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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 14.09.2006
Aktenzeichen: 2 VAs 3/06
Rechtsgebiete: StPO, EGGVG, GVG


Vorschriften:

StPO § 98 Abs. 2
StPO § 131a
StPO § 131a Abs. 1
StPO § 131a Abs. 3
StPO § 131c
StPO § 205
EGGVG §§ 23 ff.
GVG § 17a Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

2 VAs 3/06 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In der Justizverwaltungssache

wegen Feststellung der Rechtswidrigkeit der Ausschreibung zur Aufenthaltsermittlung

hat der 2. Strafsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch

den Richter am Oberlandesgericht Tscheslog, den Richter am Oberlandesgericht Grepel und den Richter am Oberlandesgericht Prof. Dr. Heghmanns

am 14. September 2006

beschlossen:

Tenor:

Die Sache wird an das Amtsgericht Cottbus verwiesen.

Gründe:

I.

Die Staatsanwaltschaft Cottbus führt gegen den Antragsteller ein Ermittlungsverfahren wegen Betruges. Mit Verfügung vom 6. Januar 2005 stellte sie dieses Ermittlungsverfahren entsprechend § 205 StPO vorläufig ein, weil der Aufenthalt des Antragstellers unbekannt war; zugleich veranlasste sie eine polizeiliche Ausschreibung zur Ermittlung des Aufenthalts des Antragstellers. Mit Verfügung vom 17. Februar 2006 veranlasste die Staatsanwaltschaft die Löschung der Ausschreibung.

Der Antragsteller beantragt die gerichtliche Entscheidung nach §§ 23 ff. EGGVG mit dem Ziel, die Rechtswidrigkeit der von der Staatsanwaltschaft getroffenen Fahndungsmaßnahme feststellen zu lassen. Im Verfahren vor dem Oberlandesgericht ist ihm zu der vom Senat ausgesprochenen Verweisung rechtliches Gehör gewährt worden.

II.

Der Senat verweist in entsprechender Anwendung des § 17a Abs. 2 GVG die Sache an das Amtsgericht Cottbus, weil nicht das Oberlandesgericht, sondern der dortige Ermittlungsrichter zur Entscheidung über das Begehren des Antragstellers berufen ist.

Nach § 131a Abs. 1 StPO darf die Ausschreibung zur Aufenthaltsermittlung eines Beschuldigten oder eines Zeugen angeordnet werden, wenn sein Aufenthalt nicht bekannt ist. Eine ausdrückliche Regelung, welcher Rechtsweg gegen eine solche Anordnung beschritten werden kann, ist im Gesetz nicht enthalten.

Die neuere Rechtsprechung hält für die nachträgliche gerichtliche Überprüfung einer bereits erledigten strafprozessualen Ermittlungshandlung den Rechtsweg zum Ermittlungsrichter des Amtsgerichts in entsprechender Anwendung des § 98 Abs. 2 StPO für gegeben (vgl. OLG Hamburg, Beschluss vom 28.10.2004 - 1 Ws 207/04 -, enthalten in Juris, für Identitätsfeststellungen nach §§ 163b, 163c StPO, sowie BGHSt 44, 265 f. und OLG Schleswig, Beschluss vom 21.01.2004 - 2 VAs 15/03 -, enthalten in Juris, für die Überprüfung der Art und Weise bereits vollzogener Durchsuchungen; sowie Meyer-Goßner, StPO, 49. Aufl., § 98 Rn. 23 und § 23 EGGVG Rn. 10 mit weiteren Nachweisen). Diese Rechtsprechung ist auch auf den vorliegenden Fall anzuwenden, weil mit der möglichst einheitlichen Zuweisung der gerichtlichen Überprüfung von bereits erledigten strafprozessualen Ermittlungshandlungen an den Ermittlungsrichter beim Amtsgericht ein Rechtsschutzsystem geschaffen wird, das eine schnelle und sachnahe Überprüfung der Entscheidungen ermöglicht (vgl. zur Forderung an die Fachgerichte, ein effektives Rechtsschutzsystem zur Überprüfung bereits abgeschlossener strafprozessualer Zwangsmaßnahmen zu entwickeln: BVerfG NJW 2003, S. 1514 f.; NJW 1997, S. 2165). Ein Rechtsschutzsystem, das ohne sachliche Rechtfertigung unterschiedliche und damit unübersichtliche gerichtliche Zuständigkeiten vorsieht, ist dagegen abzulehnen.

Auch die systematische Betrachtung der §§ 131a, 131c StPO weist auf die Zuständigkeit des Ermittlungsrichters für die gerichtliche Überprüfung einer von der Staatsanwaltschaft im Ermittlungsverfahren veranlassten Ausschreibung zur Aufenthaltsermittlung nach § 131a Abs. 1 StPO hin, wobei es keinen Unterschied macht, ob die Ausschreibung noch besteht oder - wie hier - bereits wieder gelöscht ist:

Die eingriffsintensivere Öffentlichkeitsfahndung, die nach § 131a Abs. 3 StPO als Voraussetzungen das Vorliegen einer Straftat von erheblicher Bedeutung und eines dringenden Tatverdachts gegen den Beschuldigten verlangt, darf nach § 131c Abs. 1 StPO grundsätzlich nur durch den Richter angeordnet werden. Bei Gefahr im Verzug darf die Anordnung auch durch die Staatsanwaltschaft und ihre Hilfsbeamten erfolgen; diese tritt jedoch außer Kraft, wenn sie nicht binnen einer Woche von dem Ermittlungsrichter bestätigt wird (§ 131c Abs. 2 S. 1 StPO). Der gerichtliche Instanzenzug reicht hier bis zum Landgericht, wenn gegen die Entscheidung des Ermittlungsrichters beim Amtsgericht Beschwerde eingelegt wird. Im Vergleich dazu wäre es widersinnig, wenn gegen die weniger gewichtige Ausschreibung zur Aufenthaltsermittlung nach § 131a Abs. 1 StPO durch die Staatsanwaltschaft sogleich das Oberlandesgericht angerufen werden könnte; vielmehr müsste hier erst recht der Ermittlungsrichter beim Amtsgericht zur gerichtlichen Überprüfung berufen sein (vgl. im Ergebnis entsprechend, aber ohne Begründung auch Hilger, StraFo 2001, S. 109f, 111).

Dafür spricht auch, dass so die gerichtliche Überprüfung von Maßnahmen nach § 131a StPO einheitlich und damit übersichtlich geregelt wird und der Ermittlungsrichter für die Überprüfung von Maßnahmen der Staatsanwaltschaft im Ermittlungsverfahren der sachnächste Richter ist.

III.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.

Ende der Entscheidung

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