu 2. übertragenen Grundbesitzes zunächst kein reiner Zahlungsantrag in Betracht. Allenfalls könnte die Antragsgegnerin zu 2. als vermeintlich Beschenkte die Herausgabe durch Zahlung eines vermeintlichen Fehlbetrages abwenden (§ 2329 Abs. 2 BGB).

Ergänzungsansprüche aus § 2325 BGB gegen die Antragsgegnerin zu 1. und aus § 2329 BGB die Antragsgegnerin zu 2. setzen aber beide eine Schenkung voraus. Vorliegend stellt sich die Übertragung des Grundbesitzes jedoch auch nicht etwa mindestens als gemischte Schenkung dar, so dass eine Klage auch wegen solcher Ansprüche nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand keine hinreichende Aussicht auf Erfolg verspricht.

Gemischte Schenkungen, bei denen der Wert der Leistung dem der Gegenleistung nur zum Teil entspricht, sind zwar grundsätzlich für eine Ergänzung heranzuziehen, aber nur mit dem überschießenden unentgeltlichen Teil. Ob bei ihnen der Wert der auszutauschenden Leistungen gleichwertig ist oder nicht, hängt von der subjektiven Bewertung der Vertragsparteien ab, die den jeweiligen Wert im Rahmen der Vertragsfreiheit selbst bestimmen. Es ist also zunächst Sache der Vertragsparteien, Leistung und Gegenleistung zu bewerten. Deren Bewertungen, zum Beispiel in einem Versorgungs- oder Übergabevertrag müssen anerkannt werden, wenn sie auch unter Berücksichtigung eines Verwandtschaftsverhältnisses noch in einem vernünftigen Rahmen bleiben. Erst bei auffallendem grobem Missverhältnis zwischen den wirklichen Werten von Leistung und Gegenleistung ist von einer teilweisen unentgeltlichen Zuwendung auszugehen. Auch ist wegen der lebzeitigen Verfügungsbefugnis des Erblassers zu berücksichtigen, dass sich dieser zum Beispiel die Versorgung in gewohnter Umgebung etwas kosten lassen darf. Der Wert der für eine Grundstücksübertragung zugesagten Betreuung des Erblassers bis zu dessen Lebensende ist regelmäßig durch Kapitalisierung der Pflegedienste vom Zeitpunkt des Vertragsanschlusses an nach der statistischen Lebenserwartung des Erblassers zu ermitteln. Verblieb dem Erblasser weiterhin die Nutzung seines Geschenks, weil er sich zum Beispiel den lebenslänglichen Nießbrauch am verschenkten Grundstück oder ein Wohnrecht vorbehalten hat, erhielt der Beschenkte damit nur einen belasteten Gegenstand, auch wenn das Nutzungsrecht als Gegenleistung des Beschenkten formuliert wurde. In diesem Fall ist nach der ständigen Rechtsprechung des BGH die Schenkung des Grundstückes lediglich in dem Umfang ergänzungspflichtig, in dem der Grundstückswert den Wert des dem Erblasser verbliebenen Nießbrauchs übersteigt. Hierbei muss der Pflichtteilsberechtigte die Unentgeltlichkeit darlegen und beweisen, also dass der Leistung des Erblassers keine Gegenleistung gegenüberstand. Selbst bei einer objektiven Wertdifferenz ist die Bewertung der Leistungen durch die Vertragspartner auf ihre Vertretbarkeit zu überprüfen, weil erst bei einem auffallenden groben Missverhältnis zwischen den wirklichen Werten von Leistung und Gegenleistung von einer teilweisen unentgeltlichen Zuwendung auszugehen ist (vgl. Palandt-Edenhofer, a.a.O., § 2325, Rdnr. 19 f. und 24, m.w.N.).

Danach ist vorliegend mit der Übertragung des Grundbesitzes auch keine teilweise unentgeltliche Zuwendung verbunden gewesen. Die Parteien des notariellen Vertrages haben den Verkehrswert des Hausgrundstücks im unbelasteten Zustand mit ca. 90.000 DM angegeben. Dem steht zunächst die subjektive Bewertung der Vertragsparteien der nach § 3 des notariellen Vertrages eingeräumten lebenslangen Wohnungs- und Nutzungsrechte des Erblassers und seiner behinderten Tochter K... G... in Höhe von monatlich 600 DM gemäß § 3 Nr. 5 des notariellen Vertrages gegenüber, wovon nach Inhalt und Umfang des Wohnungs- und Nutzungsrechts auf jede dieser Berechtigten ein hälftiger Anteil von monatlich 300 DM entfällt. Unter Ansatz der maßgeblichen subjektiven Wertvorstellungen der Vertragsparteien errechnet sich ein Gesamtwert dieser Wohnungs- und Nutzungsrechte in Höhe von 117.120,61 € (für den Erblasser: monatlich 300 DM x 12 Monate x durchschnittliche Lebenserwartung von 12,07 Jahre = 43.452 DM und für die Tochter K... G...: 300 DM x 12 Monate x durchschnittliche Lebenserwartung von 51,56 Jahre = 185.616 DM sowie Summe daraus 229.068 DM). Angesichts der maßgeblichen subjektiven Wertvorstellungen der Urkundsparteien verbleibt bei der Gegenüberstellung allein des Wertes dieser Belastung in Höhe von 117.120,61 € und eines Verkehrswertes des Grundstücks im unbelasteten Zustand von 90.000 DM und sogar bei maximal 98.000 € kein unentgeltlicher Teil der Zuwendung. Erst recht liegt kein auffallendes grobes Missverhältnis zwischen den wirklichen Werten von Leistung und Gegenleistung vor. Hinzu kommt außerdem der Wert der nach § 4 übernommenen Pflegeverpflichtung, deren Wert die Urkundsparteien mit monatlich 400 DM angegeben haben, sodass sich ein weiterer Betrag in Höhe von 29.622,21 € für diese Belastung errechnet (400 DM x 12 Monate x durchschnittliche Lebenserwartung des Erblassers von 12,07 Jahre = 57.936 DM).

Auch nach der Wertermittlung des öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen Dipl.-Ing. L. K... im Gutachten Nr. 0931/04 vom 14.9.2004, erstattet im Auftrage der Antragsgegnerin zu 2. und im vorliegenden Verfahren auszugsweise eingereicht vom Antragsteller (Bl. 30 ff. d. A.), ist der Verkehrswert des mit dem Wohnrecht belasteten Grundstückes und des übertragenen Grundbesitzes mit Null € zu veranschlagen. Der Wert des unbelasteten Grundbesitzes beträgt danach insgesamt 97.265 €. Das Wohngrundstück ist aber mit einem Altenteil, einem Wohnungs- und Nutzungsrecht für den Erblasser und die Tochter K... G... belastet. Dieses Recht ist unentgeltlich und lebenslänglich. Die Wertminderung durch das Wohnrecht beträgt 105.000 €. Dies ergibt sich aus folgender nachvollziehbarer und überzeugender Berechnung des Gutachters:

Die durchschnittliche Lebenserwartung des Erblassers und der Tochter K... G... betrugen damals 12,07 bzw. 51,56 Jahre. Das Wohnrecht schränkt die Verwertbarkeit des Objektes ein. Der angemessene Liegenschaftszins beträgt 3,5 % und die Restnutzungsdauer des Gebäudes betrug im Jahre 1996 30 Jahre. Im Bewertungsfall ist die Lebenserwartung der berechtigten K... G... größer als die Restnutzungsdauer des Gebäudes. Nur durch erhöhte Instandsetzungs- und Sanierungsarbeiten kann die Restnutzungsdauer erhöht werden. Es ergibt sich folgende Berechnung:

Wert des Wohnungsrechts:

jährlicher Nutzungswert:

Bodenanteil von 3,5 % von 28.600 € = 1.001 €

Anteil der baulichen Anlage:

bei RND 30 Jahre und 3,5 %: 18,39

Wert d. baul. Anlagen 68.400 €/18,39 3.719 €

Netto-Nutzwert p.a.: = 4.720 €

da Eigentümer Bewirtschaftkosten trägt, zuzügl. 21 % vom Netto-Nutzwert + 991 €

Brutto-Nutzwert bezogen auf Gesamtgebäude 5.711 €

Vervielfältiger bei 3,5 % und RND Gebäude von rd. 30 Jahren: 18,39

Wertminderung durch Wohnrecht:

5.711 € 18,39 = rd. ./. 105.000 €.

Hinzu kommt allerdings noch eine weitere Wertminderung durch die eingegangene Pflegeverpflichtung, deren Wert sich auf 29.622,21 € beläuft. Ergänzend wird zur Begründung auf die Erwägung des Senates in dem Beschluss vom 10.9.2007 in dem früheren Prozesskostenhilfeverfahren des hiesigen Antragstellers gegen die hiesige Antragsgegnerin zu 2. - Az.: 13 W 20/07 - verwiesen.

3. Auch soweit der Antragsteller eine "Feststellung der Erbunwürdigkeit" der Antragsgegnerinnen begehrt, hat seine Rechtsverfolgung nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Erbunwürdigkeit ist keine Erbunfähigkeit. Liegt einer der in § 2339 BGB dafür abschließend aufgezählten Gründe vor, führt dies nicht von selbst zum Verlust des Erbrechts. Vielmehr ist dann der Erbschaftserwerb nur anfechtbar (§ 2340 BGB). Die Anfechtung ist nach Anfall der Erbschaft möglich und muss durch Klage gegen den Erben (§ 2341 BGB) von einem Anfechtungsberechtigten (§ 2341 BGB) binnen Jahresfrist ab zuverlässiger Kenntnis des Anfechtungsgrundes erfolgen (§§ 2340, 2082 BGB). Die Klage ist wegen ihrer Wirkung eine Gestaltungsklage und keine Feststellungsklage.

Die Anfechtung kann aber nur durch rechtzeitige Klageerhebung erfolgen. Die Jahresfrist des § 2340 Abs. 3 BGB i.V.m. § 2080 Abs. 1 BGB beginnt mit zuverlässiger Kenntnis des Anfechtungsgrundes. Dies ist der Fall, wenn dem Anfechtenden eine Klageerhebung zumutbar ist. Vorliegend leitet der Antragsteller einen vermeintlichen Erbunwürdigkeitsgrund aus dem zwischen dem Erblasser als Veräußerer und der Antragsgegnerin zu 1. als Erwerberin am 12. Juni 1995 abgeschlossenen notariellen Grundstücksüberlassungsvertrag mit Auflassung und gegenständlich beschränkten Pflichtteilsverzicht ab, an dem die Antragsgegnerinnen zu 1. und 3. als "weitere Beteiligte" mitgewirkt haben, in dem sie den dort unter Ziffer 4. enthaltenen "gegenständlich beschränkten Pflichtteilsverzicht..." erklärt haben, und zwar aus der in Ziffer II. § 1 Nr. 2 enthaltenen Regelung: "Der Erwerber ist ein Kind des Veräußerers, der neben diesem noch zwei weitere Kinder hat." (Bl. 4 ff. d.A.).

Vorliegend ist jedoch bereits keine rechtzeitige Klageerhebung erfolgt, weil die Jahresfrist nicht gewahrt ist. Denn der Antragsteller hatte bereits in dem vorangegangenen zwischen ihm und der Antragsgegnerin zu 2. geführten Prozesskostenhilfe- und Beschwerdeverfahren - Az.: 13 W 20/07 Brandenburgisches Oberlandesgericht und 12 O 298/06 Landgericht Frankfurt/Oder zuverlässige Kenntnis von diesem Vertragsinhalt und damit von dem vermeintlichen Anfechtungsgrund und zwar spätestens bei der am 12.2.2007 erfolgten Prozesskostenhilfeablehnung des Landgerichtes, sodass ihm auch spätestens damals eine Erhebung der Anfechtungsklage zumutbar gewesen ist. Denn in diesem Verfahren hat er gegenüber der dortigen Antragsgegnerin und hiesigen Antragsgegnerin zu 2. gerade wegen diesem am 12.6.1995 abgeschlossenen notariellen Grundstücksübertragungsvertrag Pflichtteilsergänzungsansprüche geltend gemacht. Bei Eingang seiner "Klage gegen die Schlusserbin Fr. K... G... u.a.....auf Zahlung und Feststellung der Erbunwürdigkeit" vom 14.5.2008 am Folgetag bei Gericht ist die Jahresfrist seitdem bereits verstrichen gewesen.

Es sind aber darüber hinaus auch keine Anhaltspunkte für Erbunwürdigkeitsgründe dargetan oder in sonstiger Weise ersichtlich. Sie ergeben sich insbesondere nicht aus der zuvor genannten Formulierung in dem notariellen Vertrag. Die Erbunwürdigkeitsgründe sind in § 2339 BGB erschöpfend aufgezählt. Es ist weder dargetan noch in sonstiger Weise ersichtlich, dass die Antragsgegnerinnen den Erblasser vorsätzlich und widerrechtlich verhindert hätten, eine Verfügung von Todes wegen zu errichten oder aufzuheben (§ 2339 Abs. 1 Nr. 2 BGB), sie den Erblasser durch arglistige Täuschung oder widerrechtliche Drohungen bestimmt hätten, eine Verfügung von Todes wegen zu errichten oder aufzuheben (Nr. 3) oder sie sich in Ansehung einer Verfügung des Erblassers von Todes wegen einer Straftat nach den §§ 267, 271 bis 274 StGB schuldig gemacht hätten (Nr. 4). Dem steht bereits entgegen, dass es sich bei dem notariellen Überlassungsvertrag mit Auflassung nicht um eine Verfügung des Erblassers von Todes wegen gehandelt hat, sondern er hat zu Lebzeiten den Grundbesitz veräußert und an die Antragsgegnerin zu 2. übertragen. Es mag zwar sein, dass die betreffende Formulierung insofern falsch ist, als der Erblasser tatsächlich insgesamt sechs Kinder hatte. Es ist aber außerdem weder dargetan noch in sonstiger Weise ersichtlich, dass die Antragsgegnerinnen durch eine der in § 2339 BGB genannten Handlungen auf den Erblasser Willen eingewirkt hätten, indem sie etwa den Erblasser vorsätzlich und widerrechtlich verhindert hätten, eine Verfügung von Todes wegen zu errichten oder den Erblasser durch arglistige Täuschung oder widerrechtliche Drohungen bestimmt hätten, eine Verfügung von Todes wegen zu errichten oder aufzuheben. Vielmehr handelte es sich hierbei zumindest auch um eine eigene Erklärung des Erblassers, mag sie auch insoweit objektiv falsch gewesen sein und zwar in einem Grundstücksveräußerungsvertrag unter Lebenden, während sich die Erbfolge davon unabhängig nach dem gemeinschaftlichen Testament bestimmt. Aus den genannten Gründen sind auch hinreichende Anhaltspunkte für eine vermeintliche vorsätzliche sittenwidrige Schädigung des Antragstellers, die einen gegen die Antragsgegnerinnen gerichteten Schadensatzanspruch (§ 826 BGB) begründen könnten, weder ansatzweise dargetan noch in sonstiger Weise ersichtlich.

4. Nach alledem war die sofortige Beschwerde zurückzuweisen, weil die Rechtverfolgung nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand keine hinreichende Aussicht auf Erfolg verspricht. Es stehen auch keine zweifelhaften Rechtsfragen zur Klärung an; es liegen keine entscheidungserheblichen ungeklärten schwierigen Rechtsfragen vor. Hinzu kommt, dass dem Antragsgegner im erheblichen Umfang die Erwägungen des Senates und des Landgerichts bereits aus seinem früheren Prozesskostenhilfe- und Beschwerdeverfahren - Az.: 13 W 20/07 - bekannt gewesen sind, zumal er damals auch anwaltlich vertreten gewesen ist. Außerdem hat das Landgericht seinen wiederholten Prozesskostenhilfeantrag erst zurückgewiesen, nachdem es am 28.08.2008 einen Anhörungstermin durchgeführt hatte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 127 Abs. 4 ZPO.

Es bestand keine Veranlassung die Rechtsbeschwerde zuzulassen, weil die hierfür in § 574 Abs. 2 ZPO bestimmten Voraussetzungen nicht vorliegen.



Ende der Entscheidung

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