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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 12.08.2008
Aktenzeichen: 2 U 11/07
Rechtsgebiete: BGB, StHG, GO Bbg, EGBGB, AGBG, ZPO


Vorschriften:

BGB § 204 Abs. 1 Nr. 3
BGB § 839
BGB § 839 Abs. 1 S. 2
BGB § 852 a.F.
BGB § 852 Abs. 2
StHG § 1
GO Bbg § 86 Abs. 1 S. 2
EGBGB Art. 229 § 6
EGBGB Art. 229 § 6 Abs. 3
EGBGB Art. 229 § 6 Abs. 4
AGBG § 3 a.F.
ZPO § 167
ZPO § 529 Abs. 1 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 2. Februar 2007 verkündete Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Cottbus, Az. 5 O 34/07, wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand: I.

Die Klägerin begehrt als Rechtsnachfolgerin der Gemeinde G. aus Amtshaftung Schadensersatz und Freistellung von Zinsansprüchen - in erster Instanz in Höhe von insgesamt 5.621.936,40 €, in zweiter Instanz in Höhe von nunmehr noch 4.463.616,92 € - gegenüber dem Beklagten wegen Verletzung kommunalaufsichtsrechtlicher Pflichten des Landrates. Als Anknüpfungspunkte für die Haftung sieht die Klägerin die Genehmigung der Bestellung der modifizierten Ausfallbürgschaft vom 14. Dezember 1994, die Zustimmung zur Auszahlung der dritten Kreditrate von Ende Juni 1995 sowie die Genehmigung der Änderung des Bürgschaftszwecks vom 4. Juni 1998.

Hinsichtlich des weiteren Sachverhalts wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils des Landgerichts Cottbus vom 2. Februar 2007 Bezug genommen, wobei klarstellend darauf hingewiesen wird, dass das Landgericht begrifflich nicht zwischen dem Landrat und dem beklagten Landkreis unterschieden hat.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Beklagte sei als Anstellungskörperschaft des Landrates passivlegitimiert. Auch habe die streitgegenständliche Amtspflicht gegenüber der Rechtsvorgängerin der Klägerin bestanden. Eine Amtspflichtverletzung könne zwar nicht in Bezug auf die Genehmigungen des Landrats vom 14. Dezember 1994 und 4. Juni 1998 festgestellt werden, jedoch sei eine solche hinsichtlich der Genehmigung der Auszahlung der dritten Kreditrate in Höhe von 4.220.561,- € (8.254.700,- DM) zu verzeichnen. Diesbezüglich sei der Gemeinde aber ein Mitverschulden des Bürgermeisters und des Amtsdirektors anzurechnen. Ihr allein habe die Mittelverwendungskontrolle oblegen, sodass ein Mitverschulden in einem Umfang von 75 % angenommen werden müsse. Eine anderweitige Ersatzmöglichkeit habe nicht bestanden, da das Insolvenzverfahren gegen die N. Fertighäuser GmbH (im Folgenden: N.) mangels Masse abgewiesen worden und der Aufenthalt der Gesellschafter unbekannt sei.

Der Anspruch sei jedoch verjährt. Die Verjährung habe im November 1998, zumindest im Februar 1999 begonnen, als bekannt geworden sei, dass die Gesellschafter unbekannten Aufenthalts seien und die Gemeinde von der W. mit Schreiben vom 23. Februar 1999 in Anspruch genommen worden sei. Nicht zutreffend sei die Auffassung der Klägerin, wonach die Rechtslage im Hinblick auf die Drittbezogenheit unklar gewesen sei. Vielmehr habe der BGH in dem von der Klägerin zitierten Urteil vom 12. Dezember 2002 seine frühere Rechtsprechung lediglich fortgeführt. Die dreijährige Verjährungsfrist sei auch nicht gehemmt worden. Die Klägerin habe den Beweis für ihre Behauptung, es habe zwischen den Parteien Verhandlungen gegeben, nicht führen können. Die Beweisaufnahme habe einen hierfür erforderlichen Meinungsaustausch nicht ergeben. Schließlich habe der Mahnbescheid - den Verjährungsbeginn erst auf den 2. Mai 2001, mit Zugang des Schreibens vom 26. April 2001, in dem die W. den Ausfall der Bürgschaft unter Übersendung des Beschlusses des Insolvenzgerichts feststellt, bezogen - die Verjährung nicht unterbrochen. Denn dieser sei nicht hinreichend bestimmt gewesen. Ein etwaiger Anspruch nach dem Staatshaftungsgesetz sei verjährt.

Die Klägerin hat gegen dieses Urteil Berufung eingelegt. Sie ist der Auffassung, das Urteil sei rechtsfehlerhaft. Das Landgericht habe bei der Bestimmung des Verjährungsbeginns verkannt, dass Ziffer 3 der Ausfallbürgschaft, auf die sich das Landgericht bei seiner Begründung gestützt habe, als überraschende Klausel allgemeiner Geschäftsbedingungen zu bewerten sei, mit der Folge, dass eine Inanspruchnahme der Gemeinde lediglich im Hinblick auf die wirksame Ziffer 2 der Ausfallbürgschaftserklärung möglich gewesen sei. Insofern sei der Ausfall wirksam erst mit dem Schreiben vom 26. April 2001 festgestellt worden. Die Verjährung habe daher erst mit Zustellung dieses Schreibens zu laufen begonnen. Der Mahnbescheid, auf dessen Grundlage ein Vollstreckungsbescheid hätte erlassen werden können, habe die Verjährung wirksam unterbrochen; der Beklagte habe nach dessen Zustellung den Kommunalen Schadensausgleich benachrichtigt, und - in Unkenntnis des Beweisergebnisses - Widerspruch eingelegt. Der Beklagte sei auch stets über den Stand der Vergleichsverhandlungen unterrichtet gewesen. Er habe auch erstinstanzlich selbst eingeräumt, dass anderweitige Haftungsansprüche zwischen der Gemeinde und dem Beklagten nicht bestünden. Das Landgericht habe die Zeugenaussagen auch fehlerhaft gewürdigt. Vielmehr ergebe sich aus den insoweit übereinstimmenden Aussagen aller Zeugen, dass Verhandlungen - dieser rechtliche Begriff sei weit auszulegen - über den Amtshaftungsanspruch stattgefunden hätten. Schließlich sei von dem Anspruch kein Mitverschuldensanteil in Abzug zu bringen. Hierbei sei - anders als das Landgericht annehme - zunächst darauf abzustellen, dass fehlerhaft bereits seitens des Landrats vor Erteilung der Genehmigung vom 14. Dezember 1994 eine Bonitätsprüfung nicht stattgefunden habe. Dies habe Einfluss auf die Frage eines Mitverschuldens des ehrenamtlich handelnden Bürgermeisters der Gemeinde bzw. des Amtsdirektors des Amtes N./S. und der überwiegenden Verantwortlichkeit des hauptamtlich tätigen Landrates, dem der Schutz der Gemeinde obliege.

Die Klägerin, die nunmehr nur noch Schadensersatz und Freistellung in Bezug auf die dritte und vierte Kreditrate in Höhe von insgesamt 4.463.616,92 € begehrt und die Berufung insoweit begrenzt hat, beantragt unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Cottbus vom 2. Februar 2007, Az. 5 O 34/07, den Beklagten zu verurteilen,

1. an sie 690.830,76 € zuzüglich Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz

auf 74.074,69 € vom 18. April bis 30. Juni 2004,

auf 148.149,38 € vom 1. Juli bis 30. September 2004,

auf 222.224,07 € vom 1. Oktober bis 31. Dezember 2004,

auf 296.298,76 € vom 1. Januar bis 31. März 2005,

auf 370.373,45 € vom 1. April bis 30. Juni 2005,

auf 444.448,14 € vom 1. Juli bis 30. September 2005,

auf 526.575,68 € vom 1. Oktober bis 31. Dezember 2005,

auf 608.703,22 € vom 1. Januar bis 31. März 2006 sowie

auf 690.830,76 € seit dem 1. April 2006 zu zahlen;

2. sie ab dem 1. April 2006 bis zu einem weiteren Betrag von 3.772.786,16 €

a. von weiteren Zins- und Tilgungsleistungen an die W. Landesbank, ..., von derzeit vierteljährlich 35.662,61 € aufgrund des Kreditvertrages Nr. 3523850026 vom 27. Juni 2002 freizustellen,

b. sowie von weiteren Zins- und Tilgungsleistungen an die W. Landesbank, ..., von derzeit vierteljährlich 46.464,93 € aufgrund des Kreditvertrages Nr. 3523850018 vom 27. Juni 2002

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil, hält die Begründung des Landgerichts zur Verjährung für rechtsfehlerfrei und vertieft seinen erstinstanzlichen Vortrag. Hinsichtlich des Vortrags zum Vorliegen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen rügt er Verspätung. Im Übrigen macht er weiterhin geltend, dass er nicht passivlegitimiert und die Gemeinde nicht geschützter Dritter im Sinne des § 839 BGB sei. Eine zum Schadensersatz führende Pflichtverletzung sei - entgegen der Auffassung des Landgerichts - auch in Bezug auf die Zustimmung zur Auszahlung der dritten Kreditrate zu verneinen. Der Umstand, dass die Kreditmittel nicht zweckdienlich verwendet worden seien, falle allein in den Verantwortungsbereich der Klägerin. Das Mitverschulden, das der Klägerin zuzurechnen sei, überwiege nach Auffassung des Beklagten ein etwaiges Verschulden des Landrates.

Entscheidungsgründe: II.

Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt. Mit der Rüge, das Landgericht habe die rechtlichen Grundsätze verkannt und die Zeugenaussagen fehlerhaft gewürdigt, stützt der Kläger die Berufung sowohl auf eine Rechtsverletzung als auch auf eine fehlerhafte Tatsachenfeststellung (§ 513 Abs. 1 ZPO).

Die Berufung hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

Das Landgericht hat zutreffend festgestellt, dass der Klägerin gegen den Beklagten zwar dem Grunde nach ein Schadensersatzanspruch aus dem Gesichtspunkt der Amtshaftung (§ 839 Abs. 1 BGB in Verbindung mit Art. 34 Satz 1 GG) - zusteht (dazu Ziffer 1.), der Anspruch jedoch verjährt ist (unten Ziffer 2.). Ein Anspruch aus § 1 Staatshaftungsgesetz scheitert ebenfalls am Eintritt der Verjährung (siehe unten Ziffer 3.).

Die mit der Berufung erhobenen Einwendungen der Klägerin greifen nicht durch.

1.1 Soweit der beklagte Landkreis seine Passivlegitimation und die drittschützende Wirkung der von dem Beklagten wahrgenommenen kommunalrechtlichen Aufgaben in Abrede stellt, wird auf die Urteile des Senats vom 6. November 2001 (Az. 2 U 2/01) sowie 16. August 2005 (Az. 2 U 26/04) Bezug genommen. Diese Grundsätze verfolgt der Senat auch hier.

1.2 Auch hinsichtlich der übrigen Feststellungen zu den Tatbestandsvoraussetzungen des § 839 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG sieht der Senat keine Veranlassung, von diesen abzuweichen. Hierzu wird auf die Ausführungen in dem landgerichtlichen Urteil (Seiten 11 bis 14) Bezug genommen. Der Senat erkennt in der als Annex zur Bürgschaftsbestellung unter § 86 Abs. 1 S. 2 GO Bbg zu subsumierenden Zustimmung des Landrates zur Auszahlung der dritten Rate ebenfalls eine Verletzung der diesem obliegenden, aus der Kommunalaufsicht folgenden Amtspflicht. Eine gänzliche Freizeichnung des beklagten Landkreises, wie von dem Beklagten geltend gemacht, widerspräche dem Sinn und Zweck der Kommunalaufsicht.

Hierauf kommt es letztlich jedoch nicht an.

2. Denn ein etwaiger Anspruch der Klägerin wäre, wie das Landgericht weiter zutreffend festgestellt hat, verjährt.

2.1 Der Beginn der Verjährung ist in Übereinstimmung mit dem Landgericht auf November 1998, jedenfalls Februar 1999 festzusetzen.

2.1.1 Die Verjährung richtet sich gemäß Art. 229 § 6 Abs. 3 und 4 EGBGB nach dem vor dem 1. Januar 2002 geltenden § 852 BGB a.F. Danach beträgt die Verjährungsfrist für Ansprüche aus unerlaubter Handlung drei Jahre von dem Zeitpunkt an, in welchem der Verletzte von dem Schaden, seiner eigenen Schadensbetroffenheit und der Person des Ersatzpflichtigen Kenntnis erlangt. Diese Kenntnis ist vorhanden, wenn dem Geschädigten zuzumuten ist, aufgrund der ihm bekannten Tatsachen gegen eine bestimmte Person eine Schadensersatzklage, zumindest als Feststellungsklage, zu erheben. Es kommt auf die Kenntnis der anspruchsbegründenden Tatsachen, nicht auf deren Würdigung an (BGH NJW 1996, 117; Senat, Urteil vom 16. August 2005, Az. 2 U 26/04; Palandt/Thomas, BGB, 61. Aufl., § 852 Rn. 4). Wie das Landgericht zutreffend ausführt, gehört hierzu auch die Kenntnis darüber, dass anderweitige Ersatzmöglichkeiten im Sinne des § 839 Abs. 1 S. 2 BGB nicht bestehen. Dazu ist die Kenntnis erforderlich, dass die anderweitige Ersatzmöglichkeit - die begründete Aussicht auf Erfolg bieten muss - den Schaden zumindest teilweise nicht deckt und deshalb die Erhebung einer Feststellungsklage zumutbar ist (BGH NJW 1988, 1146). Nicht nötig ist hingegen die Kenntnis aller Einzelheiten, und dass der anzustrengende Prozess mehr oder weniger risikolos erscheint (BGH NJW 1994, 3092).

2.1.2 Diese Kenntnis hatte die Klägerin bereits Ende des Jahres 1998, spätestens Anfang des Jahres 1999. Dies zeigt sich insbesondere darin, dass sie in ihrem an die N. gerichteten Schreiben vom 3. November 1998 (Bl. 140) selbst darauf hinwies, sie gehe davon aus, dass die Kreditsumme nicht mehr verfügbar sei und der Verdacht des Betruges durch die Gesellschafter der N. nahe liege. Nachdem die N. auf die mit diesem Schreiben verbundene Aufforderung, weitere Unterlagen zu übersenden und Informationen zu erteilen, nicht reagiert hatte, erstattete der stellvertretende Bürgermeister der Gemeinde daraufhin Strafanzeige. Zu diesem Zeitpunkt bestanden bereits erhebliche Zahlungsrückstände der N., was der Klägerin im Hinblick auf das Schreiben der W.vom 7. September 1998 bekannt war. Nachdem der Kreditvertrag gekündigt worden war - wobei die Zustellung missglückte - und der Kreditbetrag gesamtfällig gestellt wurde, bat die W. mit Schreiben vom 23. Februar 1999 (Bl. 363) das Amt N./S., das das Schreiben der Gemeinde zur Kenntnis brachte, Pfandfreigabe betreffend den Kaufpreis für veräußerte Grundstücksparzellen in Höhe von 400.000,- DM zu erklären, und teilte mit, die Gemeinde aus der Bürgschaft in Anspruch nehmen zu wollen. Die Gemeinde hatte nach allem bereits zu diesem Zeitpunkt hinreichende Kenntnis aller Tatsachen, die für die Geltendmachung des Anspruchs gegenüber dem Beklagten nach oben genannten Grundsätzen erforderlich gewesen wären. Hiermit korrespondiert auch das in der Folge zu verzeichnende stetige Bemühen, unter Einbeziehung des Beklagten und des Ministeriums des Innern mit der W. eine vergleichsweise Regelung zu erzielen. Aus dem Vortrag der Klägerin ergibt sich auch nicht, dass diese davon ausging, gar nichts an die W. zahlen zu müssen. Vielmehr waren lediglich der konkrete Zeitpunkt der Inanspruchnahme und die Höhe des Ausfalls fraglich. Dies war für den Beginn der Verjährungsfrist jedoch unerheblich. Eine Feststellungsklage wäre aufgrund dieser offenen Fragen jedenfalls nicht ausgeschlossen gewesen. Soweit die Klägerin möglicher Weise gehofft hat, die W. könne die Gläubigerin des Kreditvertrages, die N., in Anspruch nehmen, so muss ihr angesichts des (plötzlich) unbekannten Aufenthaltes der Gesellschafter, der lediglich geringen Kaufpreiserlöse für die veräußerten Grundstücke in Höhe von insgesamt 400.000,- DM und der ansonsten ausgebliebenen oder jedenfalls nicht verwertbaren Bauleistungen jedoch bewusst gewesen sein, dass die W. einen Großteil der Forderung ihr gegenüber geltend machen würde. Dass dies tatsächlich auch so war, zeigen die Inhalte der von der Klägerin pauschal dargestellten Gespräche in den Jahren 1999 bis 2002.

Damit stand bereits zum damaligen Zeitpunkt fest, dass die N. ihren Verpflichtungen aus dem Bürgschaftsvertrag bereits in einem erheblichen Umfang nicht nachgekommen war, nennenswerte Bauleistungen und verwertbare Sicherheiten nicht zu verzeichnen waren, die Gemeinde daher von einer Inanspruchnahme aus der Bürgschaft ausgehen musste und die Durchsetzung von Ansprüchen gegen Dritte, namentlich der Gesellschafter der N. oder der Gesellschaft selbst, nicht Erfolg versprechend schien.

2.1.3 Die Bürgschaftsforderung gegen die Klägerin war zu diesem Zeitpunkt - die Fälligkeit als Voraussetzung für den Eintritt der Verjährung unterstellt - auch bereits fällig, die Bedingungen zu Ziffer 3. aus der Bürgschaftserklärung vom 8. Dezember 1994, erfüllt.

Die W. hatte dem Amt N./S. bereits mit dem der Klägerin zur Kenntnis gebrachten Schreiben vom 7. September 1998 (Bl. 138 f.) mitgeteilt, dass sich die N. mit Leistungsraten in Höhe von 1.185.909,90 DM in Rückstand befinde und Stundung beantragt habe. Wie bereits oben ausgeführt, stellte die W. mit Schreiben vom 23. Februar 1999 (Bl. 362 ff.) fest, dass außer den darin benannten veräußerten Teilflächen keine weiteren Grundstücksflächen mehr für den Kredit hafteten, gegenüber der N. erhebliche Verbindlichkeiten bestünden, und angesichts des bisherigen Zahlungsverhaltens nicht davon ausgegangen werden könne, dass der "Leistungsdienst wieder aufgenommen" würde. Das Schreiben schließt damit, dass die Gemeinde G. aus der Bürgschaft in Anspruch genommen werde. Die Kreditinanspruchnahme wurde mit 14.407.904,13 DM, die gesamte, zur Rückzahlung fällige Summe mit 17.199.891,91 DM beziffert. Die W. machte damit unmissverständlich deutlich, die Gemeinde gemäß Ziffer 3. der Bürgschaftsbedingungen, die nach Vorgenanntem zwanglos erfüllt war, in Anspruch zu nehmen.

Soweit die Klägerin hierzu einwendet, die Klausel in Ziffer 3. der Bürgschaftserklärung stelle eine überraschende Klausel im Rahmen Allgemeiner Geschäftsbedingungen dar und verstoße gegen § 3 AGBG (a.F.), dringt dieser Einwand nicht durch.

Der Vortrag, mit dem die Klägerin das Vorliegen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen behauptet, ist erstmals mit der Berufungsbegründung vorgebracht worden, damit verspätet und in der Berufungsinstanz nicht mehr zuzulassen (§ 530, § 531 Abs. 2 in Verbindung mit § 520 Abs. 2 Nr. 4 ZPO). Auch wenn der Einwand im Übrigen auf Rechtsansichten gestützt wird, liegen diesem Tatsachen zugrunde, die von dem beklagten Landkreis bestritten wurden. Der Vortrag, hinsichtlich dessen der Beklagte zudem Verspätung gerügt hat, wäre der Klägerin auch bereits in erster Instanz möglich gewesen. Die Tatsachen als solche mussten der Klägerin bereits im landgerichtlichen Verfahren bekannt gewesen sein. Der Umstand, dass es auf die Bürgschaftserklärung im Rahmen der Verjährung ankommen könnte, war angesichts des bereits früh durch die Kammer des Landgerichts erfolgten Hinweises zur Verjährung ebenfalls erkennbar.

2.1.4 Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen die N. und deren Gesellschafter haben ebenfalls keinen Einfluss auf den Beginn der Verjährung. Da die Anklageerhebung nicht Voraussetzung für die Geltendmachung eines etwaigen zivilrechtlichen Anspruchs gewesen wäre, fehlt es an einer Rechtfertigung für eine Verknüpfung dieses Umstandes mit dem Lauf der Verjährungsfrist.

2.1.5 Hinsichtlich des Einwands der Klägerin, sie habe erst aufgrund des Urteils des BGH vom 12. Dezember 2002 (BGHZ 153, 198 ff.) hinreichend Kenntnis vom drittschützenden Charakter der Amtspflicht erlangt, mit der Folge, dass die Verjährungsfrist frühestens mit Veröffentlichung des Urteils zu laufen begonnen habe, wird auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts (Urteil, Seite 14 f.) verwiesen.

2.1.6 Soweit der Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung vom 22. Juli 2008 eingewandt hat, die Pflichtverletzung sei bereits darin zu sehen, dass die übernommene Bürgschaft eine selbstschuldnerische Bürgschaft darstelle, die unter keinem Gesichtspunkt hätte erteilt werden dürfen, kann dies an dieser Stelle offen bleiben. Denn für die hier allein maßgebliche Verjährung hätte eine - weitere - Pflichtverletzung an dem Beginn der Verjährung nichts geändert. Folgt man der Argumentation, hätte der Klägerin im Jahre 1998 erst recht bewusst sein müssen, dass ein Amtshaftungsanspruch gegen den beklagten Landkreis bestand; dann hätte für die - bereits im November 1998 anwaltlich vertretene Klägerin - eine Pflichtverletzung auf der Hand gelegen.

2.2 Ebenfalls zutreffend hat das Landgericht Verhandlungen zwischen den Parteien im Sinne des § 852 Abs. 2 BGB, die zu einer Hemmung der Verjährung geführt hätten, verneint.

2.2.1 Das für den Beginn der Verjährungshemmung maßgebliche "Verhandeln" ist weit zu verstehen. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH genügt dafür jeder Meinungsaustausch über den Schadensfall zwischen dem Berechtigten und dem Verpflichteten, sofern nicht sofort und eindeutig jeder Ersatz abgelehnt wird. Verhandlungen schweben daher schon dann, wenn der in Anspruch Genommene Erklärungen abgibt, die dem Geschädigten die Annahme gestatten, der Verpflichtete lasse sich auf die Erörterung über die Berechtigung von Schadensersatzansprüchen ein (vgl. BGH, Urteile vom 20.02.2001, VersR 2001, 1167; Urteil vom 08.05.2001, VersR 2001, 1255; Urteil vom 01.03.2005, VersR 2005, 699 jeweils m.w.N.). Die Verjährungshemmung wirkt dabei auf den Zeitpunkt der Geltendmachung der Ansprüche des Berechtigten zurück (vgl. BGH, Urteil vom 11.11.1958, VersR 1959, 34; Urteil vom 13.02.1962, VersR 1962, 615; Urteil vom 07.03.1967, VersR 1967, 502; Urteil vom 28.03.1985, VersR 1985, 642).

2.2.2 Nach diesen Grundsätzen hat das Landgericht im Ergebnis der Beweisaufnahme zutreffend Verhandlungen der Parteien verneint.

Zwar macht die Klägerin mit der Berufung geltend, das Landgericht habe die dieser Frage zugrunde liegenden Tatsachen fehlerhaft festgestellt bzw. gewürdigt. Dies ist jedoch nicht der Fall.

Gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ist die Tatsachenfeststellung des erstinstanzlichen Urteils zugrunde zu legen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellung begründen. Eine Beweiswürdigung ist dabei nur mit der Begründung angreifbar, diese verstoße gegen Denkgesetze oder Erfahrungsgrundsätze oder gesetzliche Vermutungen und Beweislastregeln seien nicht angewandt worden; weiterhin können die rechtliche Möglichkeit, Vollständigkeit und Widerspruchsfreiheit der Beweiswürdigung sowie die fehlerhafte Wiedergabe des Beweisergebnisses angegriffen werden.

Gemessen an diesen Anforderungen kann eine fehlerhafte Beweiswürdigung des Landgerichts nicht festgestellt werden. Vielmehr hat es die Aussagen - wegen deren Inhalts auf das Sitzungsprotokoll vom 20. Dezember 2006 verwiesen wird - inhaltlich zutreffend wieder gegeben und nachvollziehbar dargelegt, aus welchen Gründen es den Aussagen der Zeugen Sch. und B. nicht mehr Glauben schenkt als der der Zeugin K.. Hiergegen hat die Klägerin bereits keine erheblichen Einwendungen erhoben.

Soweit die Klägerin geltend macht, das Landgericht habe das auch von der Zeugin K. - insofern in Übereinstimmung mit den Aussagen der Zeugen Sch. und B. - dargestellte Gespräch vom 10. Mai 1999 rechtlich fehlerhaft gewürdigt und es sei auch danach von verjährungshemmenden Verhandlungen auszugehen, ist dies nicht zutreffend. Denn nach der Aussage der Zeugin K. hat der Landrat, ohne das Gespräch über den Amtshaftungsanspruch von den Verhandlungen über den Bürgschaftsanspruch abhängig machen zu wollen, eine eigene Pflichtverletzung - mit der Folge von Amtshaftungsansprüchen - ernsthaft und endgültig abgelehnt.

Die Aussagen der Zeugen Sch. und B. stimmen bezüglich des damaligen Vorhalts von Pflichtverletzungen oder Amtshaftungsansprüchen - was im Ergebnis denselben Vorhalt darstellt - und der Reaktion des Landrats im Kern auch überein. Danach habe der Landrat jedenfalls vehement etwaige Pflichtverletzungen abgelehnt, mithin abgestritten. Den von der Klägerin aufgezeigten Widerspruch hierzu vermag der Senat nicht zu erkennen.

Die Aussage der Zeugin K. ist auch mit dem Vortrag der Klägerin im Schriftsatz vom 25. Januar 2006 (Bl. 461ff.), in dem die Klägerin zunächst ohne Einschränkung dargestellt hatte, der Landrat habe "ausschließlich auf seine formelle Prüfungspflicht abgestellt und jegliche Verantwortung für eine Mithaftung bereits dem Grunde nach abgelehnt" und sei auch "während der Diskussion nicht von seiner rechtlichen Einschätzung" abgewichen, "er habe seiner - nur - formellen Prüfungspflicht entsprochen und deshalb keine Amtspflichtverletzung dem Grunde nach begangen", in Übereinstimmung zu bringen. Ein Unterschied besteht hingegen mit der weiter dargestellten Behauptung der Klägerin, die von den Zeugen Sch. und B. auch bestätigt wurde, ihre Rechtsvorgängerin und der Landrat seien zunächst damit einverstanden gewesen, eine Klärung dieser streitigen Frage auszusetzen und zunächst eine abgestimmte Haltung der betroffenen Kommunen gegenüber der W. einzunehmen.

Dieser Unterschied wirkt sich jedoch nicht aus. Denn einen Meinungsaustausch über die Frage der Haftung des Landrates oder des Landkreises im Sinne des § 852 Abs. 2 BGB a.F. sieht der Senat darin nicht. Es ist unstreitig, dass die Frage, wie der Gemeinde bei der Inanspruchnahme durch die W. geholfen werden könnte, stets im Vordergrund stand. Daraus kann gerade nicht geschlossen werden, dass sich der Landrat als Verpflichteter auf die Erörterung über die Berechtigung von Schadensersatzansprüchen einlassen wollte, zumal er auch nach dem Vortrag der Klägerin die materielle Prüfungspflicht bereits verneint und sich lediglich auf eine formelle Prüfung berufen habe. Auch hat die Zeugin B. erklärt, dass sie gesagt habe, das Thema "für heute" außen vor zu lassen, woraufhin alle einverstanden gewesen seien. Damit hat aber der Landrat gerade keine Erklärungen abgegeben, die auf eine Diskussion seiner Haftung schließen lassen könnten. Hieran ändert auch letztlich der nach der Aussage der Zeugin seitens des Landrates geäußerte Satz "Darüber werden wir später befinden, wenn wir mit der W... klar gekommen sind." nach Auffassung des Senats nichts.

Des Weiteren erscheinen, wie das Landgericht ebenfalls zutreffend feststellt, Verhandlungen über den Amtshaftungsanspruch auch deshalb unwahrscheinlich, weil in keinem der von den Parteien vorgelegten Schreiben - weder im Betreff noch im Text - ein Amtshaftungsanspruch gegen den Beklagten angesprochen wurde. Gerade angesichts der anwaltlichen Vertretung der Klägerin hätte dies anderenfalls nahe gelegen. Letztlich spricht auch die interne Stellungnahme der Prozessbevollmächtigten vom 28. September 2001 (Bl. 400) gegen eine vorherige Erörterung von Amtshaftungsansprüchen.

Dementsprechend endete die Verjährung spätestens im Februar 2002. Die Änderung der Verjährungsvorschriften hat - ohne den Tatbestand der Hemmung - keinen Einfluss auf den Ablauf der Verjährung.

2.3 Selbst wenn in Übereinstimmung mit der klägerischen Auffassung der Verjährungsbeginn erst mit Zugang des Schreibens, mit dem der Ausfall unter Hinweis auf den Beschluss, mit dem die Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgelehnt wurde, am 2. Mai 1999 angenommen würde, hätte der am 26. April beantragte und am 18. Mai 2004 zugestellte Mahnbescheid die Verjährung nicht gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB in Verbindung mit Art. 229 § 6 EGBGB, § 167 ZPO gehemmt.

Voraussetzung für eine Hemmung ist die hinreichende Individualisierung des Mahnbescheids. Dieser muss den geltend gemachten Anspruch unter bestimmter Angabe der verlangten Leistung bezeichnen (§ 690 Abs. 1 Nr. 3 ZPO). Der Anspruch muss so von anderen Ansprüchen abgegrenzt sein, dass er Grundlage eines der materiellen Rechtskraft fähigen Vollstreckungstitels sein und der Schuldner erkennen kann, welcher Anspruch oder welche Ansprüche gegen ihn geltend gemacht werden, damit er beurteilen kann, ob und in welchem Umfang er sich zur Wehr setzen will (st. Rspr., BGH, Urteil vom 17. November 2005, Az. IX ZR 8/04 m.w.N.). Für den Beklagten, mit dem nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme mit Ausnahme des 10. Mai 1999 eine Erörterung von Amtshaftungsansprüchen nicht stattgefunden hat, war aus dem Mahnbescheid, der zum Anspruchsgrund lediglich einen nicht näher bezeichneten Amtshaftungsanspruch angibt, nicht erkennbar, um welchen Anspruch es sich handeln sollte. Hierbei kann auch der Einwand der Klägerin, das Landgericht ziehe diesbezüglich einen Zirkelschluss, nicht nachvollzogen werden. Denn zum einen erfolgte die landgerichtliche Festsetzung der Verjährung auf den 2. Mai 2001 lediglich für den Fall, dass eine Hemmung nicht angenommen werden könnte. Zum anderen subsumierte es den Sachverhalt unter die von ihm zitierte Entscheidung des OLG Köln (VersR 2002, 730 f.), wonach eine pauschale Bezeichnung ausreicht, wenn zwischen den Parteien nur ein streitiger Amtshaftungsanspruch besteht. Diesbezüglich hat das Landgericht zutreffend erläutert, dass Voraussetzung hierfür sei, dass vorgerichtlich überhaupt ein Anspruch erörtert wurde. Darüber hinaus dürfte hier davon auszugehen sein, dass theoretisch eine Vielzahl von Genehmigungen des Landkreises gegenüber der Stadt C. bzw. der zu dieser eingemeindeten Gemeinden erteilt wurden, wegen derer grundsätzlich Amtshaftungsansprüche in Betracht gekommen wären. Allein die Bezifferung des Schadens konnte Anhaltspunkt für den Grund des Anspruchs sein. Diese ist jedoch nicht hinreichend aussagekräftig, zumal festzustellen ist, dass der im Mahnbescheid angegebene Betrag von 5.486.298,87 € von der in der Anspruchsbegründung bezeichneten Summe "5.621.936,40 €" und der Summe der Darlehen (5.521.952,33 €) abweicht. Eine hinreichende Individualisierung kann in Übereinstimmung mit dem landgerichtlichen Urteil nicht erkannt werden.

Dass der nicht individualisierte Mahnbescheid rechtsfehlerhaft erlassen wurde, ändert an der unzureichenden Individualisierung nichts (BGH, a.a.O. m.w.N.).

2.4 Vor diesem Hintergrund kann es auch dahinstehen, ob für den - hier nur hilfsweise erörterten - Verjährungsbeginn statt auf das Schreiben vom 26. April 2001 bereits auf dasjenige vom 30./31. Januar 2001 (Bl. 374) abzustellen ist. In diesem kündigte die W. die Inanspruchnahme der Gemeinde aus der Ausfallbürgschaft konkret an und avisierte die Erhebung einer Teilklage. Spätestens zu diesem Zeitpunkt waren der Klägerin alle Tatsachen bekannt, die sie für eine Inanspruchnahme des Beklagten benötigte. Auch für diesen Fall wäre der Mahnbescheid zu spät beantragt und erlassen worden.

3. Schließlich ist ein Anspruch aus § 1 StHG, der im Grundsatz neben § 839 BGB in Betracht kommt, ebenfalls wegen eingetretener Verjährung nicht durchsetzbar. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts verwiesen.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen gemäß § 543 ZPO nicht vorliegen. Grundsätzliche Bedeutung kommt der Rechtssache nicht zu. Auch ist die Zulassung nicht zur Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Die Entscheidung beruht allein auf der Würdigung der Umstände des Einzelfalles.

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 4.463.616,92 € festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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