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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 19.02.2008
Aktenzeichen: 2 U 20/07
Rechtsgebiete: StVO, ZPO, BGB, GG, StVG


Vorschriften:

StVO § 1 Abs. 2
StVO § 5 Abs. 3 Nr. 1
StVO § 10 Satz 1
ZPO § 529 Abs. 1 Nr. 1
BGB § 839
BGB § 839 Abs. 1
GG Art. 34 Satz 1
StVG § 7
StVG § 17
StVG § 17 Abs. 1
StVG § 18
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

2 U 20/07 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 19.02.2008

verkündet am 19.02.2008

In dem Rechtsstreit

hat der 2. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 29. Januar 2008 durch

den Präsidenten des Oberlandesgerichts Prof. Dr. Farke, die Richterin am Amtsgericht Odenbreit und den Richter am Oberlandesgericht Welten

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 12. April 2007 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Neuruppin, Az.: 3 O 61/07, wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin macht Ansprüche auf Ersatz von Schäden geltend, die an ihrem von der Zeugin K... geführten Fahrzeug bei einem Verkehrsunfall mit einem vom Beklagten zu 1. gesteuerten Fahrzeug des zweitbeklagten Landes entstanden sein sollen. Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen. Ergänzend ist festzustellen, dass gegen den Beklagten zu 1. im Anschluss an die Unfallaufnahme durch die Polizei ein Verwarnungsgeld "wegen § 1 (2) StVO" in Höhe von 35,00 € ausgesprochen wurde, welches dieser an Ort und Stelle in bar entrichtete.

Das Landgericht hat die Klage nach Vernehmung von Zeugen abgewiesen mit der Begründung, nach der Beweisaufnahme stehe das Alleinverschulden der Fahrerin des Fahrzeugs der Klägerin fest. Die Anknüpfungstatsachen für den Anscheinsbeweis eines Verschuldens des Beklagten zu 1. - das Anfahren vom Fahrbahnrand - seien nicht bewiesen. Nach der glaubhaften Aussage des Zeugen F... sei das Fahrzeug der Beklagten, welches sich auf die Kreuzung zubewegt habe, im Abbiegevorgang überholt und geschnitten worden. Diese Aussage werde durch das Foto von der Endstellung der Fahrzeuge gestützt. Hinter dem (Allein-) Verschulden der Zeugin K... trete die Betriebsgefahr des Beklagtenfahrzeuges zurück.

Gegen das ihr am 23. April 2007 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit einem am 22. Mai 2007 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und das Rechtsmittel mit einem am 21. Juni 2007 eingegangenen Schriftsatz begründet. Sie rügt die Beweiswürdigung des Landgerichts und meint insbesondere, das Landgericht habe den wesentlichen Umstand der vom Beklagten zu 1. akzeptierten Verwarnung nicht berücksichtigt. Bei zutreffender Würdigung sei ein Verschulden des Beklagten zu 1. festzustellen. Jedenfalls sei dem Beklagten zu 2. der Unabwendbarkeitsnachweis nicht gelungen, sodass jedenfalls eine (Mit-) Haftung unter dem Gesichtspunkt der Betriebsgefahr seines Fahrzeuges gegeben sei.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

die Beklagten zu 1. und 2. als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin 5.214,77 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.09.2006 zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen das angefochtene Urteil.

Der Senat hat Beweis erhoben durch (ergänzende) Vernehmung der Zeugin K... und des Zeugen F.... Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird verwiesen auf die Sitzungsniederschrift vom 29. Januar 2008.

II.

1. Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Die Klägerin beanstandet die Beweiswürdigung und damit die Tatsachefeststellung durch das Landgericht mit der Rüge, das Landgericht habe den für die Beweiswürdigung maßgeblichen Umstand, dass der Beklagte zu 1. die gegen ihn ausgesprochene kostenpflichtige Verwarnung akzeptiert habe, nicht berücksichtigt.

2. In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg. Zwar leidet die dem angefochtenen Urteil zu Grunde liegende Beweiswürdigung an einem erheblichem Mangel (2.1.); jedoch kommt der Senat im Ergebnis der ergänzenden Beweisaufnahme zu keiner abweichenden Beurteilung (2.2.).

2.1. Die Berufung rügt zu Recht einen Mangel der Beweiswürdigung. Trotz der im Übrigen sorgfältigen - und insoweit von der Klägerin auch nicht angegriffenen - Begründung des Beweisergebnisses leiden die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils daran, dass der Umstand des ausgesprochenen und vom Beklagten zu 1. angenommenen Verwarnungsgeldes nicht (erkennbar) in die Würdigung eingestellt worden ist. Da es ungeachtet dessen, dass dieser Umstand ausweislich des Sitzungsprotokolls Gegenstand der Vernehmung des Zeugen F... und auch der Anhörung des Beklagten zu 1. war, auch an einer entsprechenden Feststellung im Tatbestand des Urteils fehlt, kann mangels dahin gehender Anhaltspunkte auch nicht davon ausgegangen werden, der Richter habe diesen in seiner Beweiswürdigung berücksichtigt und dies lediglich in den Entscheidungsgründen nicht erwähnt. Dies macht die Beweiswürdigung in entscheidender und gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO eine anderweitige Tatsachenfeststellung rechtfertigender Weise lückenhaft.

2.2. Im Ergebnis der ergänzend durchgeführten Beweisaufnahme stellt sich das angefochtene Urteil im Ergebnis jedoch als zutreffend dar.

2.2.1. Im Verhältnis zum Beklagten zu 2. ist - was mit dem Landgericht an sich auch hier offen bleiben könnte - die Klage und damit auch die Berufung schon deshalb unbegründet, weil dieser infolge der Haftungsüberleitung nach Art. 34 Satz 2 GG selbst in keinem Fall persönlich haftet. Ein Anspruch gegen ihn als Führer des Fahrzeuges ist ausgeschlossen, weil er das Fahrzeug des beklagten Landes in Ausübung hoheitlicher Tätigkeit steuerte und seine Haftung - (jedenfalls) als Beamter im haftungsrechtlichen Sinne (vgl. zu diesem Begriff Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 67. Aufl., Rn. 13 zu § 839 BGB) - gemäß § 839 Abs. 1 BGB i. V. m. Art. 34 Satz 1 GG auf die Anstellungskörperschaft - hier das zweitbeklagte Land - übergeleitet ist.

Nach der herrschenden Rechtsprechung, welcher der Senat folgt (vgl. grundlegend: BGH, NJW 1992, 1227, 1228; NJW 1968, 696, 698; Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, 5. Aufl., S. 34 f. Palandt, a.a.O., Rn. 23 zu § 839 BGB, jeweils m. w. N.), liegt in der Teilnahme am Straßenverkehr zugleich die Ausübung eines öffentlichen Amtes, wenn der Bedienstete damit unmittelbar hoheitliche Aufgaben wahrnimmt und ferner dann, wenn die Zielsetzung der Fahrt der hoheitlichen Tätigkeit zuzurechnen ist und diese Zielsetzung in einem inneren und äußeren Zusammenhang mit der schädigenden Handlung steht. Dabei kann dieser Zusammenhang auch ohne Inanspruchnahme von Sonderrechten bestehen, wenn die konkrete Fahrt der Erfüllung einer hoheitlichen Aufgabe dient (BGH, NJW 1992, 1227, 1229). So liegt es im Streitfall. Unstreitig diente die Fahrt unmittelbar hoheitlichen Zwecken, nämlich dem Auftrag, Straßenschilder ab- und woanders wieder aufzubauen. Es handelte sich bei der Fahrt also um eine Verrichtung zu unmittelbar dienstlichen, hoheitlichen Zwecken. Im Hinblick auf die Ausführungen der Beklagten ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass diese Haftungsverlagerung selbst bei - hier nicht in Betracht kommendem - Vorsatz des Bediensteten eingreift, der lediglich den Verweis auf eine anderweitige Ersatzmöglichkeit ausschlösse (§ 839 Abs. 1 Satz 2 BGB). Die den Beamten im Außenverhältnis befreiende Haftungsüberleitung schließt verschuldensabhängige Schadensersatzansprüche - hier nach § 18 StVG in Betracht kommend - ebenfalls aus (ständige Rechtsprechung, vgl. BGH NJW 1993, 1258, 1259; Palandt, a. a. O., Rn. 2).

2.2.2. Eine Haftung des beklagten Landes nach §§ 7, 17, 18, StVG, 839 BGB i. V. m. Art. 34 Satz 1 GG besteht ebenfalls nicht. Im Ergebnis der ergänzenden Beweisaufnahme teilt der Senat die Auffassung des Landgerichts, dass die Zeugin K... den Unfall allein verschuldete und vor diesem Hintergrund die Betriebsgefahr des gegnerischen Fahrzeuges zurücktritt.

Nach § 17 Abs. 1 StVG hängt zwischen den Fahrzeughaltern die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen und insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen verursacht worden ist. Hierbei ist - ausgehend von der Betriebsgefahr der beteiligten Fahrzeuge - zu Lasten jeder Seite nur von unstreitigen oder bewiesenen Tatsachen auszugehen. Jede Partei hat also insbesondere die der Gegenseite zum Verschulden gereichenden und sich damit in einer Erhöhung der Betriebsgefahr auswirkenden Umstände darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen.

Es ist danach also Sache der Klägerin zu beweisen, dass der Beklagte zu 1. gegen die "Kardinalpflicht" des § 10 Satz 1 StVO (Ausschluss der Gefährdung anderer beim Anfahren vom Straßenrand) verstoßen hat, was zunächst voraussetzt, dass dieser überhaupt "angefahren" ist. Demgegenüber steht zur Beweislast der Beklagten die Behauptung, die Zeugin K... habe bei unklarer Verkehrslage entgegen § 5 Abs. 3 Nr. 1 StVO überholt und den Beklagten zu 1. unter Verstoß gegen Abs. 4 Satz 4 der Vorschrift behindert. Dies setzt wiederum voraus, dass das Beklagtenfahrzeug nicht gestanden hat, was insoweit - das heißt im Hinblick auf einen der Klägerin zuzurechnenden (Mit-) Verursachungsanteil - der Beklagte zu 2. zu beweisen hat.

Entgegen ihrer Auffassung kann die Klägerin sich nicht auf den bei einem Auffahrunfallgeschehen für ein Verschulden des "Hintermannes" eingreifenden Beweis des ersten Anscheins berufen. Dem steht bereits die auf dem Lichtbild Bl. 43 d. A. dokumentierte Endstellung der Fahrzeuge entgegen, die unabhängig davon, welches der beiden Fahrzeuge zum Zeitpunkt der Kollision stand oder fuhr, gerade nicht auf einen untypischen Auffahrunfall hinweist; vielmehr hat sich dieser erkennbar - und im Übrigen auch nach dem insoweit übereinstimmenden Vortrag der Parteien - im Zuge eines Überhol- beziehungsweise "Vorbeifahrmanövers" ereignete. Jedenfalls wäre der Anscheinsbeweis durch das Ergebnis der Beweisaufnahme erschüttert.

Im Ergebnis der vom Landgericht durchgeführten Beweisaufnahme und der ergänzenden Vernehmung der beiden Zeugen sowie der Anhörung des Beklagten zu 1. steht für den Senat in Übereinstimmung mit dem angefochten Urteil fest, dass die Zeugin K... das in - wenn auch langsamer - Fahrt befindliche Fahrzeug des Zweitbeklagten unachtsam überholte und diesem beim Rechtsabbiegen in die Baustraße den Fahrweg abschnitt. Der Senat macht sich insoweit die Ausführungen des Landgerichts zur Würdigung der Zeugenaussagen zu Eigen. Danach bekundete die Zeugin K... zwar, das Fahrzeug des beklagten Landes als vor der Kreuzung stehend wahrgenommen zu haben; jedoch erweckt ihre Aussage insgesamt den Eindruck, dass sie sich an das konkrete Verkehrsgeschehen nicht mehr erinnern konnte. Demgegenüber folgt (auch) der Senat der Aussage des Zeugen F..., wonach sich das vom Beklagten zu 1. gesteuerte Fahrzeug mit kontinuierlicher Geschwindigkeit auf die Kreuzung zubewegt habe und der Zusammenstoß durch ein unachtsames Überholen der Zeugin K... verursacht worden sei. Auch insoweit ist die Würdigung durch das Landgericht, welches sich ausführlich mit der Frage der Glaubwürdigkeit des Zeugen und der Glaubhaftigkeit seiner Aussage auseinandergesetzt sowie die Aussagen aller Zeugen mit den objektiven Anknüpfungstatsachen - hier der fotografisch dokumentierten Endstellung der Fahrzeuge - in Beziehung gesetzt hat, in sich widerspruchsfrei und nachvollziehbar. Hiermit setzt sich die Berufung auch gar nicht auseinander.

Die Berücksichtigung des von der Berufung zu Recht als fehlend gerügten Gesichtspunkt der kostenpflichtigen Verwarnung des Beklagten zu 1. ändert an dem Ergebnis der Beweiswürdigung nichts.

Zwar kann auf den ersten Blick der Umstand, dass ein Unfallbeteiligter eine Verwarnung wegen eines Verkehrsverstoßes akzeptiert, für dessen Fehlverhalten oder dafür sprechen, dass dieser die für die Annahme eines solchen Fehlverhaltens sprechenden Tatsachen einräumt. Dies gilt jedoch - ungeachtet grundsätzlicher Bedenken, die gegen die Tatsachenfeststellung anlässlich einer polizeilichen Unfallaufnahme vor Ort bestehen können - jedenfalls im Streitfall nicht. So lässt sich schon nicht feststellen, dass die Polizeibeamten die für die Klärung des tatsächlichen Unfallhergangs und damit der Schuldfrage notwendigen Tatsachen in einer ausreichenden Weise festgestellt haben. So steht nach der ergänzenden Vernehmung des Zeugen F... und der Zeugin K... fest, dass der Zeuge F... vor Ort überhaupt nicht zum Unfallhergang befragt wurde, was nahe gelegen hätte. Ist aber schon die Tatsachenfeststellung selbst mangelhaft, kommt es nicht darauf an, dass der Vermerk über die ausgesprochene Verwarnung ebenso wenig wie das Protokoll über die Unfallaufnahme eine auch nur ansatzweise nachvollziehbare "Würdigung" enthält. So ist dem Protokoll etwa nicht einmal zu entnehmen, welcher der Beteiligten sich in welcher Hinsicht zur Sache einließ. Da somit insbesondere nicht ersichtlich ist, dass die Verwarnung auf einem entsprechenden (Ein-) Geständnis des Beklagten zu 1. beruhte, kann dem Umstand der Verwarnung ein erheblicher Beweiswert nicht beigemessen werden.

Eine andere Beurteilung der tatsächlichen Umstände, aber auch der Beweiswürdigung, rechtfertigt auch nicht der Umstand, dass der Beklagte zu 1. die Verwarnung akzeptierte. In seiner persönlichen Anhörung vermittelte der Beklagte zu 1. den Eindruck, dass er in der besonderen Situation nach dem Unfall das Verwarnungsgeld einfach deswegen hinnahm, weil die Polizei ihm die Schuld "zugewiesen" hatte. Aufgrund der zurückhaltenden Art und Weise, wie der Beklagte zu 1. sich vor dem Senat zur Sache äußerte, ist nachvollziehbar, dass er mit Rücksicht auf seine Persönlichkeit, aber vor allem auch sein Ausdrucksvermögen, nicht ohne weiteres in der Lage ist, einem - wenn auch von ihm für unberechtigt gehaltenen - Vorwurf überzeugend entgegenzutreten. Daher ist es für den Senat kein Widerspruch, dass der Beklagte zu 1. am Unfallort das Verwarnungsgeld gleichsam "schicksalhaft" akzeptierte, den Unfallhergang jedoch - etwa bei der Anhörung durch das Landgericht - in Übereinstimmung mit dem Zeugen F... abweichend und in einer ihm gegenüber den Vorwurf eines verkehrswidrigen Verhaltens gerade nicht rechtfertigenden Weise schilderte. Steht dies mithin einer abweichenden Würdigung des Beweisergebnisses nicht entgegen, führt der Umstand der akzeptierten Verwarnung auch nicht zu einer Verschiebung der Beweislast. Dass ein Beteiligter eine kostenpflichtige Verwarnung annimmt, könnte allenfalls einem Anerkenntnis der "Alleinschuld" gleichstehen, dem in der Regel nicht mehr als die Wirkung eines "Zeugnisses gegen sich selbst" beizumessen ist, mit der Folge, dass sich die Beweislast zu Lasten des Anerkennenden verschieben kann (vgl. Palandt, a. a. O., Rn. 10 zu § 781). Selbst bei dieser Annahme wäre den Beklagten auf der Grundlage des Beweisergebnisses der Gegenbeweis gelungen.

Die Einholung des von der Klägerin beantragten Sachverständigengutachtens, mit dem sie anhand der Unfallspuren an ihrem Fahrzeug beweisen will, dass das Fahrzeug des Beklagten auf ihr stehendes Fahrzeug auffuhr, kommt nicht in Betracht. Zum einen ist nicht erkennbar, dass die Frage, welches Fahrzeug zunächst stand, Einfluss auf die Beurteilung der Verursachungsbeiträge hätte. Denn es steht fest, dass die Zeugin K... den Fahrweg des Beklagtenfahrzeuges schnitt, sodass selbst dann, wenn ihr Fahrzeug kurz vor dem Zusammenprall gestanden haben sollte, der weit überwiegende Verursachungsanteil bei ihr läge. Denn im Ergebnis der Beweisaufnahme ist auszuschließen, dass der Beklagte zu 1. auf das bereits länger stehende Fahrzeug der Klägerin auffuhr. Im Übrigen ist dem Landgericht darin beizutreten, dass die Anknüpfungstatsachen für eine solche Beweisführung (erkennbar) nicht ausreichen. Diese sind allein das Foto von der Endstellung der Fahrzeuge sowie die Lichtbilder vom Schaden am klägerischen Fahrzeug (Bl. 60 ff.). Es ist aber ausgeschlossen, dass ein Sachverständiger auf dieser Grundlage Feststellungen dazu treffen könnte, ob und gegebenenfalls wie lange eines der unfallbeteiligten Fahrzeuge zum Zeitpunkt des Aufpralls stand. Auch mit diesen Erwägungen des Landgerichts setzt sich die Berufung im Übrigen nicht auseinander, sie benennt auch keine weiteren, vom Landgericht etwa übersehenen, Anknüpfungstatsachen. Solche sind auch nicht ersichtlich. Dies gilt ebenso für die - gleichfalls zum Beweis durch Sachverständigengutachten gestellte - Behauptung der Klägerin in der Berufungsschrift, ein "Überholmanöver" sei im Kreuzungsbereich nicht möglich. Abgesehen davon, dass es sich hierbei um neuen Vortrag handelt, ist dieser insoweit widersprüchlich, als die Zeugin K... nach ihrem eigenen Vortrag an dem stehenden Fahrzeug vorbeigefahren sein will. Wenn aber ein Überholen nicht möglich gewesen sein soll, ist weder nachvollziehbar noch erläutert, warum dies für ein "Vorbeifahren" anders zu bewerten sein sollte. Jedenfalls hätte diese Behauptung anhand tatsächlicher Umstände unterlegt werden müssen.

Im Ergebnis mit dem Landgericht ist auf der festgestellten Tatsachengrundlage eine Alleinhaftung der Klägerin gerechtfertigt. Daran ändert nichts, dass die Beklagten den Unabwendbarkeitsnachweis nicht erbracht haben. Hierauf kommt es deshalb nicht an, weil die - gegenüber dem überholenden Fahrzeug ohnehin geminderte - Betriebsgefahr des überholten Fahrzeuges des Beklagten zu 1. hinter dem der Klägerin im Rahmen des § 17 StVG zuzurechnenden Alleinverschulden der Zeugin K... zurücktritt. Dieser fällt ein erhebliches Verschulden zur Last, weil sie versuchte, unmittelbar vor der Kreuzung ein Fahrzeug zu überholen, um sodann vor diesem rechts abzubiegen. Dies gilt auch, wenn das überholte Fahrzeug langsam gefahren sein sollte, weil sie mit einem Abbiegen an der Kreuzung rechnen musste.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Da die Rechtssache als Einzelfallentscheidung weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordern, liegen die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nicht vor. Der Senat sieht im Hinblick auf § 26 Nr. 8 EGZPO daher von Vollstreckungsschutzanordnungen ab (§ 713 ZPO).

Ende der Entscheidung

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