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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 14.11.2002
Aktenzeichen: 15 WF 259/02
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, RegelbetragVO


Vorschriften:

ZPO § 127 Abs. 2 Satz 2 n.F.
BGB § 1603 Abs. 2
RegelbetragVO § 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluß

15 WF 259/02 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In dem Prozeßkostenhilfeverfahren

hat der 3. Senat für Familiensachen des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Gottwaldt, den Richter am Oberlandesgericht Langer und die Richterin am Landgericht Bekis

am 14. November 2002

beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluß des Amtsgerichts - Familiengerichts - Brandenburg an der Havel - Zweigstelle Belzig - vom 16.09.2002 - 42 F 113/02 - aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen.

Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

Die gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO n.F. statthafte und auch im übrigen zulässige Beschwerde der Antragsteller führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung des Prozeßkostenhilfeverfahrens an das Amtsgericht. Die Gründe tragen die Entscheidung nicht; sie verkennen die Darlegungs- und Beweislast in einem auf Zahlung von Unterhalt für ein minderjähriges Kind gerichteten gerichtlichen Verfahren.

Es ist anerkannt und entspricht der ständigen Rechtsprechung auch des Senats, daß ein minderjähriges Kind, das - wie hier - den barunterhaltspflichtigen Elternteil lediglich auf Zahlung von Unterhalt in Höhe des in den Regelbeträgen nach der RegelbetragVO zum Ausdruck kommenden Mindestunterhaltsbedarfs in Anspruch nimmt, zur Höhe des Bedarfs und zur Leistungsfähigkeit des in Anspruch genommenen Elternteils keine besonderen Ausführungen machen muß. Vielmehr trägt umgekehrt derjenige, der geltend macht, nicht einmal den Regelbetrag für sein minderjähriges Kind aufbringen zu können, für seine mangelnde Leistungsfähigkeit die volle Darlegungs- und Beweislast (BGH, FamRZ 1998, 357, 359; zuletzt bestätigt durch BGH, NJW 2002, 1269, 1273; Wendl/Staudigl, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 5. Aufl., 2000, § 2, Rdnr. 127 c, 259 a; vgl. auch OLG Koblenz, FamRZ 2000, 605, 606 [für einen Selbständigen]). In jüngerer Zeit wird, gestützt auf § 1612 b Abs. 5 BGB n.F., zunehmend sogar die Auffassung vertreten, dies gelte, darüber hinausgehend, bis zu einem Unterhaltsbedarf von 135 % des Regelbetrages (OLG Naumburg, FamRZ 2002, 343 [2x]; OLG Karlsruhe, FamRZ 2002, 344; Wendl/Staudigl, a.a.O., Nachtrag zu § 8, Rdnr. 365; dagegen allerdings jetzt BGH, NJW 2002, 1269, 1273). Die Darlegungslast des Unterhaltspflichtigen besteht zum einen darin, daß er sein tatsächliches Einkommen konkret darstellt (BGH, FamRZ 1998, 357, 359; BGH, FamRZ 1980, 770; OLG Stuttgart, FamRZ 1983, 1267), und, sofern dieses Einkommen zur Zahlung des Mindestunterhalts nicht ausreicht, zum anderen darin, daß er im einzelnen dartut, daß und warum es ihm nicht möglich ist, auf andere Weise ein zur Sicherstellung des Mindestunterhaltsbedarfs des Minderjährigen ausreichendes Einkommen zu erzielen (BGH, FamRZ 1998, 357, 359; OLG Koblenz, a.a.O.).

Zu all dem hat die Antragsgegnerin bislang nichts vorgetragen. Die knappen Ausführungen in ihrem Schriftsatz vom 25.07.2002 erschöpfen sich im wesentlichen in der Behauptung, es sei "illusorisch, anzunehmen, daß sie als Floristin ein Nettoeinkommen von € 1.606,-- erzielen könnte". Warum die erst 37 Jahre alte Antragsgegnerin, die gemäß § 1603 Abs. 2 BGB gegenüber ihren minderjährigen Kindern eine gesteigerte Erwerbsobliegenheit trifft, bei gehöriger Anstrengung nicht in einem anderen Beruf und/oder durch Aushilfstätigkeiten ein zur Abdeckung des Mindestunterhaltsbedarfs ihrer Kinder hinreichendes Einkommen erzielen könnte, ist nicht zu erkennen. Dann aber ist die beabsichtigte Klage jedenfalls zur Zeit in vollem Umfange begründet, wobei die Antragsteller, die ihren Lebensmittelpunkt in den neuen Bundesländern haben, allerdings noch klarzustellen haben werden, daß Unterhalt lediglich jeweils in Höhe des Regelbetrages gemäß § 2 RegelbetragVO (= Regelbetrag/Ost) verlangt wird. Solange nicht die Antragsgegnerin zu ihrer mangelnden Leistungsfähigkeit wesentlich substantiierter vorträgt als bisher geschehen, ist für eine Mangelbetrachtung, wie sie das Amtsgericht vornehmen zu müssen gemeint hat, kein Raum.

Danach erweist sich die angefochtene Entscheidung als fehlerhaft, so daß sie aufzuheben ist. Bei seiner erneuten Entscheidung wird das Amtsgericht jedenfalls nach dem bisherigen Sach- und Streitstand die Erfolgsaussichten der beabsichtigten Rechtsverfolgung, jedenfalls soweit sie sich im Rahmen der Regelbeträge nach § 2 RegelbetragVO hält, nicht verneinen können, sondern nur noch zu entscheiden haben, ob die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Antragsteller eine Bewilligung von Prozeßkostenhilfe zulassen oder nicht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 127 Abs. 4 ZPO.

Ende der Entscheidung

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