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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 12.03.2002
Aktenzeichen: 2 U 20/01
Rechtsgebiete: StVO, StVRZV, BbgStrG, BGB, ZPO, EGZPO


Vorschriften:

StVO § 44
StVO § 45
StVO §§ 39 - 43
StVO § 8 Abs. 1 Satz 1
StVRZV § 4 Abs. 2 Nr. 3
BbgStrG § 34 Abs. 3
BbgStrG § 9 Abs. 4 Satz 3
BbgStrG § 34
BGB § 823
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 543 n. F.
EGZPO § 26 Nr. 7
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

2 U 20/01 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 12. März 2002

verkündet am 12. März 2002

In dem Rechtsstreit

hat der 2. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 12. Februar 2002 durch den Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts Dr. Farke sowie die Richterinnen am Oberlandesgericht Rohrbach-Rödding und Kosyra

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 21. März 2001 verkündete Urteil des Landgerichts Potsdam - 4 O 291/99 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von jeweils 4.500,00 Euro abwenden, wenn nicht der jeweils vollstreckende Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Sicherheitsleistung kann durch schriftliche, unwiderrufliche, unbedingte und unbefristete Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts bewirkt werden.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger nimmt die Beklagten auf Zahlung von Schadensersatz, Schmerzensgeld und Schmerzensgeldrente sowie auf Feststellung der weiteren Ersatzpflicht aufgrund eines Unfalles in Anspruch, den er am 14. September 1997 in K erlitten hat. Der Kläger meint, die Beklagten hafteten aus dem Gesichtspunkt der Verletzung von Amtspflichten.

Es wird zunächst Bezug genommen auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils. Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Beklagten zu 1) und 2) seien nicht passivlegitimiert, da die Verkehrsregelungspflicht allein den Beklagten zu 3) treffe. Dieser hafte nicht, weil ihm bei der Ausschilderung der geänderten Vorfahrtsregelung kein Fehler unterlaufen sei. Eine Verpflichtung zu einem weiteren Hinweis über das Zeichen 205 (Vorfahrt gewähren) hinaus habe nicht bestanden.

Gegen das ihm am 30. März 2001 zugestellte Urteil hat der Kläger mit einem am 25. April 2001 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt, die er mit einem am 25. Mai 2001 eingegangenen Schriftsatz begründet hat.

Mit der Berufung verfolgt der Kläger unter Wiederholung und Vertiefung seinen erstinstanzlichen Vortrag weiter. Er ist der Ansicht, aufgrund des Zusammenwirkens aller Beklagter bei der Planung der Umleitung seien auch alle Beklagten passivlegitimiert, die Beklagte zu 2) jedenfalls als Inhaberin der Verkehrssicherungspflicht. Dieser sei auch bekannt gewesen, daß die K-K-Straße und die G-S-Straße als Umfahrung des Z Dammes von Ortskundigen häufiger genutzt worden seien. Dir hätte deshalb die Gefährlichkeit einer Vorfahrtänderung besonders auffallen müssen. Weiter behauptet der Kläger, es habe an der fraglichen Stelle innerhalb von 10-12 Tagen insgesamt 5 Unfälle gegeben, was auf deren Gefährlichkeit hinweise. Der zu Beginn der Baustelle am Z Damm noch auf B Gebiet aufgestellte Hinweis auf die geänderte Vorfahrt habe nicht ausgereicht, um die Straßennutzer ausreichend zu warnen.

Zum Unfallhergang behauptet der Kläger, er habe sich vorsichtig in die Kreuzung hineingetastet. Den sich von links her nähernden Bus habe er nicht sehen können, und zwar einerseits wegen der Bäume, die teilweise die Sicht verdeckt hätten, und andererseits wegen der Geländeerhöhung der schräg verlaufenden Straßen im Kreuzungsbereich.

Der Kläger beantragt nunmehr sinngemäß,

unter Abänderung des am 21. März 2001 verkündeten Urteils des Landgerichts Potsdam, Az.: 4 O 291/99 die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen,

1. an ihn 9.753,83 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 22. September 1998 zu zahlen;

2. an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld für den Zeitraum vom 14. September 1997 bis zum 30. April 1999 nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

3. an ihn eine angemessene monatliche Schmerzensgeldrente ab dem 1. Mai 1999, 1/4jährlich im voraus, jeweils zum 1. Februar, 1. Mai, 1. August und 1. November eines jeden Jahres bis zum 9. März 2030 zu zahlen;

4. festzustellen, daß die Beklagten verpflichtet sind, ihm 75 % sämtlicher materiellen und immateriellen Schäden - letztere soweit sie nach dem 1. Mai 1999 entstehen - aus dem Unfall von 14. September 1997 an der Kreuzung K-K Straße/G-S-Straße in K zu bezahlen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergehen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagten wiederholen und vertiefen ebenfalls ihr erstinstanzliches Vorbringen. Die Beklagte zu 1) meint außerdem, der Kläger habe schon zu Beginn der K-K-Straße das Zeichen 250 (Verbot für Fahrzeuge aller Art) mißachtet. Außerdem sei die Veränderung der Vorfahrt für jeden auch nur halbwegs aufmerksamen Verkehrsteilnehmer erkennbar gewesen. Der Beklagte zu 3) behauptet, von den 5 vom Kläger erwähnten Unfällen hätten sich 3 erst nach Aufstellen weiterer Hinweisschilder ereignet. Außerdem behauptet er, der Kläger habe die Baustelle gekannt, da er sich selbst als ortskundig bezeichnet habe. Er verweist weiter darauf, bei der K-K-Straße handele es sich um eine Nebenstraße im allgemeinen Wohngebiet. Er meint deshalb, wer Schleichwege nutze, müsse entsprechend vorsichtig fahren. Dies gelte insbesondere aufgrund der vom Kläger selbst geschilderten Unübersichtlichkeit der Kreuzung. Schließlich äußert der Beklagte zu 3) die Ansicht, der Kläger hätte auch sämtliche anderen Warnschilder mißachtet, da er ohnehin mehrere Verkehrsvorschriften grob verletzt habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers ist insgesamt unbegründet. Dem Kläger stehen keine Ansprüche auf Schadensersatz und Schmerzensgeld gegen die Beklagten wegen der vorgenommenen Verkehrsregelung in K zu. Die Beklagten haben die ihnen obliegenden Amtspflichten nicht verletzt (§ 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG).

Der Beklagte zu 3) war als Straßenverkehrsbehörde für die Verkehrsregelung gemäß §§ 44,45 StVO i.V.m. § 4 Abs. 2 Nr. 3 StVRZV zuständig. Dies gilt auch in Umleitungsbereichen, wie sich aus § 34 Abs. 3 BbgStrG ergibt. Die Straßenverkehrsbehörde trifft die Amtspflicht, Verkehrszeichen so anzuordnen, daß sie für einen mit den Verkehrsvorschriften vertrauten, durchschnittlich aufmerksamen Verkehrsteilnehmer auch bei schneller Fahrt durch einen raschen und beiläufigen Blick deutlich erkennbar sind. Diese Amtspflicht besteht allen Wegbenutzern gegenüber, die die Straße nach der Art ihrer Verkehrsöffnung benutzen dürfen (vgl. Kodal/Krämer, Straßenverkehrsrecht, 6. Aufl., Kap. 42 Rz. 18). Diese Amtspflicht hat der Beklagte zu 3) nicht verletzt:

Die eigentliche Änderung der bislang bestehenden Vorfahrtsregelung ist ordnungsgemäß durch die dafür vorgesehenen Zeichen 205 und 306 gemäß §§ 41, 42 StVO angeordnet und beschildert worden. Die Behauptung des Klägers, wonach das aus seiner Fahrtrichtung angebrachte Zeichen 205 nicht in ordnungsgemäßer Höhe befestigt worden sei, ist nicht zutreffend. In Ziffer 13 a der Verwaltungsvorschriften zu §§ 39 - 43 StVO ist geregelt, daß die Unterkante der Verkehrszeichen "in der Regel" 2 m vom Boden entfernt sein "sollte", über Radwegen 2,20 m. Es handelt sich somit nicht um eine starre verbindliche Regelung, sondern nur um eine Sollvorschrift, die sich an den Sicherheitserwartungen der Verkehrsteilnehmer zu orientieren hat. Daß die Anbringung des Zeichens dem entspricht, läßt sich aufgrund der von dem Kläger selbst überreichten Fotografien feststellen. Das Dreiecksschild war unmittelbar vor dem Kreuzungsbereich an dem Lichtmast einer Straßenlaterne angebracht und nicht durch Bäume verdeckt. Es mag zwar etwas höher angebracht worden sein als das auf dem Foto ebenfalls erkennbare in Gegenrichtigung angebrachte Verkehrszeichen in der Nähe des Rad- und Fußweges, gleichwohl ist es für einen Verkehrsteilnehmer, der mit der gebotenen Aufmerksamkeit fährt, ohne weiteres und gut zu erkennen.

Der Beklagte zu 3) war auch nicht verpflichtet, durch eine besondere Beschilderung oder Linienmarkierung auf der Straße gesondert auf die geänderte Vorfahrt hinzuweisen. Zu dieser Problematik führt der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung, der sich der Senat anschließt, aus, daß Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen so angebracht und aufgestellt werden müssen, daß keine neuen Gefahren entstehen. Die Behörden dürfen sich dabei auf das zumutbare Maß beschränken. Sie haben regelmäßig keine weiteren Pflichten, wenn die Verkehrsteilnehmer bei zweckgerechter Benutzung der Straße und Anwendung der gebotenen Aufmerksamkeit etwaige Schäden selbst abwenden können. Kein Straßenbenutzer darf sich darauf verlassen, daß die Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen ständig unverändert bleiben, wie auch kein Kraftfahrer darauf vertrauen darf, daß er die Vorfahrt auf einer Straße an jeder Kreuzung behält. Kraftfahrer müssen sich vielmehr an jeder Kreuzung oder Einmündung über die dort geltende Vorfahrtsregelung vergewissern. Andererseits muß die zuständige Behörde in gewissem Umfang damit rechnen, daß sich Verkehrsteilnehmer verkehrswidrig verhalten. Die Erfahrung lehrt, daß es Verkehrslagen gibt, in denen es häufig nicht nur zu einem Fehlverhalten, sondern auch zu fahrlässigen Verkehrsverstößen kommt. Es ist eine Erfahrungstatsache, daß es nach einer Änderung der Vorfahrtregelung auf einer innerstädtischen Ausfallstraße häufiger als sonst zu Verkehrsunfällen durch Zusammenstöße kommt. Gerade im Stadtverkehr prägen sich Vorfahrtsbeschilderungen einer Straße, insbesondere von Durchgangsstraßen einem Kraftfahrer, der sie Tag für Tag benutzt, so stark ein, daß die Vorfahrtgewährung für ihn wie mancher Handgriff beim Autofahren zur Routine werden kann (BGH NJW 1970, S. 1126 f.). Entsprechend diesen Grundsätzen enthält die Verwaltungsvorschrift IV zu § 41 StVO die Regelung, daß bei Änderungen von Verkehrsregeln, deren Mißachtung besonders gefährlich ist, zum Beispiel bei Änderung der Vorfahrt, eine gesonderte Warnung vorzunehmen ist. Dies bedeutet jedoch nicht, daß die zuständige Behörde verpflichtet ist, bei jeder Vorfahrtsänderung entsprechende Warnhinweise vorzunehmen. Die Vorschrift billigt vielmehr einen Ermessensspielraum zu, ob im konkreten Fall eine besondere Gefahrenlage gegeben ist, die allerdings bei Änderung von Vorfahrtsregelungen naheliegen kann (so auch OLG Frankfurt am Main, VM 1984, S. 30/31; OLG Stuttgart, VersR 1989, 627). Demnach kann die Straßenverkehrsbehörde im Regelfall davon ausgehen, daß der aufmerksame Verkehrsteilnehmer die Veränderung der Verkehrsregel wahrnimmt und befolgt. Wenn aber der Umfang des Verkehrsaufkommens, die Unübersichtlichkeit der Verkehrswege oder die Schnelligkeit des Verkehrs die Annahme nahelegen, die Aufmerksamkeit eines durchschnittlichen Verkehrsteilnehmers könne so stark in Anspruch genommen sein, daß er eine Änderung einer seit langem bestehenden Verkehrsregel nicht erfaßt, darf sich die Verkehrsbehörde nicht damit begnügen, die neue Verkehrsregel lediglich anzuordnen, sondern muß zusätzliche Schritte unternehmen, um auf die Veränderung aufmerksam zu machen. Unter Anwendung dieser Grundsätze war der Beklagte zu 3) jedoch nicht gehalten, besondere Maßnahmen zu ergreifen:

Die Umleitung erfolgte wegen Bauarbeiten auf der Hauptverkehrsstraße Z Damm. Wegen des großen Umfangs der Bauarbeiten und der Hinweise zu Beginn der Baustelle noch auf B Gebiet konnte der Beklagte zu 3) davon ausgehen, daß der größte Teil der Verkehrsteilnehmer wußte, daß es aufgrund von Bauarbeiten zu einem Umleitungsverkehr in dem fraglichen Gebiet kam. Auch dem Kläger war dies durchaus bewußt, da er zunächst diese Baustelle passiert hatte, wenn er auch nicht direkt auf die Umleitungsstrecke gefahren war, wie seine Anhörung im Senatstermin vom 12. Februar 2002 ergeben hat. Des weiteren handelte es sich bei der K-K-Straße und bei der G-S Allee um reine Anwohnerstraßen, wobei die K-K-Straße noch dazu eine Sackgasse war. Auch wenn beide Straßen gelegentlich für die Umfahrung des Z Dammes genutzt wurden, war schon aufgrund des baulichen Zustandes klar, daß es sich um die Erschließungsstraßen des Wohngebietes handelte und nicht etwa um Durchgangsstraßen. Hinzu kommt, daß die vom Kläger befahrene K-K-Straße vor der Einrichtung der Umleitungsstrecke nicht etwa als Vorfahrtsstraße ausgestaltet war, sondern daß die allgemeine Regelung nach § 8 Abs. 1 Satz 1 StVO (rechts vor links) galt. Das bedeutet, daß auch vor der Veränderung der bestehenden Regelung an der fraglichen Kreuzung die Verkehrsteilnehmer aus der Fahrtrichtung des Klägers nicht etwa im Vertrauen auf eine bestehende Vorfahrtsregelung die Kreuzung zügig passieren konnten, sondern auf von rechts kommenden Verkehr zu achten hatten. Schließlich war die Kreuzung dadurch unübersichtlich, daß die Straßen nicht rechtwinklig aufeinander treffen und deshalb sowie aufgrund des Bewuchses am Straßenrand die Sicht aus Fahrtrichtung des Klägers nach links eingeschränkt war. Angesichts dieser Tatsachen brauchte der Beklagte zu 3) nicht davon auszugehen, daß eine besonders gefährliche Lage durch die Vorfahrtsänderung gegeben war. Er durfte davon ausgehen, daß die Nutzer der Straße durch das Vorhandensein einer größeren Baustelle in unmittelbarer Nähe mit erhöhtem Verkehr auf den Nebenstraßen rechnen mußten, weil diese ersichtlich als Umleitungsstrecke dienten. Außerdem war zu Beginn der Umleitungsstrecke ein Hinweis auf geänderte Vorfahrt aufgestellt worden, so daß der Beklagte zu 3) auch insoweit von einer erhöhten Aufmerksamkeit der Verkehrsteilnehmer ausgehen durfte, wenn er auch damit rechnen mußte, daß gelegentlich die Straße von solchen Personen genutzt wurde, die diese nicht als Umleitungsstrecke berühren. Zudem konnte der Beklagte zu 3) davon ausgehen, daß aufgrund der ohnehin an der Kreuzung zu beachtenden Vorfahrt Verkehrsteilnehmer sich der Kreuzung langsam nähern und deshalb auch die geänderte Beschilderung wahrnehmen würden. Es handelte sich nicht etwa um eine altbekannte Vorfahrtsstraße, bei der besondere Aufmerksamkeit vom Geradeausfahrenden nicht verlangt wird. Schließlich waren die Verkehrsteilnehmer auch zuvor bereits verpflichtet, selbst bei Vorrang vor dem von links kommenden Verkehr sich zumindest darüber zu vergewissern, ob Verkehrsteilnehmer von links herannahten und ob diese Vorfahrt gewähren würden. Blindlings in die Kreuzung einfahren, zumal diese unübersichtlich war, durfte auch vor der Vorfahrtsregelung niemand. Die Straßenverkehrsbehörde konnte deshalb ohne Verschulden annehmen, daß jeder vernünftige Autofahrer aufgrund der ohnehin bestehenden Verpflichtungen im Kreuzungsbereich in der Lage war, die geänderte Vorfahrt auch ohne besonderen Hinweis wahrzunehmen. Eine besondere Gefährlichkeit, die zusätzliche Absicherungen verlangt hätte, ging von der Änderung der Vorfahrtsregelung nicht aus.

Aus den genannten Gründen scheidet eine Haftung der Beklagten zu 1) und 2) ohnehin aus. Überdies traf das beklagte Land schon deshalb keine Verpflichtung zur Aufstellung von Warnhinweisen, weil es hinsichtlich der Kreuzung K-K-Straße/G-S-Allee in K keine Zuständigkeiten hatte und zwar weder zur Verkehrsregelung noch zur Verkehrssicherung, da es sich um Gemeindestraßen handelt, für die gemäß § 9 Abs. 4 Satz 3 BbgStrG allein die Beklagte zu 2) verkehrssicherungspflichtig ist. Etwas anderes gilt auch nicht etwa deshalb, weil die Umleitung durch das beklagte Land aufgrund von Bauarbeiten an einer Landesstraße angeordnet worden ist. Regelungen hinsichtlich von Umleitungsstrecken sind in § 34 BbgStrG getroffen. Wie sich aus dessen Absatz 3 ergibt, hat die für die Bauarbeiten an einer bestimmten Strecke zuständige Straßenbaubehörde (hier das beklagte Land) bestimmte Pflichten auch im Hinblick auf die Umleitungsstrecke über Straßen, auf die sich seine Zuständigkeit normalerweise nicht erstreckt. Es handelt sich dabei um Unterrichtungspflichten, Pflichten zur Mitwirkung an der Planung und zu Anhörungen. Es fehlt jedoch an einer Regelung, die die Verkehrssicherungspflicht oder die Verkehrsregelungspflicht auf eine andere als die im allgemeinen zuständige Behörde übertragen würde. Mangels ausdrücklicher Regelung verbleibt es deshalb bei den allgemeinen Zuständigkeiten, wie sie sich aus § 34 Abs. 3 BbgStrG entnehmen lassen. Die Verpflichtung zur Mitwirkung an der Planung, die das beklagte Land auch wahrgenommen hat, wie sich insbesondere den Ausführungen der Vertreterin des Brandenburgischen Straßenbauamtes P im Termin vom 12. April 2000 vor dem Landgericht ergibt, führt nicht zu einer Haftung gegenüber Straßennutzern. Die Mitwirkungspflichten aus § 34 BbgStrG bestehen ausschließlich zugunsten des betroffenen Straßenbaulastträgers der Umleitungsstrecke und entfalten keine Außenwirkung. Es geht allein um die interne Verteilung des Aufwands und der Kosten für die in Anspruch genommene Umleitungsstrecke, nicht jedoch um Regelungen zugunsten der Verkehrsteilnehmer. Durch die Mitwirkung an dem Regelungsplan entstehen deshalb auch keine Amtshaftungsansprüche gegenüber dem beklagten Land.

Auch die Verletzung einer allgemeinen Verkehrssicherungspflicht aus § 823 BGB durch das beklagte Land scheidet aus, da dieses keine Gefahrenquelle geschaffen hat. Zwar hat das Land in Wahrnehmung seiner Verpflichtung aus der Anordnung der Umleitung mit den Beklagten zu 2) und 3) zusammengewirkt und vorbereitende Maßnahmen getroffen, um die Umleitungsstrecke vorzubereiten. Dabei haben seine Vertreter nicht nur die Örtlichkeiten besichtigt und Beteiligte wie auch die Polizei hinzugezogen, sondern auch den Ausführungsplan bei einem Ingenieurbüro in Auftrag gegeben. Die Letztverantwortung für die Genehmigung des Verkehrsregelungsplans lag jedoch allein beim Beklagten zu 3) im Rahmen seiner Zuständigkeit als Verkehrsregelungsbehörde. Das Land trägt insoweit nach außen keine Verantwortung. Schließlich hätte das beklagte Land auch selbst bei Bejahung einer Zuständigkeit nicht schuldhaft gehandelt, da die Anhörung sämtlicher Betroffener einschließlich der Verkehrspolizei und die Einschaltung zweier unabhängiger Ingenieurbüros keinen Anhaltspunkt dafür erbracht hatte, daß Hinweisschilder gegebenenfalls erforderlich sein könnten. Ein Anspruch gegen das beklagte Land besteht deshalb aus keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt.

Auch die Beklagte zu 2) trifft als Trägerin der Verkehrssicherungspflicht nach § 9 Abs. 4 Satz 3 BbgStrG keine Zuständigkeit im Rahmen der Verkehrsregelung. Die Beklagte zu 2) war auch nicht verpflichtet oder berechtigt, die Anordnungen der Straßenverkehrsbehörde auf Richtigkeit und Zweckmäßigkeit zu überprüfen (Senatsurteil vom 7. September, 1999 - 2 U 213/98; Kodal/Krämer, 6. Aufl., Kap. 42 Rz, 19; Jagusch/Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 35. Aufl., § 45 StVO Rz. 42). Allerdings kann eine Ausnahme, nämlich eine Hinweispflicht an die Straßenverkehrsbehörde, dann bestehen, wenn eine erkennbare akute Gefahrensituation vorliegt. Eine derartige Ausnahme kann vorliegen, wenn etwa sich widersprechende Vorfahrtsregelungen getroffen werden, so daß zwei scheinbar vorfahrtsberechtigte Straßen aufeinandertreffen. Eine Hinwirkungspflicht auf eine Änderung der Verkehrsregelung im Einzelfall kann jedoch nur dann vorliegen, wenn der Verkehrssicherungspflichtige von einer unzulänglichen Beschilderung ausgehende Gefahren erkennt oder eine derartige Verkehrsgefährdung so offensichtlich ist, daß sich die Notwendigkeit alsbaldiger Maßnahmen geradezu aufdrängt (BGH, Entscheidung vom 15. Juni 2000, III ZR 302/99). Diese Voraussetzungen liegen hier jedoch nicht vor. Eine offensichtliche Verkehrsgefährdung in diesem Sinne war nicht gegeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Revision war gemäß § 543 ZPO n. F. i.V.m. § 26 Nr. 7 EGZPO nicht zuzulassen, weil die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordert. Der Senat hat seine Entscheidung im Einklang mit der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung getroffen. Sie beruht auf einer Abwägung der tatsächlichen Umstände im Einzelfall.

Streitwert und Beschwer des Klägers: 52.025,91 Euro (Antrag zu 1.: 9.753,83 DM, Antrag zu 2.: 75.000,00 DM Antrag zu 3.: 12.000,00 DM gemäß § 17 Abs. 2 GKG Antrag zu 4.: 5.000,00 DM gesamt: 101.753,83 DM = 52.025,91 Euro)



Ende der Entscheidung

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