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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 15.07.2009
Aktenzeichen: 3 U 146/08
Rechtsgebiete: BGB, HGB, GmbHG, InsO


Vorschriften:

BGB § 154 Abs. 1 Satz 1
BGB § 179 Abs. 1
BGB § 823 Abs. 2 Satz 1
BGB § 546 Abs. 1
BGB § 985
HGB § 25 Abs. 1 Satz 1
GmbHG a.F. § 64 Abs. 1
InsO § 92
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

I. Auf die Berufung des Beklagten zu 2) wird das am 26. August 2008 verkündete Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) - 13 O 398/07 - teilweise abgeändert und die gegen ihn erhobene Klage abgewiesen.

II. Von den Gerichtskosten haben der Kläger und die Beklagte zu 1) jeweils die Hälfte zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2) werden dem Kläger auferlegt. Die Beklagte zu 1) hat dem Kläger die Hälfte seiner außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Jede Partei darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils gegen sie vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Gegner vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten. Als Sicherheit genügt die schriftliche unbedingte, unbefristete, unwiderrufliche und selbstschuldnerische Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Prozessparteien haben im Kern darum gestritten, ob und in welcher Höhe die beiden Beklagten, eine private company limited by shares (künftig: Limited) nach britischem Recht und ihr director (künftig: Direktor) , dem Kläger als Gesamtschuldner rückständige Miete respektive Nutzungsentschädigung für Februar 2007 bis inklusive August 2008, künftige Nutzungsentschädigung ab September 2008 sowie die Herausgabe der streitgegenständlichen Mieträume, belegen auf dem Anwesen ...straße 22 in H., schulden. Letztere sind der Beklagten zu 1) mit einer auf den 12. April 2005 datierten und als Pachtvertrag bezeichneten Vereinbarung zum Betrieb einer Diskothek überlassen worden.

Zur näheren Darstellung des Tatbestandes und der erstinstanzlichen Prozessgeschichte wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO). In der Berufungsinstanz besteht zwischen den Parteien jedenfalls kein Streit darüber, dass am 12. April 2005 eine Vertragsurkunde mit dem Inhalt, der sich aus der zu den Gerichtsakten gereichten Kopie ergibt (Anlage K1/GA I 10 ff.), noch nicht vorhanden war. Unstreitig geworden ist im zweiten Rechtszug ferner, dass die Beklagte zu 1) mittlerweile wieder in das Gesellschaftsregister für England und Wales beim Companies House eingetragen wurde.

Vom Landgericht Frankfurt (Oder), das in der Vorinstanz entschieden hat, wurde der Klage in vollem Umfange stattgegeben. Die Passivlegitimation des Beklagten zu 2) ist von der Zivilkammer mit der Begründung bejaht worden, er hafte dem Kläger als Geschäftserwerber bei Firmenfortführung und habe zudem konkludent einen Schuldbeitritt zum Mietverhältnis erklärt. Das landgerichtliche Urteil, auf das auch wegen der Entscheidungsgründe im Einzelnen Bezug genommen wird, ist den Beklagten - zu Händen ihrer erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten - am 05. September 2008 (GA I 172) zugestellt worden. Sie haben am 02. Oktober 2008 (GA I 178) mit anwaltlichem Schriftsatz Berufung eingelegt und ihr Rechtsmittel mit einem am 05. November 2008 per Telekopie bei dem Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangenen Anwaltsschriftsatz begründet (GA II 187 ff.). Im Termin der mündlichen Verhandlung zweiter Instanz ist das Rechtsmittel betreffend die Beklagten zu 1) nach Erörterung der Sach- und Rechtslage zurückgenommen worden.

Der Beklagte zu 2) ficht das landgerichtliche Urteil - seine bisherigen Darlegungen wiederholend und vertiefend - in vollem Umfange seiner Beschwer an. Dazu trägt er insbesondere Folgendes vor:

Zu Unrecht habe die Eingangsinstanz die Frage nach der Passivlegitimation bejaht. Alleinige Vertragspartnerin des Klägers sei die am 13. Februar 2007 aus der Liste der Gesellschaften beim Companies House gelöschte Beklagte zu 1). Deren rechtliches Schicksal beurteile sich gemäß der so genannten Gründungstheorie ausschließlich nach englischem Recht; auf die Publizitätswirkung der Eintragung der Zweigniederlassung im deutschen Handelsregister und auf die Unkenntnis des Klägers von der Löschung, die im Übrigen nicht bestanden habe, komme es in diesem Zusammenhang nicht an. Bei Verkündung der angefochtenen Entscheidung sei die Beklagte zu 1) weder rechts- noch parteifähig gewesen; sie hätte deshalb nicht verurteilt werden dürfen. Erst seit dem 04. September 2008 sei die Beklagte zu 1) nach Abschluss eines Verfahrens vor dem High Court of Justice wieder eingetragen. Dies führe allerdings - mit Rückwirkung - dazu, dass die Gesellschaft als die ganze Zeit über fortbestehend angesehen werde. Für eine persönliche Haftung der Gesellschafter bleibe deshalb kein Raum. Die gegen ihn, den Beklagten zu 2), gerichtete Klage müsse abgewiesen werden. Bezüglich der Aufrechnung mit dem Nebenkostenguthaben von € 3.598,79 habe die Zivilkammer verkannt, dass die Reduzierung der Miete von Januar bis einschließlich August 2006 um € 700,00 p.m. allein mangelbedingt gewesen sei und nicht etwa den Werklohn für Reparaturarbeiten der M. R. Dachdecker GmbH darstelle. Rechtskräftige Zahlungstitel habe die Beklagte zu 1) nicht gegen sich. In dem Mietobjekt fänden keine Veranstaltungen mehr statt. Der streitgegenständliche Mietvertrag sei in Wirklichkeit nicht vor dem 02. Juni 2005 geschlossen worden. Zu keiner Zeit habe er, der Beklagte zu 2), Vertragspartner werden sollen; wer die Miete für die ersten Monate geleistet habe, spiele keine Rolle.

Der Beklagte zu 2) beantragt sinngemäß,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt - sein bisheriges Vorbringen ebenfalls wiederholend und vertiefend - das ihm günstige Urteil des Landgerichts. Dazu trägt er insbesondere Folgendes vor:

Die persönliche Haftung des Beklagten zu 2), die allein nach deutschem Recht zu beurteilen sei, resultiere daraus, dass er während der Zeit der Nichteintragung der Beklagten zu 1) im Register nicht nur deren Geschäft übernommen und fortgeführt, sondern zugleich als Vertreter ohne Vertretungsmacht gehandelt habe. In Deutschland verfüge die Beklagte zu 1) über kein weiteres Vermögen. Sie könne weder Strom noch Gas bezahlen. Bei den Diskothekveranstaltungen, die nach wie vor stattfänden und die der Beklagte zu 2) - der bis zum 13. Februar 2009 Inhaber der Domain F. gewesen sei - selbst durchführe, werde vorschriftswidrig mit Propangasgeräten geheizt. Die Mietschulden seien bis Januar 2009 auf fast € 45.950,00 angestiegen. Ferner müsse der Beklagte zu 2) wegen Insolvenzverschleppung persönlich für die Verbindlichkeiten aufkommen; die Beklagte zu 1) sei unterkapitalisiert und zahlungsunfähig. Er - der Kläger - habe bei der Staatsanwaltschaft eine entsprechende Strafanzeige erstattet. Besitzer des Mietobjekts sei der Beklagte zu 2) auch als Privatperson. Die gegnerischen Angaben zum Gründungszeitpunkt der Beklagten zu 1) träfen nicht zu. Ursprünglich habe der Beklagte zu 2) persönlich Pächter werden sollen. Über die Eckdaten des Vertrages sei man sich schon am 12. April 2005 einig gewesen; nach weiteren Verhandlungen sei dann noch der § 3 a betreffend die Dachproblematik aufgenommen worden und im Juni 2005 habe der Beklagte zu 2) erreicht, dass an seiner Stelle die Beklagte zu 1) als Pächterin in die Urkunde aufgenommen werde. Die Miete für Juni bis einschließlich August 2005 habe der Beklagte zu 2) selbst gezahlt. Keinesfalls sei die R. Dachdecker GmbH als Vertragspartnerin vorgesehen gewesen. Der Aufrechnungseinwand der Beklagten gehe ins Leere, weil seine - des Klägers - frühere Aufrechnungserklärung durchgreife.

Im Termin der mündlichen Verhandlung zweiter Instanz wurde die Sach- und Rechtslage mit den Prozessbevollmächtigten der Parteien eingehend erörtert. Hinsichtlich der für das Jahr 2007 geforderten Nebenkostenvorauszahlungen haben beide Seiten den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt. Zur Darstellung des Sach- und Streitstandes im Übrigen sowie der bisherigen Prozessgeschichte wird auf die anwaltlichen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen, auf sämtliche Terminsprotokolle sowie auf den weiteren Akteninhalt Bezug genommen.

II.

A. Die Berufung des Beklagten zu 2), die hier allein noch zur Entscheidung steht, nachdem die Beklagte zu 1) ihr Rechtsmittel im Termin der mündlichen Verhandlung zweiter Instanz zurückgenommen hat, ist zulässig; sie wurde insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet (§§ 517 ff. ZPO). Auch in der Sache selbst hat sie Erfolg. Sie führt zur Abänderung der angefochtenen Entscheidung und zur Abweisung der Klage, soweit der Zweitbeklagte zu Zahlung, Herausgabe und Freistellung verurteilt worden ist. Denn ihm fehlt - entgegen der Auffassung des Landgerichts - die Passivlegitimation. Alleinige Pächterin beziehungsweise Mieterin (ob es sich im Streitfall um ein Pacht- oder um ein Mietverhältnis handelt, kann dahinstehen) und damit Vertragspartnerin des Klägers ist die Beklagte zu 1), die aufgrund der Entscheidung des High Court of Justice vom 04. September 2008 (Kopie Anlage B5/GA II 199 f.; vgl. dazu die Übersetzung in Kopie Anlage B10/ GA II 231 ff.) wieder in dem beim Companies House geführten Handelsregister des Vereinigten Königsreichs von Großbritannien und Nordirland steht. Sie wird schon in der Vertragsurkunde selbst ausdrücklich als Pächter bezeichnet und sollte diese Rechtsposition - gemäß dem übereinstimmenden Vorbringen beider Parteien - auch wirklich innehaben. Eine persönliche Haftung des Beklagten zu 2) besteht dagegen unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt. Im Einzelnen gilt Folgendes:

1. Dass der Beklagte zu 2) - wie der Senat auf Grundlage des damaligen Sach- und Streitstandes im Abschn. 3 b) bb) (2) der terminsvorbereitenden Hinweise vom 25. März 2009 in Erwägung gezogen hat (Leseabschrift GA II 280R) - anstelle der Beklagte zu 1) nach dem britischem Recht gemäß sec. 36 C (1) Companies Act (CA) 1985, nunmehr in sec. 51 (1) CA 2006 geregelt, im Wege der Handelndenhaftung , für die das Personalstatut der Gesellschaft gilt (vgl. BGH, Urt. v. 14.03.2005 - II ZR 5/03, WM 2005, 889 = NJW 2005, 1648, juris-Rdn. 9), kraft Gesetzes Partner des Pacht- beziehungsweise Mietvertrages geworden ist, kann nach dem ergänzenden Vorbringen der Prozessparteien ausgeschlossen werden. Denn daraus folgt ohne weiteres, dass ein Miet- oder Pachtvertrag mit der Beklagten zu 1) - entgegen der Datumsangabe in der Vertragsurkunde (Kopie Anlage K1/GA I 10, 15) - nicht vor dem 02. Juni 2005 zustande gekommen sein kann. Ob sich der Kläger und der Beklagte zu 2) schon am 12. April 2005 über die Eckpunkte des Rechtsgeschäfts einig waren, spielt in diesem Zusammenhang keine maßgebliche Rolle; lediglich ergänzend sei hier darauf hingewiesen, dass gemäß § 154 Abs. 1 Satz 1 BGB in aller Regel überhaupt kein Vertrag zustande kommt, solange selbst in Nebenpunkten - wie hier beispielsweise der Dachproblematik - noch ein offener Dissens besteht. In der Eingangsinstanz war - ausweislich des Tatbestbandes der angefochtenen Entscheidung (LGU 3) - zwischen den Prozessparteien unstreitig, dass die Handelsregistereintragung der Beklagten zu 1) im Vereinigten Königreich am 10. Mai 2005 erfolgt ist; einen abweichenden Eintragungstermin, der nach dem 02. Juni 2005 liegt, hat der - insoweit mit Darlegung und Beweis belastete - Kläger auch im Berufungsrechtszug nicht dargetan, was in der mündlichen Verhandlung zweiter Instanz erörtert wurde.

2. Eine Haftung des Erwerbers wegen Firmenfortführung nach § 25 Abs. 1 Satz 1 HGB, wie sie das Landgericht bejaht hat (LGU 13 f.), erscheint bereits deshalb sehr fraglich, weil nach dem eigenen Vorbringen des Klägers kein Erwerb des Handelsgeschäfts unter Lebenden stattgefunden hat. Die Streichung einer Limited aus dem britischen Handelsregister führt zu ihrer liquidationslosen Sofortbeendigung, weil das im Vereinigten Königreich belegene Gesellschaftsvermögen als herrenloses Gut (bona vacantia) angesehen wird und regelmäßig der Krone zufällt (sec. 654 CA 1985 = sec. 1012 CA 2006). Eine so genannte Rest- oder Spaltgesellschaft kann in Deutschland schon deshalb nicht existent gewesen sein, weil es nach den klägerischen Behauptungen an Vermögen im Inland fehlte.

Doch selbst wenn solches vorhanden gewesen wäre, bedürfte es konkreter Anhaltspunkte, um mit hinreichender Sicherheit feststellen zu können, dass nicht die dann bestehende Rest- oder Spaltgesellschaft Unternehmensträgerin blieb, sondern der Beklagte zu 2) das Handelsgeschäft und die Firma fortgeführt hat; dem ergänzenden Vorbringen des Klägers im anwaltlichen Schriftsatz vom 27. April 2009 (GA II 317 ff.) lassen sich keine beweiskräftigen Anzeichen dafür entnehmen, der Beklagte zu 2) habe im eigenen Namen gehandelt und nicht die Erstbeklagte sei in Gestalt einer Rest- oder Spaltgesellschaft tätig geworden. Dass die Domain F. (Anlage K4/GA I 20 f.) bei der D.gesellschaft e.G. ursprünglich für die Beklagten zu 1) registriert war und von dieser - vor ihrer Veräußerung an eine A. Consulting Limited - auf den Beklagten zu 2) übertragen wurde, trägt der Kläger nicht vor. Lediglich ergänzend sei hier darauf hingewiesen, dass sich der in Kopie eingereichte Ausdruck der whois-Abfrage auf die Domain f. bezieht (GA II 323 f.); das ist eine gänzlich andere.

Auf die vorstehenden Erwägungen kommt es jedoch infolge der zwischenzeitlichen Wiedereintragung der Beklagten zu 1) in das britische Handelsregister nicht mehr an. Denn die Restitution einer Limited , die zuvor - wie hier - wegen vermuteter Untätigkeit von Amts wegen aus dem Register gelöscht worden war, bewirkt, dass die Gesellschaft so anzusehen ist, als hätte sie von Beginn an ununterbrochen fortbestanden (sec. 653 III CA 1985 = sec. 1032 I CA 2006). Im Streitfall hat der High Court of Justice unter Nr. 2 seiner Entscheidung vom 04. September 2008 gemäß sec. 653 III Companies Act 1985 ausdrücklich eine entsprechende Anordnung getroffen (Kopie Anlage B5/GA II 199, 200; beglaubigte Übersetzung in Kopie Anlage B10/GA II 231, 232). Die Fortbestands-Fiktion des britischen Rechts gehört zum Personalstatut der Beklagten zu 1) und ist gemäß der so genannten Gründungstheorie auch im vorliegenden Zivilprozess zu beachten.

3. Über § 179 Abs. 1 BGB, die Haftung des Vertreters ohne Vertretungsmacht , führt für den Kläger ebenfalls kein Weg zur persönlichen Inanspruchnahme des Beklagten zu 2). Zwar wird diese Vorschrift dann analog angewendet, wenn jemand für eine in Wirklichkeit nicht existierende Person handelt (vgl. dazu Palandt/Heinrichs, BGB, 68. Aufl., § 179 Rdn. 1). Voraussetzung ist aber sein Auftreten im rechtsgeschäftlichen Verkehr, was das Gesetz mit der Erwähnung des Vertragsabschlusses zweifelsfrei zum Ausdruck bringt. Die bloße Durchführung von Tanzveranstaltungen für jugendliches Publikum, wie sie der Kläger behauptet, reicht in diesem Zusammenhang nicht aus. Unabhängig davon bleibt die Relativität der schuldrechtlichen Beziehungen zu beachten; der Kläger kann für sich nichts daraus herleiten, wenn der Beklagte zu 2) mit Dritten Rechtsgeschäfte abschließt, ohne hinreichend bevollmächtigt zu sein oder ohne dass es die von ihm vertretene Person tatsächlich gibt. In der Zeit vom 13. Februar 2007 bis zum 03. September 2008, als die Beklagte zu 1) aus dem britischen Handelsregister gestrichen war, hat der Beklagte zu 2) jedenfalls mit dem Kläger für die Beklagte zu 1) keinen Miet- oder Pachtvertrag abgeschlossen. Der hier streitgegenständliche Vertrag ist bereits im Juni 2005 zustande gekommen; damals war die Beklagte zu 1) - unstreitig - im Vereinigten Königsreich als eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung registriert. Die vertretungsrechtlichen Haftungsvorschriften schützen den anderen Teil keineswegs davor, dass ihm der Vertretene nach dem Abschluss des jeweiligen Rechtsgeschäfts - aus tatsächlichen oder aus rechtlichen Gründen - als Vertragspartner abhanden kommt. Das ist insbesondere bei Dauerschuldverhältnissen, wie sie regelmäßig durch Miet- oder Pachtverträge begründet werden, von erheblicher Bedeutung. Unabhängig davon ist die Beklagte zu 1), wie bereits oben ausgeführt wurde, durch die Entscheidung des High Court of Justice vom 04. September 2008 - mit Rückwirkung - in ihre Rechte eingesetzt worden und deshalb so anzusehen, als hätte sie ununterbrochen fortbestanden.

4. Auf die Grundsätze, die in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes - ausgehend von den Kapitalaufbringungs- und -erhaltungsvorschriften des deutschen GmbH- und Aktienrechts - betreffend die so genannte Durchgriffshaftung auf das Vermögen von Vorständen, Geschäftsführern und Gesellschaftern entwickelt worden sind, kann im Streitfall bereits wegen des ausländischen Personalstatuts der Beklagten zu 1) nicht zurückgegriffen werden. Denn dieses bestimmt auch darüber, unter welchen Voraussetzungen sich die Genannten - ausnahmsweise - nicht auf die Haftungsbeschränkung berufen können, die ihnen die Rechtsform einer juristischen Person nach dem Gesetz prinzipiell bietet. Im Streitfall bedarf es deshalb insbesondere keiner näheren Erörterung dazu, ob der Beklagte zu 2), wie der Kläger ohne substanzielles Tatsachenvorbringen geltend macht (GA I 114, 118), schon wegen einer unkontrollierbaren Vermischung des Gesellschafts- mit seinem Privatvermögen für die Schulden der Beklagten zu 1) einzustehen hätte; die höchstrichterliche Rechtsprechung stellt daran jedenfalls hohe Anforderungen und hat die Konturen dieses Durchgriffstatbestandes erst jüngst verdeutlicht (vgl. dazu BGHZ 165, 85). Das im Vereinigten Königsreich von Großbritannien und Nordirland geltende Recht, das keine Kapitalaufbringungs- und -erhaltungsvorschriften kennt, die mit den Bestimmungen in Deutschland vergleichbar sind, will im Kern den Missbrauch der Haftungsbeschränkung verhindern; für einen solchen ist im Streitfall jedoch nichts ersichtlich.

5. Deliktische Ansprüche gegen den Beklagten zu 2) wegen Insolvenzverschleppung oder ähnlichen Pflichtverletzungen, die materiell zum Insolvenzrecht gehören (arg. § 15 a InsO n.F.), hat der Kläger ebenfalls nicht (§ 64 Abs. 1 GmbHG a.F. i.V.m. § 823 Abs. 2 Satz 1 BGB). Insoweit fehlt es bereits an konkretem anspruchsbegründenden Sachvortrag; die klägerischen Ausführungen beschränkten sich im Wesentlichen auf die Erörterung von Rechtsfragen. Unabhängig davon hätte der Beklagte zu 2) den Kläger im Wege des Schadensersatzes lediglich so zu stellen, wie er stünde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre (§ 249 BGB). Deshalb ist nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung, der sich der Senat angeschlossen hat, zu unterscheiden zwischen den Altgläubigern , die bis zum Eintritt der Insolvenzreife ihre Gläubigerstellung erlangt haben, und den Neugläubigern , die danach bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens Gläubiger der Gesellschaft geworden sind (vgl. BGHZ 126, 181, 190 ff.; Haas, DStR 2003, 423; Schulze-Osterloh in Baumbach/Hueck, GmbHG, 18. Aufl., § 64 Rdn. 92; jeweils m.w. N.). Während Letztere ihr negatives Interesse liquidieren können, also so zu stellen sind, als hätten sie mit der Gesellschaft nicht kontrahiert, ist Ersteren nur der so genannte Quotenschaden zu ersetzen, der in dem Betrag besteht, um den sich die Insolvenzquote des Gläubigers durch Verzögerung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens reduziert hat (vgl. aaO). Verpächter und Vermieter zählen jedenfalls dann zu den Altgläubigern, wenn der Vertrag - wie hier - schon vor dem Eintritt der Insolvenzreife abgeschlossen und durch Überlassung des Objekts in Vollzug gesetzt wurde; in einer solchen Konstellation ist die Forderung bereits begründet worden und der Nutzungsgeber hat auch keine Möglichkeit mehr, zum Schutze seiner Interessen von einem Leistungsverweigerungsrecht Gebrauch zu machen (vgl. dazu BGHZ 171, 46, juris-Rdn. 14; LG Mainz, Urt. v. 13.01.1998 - 6 S 103-97, NJW-RR 1998, 473; Altmeppen in Roth/Altmeppen, GmbHG, 5. Aufl., § 64 Rdn. 62). Für einen Quotenschaden des Klägers, der im Übrigen als Gesamtschaden im Sinne des § 92 InsO vom Verwalter zur Masse zu ziehen wäre (vgl. BGHZ 138, 211; Altmeppen aaO Rdn. 63; Schulze-Osterloh aaO Rdn. 98), ist im Streitfall nichts ersichtlich. Bei einem Stammkapital der Beklagte zu 1) von £ 100,00 (GA II 212, 213) sowie den vom Kläger behaupteten erheblichen Mietrückständen und Schulden bei Gas- und Stromversorgern spricht Vieles dafür, dass schon die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Beklagten zu 1) mangels Masse abgelehnt worden wäre.

6. Auf Herausgabe des streitgegenständlichen Areals kann der Kläger den Beklagten zu 2) gleichermaßen nicht mit Erfolg in Anspruch nehmen. Denn § 546 Abs. 1 BGB steht als Rechtsgrundlage schon deshalb nicht zur Verfügung, weil es zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 2) keine mietvertraglichen Beziehungen gibt. Ansprüche aus dem Eigentümer-Besitzer-Verhältnis - insbesondere der Vindikationsanspruch nach § 985 BGB - erfordern, dass der Beklagte zu 2) selbst die Pacht- oder Mietsache in Besitz hat. Davon kann nicht ohne weiteres ausgegangen werden. Denn bei einer juristischen Person wird dieser die von ihren Organen ausgeübte Sachherrschaft zugerechnet (vgl. Palandt/Bassenge, BGB, 68. Aufl., § 854 Rdn. 10, m.w.N.). Die Beklagte zu 1) ist - wie bereits oben erörtert wurde - nach der Restitutionsentscheidung des High Court of Justice vom 04. September 2008 als ununterbrochen fortbestehend anzusehen. In keinem Fall gestattet die - vom Kläger durch Farbausdrucke von Fotografien dokumentierte (GA II 265 ff.) - Nutzung des Mietobjekts zur Durchführung von Diskothekveranstaltungen in der Zeit vom 24. Oktober bis zum 31. Dezember 2008 Rückschlüsse auf die Besitzverhältnisse an den streitgegenständlichen Räumen. Denn zu dieser Zeit war die Beklagte zu 1) im Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland bereits wieder in das Handelsregister eingetragen.

7. Für die Annahme der Zivilkammer, der Beklagte zu 2) habe konkludent einen Schuldbeitritt erklärt (LGU 14), fehlt eine tragfähige Grundlage; mit Anwaltsschreiben vom 30. Oktober 2007 (Kopie Anlage K3/ GA I 17 ff.) hat der Kläger keineswegs den Abschluss eines Sicherungsvertrages angeboten, sondern lediglich seine - in dieser Form unzutreffende - Rechtsauffassung kund getan, dass die Streichung einer Limited aus dem britischen Gesellschaftsregister - kraft Gesetzes - zur persönlichen Haftung ihres Direktors führe.

B. Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits beruht auf den in § 91 Abs. 1 Satz 1, § 91 a Abs. 1 Satz 1, § 92 Abs. 1 Satz 1 und § 516 Abs. 3 Satz 1 2. Halbs. ZPO enthaltenen Rechtsgedanken. Nimmt die klagende Partei - wie hier - zwei einfache Streitgenossen in Anspruch, von denen im Ergebnis einer unterliegt und der andere obsiegt, so ist auch sie in einem angemessenen Verhältnis an den Prozesskosten zu beteiligen (vgl. BGHZ 8, 325, 326 f.; zu den Einzelheiten Hüßtege in Thomas/Putzo, 27. Aufl., § 100 Rdn. 15; Saenger/Gierl, Hk-ZPO, 2. Aufl., § 100 Rdn. 18 ff.; Schellhammer, ZPO, 12. Aufl., Rdn. 786; Zöller/Herget, ZPO, 27. Aufl., § 100 Rdn. 5 ff.; jeweils m.w.N.). Soweit der Rechtsstreit wegen der Nebenkostenvorauszahlungen für das Wirtschaftsjahr 2007 von beiden Seiten übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt wurde, entspricht es - unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes - billigem Ermessen, die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten des Klägers ebenfalls zwischen diesem und der Beklagten zu 1) hälftig zu teilen. Letztere hätte den Rechtsstreit in diesem Punkt voraussichtlich verloren, weil der Kläger die Vorschüsse von ihr lediglich aufgrund des Eintritts der Abrechnungsreife während der Dauer des Prozesses nicht mehr verlangen konnte. Ein Vorauszahlungsanspruch gegen den Beklagten zu 2) stand dem Kläger indes unabhängig davon nicht zu.

C. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des vorliegenden Urteils ergibt sich aus § 708 Nr. 10 sowie § 711 Satz 1 und 2 i.V.m. § 709 Satz 2 ZPO. Art und Umfang der Sicherheitsleistung bestimmt der Senat nach § 108 Abs. 1 Satz 1 ZPO unter Berücksichtigung der in § 108 Abs. 1 Satz 2 ZPO und in § 239 Abs. 2 BGB enthaltenen Rechtsgedanken.

D. Die Revision wird vom Senat nicht zugelassen, weil es an den gesetzlichen Voraussetzungen nach § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO i.V.m. § 133 GVG fehlt. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes als Revisionsgericht. Das Berufungsurteil beruht im Wesentlichen auf der Rechtsanwendung im vorliegenden Einzelfall. Die Anwendung ausländischen Rechts ist nicht revisibel (§ 545 Abs. 1 ZPO). Eine Divergenz zur höchstrichterlichen Rechtsprechung oder zu Entscheidungen anderer Oberlandesgerichte ist nicht ersichtlich. Grundsätzlicher Bedeutung des Streitfalles steht entgegen, dass inzwischen mit der Unternehmergesellschaft gemäß § 5a GmbH-Gesetz n.F. eine inländische juristische Person mit einem Stammkapital von einem Euro pro Gesellschafter gegründet werden kann.

E. Der Gebührenstreitwert für den zweiten Rechtszug beträgt bis € 65.000,00 (§ 39 Abs. 1 i.V.m. § 47 Abs. 1 Satz 1 GKG). Die entsprechende Streitwertstufe, die bei € 50.000,01 beginnt, wird schon durch die Addition der Werte des angefochtenen Zahlungsausspruchs (€ 31.796,63 gemäß § 3 ZPO i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG), der Herausgabeverurteilung (€ 14.400,00 [12 m. x € 1.200,00 p.m.] gemäß § 41 Abs. 2 Satz 1 GKG) und der Verurteilung zu künftiger Zahlung (€ 14.400,00 [12 m. x € 1.200,00 p.m.] gemäß § 3 ZPO i.V.m. § 48 Abs.1 Satz 1 GKG) erreicht. Die zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung bleibt bereits deshalb streitwertneutral, weil in zweiter Instanz darüber keine der Rechtskraft fähige Entscheidung ergeht (arg. e c. § 45 Abs. 3 GKG).



Ende der Entscheidung

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