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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 28.08.2002
Aktenzeichen: 14 U 38/02
Rechtsgebiete: SGB VII, ZPO, BGB, PflVG, RVO, DÜG, EGBGB


Vorschriften:

SGB VII § 8 Abs. 1
SGB VII § 8 Abs. 2 Nr. 1
SGB VII § 8 Abs. 2 Nr. 2
SGB VII § 8 Abs. 2 Nr. 3
SGB VII § 8 Abs. 2 Nr. 4
SGB VII § 104
SGB VII § 104 Abs. 1 S. 1
SGB VII § 105
SGB VII § 105 Abs. 1
SGB VII § 106 Abs. 3
ZPO § 540 Abs. 1 Nr. 1 n.F.
BGB § 288 a.F.
BGB § 288 Abs. 1 n.F.
BGB § 823 Abs. 1
BGB § 847
PflVG § 3 Nr. 1
RVO § 548 Abs. 1 Satz 1
RVO § 550 Abs. 1
RVO § 636
RVO § 637
DÜG § 1
EGBGB Art. 229 Abs. 1 Satz 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Teil - Urteil

14 U 38/02 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 28.8.02

Verkündet am 28.8.02

In dem Rechtsstreit

hat der 14. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 31. Juli 2002 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., den Richter am Oberlandesgericht ... und die Richterin am Landgericht ...

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 13. Februar 2002 aufgehoben.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 35.000,-- € nebst 4 % Zinsen seit dem 26. März 2001 zu zahlen. Hinsichtlich des weitergehenden Zinsanspruchs wird die Klage abgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt von der Beklagten Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes wegen der Verletzungen, die er bei einem Verkehrsunfall am 26. Mai 1997 erlitten hat. Die Parteien streiten darüber, ob die Haftung der Beklagten gemäß § 104 SGB VII ausgeschlossen ist.

Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass sich der Unfall auf einem Betriebsweg ereignet habe, so dass für den Arbeitgeber das Haftungsprivileg eingreife. Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers.

Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO n.F. Bezug genommen. Der Sach- und Streitstand hat sich in der Berufungsinstanz nicht geändert.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld nebst 4 % Zinsen seit dem 26. Mai 1997 bis zum 30. April 2000 und eines Zinssatzes in Höhe von 5 %-Punkte über dem jeweiligen Diskontsatz der Europäischen Zentralbank seit dem 01. Mai 2000 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

II.

Die angefochtene Entscheidung ist aufzuheben, weil die vom Landgericht zugrunde gelegten Tatsachen eine anderen Entscheidung rechtfertigen (§§ 513 Abs. 1, 529 Abs. 1 Nr. 1, 540 Abs. 1 ZPO n.F.).

Die Klage ist dem Grunde nach gerechtfertigt; dem Kläger sind bereits jetzt durch Teilurteil auf Grund der unten aufgeführten unstreitigen Schadensfolgen 35.000,-- € zuzusprechen.

Die Beklagte haftet dem Kläger gemäß §§ 823 Abs. 1, 847 BGB, 3 Nr. 1 PflVG für den eingetretenen immateriellen Schaden. Denn der Fahrer des Kleintransporters ..., der Arbeitskollege des Klägers, R..., hat den Unfall fahrlässig verursacht. Er kam infolge Unaufmerksamkeit mit dem Fahrzeug nach rechts von der Fahrbahn ab und verlor die Kontrolle über den Kleintransporter, als er versuchte, durch Gegenlenken eine Kollision mit den Alleebäumen zu verhindern. Dabei schleuderte er mit dem von ihm gelenkten Fahrzeug auf die Gegenseite und stieß mit einem in Gegenrichtung fahrenden Lastkraftwagen zusammen, wodurch die Insassen den Kleintransporters, darunter der Kläger, schwer verletzt wurden. Das Verschulden des Fahrers R... an diesem Unfall steht außer Streit; lediglich das Ausmaß der Verletzungen des Klägers bestreitet die Beklagte.

Die Beklagte hat als Haftpflichtversicherung des Kleintransporters für diesen Schaden einzutreten; ihre Haftung ist entgegen der Ansicht des Landgerichts nicht gemäß §§ 104 Abs. 1 S. 1, 105 Abs. 1, 106 Abs. 3 SGB VII ausgeschlossen. Denn der Unfall hat sich nicht auf einem Betriebsweg ereignet.

Nach den §§ 104, 105 SGB VII werden Unternehmer und sonstige in dem Betrieb beschäftigte Personen, die einen Versicherungsfall durch eine betriebliche Tätigkeit verursachen, von der Haftung für Personenschäden nur dann freigestellt, wenn der Versicherungsfall nicht vorsätzlich oder auf einem nach § 8 Abs. 2 Nrn. 1-4 SGB VII versicherten Weg verursacht wurde. Der Fahrer R... gehörte zwar zu dem nach § 105 Abs. 1 SGB VII geschützten Personenkreis. Er löste den Versicherungsfall jedoch nicht durch eine betriebliche Tätigkeit aus, vielmehr ereignete sich der Unfall auf einem Weg, der von dem Haftungsprivileg nicht erfasst wurde.

Unter Betriebs- und Arbeitswegen, die der versicherten Tätigkeit selbst zugeordnet und somit nach § 8 Abs. 1 SGB VII versichert und damit von dem Haftungsprivileg erfasst sind, sind nur diejenigen Wege zu verstehen, die in Ausübung der versicherten Tätigkeit ausgeführt werden. Für die Abgrenzung eines Betriebsweges von einem nach § 8 Abs. 2 Nr. 1-4 SGB VII versicherten Weg ist dabei nicht von Bedeutung, ob der Versicherte den Weg, den er im Auftrag oder im Interesse des Betriebs ausführt, innerhalb oder außerhalb der Betriebsstätte zurücklegt (Kater/Leube, Gesetzliche Unfallversicherung SGB VII, 1997, § 2 Rdnr. 53). Der Versicherungsschutz knüpft vielmehr an einen rechtlich wesentlichen inneren sachlichen Zusammenhang zwischen der Tätigkeit und dem Unternehmen an (Kater/Leube aaO. Vor §§ 2-6 Rdnr. 17 mwN.). Demgemäß sind Dienst- und Geschäftsreisen Teil der bereits nach § 8 Abs. 1 SGB VII versicherten Tätigkeit, da sie stärker als die nach § 8 Abs. 2 Nrn. 1-4 SGB VII versicherten Wege betrieblichen Interessen dienen (Schmitt SGB VII, 1998, § 8 Rdnr. 41). Gleichermaßen kann es für das Vorliegen eines Betriebsweges nicht auf die zeitliche Verbindung mit der betrieblichen Tätigkeit ankommen.

Der von dem Fahrer R... verschuldete Verkehrsunfall ereignete sich nicht auf einem solchen Betriebsweg. Der Kläger und die Insassen des Kleintransporters befanden sich zum Unfallzeitpunkt mit dem Betriebsfahrzeug nicht auf dem Rückweg von der Tagesarbeitsstätte zum Sitz des Unternehmens, sondern auf dem Heimweg. Darin unterscheidet sich der vorliegende Fall von der Sache 14 U 44/00, in der der Senat seiner Entscheidung das Haftungsprivileg (§ 105 Abs. 1 Satz 1 SGB VII) zugrunde gelegt hat. In jenem Fall hatten die Mitarbeiter des Betriebes zwar ihre eigentliche betriebliche Tätigkeit auf der Tagesarbeitsstätte beendet, befanden sich aber noch nicht auf dem Heimweg. Denn beabsichtigt war nicht die direkte Fahrt von der Tagesarbeitsstätte nach Hause, sondern der Rücktransport der Mitarbeiter zum Betriebssitz. Das Zurücklegen dieses Weges von einer externen Baustelle, bei der der Versicherte eingesetzt ist, zum Sitz des Unternehmens unterliegt als Betriebsweg aber der Regelung in § 8 Abs. 1 SGB VII (Schmitt aaO. § 8 Rdnr. 138; vgl. auch Rolfs, Die Neuregelung der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerhaftung bei Arbeitsunfällen durch das SGB VII NJW 1996, 3177, 3179; Waltermann, Änderungen im Schadensrecht durch das neue SGB VII NJW 1997, 3401, 3402).

Im Gegensatz zu jenem Fall befanden sich der Kläger und die Insassen des Kleintransporters auf dem Heimweg. Hat der Arbeitnehmer die Arbeitsstätte verlassen und unmittelbar die Rückfahrt nach Hause angetreten, besteht in der Regel keine unmittelbare äußere und innere Beziehung mehr zu seiner versicherten Tätigkeit. Schon unter der Geltung der Reichsversicherungsordnung (RVO) und der zu ihr ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung, die hinsichtlich der Abgrenzungskriterien zwischen Wege- und Betriebswegeunfall auch nach der gesetzlichen Neuregelung heranzuziehen ist (BGHZ 145, 311, 315), wäre die Beklagte nicht von der Haftung aus dem Verkehrsunfall für Personenschäden befreit gewesen. Nach den §§ 636, 637 RVO war in Fällen dieser Art zu entscheiden, ob der Versicherungsfall während der "Teilnahme am allgemeinen Verkehr" eintrat, oder ob es sich um einen innerbetrieblichen Vorgang handelte. Dabei genügte allerdings allein der Umstand, dass der Unfall im Straßenverkehr erfolgte, als Voraussetzung für die Entsperrung des Haftungsausschlusses nicht. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH VersR 1959, 52, 53; BGHZ 116, 30, 34) kam es vielmehr darauf an, ob sich der Unfall im Verhältnis zwischen Schädiger und Geschädigtem als innerbetrieblicher bzw. innerdienstlicher Vorgang darstellte. Entscheidend war, ob sich in dem Unfall das betriebliche Verhältnis zwischen Schädiger und dem Geschädigten manifestiert oder ob insoweit zur dienstlichen bzw. betrieblichen Beziehung zwischen beiden kein oder nur ein loser Zusammenhang bestanden hatte (BGHZ 116, 30, 34). So stellte beispielsweise die Mitnahme von Arbeitskollegen im Privatfahrzeug zur Arbeitsstelle und zurück eine Teilnahme am allgemeinen Verkehr dar, weil die Fahrt zur Arbeitsstelle grundsätzlich als Privatsache anzusehen war. Demgegenüber war eine Teilnahme am allgemeinen Verkehr insbesondere dann zu verneinen, wenn die Fahrt durch die Organisation als innerbetrieblicher Vorgang gekennzeichnet war, wie bei Werksfahrten, Fahrten auf dem Werksgelände, aber auch bei Einsatz eines betriebseigenen Fahrzeuges bei der Fahrt von einer Betriebs- bzw. Arbeitsstelle zu einer anderen.

Angesichts dieser Beispiele kann kein Zweifel bestehen, dass der Unfall auf dem Heimweg "bei Teilnahme am allgemeinen Verkehr" im Sinne des Unfallversicherungsrechts nach der RVO erfolgte. Die streitgegenständliche Fahrt weist keine typischen Merkmale für einen innerbetrieblichen Vorgang auf. Der Fahrer und seine Arbeitskollegen waren auf der Heimfahrt von jeder Direktionsgewalt des Arbeitgebers frei; sie entschieden die Fahrtroute, die Ankunftszeit und darüber, wann und wo jeder der Insassen das Fahrzeug verließ. Die Tatsache, dass sie mit einem betriebseigenen Fahrzeug unterwegs waren und das Fahrzeug nicht zu anderen Zwecken nutzen durften, steht dieser Annahme nicht entgegen; sie gibt der Heimfahrt nicht das Gepräge als "Dienstfahrt". Zwar mag dieses von dem Unternehmen angeschaffte und unterhaltene Fahrzeug den auswärtigen Betriebsangehörigen gerade zu dem Zweck zur Verfügung gestellt worden sein, gemeinsame Fahrten von Wriezen zu den jeweiligen Baustellen und zurück durchzuführen. Sie unterlagen jedoch nicht den Weisungen ihrer Vorgesetzten, soweit es um den Weg und die weiteren Einzelheiten des Transportes ging. So bestimmten die Betriebsangehörigen selbst den Fahrer, bei dem dann das Fahrzeug über Nacht verblieb. Das Unternehmen stellte also keinen Fahrer zur Verfügung, sondern überließ es den Mitarbeitern, die den Transport eigenverantwortlich organisierten. So wurden weder die Fahrtroute noch die Reihenfolge, in der die Betriebsangehörigen nach Hause gebracht werden sollten, von der Unternehmensleitung bestimmt. Die Heimfahrten waren somit nicht durch die innerbetriebliche Organisation geprägt. Die Beförderung der Arbeitnehmer mag zwar im Interesse des Arbeitgebers gelegen haben, weshalb er auch das Fahrzeug zur Verfügung stellte, doch wurde sie dadurch nicht zum integrierten Bestandteil der Betriebsorganisation.

Die Neuregelung des Rechtes der gesetzlichen Unfallversicherung zum 1. Januar 1997 brachte zwar einige relevante Änderungen mit sich (vgl. hierzu Waltermann aaO. 3401), die sich indes nicht in einer für den Kläger ungünstigeren Rechtsposition auswirken. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollen die Wegeunfälle vom Haftungsprivileg nicht erfasst werden, weil die betrieblichen Risiken dort keine Rolle spielen. Von dem Haftungsprivileg ausgenommen sind nach der Gesetzesbegründung deshalb ausdrücklich diejenigen Betriebswege, die nach dem bisher geltenden Recht als Teilnahme am öffentlichen Verkehr behandelt wurden (BT-Drucksache 13/2204 S. 100). Der Gesetzgeber knüpft hiermit an die Unterscheidung zwischen Wegeunfällen, d.h. Unfällen auf Wegen gemäß § 550 Abs. 1 RVO, und Unfällen auf sogenannten Betriebswegen an. Unter einem Weg im Sinne des § 550 Abs. 1 RVO war das Sichfortbewegen des Versicherten zum erstmalig aufgesuchten Ort der Tätigkeit oder sein Verlassen zu verstehen. Begab sich der Versicherte nach Aufsuchen des Betriebes im Rahmen seiner betrieblichen Arbeitstätigkeit an einen weiteren Ort, z.B. vom Betriebshof des Unternehmens zur Baustelle, so handelte es sich nunmehr um einen Betriebsweg, der nicht unter § 550 Abs. 1 RVO, sondern § 548 Abs. 1 Satz 1 RVO fiel (Schulin: Handbuch des Sozialversicherungsrechts Bd. 2 1996, § 33 Rdnr. 41). Auch nach dieser Definition befanden sich die Insassen nicht auf einem Betriebsweg, nämlich dem Weg von der Tagesarbeitsstätte zurück zur Betriebsstätte, vielmehr auf einem Weg, der als Heimfahrt nur eine lose Verbindung. zur Tätigkeit aufwies.

Soweit die Beklagte sich für ihre gegenteilige Ansicht auf Entscheidungen des BGH (BGHZ 145, 311 ff) und des OLG Stuttgart vom 15.08.2001 (4 U 258/00) bezieht, verkennt sie, dass diesen Entscheidungen andere Sachverhalte zugrunde lagen. Der Bundesgerichtshof verneinte einen Wegeunfall, weil der Unfall sich bei einem in den Schulbetrieb eingegliederten Schülertransport, bei dem ein in der auswärtigen Schulstätte während der Woche untergebrachter Schüler verletzt wurde, ereignet hatte. Im vorliegenden Fall aber handelt es sich um die Rückfahrt des Klägers von seinem betrieblichen Einsatzort nach Hause, die ebenso wie die Fahrt zur Arbeitsstelle oder zum auswärtigen Beschäftigungsort grundsätzlich Privatsache und damit von der Haftungsbeschränkung nicht erfasst ist (vgl. BGHZ 116, 30, 34). Das Oberlandesgericht Stuttgart schließlich nahm einen Betriebsunfall deshalb an, weil sich der Verkehrsunfall von der Rückfahrt von einer auswärtigen Baustelle in Richtung Firmensitz des Anstellungsunternehmens ereignete und die Fahrt auf Anordnung des Arbeitgebers erfolgte. Davon kann hier keine Rede sein. Nicht ein betriebliches Risiko hat sich hier verwirklicht, sondern das "normale" Risiko, das jeder Verkehrsteilnehmer eingeht.

Das angefochtene Urteil war daher abzuändern; die Klage ist dem Grunde nach gerechtfertigt.

Soweit es um die Höhe des Schmerzensgeldes geht, sind die dafür maßgeblichen Tatsachen nur zum Teil streitig. Deshalb hat der Senat ein Teilurteil erlassen und dabei nur die nachfolgend aufgeführten Verletzungen und sonstigen Schadensfolgen berücksichtigt, die der Kläger durch den Unfall unstreitig erlitten hat. Insoweit kann der Kläger zum Ausgleich der erlittenen immateriellen Beeinträchtigungen von der Beklagten ein Schmerzensgeld von 35.000,-- € verlangen.

Die Bemessung des dem Kläger zustehenden Schmerzensgeldes hat dessen Ausgleichs- und Genugtuungsfunktion Rechnung zu tragen. Maßgeblich für die Höhe des Schmerzensgeldes sind insbesondere Ausmaß und Schwere der Verletzungen sowie die Dauer der stationären Behandlung und der Arbeitsunfähigkeit des Geschädigten. (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. zu allem auch Küppersbusch, Ersatzansprüche bei Personenschaden, 7. Aufl. 2000, Rn. 190 ff., mwN).

Die verschiedenen Gesichtspunkte sind im Rahmen einer Ermessensentscheidung zu werten. Einen groben Orientierungsrahmen bilden dabei Urteile, die in vergleichbaren Fällen ergangen und insbesondere in sogenannten Schmerzensgeldtabellen zusammengefasst sind. Bei der vergleichenden Betrachtung mit früheren Erkenntnissen sind freilich stets die inzwischen eingetretene wirtschaftliche Entwicklung, die geänderten allgemeinen Wertvorstellungen zum Schmerzensgeld sowie die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalls zu berücksichtigen (vgl. Küppersbusch, aaO. Rn. 195).

Gemessen an diesen Anforderungen ist ein Schmerzensgeld in Höhe von 35.000,-- € als angemessene Entschädigung für die nachfolgenden, unstreitigen immateriellen Unfallfolgen mindestens zuzuerkennen. Der Kläger erlitt auf Grund des Unfalls

- eine dislozierte Fraktur der Hüftpfanne links mit Aussperrungen größerer Knochenfragmente,

- eine traumatische Hüftgelenksverrenkung links,

- eine dislozierte Mittelgesichtsfraktur,

- eine Gehirnerschütterung 1. Grades mit Kopfplatzwunde rechtsseitlich mit durchgehender Wunde an der Unterlippe,

- eine Prellung des Brustkastens sowie

- einen traumatischen Schneidezahnverlust am Oberkiefer.

Zur Behandlung waren mehrere operative Eingriffe sowie länger dauernde stationäre und ambulante Behandlungen erforderlich. Insbesondere musste dem Kläger unfallbedingt ein künstliches Hüftgelenk eingesetzt werden. Bereits auf Grund dieser erheblichen Verletzungen und Unfallfolgen, die für den Kläger mit einer hohen Einbuße an Lebensqualität verbunden war, steht ihm eine billige Entschädigung in Geld von mindestens 35.000 € zu. Wegen der weiteren Unfallfolgen hat der Senat die Einholung eines Gutachtens eines medizinischen Sachverständigen angeordnet.

Der Zinsanspruch resultiert aus § 288 a.F. BGB. Zinsen stehen dem Kläger erst als Verzugszinsen ab dem 26. März 2001 und nur in Höhe von 4 % zu, da der gesetzliche Zinssatz von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontüberleitungsgesetzes vom 9. Juni 1998 gemäß § 288 Abs. 1 n.F. BGB nach Art. 229 Abs. 1 Satz 3 EGBGB nur Forderungen erfasst, die ab dem 1. Mai 2000 fällig werden.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Kostenentscheidung ist dem Schlussurteil vorzubehalten.

III.

Der Wert des Streitgegenstandes für die Berufungsinstanz wird auf 75.000,-- € festgesetzt.

IV.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 II Nr. 1 ZPO n.F.) und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordert (§ 543 II Nr. 2 ZPO n.F.).

Ende der Entscheidung

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