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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 24.03.2009
Aktenzeichen: 2 U 17/08
Rechtsgebiete: BGB, GG


Vorschriften:

BGB § 95 Abs. 1 S. 1
BGB § 251 Abs. 2 S. 1
BGB § 839 Abs. 1
GG Art. 34 S. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 13. Juni 2008 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Neuruppin, Az. 3 O 267/07, wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger nimmt den beklagten Landkreis auf Schadensersatz wegen der Fällung von 21 Bäumen auf einem in seinem Eigentum stehenden Waldstück in B. in Anspruch. Im Zuge der Errichtung eines Radweges fällte das Amt für Forstwirschaft A. im Auftrag des beklagten Landkreises im Frühjahr 2006 versehentlich acht Eichen, elf Kiefern und zwei Robinien mit einem Durchmesser von 15 bis 50 cm und einer Höhe von 7 bis 15 m auf dem Grundstück des Klägers. Die Fällung erfolgte, weil der beklagte Landkreis vor der Markierung der abzuholzenden Fläche keine Erkundigungen über die Eigentumsverhältnisse einholte.

Der Kläger macht geltend, dass ihm durch das Fällen der Bäume ein Schaden in Höhe von 21.000,- € entstanden sei, da er einen Anspruch auf Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes habe. Zudem sei der Wert des Waldgrundstückes durch das Abholzen der Bäume entsprechend gemindert worden.

Er hat den beklagten Landkreis erstinstanzlich auf Zahlung von 21.000,- € nebst Rechtshängigkeitszinsen sowie hilfsweise auf Wiederherstellung der ursprünglichen Bepflanzung und äußerst hilfsweise - für den Fall der Neupflanzung jüngerer Bäume von geringerem Maß - auf Erstattung der Wertdifferenz zum Grundstückswert Stichtag 13.07.2006 in Anspruch genommen.

Der beklagte Landkreis hat die Auffassung vertreten, dem Kläger stünde allenfalls ein Anspruch in Höhe des Holzwertes von 140,- € zu.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

Das Landgericht hat der Klage lediglich in Höhe von 140,- € stattgegeben, da der Kläger einen darüber hinausgehenden Anspruch nicht schlüssig dargelegt habe. Auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils wird Bezug genommen.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der dieser den von ihm geltend gemachten Schadensersatzanspruch in Höhe von 21.000,- € weiterverfolgt, da das Landgericht bei der Bemessung der Höhe des Schadensersatzanspruchs rechtsfehlerhaft auf § 251 Abs. 2 S. 1 BGB abgestellt habe.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Landgerichts Neuruppin den Berufungsbeklagten zu verurteilen, an den Berufungskläger weitere 20.860,- € nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszins seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Dem Kläger steht gegen den beklagten Landkreis kein über den bereits erstinstanzlich zugesprochenen Betrag in Höhe von 140,- € hinausgehender Schadensersatzanspruch gemäß § 839 BGB Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 34 S. 1 GG zu.

Auch in der Berufungsinstanz hat der Kläger einen höheren Schaden nicht schlüssig darzulegen vermocht. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs handelt es sich - von Sonderfällen abgesehen - bei auf einem Grundstück gewachsenen Bäumen um wesentliche Bestandteile dieses Grundstücks (§ 94 Abs. 1 BGB), sodass ihre Fällung nur als Schädigung des Grundstückes eine Ersatzverpflichtung auslöst (vgl. BGH, Urt. vom 27. Januar 2006, Az. V ZR 46/05, zitiert nach juris RN 9 m.w.N.). Dass die Bäume hier von vornherein zum Verkauf gedacht gewesen und daher als Scheinbestandteile im Sinne des § 95 Abs. 1 S. 1 BGB anzusehen wären, ist vom Kläger nicht behauptet worden und kann auch nicht ohne weiteres unterstellt werden.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (grundlegend BGH, Urteil vom 13. Mai 1975, Az. VI ZR 85/74, zitiert nach juris RN 14ff.) kann der Geschädigte jedoch nur in Ausnahmefällen die vollen Wiederbeschaffungskosten für zerstörte Bäume ersetzt verlangen. Im Übrigen beschränkt sich sein Ersatzanspruch auf die Wiederbeschaffungskosten, die ein wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch aufwenden würde, sowie einen gegebenenfalls darüber hinaus verbleibenden Minderwert des Grundstückes (BGH, a.a.O.).

Wie vom Landgericht zutreffend festgestellt, steht dem Kläger danach kein Anspruch auf Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes bzw. Ersatz der dafür erforderlichen Kosten zu, da die Anpflanzung von Bäumen entsprechender Größe mit unverhältnismäßig hohen Aufwendungen verbunden wäre (vgl. BGH, Urt. vom 15. Oktober 1999, Az. V ZR 77/99, zitiert nach juris RN 16 m.w.N.). Anhaltspunkte dafür, dass im vorliegenden Fall Art, Standort und Funktion der Bäume für einen wirtschaftlich vernünftig denkenden Menschen den Ersatz durch gleichartige Bäume der ursprünglichen Größe nahe legen würden, sind nicht ersichtlich. Aus wirtschaftlichen Gründen erscheint es deshalb - wie vom Beklagten geltend gemacht - allenfalls sinnvoll und geboten, für die gefällten Bäume Sämlinge nachzuziehen und die Fläche in dieser Weise wiederaufzuforsten.

Die hierfür erforderlichen Kosten sowie einen etwaig verbleibenden Minderwert des Grundstückes hat der Kläger trotz des bereits erstinstanzlich hierzu erfolgten Hinweises auch in der Berufungsinstanz nicht hinreichend darzulegen vermocht. Auch in der Berufungsinstanz hat er nicht dargelegt, welche Kosten die Aufforstung der Fläche durch das Nachziehen von Sämlingen verursachen würde, sondern lediglich seinen erstinstanzlichen Vortrag durch Einrücken der entsprechenden Textpassagen wiederholt. Die vom Kläger eingereichten Angebote beziehen sich jedoch, worauf bereits das Landgericht hingewiesen hat, auf Bäume, deren Anpflanzung wegen ihrer Größe einen im Verhältnis zur vorhandenen Grundstücksbeeinträchtigung unverhältnismäßigen Aufwand verursachen würde. Den zur Anpflanzung solcher Bäume erforderlichen Aufwand kann der Kläger nach den oben dargelegten Grundsätzen nicht ersetzt verlangen. Auf die diesbezüglichen Ausführungen im angefochtenen Urteil wird Bezug genommen. Zudem widersprechen sich die verschiedenen Darlegungen des Klägers zur Höhe des Schadens und führen teilweise auch zu einem Schaden von mehr als 21.000,- €, ohne dass der Kläger klargestellt hätte, von welcher Schadenshöhe mit der Klage etwa ein erststelliger Teilbetrag geltend gemacht werden soll.

Auch eine Minderung des Verkehrswertes des betroffenen Grundstückes hat der Kläger - wie vom Landgericht ebenfalls zu Recht ausgeführt - nicht schlüssig dargelegt, sondern lediglich ins Blaue hinein behauptet. Da es sich um ein reines Waldgrundstück handelt, erscheint die Annahme, dass mit dem Abholzen der Bäume ein den Grundstückswert beeinflussender "Lärm- und Sichtschutz" weggefallen sei, abwegig. Dafür, dass der Bewuchs hier die Eigenart des Grundstücks in besonderer Weise geprägt und seine Beseitigung ein eventuelles Erwerbsinteresse beeinträchtigt habe, liegen keinerlei Anhaltspunkte vor.

Ebenso wenig hat der Kläger eine unabhängig von dem Verkaufswert eingetretene Wertminderung des Grundstückes schlüssig dargelegt, da die gefällten Bäume für das Waldgrundstück - anders als etwa Zierpflanzen oder Straßenbäume - ersichtlich keine wesentliche Funktion hatten (vgl. BGH, Urt. vom 27. Januar 2006, Az. V ZR 46/05, zitiert nach juris RN 16).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 ZPO nicht vorliegen. Grundsätzliche Bedeutung kommt der Rechtssache nicht zu. Auch ist die Zulassung nicht zur Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Die Entscheidung beruht allein auf der Würdigung der Umstände des Einzelfalles.

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 20.860,- € festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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